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5.2.2018: Der kleine Bruder vom Scotts Track (siehe "Hardest Day Tramp ever")

Veröffentlicht: 10.02.2018

Bis nach "Edoras" werde ich es heute nicht schaffen, dafür ist die Straße einfach zu schlecht und nimmt viel Zeit in Anspruch, aber Lake Clearwater möchte ich mir dann doch nicht entgehen lassen. Nach einigen Kilometern weicht die asphaltierte zunächst einer guten, jedoch zunehmend schlechter werdenden Schotterstraße. Den See erreiche ich bei so starkem Wind, dass ich zwischen den ganzen urlaubenden Kiwis (morgen ist Nationalfeiertag und einige haben sich einen Brückentag genommen, um 4 Tage am Stück freizuhaben) die einzige sonnenverwöhnte mit kurzer Hose und Top bin. Nachdem ich gute 20 Minuten am Seeufer entlang geschlendert bin, stelle ich fest, dass das hier gar nicht der vermutete Lake Clearwater, sondern Lake Camp ist. Nach einem knappen Kilometer ist dann das eigentliche Ziel erreicht; die gewünschte Aussicht bleibt mir allerdings verwehrt. Zum einen ist es für eine Spiegelung der ihn umgebenden Berge bei weitem zu windig und zum anderen sucht man Schnee im Sommer auf den Bergrücken vergeblich und ohne Schnee ist das Panorama weit weniger beeindruckend.

Dann kann ich mich ja jetzt meiner Wanderung widmen. Sie startet von einem erstaunlich vollen Parkplatz am Ende einer recht holprigen und schmalen Schotterstraße. Statt der 27 km langen Wanderung, entscheide ich mich (wieder auf Empfehlung meines Guidebooks) für einen knapp 10 km langen Rundweg. Im Internet habe ich gelesen, dass man hierfür mindestens 5 Stunden einplanen sollte und genau die habe ich veranschlagt. Ich hätte besser nochmal den ganzen Artikel im Buch lesen sollen, wo etwas von "schwierig" sowie 5,5 bis 6,5 Stunden steht.

Mit ausreichend Proviant und Wasser geht's zunächst über den zum Ende hin sehr anstrengenden Rhyolite Ridge Track. Der gut ausgebaute Wanderweg weicht dann nämlich einer extrem steilen Geröllpiste, auf der ich ein ums andere Mal ins Rutschen gerate. Zudem stehen die orangefarbenen Pfeiler so weit auseinander, dass ich versehentlich einen überspringe und mich "off-road" zu dem einzig an der Spitze sichtbaren emporkämpfe. Mehr als einmal löse ich dabei versehentlich eine kleine Lawine aus. Die Aussicht ist dafür absolut fantastisch, wenn auch man sie in dem starken Wind, der das ganze Unterfangen zusätzlich erschwert, nicht lange genießen möchte. Die ersten 1,8 km wären geschafft und haben mich etwas länger als die angegebene Stunde gekostet.

Kurze Pause hinter einem halbwegs windgeschützten Stein. Weiter geht es über den schon halb zugewachsenen Mt. Somers Track durch eine Tussockgrasebene bis der Weg sich erneut nach oben windet. Der witzige Bus Stop Overhang gibt den nächsten Anhaltspunkt über den eigenen Standort und markiert mit 1.130 m gleichzeitig den höchsten Punkt der Wanderung. An guten Tagen kann man von hier aus bis zu den Southern Alps schauen, die sich heute jedoch in Wolken hüllen. Wieder verpasse ich einen Marker und schlage mich durch niedriges Dornengestrüpp, welches mir die nackten Unterschenkel aufkratzt, und über loses Gestein zum nächstsichtbaren durch. Obwohl es mittlerweile 14:00 Uhr ist, wage ich es nicht, eine Mittagspause einzulegen und pushe mich weiterzugehen. Irgendwann sichte ich die sehnsüchtig herbeigesehnte Woolshed Creek Hut in der Ferne und erreiche den im Buch erwähnten Wasserfall sowie kleinen grün schimmernden Emerald Pool. Die Marker wechseln häufig ihre Form. Zwar tragen sie immer orange in sich, dennoch ist es verwirrend, plötzlich statt eines Stabs mit orangefarbener Spitze ein kleines orangefarbenes Dreieck an einem Baum vorzufinden. Schon so mancher Wanderer ist dadurch vom Weg abgekommen und den Markierungen fälschlicherweise zu einer im Busch aufgestellten Tierfalle gefolgt. Plötzlich ist der Track auf dem Bergrücken scheinbar zuende. Ich kann doch aber keinen Pfeiler verpasst haben, oder? Leicht panisch werdend und wutschnaubend über den schlecht instand gehaltenen Weg, der mich ein ums andere Mal ins Rutschen versetzt, sowie die spärliche Wegmarkierung renne ich ein Stück zurück, finde jedoch keinen alternativen Abzweig. Also geht's im Laufschritt zurück über den Fluss (wo ich mich frage, was die Wanderer machen sollen, wenn er nach heftigen Regenfällen Hochwasser führt und nicht so leicht von einem Stein zum anderen springend überquert werden kann) und keuchend hinauf auf den Bergrücken. Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass der Track sich gut verborgen auf der anderen Seite fortsetzt. Stellenweise folge ich mangels Wegmarkierung wieder aufs Geratewohl dem vermeintlichen Wanderweg, was sich letztlich zum Glück als richtig entpuppt. Nachdem die schmale Hängebrücke überquert ist (nichts für Leute mit Höhenangst) und einem kurzen Abstecher zum grasgrünen Emerald Pool, erreiche ich endlich meinen Umkehrpunkt - die Woolshed Creek Hut. Ich lasse mich kurz zum Verschnaufen auf der Bank vor der Hütte nieder, doch schon nach einer Minute bin ich wieder auf den Beinen. Schuld sind die extrem aufdringlichen Hummeln, die sofort in meinen Rucksack und an meine Wasserflasche fliegen.

Von hier aus führt der Weg über den Miners Track zurück zum Parkplatz. Entweder habe ich gleich zu Beginn schon wieder einen Marker verpasst oder man muss sich tatsächlich knapp über dem Fluss über ein recht steil abfallendes Steinbett entlang hangeln. Gar nicht so leicht. Bei Nässe wahrscheinlich noch weniger. Schnell habe ich die Hütte hinter mir gelassen und mich von 814 m auf 934 m hochgearbeitet. Von hier aus geht es angenehm durch einfaches und gut ausgeschildertes Terrain bergab, wo ich viel Zeit gutmache. Das letzte Highlight bilden die Überreste der ehemaligen Blackburn Kohlemine, bevor der Track auf den Parkplatz stößt. Was bin ich froh, endlich da zu sein! 

Tatsächlich habe ich den Mt. Somers Loop Track in 5 Stunden geschafft, aber der Spaß blieb dabei auf der Strecke. Die Aussichten vom Track sind schön, aber ob er den 60 km langen Umweg vom State Highway 1 wirklich wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Bei mir schafft er es jedenfalls nicht unter die Top 10. 

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