soweit6beinetragen
soweit6beinetragen
vakantio.de/soweit6beinetragen

Lerik - Böykəndil - Masallı

Veröffentlicht: 20.08.2019

Am Donnerstag, den 15. August 2019, mache ich mich am Mittag auf den Weg nach Lənkəran. Ein Hirte, der mich während der letzten Tage regelmäßig am Zelt besuchte, hat mir einen Abstecher in die westlich gelegenen Berge empfohlen. Ich habe noch etwas Zeit, bevor mein Visa für Aserbaidschan abläuft, es spricht also nichts dagegen, sich die Sache mal anzuschauen. Am Busbahnhof kann ich vorerst keine Marschrutka nach Lerik finden, beschließe also ein Stück zu Fuß nach Norden zu gehen. Unterwegs ergibt sich vielleicht eine Mitfahrgelegenheit. Es ist wieder recht warm und so ist es nach fünf Kilometern am südöstlichen Stadtrand Zeit für ein kleines Päuschen. Auch hier kann ich keinen Bus ins Gebirge auftreiben. Wir gehen in der Folge noch ein paar Kilometer gen Norden, bevor ich in Kərgəlan das Gelatsche in der Sonne erstmal satt habe und mich etwas intensiver um eine Mitfahrgelegenheit bemühe. Schließlich nimmt uns ein Mann im Lada bis nach Lerik mit. Bei den Preisverhandlungen kann ich zwar noch etwas rausholen, trotzdem macht der Fahrer ein gutes Geschäft mit mir. Am späten Nachmittag erreichen wir das Zentrum des Rayon Lerik, ich kaufe ein paar Kleinigkeiten in einem Market, fülle unsere Wasservorräte auf, drehe ein kleines Ringel im Stadtzentrum und mache mich anschließend mit dem Dicken auf die Suche nach einem Platz für unser Zelt. Ein Stück außerhalb des Ortes werde ich fündig und richte mich für die Nacht ein. Mit der einbrechenden Dunkelheit zieht Nebel die Gebirgstäler hinauf. Der sorgt im Zusammenspiel mit dem Abendrot für eine fast magische Stimmung im Gebirge.

Am Freitagmorgen haben wir Besuch am Zelt. Ein Hütehund streift herum, die Schafe und den Hirten bekomme ich erst später zu Gesicht. Rango bleibt also vorerst im Zelt, während ich frühstücke und mich langsam für den Weitermarsch rüste. Gegen neun sind wir wieder unterwegs. Eine halbe Stunde später kann ich frisches Wasser an einer Pumpstation in einem Tal auffüllen und werde vom Pumpstationsmitarbeiter zu einem Tee eingeladen. Dann geht es wieder den Berg hinauf in das Dorf Mastail. Nach Durchqueren der Siedlung gehen wir weiter entlang staubiger Wege, durch eine überwiegend trockene Berglandschaft. Am frühen Mittag ereichen wir Livədirgə. In dem Ort kann Rango seinen Durst im Dorfbach stillen, bevor ich ihn mitsamt Rucksack im Schatten abstelle. Ich bin auf eine kühle Fanta im örtlichen Market eingeladen. Dazu spendiert man mir Trauben und etwas zum Knabbern. Die beiden jungen Männer sind wohl Lehrer in dem Ort und helfen in den Ferien ihren Verwandten aus. Kurz vor zwölf geht es weiter. Wir gehen der Dorfbach entlang nach Nordost, durch Nüsomurya und verpassen dann den Abzweig in Richtung Murya und Şingədulan. Da wir unterwegs an zwei recht großen, ziemlich aufdringlichen, Hütehunden vorbei mussten, kommt eine Umkehr nicht in Frage. So wandern wir entlang kleiner Viehpfade in Richtung Əliyabad. Gegen eins erreichen wir erneut das Tal und pausieren für ein Stündchen im schattigen Uferbereich. Es ist über 30 °C und die Wege in der Gegend bieten kaum Schutz vor der Sonne. Zum Glück weht ein kleines Lüftchen und macht das Dasein etwas erträglicher. Nachdem sich der Dicke akklimatisiert hat, wandern wir weiter. Wir steigen nach Əliabad auf und nutzen auch dort ein schattiges Plätzchen zum Durchatmen. Dann geht es weiter nach Gürdəsər. Auf dem Weg dorthin bietet uns ein Einheimischer Mitfahrt in seinem Niva an. Da Rango etwas zu viel Eigeninitiative beim Einsteigen zeigt, hat das Angebot ein recht nahes Verfallsdatum. Also weiter zu Fuß. Wir passieren Kirəvud und finden schließlich kurz vor Böykəndil ein annehmbares Plätzchen zum Zelten. Zum Aufbauen komme ich nicht, zwei Einheimische nehmen sich meiner an. Schlussendlich lande ich bei Shafik daheim. Nachdem ich, mit seinem Vater Shalik und seinem Cousin Nizam, Tee getrunken habe, werde ich zum Bleiben aufgefordert. Da auf dem Grundstück ein Hütehund wohnt, muss Rango in den Schafstall. Dann gehe ich mit Nizam und Shafik ihre Schafe aus dem Gebirge holen, bevor ich duschen kann und es anschließend ein kleines Abendbrot gibt. In Gemüse gegartes Schaffleisch mit Yoghurt, Brot und Käse. Alles sehr lecker. Ich bin von meinem Wandertag doch recht platt. Inklusive Schafsuche, habe ich gut 25 km abgerissen. Gegen zehn ziehe ich mich als erster ins Schlafgemach zurück.

Bevor es am Samstagmorgen (17.08.2019) bei Aliyevs Frühstück gibt, zeige ich Shalik meine Ausrüstung. Er schien am Vorabend recht interessiert. Nachdem also das Zelt auf und wieder abgebaut ist, gibt es Brot, Käse, Quark und etwas Obst zum Frühstück. Dazu natürlich Tee. Kurz vor neun befinde ich mich dann mit Rango wieder auf Kurs gen Nordost. Ob der ungünstigen Wanderbedingungen (heiß, trocken, kaum Schatten, kaum Wasser) habe ich beschlossen, mich bei erster Gelegenheit nach Masallı fahren zu lassen. Auf dem Weg zur nächstgrößeren Straße, treffen wir an einer Wasserstelle auf Balaba. Nach kurzem Gespräch stellt sich heraus, dass der Mann noch am selben Tag nach Masallı fährt. Er hat bis dahin wohl noch etwas zu tun und so laufe ich mit dem Dicken vorerst weiter. Halb elf erreichen wir einen kleinen Bach und pausieren für ein Weilchen im Schatten. Kurz nach dem Weiterwandern, können wir in Balabas Lada zusteigen. Dafür bin ich in dem Moment sehr dankbar. Die Straße die wir hätten entlanglaufen müssen, hätte uns definitiv wenig Freude bereitet. Nach einer Teepause, sind wir Mittags in Masallı. Ich kaufe Futter für den Dicken und ein kleines Mittag für mich. Dann suchen wir uns ein schattiges Plätzchen und rasten erneut. Es dauert nicht lange, bis uns einige Kinder entdeckt haben. Man leistet uns Gesellschaft, der ein oder andere Erwachsene stößt dazu und es wird Tee mit Gebäck organisiert. Nach ein paar Stunden ist es Zeit eine kleine Runde in der Stadt zu drehen. Alles recht unspektakulär und es erschließt sich nicht ganz, warum mir ein Besuch empfohlen wurde. Gegen fünf sind wir schließlich wieder am Busbahnhof nahe dem Bazar. Ich will zurück nach Lənkəran um von dort am Sonntag nach Baku weiterzufahren. Mit ein paar Einheimischen teile ich mir ein Taxi für kleines Geld. In Lənkəran geht es zuerst zum Bahnhof. Dort wird mir versichert, dass ich keine Tickets für den Zug am nächsten Tag kaufen muss, es reicht völlig gegen neun am Abend erneut vorstellig zu werden. Der Hund stellt kein Problem dar, wird mir versichert. Erscheint fast zu einfach. Dann organisiere ich Abendbrot und gehe zum bereits bekannten Zeltplatz nahe dem Strand. Ich baue das Lager auf, gehe schwimmen und bereite anschließend ein kleines Abendbrot zu. Dann geht es bei Zeiten ins Nest.

Den Sonntag habe ich für kleinere Reparaturarbeiten verplant. Nachdem ich am Vormittag, nach Frühstück und einem Bad in der Flussmündung, meine Kaffeetasse und meine Matratze geklebt habe, geht es für einen kleinen Ausflug mit Rango in die Stadt. Als wir zurückkommen, wartet eine unschöne Überraschung am Zelt. Eine Ziegenherde steht hinter meinem Zelt und die meisten der Tiere schauen mich schuldbewusst an. Mein Zelt ist im wahrsten Sinne des Wortes platt. Ich verscheuche die Herde und begutachte den Schaden. Ein paar Risse im Außenzelt und ein verbogenes Gestänge scheinen zum Glück reparabel. Das Gestänge ist schnell wieder gerade gebogen und mit samt dem Innenzelt aufgestellt. Ich koche ein Käffchen und nähe in den folgenden beiden Stunden die äußere Zeltplane. Dann entspanne ich noch etwas, bevor ich unseren Krempel packe und wir uns auf den Weg zum Bahnhof machen. Gegen halb neun bin ich dort, stelle Rango ab und gehe zum Ticketschalter. Spätestens als der Bahnangestellte mit seinem Vorgesetzten telefoniert, wird klar, dass die Bahnfahrt nach Baku auch scheitern könnte. Und tatsächlich, es ist keine ganze Kabine mehr frei für uns. Ich bringe meinen Unmut über die Situation zum Ausdruck. Deutlichst! Ein Einheimischer hat sich das ganze Hin und Her mit angeschaut und bietet mir an, einen Platz im Nachtbus gen Hauptstadt für uns zu organisieren. Keine 10 Minuten später habe ich das OK und kann meinen Rucksack im hinteren Teil eines, nur zur Hälfte bestuhlten, Busses abstellen. Dann nehme ich mit dem Dicken auf einer Bank Platz und esse eine Kleinigkeit. Rafik, der mir die Mitfahrgelegenheit organisiert hat, gesellt sich ein Weilchen zu mir. Ich bekomme den Ratschlag auf meine Wertsachen aufzupassen. Als ich mein Lunchpaket wieder im Bus abstelle, wird klar warum. Man hat sich gerade einen Schuss gesetzt. Das Besteck liegt noch auf der Rückbank und man geistert quasi durch den Bus. So nehme ich sicherheitshalber meine Papiere samt Kreditkarte an mich. Kurz nach zehn geht die Fahrt los. Wir drehen ein Ringel in Lənkəran und laden Fracht. So füllt sich der hintere Teil Stück für Stück mit verschiedenen Waren. Säckeweise Loorberblätter und Rattengift kann ich identifizieren. Auch ein paar andere Fahrgäste steigen zu. Der Fixer steigt unterwegs aus, was ich erleichtert zur Kenntnis nehme. Bis dahin war nicht ganz klar ob er vielleicht Teil der Busbesatzung ist. Als wir nach einer Stunde die Autobahn nach Norden erreichen, wechseln die Fahrer während der Fahrt. Gas geben und rollen lassen, bis der zweite Mann hinterm Steuer sitzt. Dann zieht sich der erste Fahrer im hinteren Teil des Busses irgendwelche Rauchwaren rein, die er zuvor auf einem Blättchen Alufolie verdampft. Eine Busfahrt, die ist lustig. Eine Busfahrt, die ist schön. In diesem Falle erscheint sie mir zumindest ziemlich abenteuerlich, zumal kurze Zeit später erneut das Fahrpersonal wechselt. Da die anderen Passagiere aber nach wie vor recht entspannt wirken (auf das Geschehen im hinterein Teil des Busses habe nur ich Einblick) und wir auch auf dem Highway recht gemütlich unterwegs sind, bin ich ganz zuversichtlich heile in Baku anzukommen. Bis dahin döse ich etwas. Ganz hinten im Bus und immer mit zumindest einem wachsamen Auge...

Antworten

Aserbaidschan
Reiseberichte Aserbaidschan