Veröffentlicht: 30.11.2021
Nach einer Woche haben wir Marie-Galante verlassen.
Inzwischen sind wir in St. Martin. Auf der französischen Seite. Hier müssen wir unsere Gasbehälter auffüllen. Es hat nicht so lange gedauert hier her zu kommen, von Samstag bis Montag früh.
Wie es scheint, jedenfalls behauptet das der Captain und dessen Agent, werden wir in Kolumbien nicht wirklich an Land gehen. Wir werden in den Hafen einfahren, die Ladung nehmen und uns danach Richtung Horta auf den Azoren machen.
An sich sollte es einen Captain-Wechsel in Kolumbien geben. Der jetzige erste Maat würde dann Captain. Da uns davon abgeraten wird in Kolumbien aufgrund der Sicherheitslage an Land zu gehen, verlässt uns Cornelius schon in St. Martin. Dazu kommt die Kündigung einer Deckshand und das verlassen eines Shipmates in Marie-Galante. Ging alles sehr schnell. Fühlt sich komisch an das Menschen gehen, sie fehlen irgendwie.
Auch die Zeit in Marie-Galante verging sehr schnell. An sich wurde wie in Teneriffa gearbeitet. Nur das es Abends Ankerwachen gibt. Das heißt es müssen immer mindestens vier Menschen auf dem Schiff sein. Falls sich der Anker löst, oder um die Leute mit dem Dinghy an Land zu fahren oder abzuholen.
Ansonsten haben wir am Mittwoch, den 24.11, die Distellerie Bielle besucht. Also die Distellerie dessen Rum wir nach Europa schiffen. War okay, es ging am Ende doch eher darum Rum zu kaufen.
Donnerstag kam dann auch endlich das Okay vom Zoll. Wir haben die Fässer, so wurde uns erzählt, auf eine sehr traditionelle oder altmodische Art verladen. Zuerst sind wir vom Ankerplatz zum Zollgebiet gesegelt. Eine Meile oder so. Wir haben aber nirgendwo angelegt, sondern haben im Zollstreifen ebenfalls den Anker geworfen. Dann kamen irgendwann die Fässer an, diese haben wir ins Wasser gebracht und haben sie die ca. 200-300 Meter zum Schiff geschwommen. An sich gar nicht schwer. Die Fässer ragen 5cm aus dem Wasser, wir sollten darauf achten das der Stopfen oben ist und dann schwimmen eine*r nachdem anderen die insgesamt 16 Fässer mit irgendwas über 200 Litern zum Schiff. Um sie dann mit Flaschenzug und in den Laderaum zu heben.
Cornelius meinte es sei wichtig das die Fässer Salzwasser abkriegen.
Ebenso meinte er, dass gesegelter Rum sehr viel schneller reift. Eine drei Jahr Eichenholzfass-Reifung an Land kann mit einem Jahr Reifung durch Schiffsbewegungen verglichen werden. Das war auf jeden Fall eine sehr witzige und unwirkliche Erfahrung. Fässer schwimmen.
Damit war die Aufgabe für Marie-Galante erledigt.
Jetzt sind wir schon auf der zweiten Karibikinsel und bisher sind gewaltsame Auseinandersetzungen nie weit entfernt. Die Karibik hat einen sehr bitteren Beigeschmack. Es ist hier auf jeden Fall sehr schön. Das Wasser ist grandios. Es gibt viele Inseln die besucht werden können. Es ist warm.
Aber bisher hab ich Europa nicht wirklich verlassen! Das ist weird.
Marie-Galante zählt zu Frankreich. St. Martin's nördliche Hälfte gehört auch zu Frankreich und die südliche gehört der niederländischen Königsfamilie.
Die Spuren der kolonialen Zeit sind sehr präsent.
Auf Marie-Galante arbeiten die Leute in den drei Distellerien, im Tourismus oder auf den Zuckerrohrplantagen. Ansonsten wird auf der Insel wenig angebaut, der Großteil der Produkte aus dem Supermarkt ist eingeflogen oder kommt per Frachter. Die Einwohner sind ziemlich abhängig von den Lebensmittellieferungen und die sind teuer. Ein Stück Butter kostet zwei Euro. So als Vergleich.
Teilweise hab ich mich sehr Unwohl gefühlt, nicht, weil vor Überfällen gewarnt wurde, sondern, weil ich das Gefühl hab das Marie-Galante nur als Urlaubsort fungiert. Es geht wenig um die lokale Bevölkerung. Hauptsache ich hab ein schönes Urlaubsziel mit heimischer Währung.
Für eine oder zwei Wochen bin ich hier und dann bin ich weg. Bei St. Martin hab ich ein ähnliches Gefühl, es ist halt noch touristischer.
Ich muss dazu sagen, dass ich von postkolonialen Strukturen auf den Antillen wenig bis gar keine Ahnung hab. Ich habe mich hier und dort mit Kolonialismus ausseinandergesetzt, aber nie intensiv oder ausreichend.
Jedenfalls erweckt die Situation diesen Eindruck bei mir.
Heute tretten wir einen neuen Reiseabschnitt an. Um das Ganze fair zu gestalten werden die Watches durchgemischt. Tja ich bin jetzt in der Dog Watch. Schön null bis vier Uhr. Und da Kolumbien nur eine Woche entfernt ist wird erst wieder in Horta gewechselt. Die Dauer von Santa Marta bis nach Horta ist nich ganz klar. Es können 30 Tage sein oder 50 werden. Jedenfalls werde ich erst Mitte Januar wieder unter den Menschen mit Netz weilen. Also hab ich jetzt erstmal gut anderthalb Monate die Hunde Wache am Halsband.
Vom fünften bis zum neunten Foto handelt es sich wieder um Fotos von Christoph Bogner.
Jetzt beginnt der längste Reiseabschnitt.
Zum Glück ist der 2. Maat der entspannteste von allen.
Soweit auch wenn es unüblich ist, wünsche ich euch allen angenehme Feiertage.
Bis dahin.