Veröffentlicht: 23.04.2022
Über Uruguay wusste ich so gut wie gar nichts. Die Hauptstadt war Montevideo, es lag am Rio de la Plata und siegte bei der ersten Fußball-Weltmeisterschaft 1930. Große Söhne und Töchter waren mir nicht bekannt. Und so glich mein Besuch hier auch eher einer Zufallsbekanntschaft. Schließlich war meine zweitägige Stippvisite in Uruguay einzig dem Umstand geschuldet, dass ich vor drei Wochen einen verhältnismäßig günstigen Flug von Montevideo aus gebucht hatte.
Buenos Aires ließ ich am Mittwoch mit dem Boot hinter mir. Fährterminal, Aus- und Einreisekontrolle vermittelten die Ernsthaftigkeit eines Grenzübertritts. Gleichzeitig lief der Prozess unaufgeregt und die einstündige Fährfahrt für umgerechnet immerhin 50,- Euro glich dem Aufenthalt im Wartebereich eines Zweisternehotels, schmutzabsorbierende Auslegeware und schmutzig-staubige Fensterfronten inklusive. Es gab eine überteuerte Kantine, ein Oberdeck für die 1. Klasse, nur Außenbereiche gab es keine. Von meiner Schifffahrt hatte ich mir irgendwie mehr versprochen.
Die Ankunft erfolgte gegen 14 Uhr in Colonia del Sacramento. Die koloniale Gründung von der Größe einer Kleinstadt stellte den größtmöglichen Gegensatz zum 50 km entfernten Buenos Aires dar. Kopfsteinpflaster, menschenleere Straßen, Beschaulichkeit im ländlichen Sinne. Gut, dass ich mich gegen einen längeren Aufenthalt in Colonia zugunsten von zwei Übernachtungen in Montevideo entschieden hatte. Dennoch deponierte ich mein Reisegepäck und erkundete die alte Schmugglersiedlung.
Da saß ich nun am Rio de la Plata, der direkt in den Atlantik mündete. Vor sechs Wochen war ich in Lima gelandet. Von der Pazifikküste und den nördlichen Ausläufern der Atacamawüste aus hatte ich den Kontinent auf dem Landweg durchkreuzt, die Anden überquert, das Land der Inka bereist und die große Salzwüste des Altiplano besichtigt, Peru, Bolivien und auch Argentinien hinter mir gelassen. Auf einer schattigen Bank genoss ich mein Nachmittagsbier, blickte auf das braun-trübe Wasser des "Silberflusses" und träumte vor mich hin. Mehr war in Colonia auch kaum möglich.
Um 19 Uhr dann nahm ich den Bus nach Montevideo, wo ich drei Stunden später eintraf, ins Hostel eincheckte, gegen Mitternacht noch ein Schnitzel verspeiste und dann im strömenden Regen heimschlich.