Veröffentlicht: 19.08.2019
Am Freitag, den 09. August 2019, haben wir bereits gegen halb acht Besuch am Zelt. Ein paar der Kinder aus Bayramlı, die mich bereits am Vorabend belagert hatten, sind wieder da. So frühstücke ich in Gesellschaft und packe anschließend meinen Krempel zusammen. Währenddessen kommt auch Ethibar erneut an meinen Lagerplatz und lädt mich auf einen Tee und ein zweites Frühstück ein. Da ich ihn bereits am Vorabend vertröstet hatte und statt in seinem Haus im bereits aufgebauten Zelt übernachtet habe, lasse ich mich breitschlagen. Gegen neun frühstücke ich also erneut. Auf dem Grundstück stehen zwei Häuser und es leben 3 Generationen zusammen. Man hält ein paar Vögel und es wächst allerlei essbares Grünzeug im Garten. Ethibars Vater erzählt ausgiebig von seiner Zeit als Soldat der Sowjetarmee, während der er zwei Jahre in der DDR stationiert war. Ethibar ist zwar noch recht jung, aber bereits Pensionär. Sein Sohn geht in Baku zur Schule und seine Tochter studiert in Berlin. Seine Frau arbeitet als Verkäuferin in Şirvan. Es sind zwar alle zu Hause, trotzdem unterhalten sich ausschließlich die männlichen Familienmitglieder mit mir, wie so oft in Aserbaidschan. Die Rolle der Frauen beschränkt sich aufs servieren von Getränken und Speisen. Nach dem Essen, nutze ich die Gelegenheit für eine Dusche, das Ufer der Kür war mir am Zeltplatz zu steil zum Baden. Gegen elf ist es dann Zeit sich zu verabschieden. Ich werde von Reşad (Sohn von Ethibar) und seinem Cousin noch aus dem Dorf begleitet und laufe anschließend ein Stück die Landstraße gen Süden. In Hacıqəhrəmanlı stelle ich Rango und Rucksack unter dem Vordach eines geschlossenen Ladens ab und bemühe mich in der Folge um eine Mitfahrgelegenheit nach Səlyan. Trotz des diesbezüglichen Pessimismus einiger Anwohner, kann ich nach kurzer Zeit in eine Marschrutka zusteigen. Die Fahrgäste erwärmen sich größtenteils recht schnell für Rango, zumal sich der Dicke wieder vorbildlich verhält. Am späten Mittag bin ich in der Stadt, die das Zentrum der gleichnamigen Region bildet. Ich gehe unverzüglich zum Ufer der Kura, die auch durch Səlyan fließt. Nachdem ich ein annehmbares Plätzchen zum Zelten gefunden habe, mache ich es mir im Schatten gemütlich und genieße ein wenig die Ruhe. Dann gehe ich ein Stück in die Stadt zurück und organisiere Trinkwasser. Dabei stoße ich auf Telman, der sich meinem Problem annimmt. Von seinem Vater Elman werde ich prompt dazu eingeladen, den Abend mit ihm und einem Freund zu verbringen. Bis dahin baue ich das Zelt auf und gönne mir ein Bad in dem lauwarmen Fluss. Kurze Zeit später steht Elman wieder auf der Matte und nimmt mich mit auf die nahe Terrasse seines Nachbarn. Dort verbringe ich den Abend und fungiere für die Herren als willkommene Abwechslung zum sonst eher eintönigen Alltag in ihrer Stadt. Gegen elf bin ich wieder am Zelt bei Rango, setze mich noch ein Stündchen ans Lagerfeuer und begebe mich nach einem Nachtbad in die Horizontale.
Am Samstagvormittag holt mich Elman nach dem Frühstück am Zelt ab. Mein Accupack ist kaputt und er hat sich angeboten, mir beim Aufsuchen eines Reparaturladens beizustehen. Die Lötstellen ließen sich am Vortag leider nicht mit meinem glühenden Messer reparieren. Nach vollzogener Reparatur (die 8 Lötpunkte gehen aufs Haus) geht es dann mit Elman,Telman, seinem Nachbarn und dessen Sohn an einen Strand nördlich von Neftçala ans Kaspische Meer. So verfliegt der Tag mit Essen, Baden und einer Runde Beachsoccer am Strand. Abends laden mich Elman und sein Nachbar in die Stadt zu Schaschlik und Bier ein. Als wir zurück zu Elmans Haus gehen, schießt nach dem Öffnen des Gartentores sein Hund vom Grundstück und attackiert Rango. Ich hatte es kommen sehen, aber Elman war zu betrunken oder mein Russisch zu schlecht, um meine Warnung angemessen zu verarbeiten. Der Zwerg hat sich mit dem Dicken dann auch deutlich zu viel zugetraut. Ich habe Angst das Rango den Kleinen ernsthaft verletzt, gehe dazwischen und werde dabei von der Fußhupe in die Hand gebissen. Nachdem die beiden Vierbeiner getrennt sind, heißt es also erstmal Wunde desinfizieren. Scheint alles halb so schlimm. Dann ziehe ich mich mit Rango ins Zelt zurück.
Am Sonntagvormittag bin ich nach dem Zusammenpacken nochmal bei Elman zum Frühstück eingeladen. Anschließend bringt man mich zum etwa 15 km entfernten neuen Busbahnhof. Die Suche nach einer Mitfahrgelegenheit gestaltet sich wieder etwas kompliziert, schlussendlich quatsche ich aber Anar an, der sich bereit erklärt Rango und mich mit nach Süden zu nehmen. Der Mann ist Teil einer Gruppe junger Akquisiteure, die am Busbahnhof ihren Arbeitstag mit einem gemeinsamen Essen beginnen. Dann fahren wir über Üçtəpə und Cəlilabad nach Süden. Während Anar seiner Arbeit nachgeht, drehe ich mit Rango kleinere Runden in den Siedlungen. Am Nachmittag erreichen wir schließlich Lənkəran. Nach dem obligatorischen Selfie aller Beteiligten, kaufe ich in der Stadt eine Kleinigkeit ein und frage mich zum Strand durch. Nahe einer Flussmündung finde ich schließlich im Süden der Stadt ein schattiges Plätzchen. Ich will wieder ein paar Tage verweilen. Ob der vielen Einladungen während der letzten Tage, hänge ich mit meinen Reiseberichten etwas hinterher und auch das Wetter schreit nicht gerade nach längeren Wanderausflügen. Aber auch an meinem abgelegenen Lagerplatz dauert es nicht lange, bis erster Besuch eintrudelt. In der Umgebung sind einige Hirten unterwegs, die ihre Kuh-, Schaf- und Ziegenherden bewachen. Ich werde zum Tee eingeladen und kann auf einem nahen Grundstück meinen Strom- und Trinkwasserbedarf decken. So verbringe ich die nächsten Tage bei sommerlichem Wetter mit Baden, Sonnen, Lesen, Schreiben, kleineren Reparatur- und Wartungsarbeiten sowie einigen Spaziergängen am Strand und in der Stadt.