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The ugly / Wo der Teufel Salsa tanzt

Veröffentlicht: 04.08.2017


Cali, du Häßliche! 

Es ist heiß, mein Rücken schmerzt mal wieder und ich bin müde, als wir den Stadteingang von Cali erreichen.

Fast automatisch steuert meine Hand zum Busfenster. Ich ziehe den Vorhang zu, damit die wirklich düster aussehenden Gestalten außen nicht sehen, dass ein Tourist im Bus sitzt.

Was zur Hölle ist los mit mir. Die Vorurteile holen mich wieder mal ein und mich bekommt beim Anblick der Menschen und Fahrzeugmassen ein seltsames Gefühl.

Ich zieh den Vorhang wieder zurück und an der Scheibe klebt förmlich ein Straßenverkäufer mit einer Chipstüte in der Hand. Ich erschrecke, zieh den Vorhang hastig wieder zu und denke mir....

Immerhin war es keine Knarre!

Kirche im Stadtkern. Wer hübschen Kolonialstil sucht, sucht vergebens.

Cali. Die Stadt mit dem fast schlechtesten Ruf, gleich nach der gefährlichsten Stadt Kolumbiens, Buenaventura an der Pazifikküste. Was uns hierhertreibt?....

Die Empfehlung zweier kiffender Straßenmusiker.

Na dann mal los.


Ich habe ihn gesehen!! "Der Teufel ist ein hübscher junger Mann mit roten Schuhen"
und wie solls anderst sein,.." Er tanzt Salsa."

Die wohl eleganteste Beschreibung des Bösen entspringt dem Mythos um die drei Kreuze auf einem der Hügel Cali's. 

Die Alten erzählen, dass die Stadt verflucht sei. Darum baute man drei Kreuze, um den Teufel persönlich in der Stadt zu bannen. Ein Teil der Menschen glaubt, dass auch deshalb hier noch soviel Böses geschieht. 

Naja..wer den Teufel in der Stadt hat, der hat Arbeit vor sich.

Erinnerung an Dantes Inferno. Ein Schutzengel hoch über der Stadt. 

Paradox. Unter dem großen Sockel der Statue befinden sich Überreste von Gefängniszellen. Mahnmal einer traurigen Geschichte. Kriminelle Jugendliche wurden hier damals weggeschloßen.




Straßenquartier in Cali. Nachts patroullieren Männer mit Stöcken bewaffnet, um die parkierenden Autos gegen ein Trinkgeld vor Diebstahl zu schützen und um verlorenen Touristen den Weg zu erklären.

Teure, ausgebildete Sicherheitsdienste findet man meist nur vor öffentlichen Gebäuden oder Clubs.

Unsere Taxifahrt zum Salsaclub führte durch eine andere Stadt. Kaum sind die letzten Sonnenstrahlen verschwunden, scheint nichts mehr wie vorher. Die Straßen fast leer. Nichts deutet in einer Stadt auf mehr Vorsicht hin als unheimliche Leere. Einheimische raten dir nach Einruch der Dunkelheit in der Nähe zu bleiben. Ein nächtlicher Stadtspaziergang ist zu gefährlich. Leider immer noch. Trotzdem war die Nacht großartig. Wir haben getanzt, getrunken, gefeiert bis in die Morgenstunden.

Kinder-und Jugendpolizei, eine eigens für kriminelle Minderjährige eingerichtete Spezialeinheit gibts als traurige Notwendigkeit nur hier.

Einst galt Cali als gefährlichste Stadt Kolumbiens. Das mächtige Cali Kartell führte hier gnadenlose Bandenkriege. Auch nach dem Zerfall des Kartells ist  die Drogenkriminalität die höchste verzeichnete Ursache von Todesfällen in der Stadt. Ein unrühmliches Erbe, welches durch die hohe Korruptionsrate so rasch wohl nicht abgelegt werden kann.

Wenngleich sich die Leute hier seit dem Niedegang des Calikartells wieder mehr nach draußen wagen, auf Aussichtspunkte, zum Joggen oder Fahrrad fahren, geht Cali als trauriger Sieger aus dem Wettkampf. Als Beispiel einer Arbeiterstadt die Armut, Drogen und Korruption noch nicht ganz in den Griff bekommen hat.

Nebst all dem Grau, dem Smog, der latenten Gefahr und natürlich dem Teufel selbst, suche ich trotzdem noch nach dem anderen Cali...

Und finde es.

In der Nacht sind alle Katzen grau. Am Tag sieht die Stadt an bestimmten Ecken ganz hübsch aus. Zum Beispiel im frei zugänglichen "gato del rio" Park. Für Katzenfans und Kunstintereßierte ein Muss!

Cali s Backpackerviertel beherbergt ein paar Perlen. Beispielsweise dieses liebevoll eingerichtete Restaurant mit Gartenambiente. Die Fleischplatte ist großartig und kostet fast gar nichts.

Blick in die Küche. Der Service hier ist aufmerksamer als in vielen europäischen Ländern. Gehalt gibts eigentlich fast gar nichts. Trinkgelder sind deshalb oft in der Rechnung einberechnet und betragen 10 Prozent.

Die etwas andere Statistik: Fußballfeld hinter den Hügeln der Stadt.
Cali brachte nicht weniger als 14 berühmt gewordene Sportler hervor und ein paar Komponisten und Musiker.

Und natürlich Salsa. Cali hat die meisten Salsaclubs und die berühmtesten Salsaschulen des Landes, wenn nicht sogar der Welt. 

Und wer dann doch genug vom hitzigen Stadtleben hat, fährt etwas weiter nach San Cipriano. Die ehemalige Sklavenkolonie inmitten eines Dschungelnaturreservats erfüllt fast alle Indiana Jones Träume..
PS: Es ist normal, dass hier Alle mit Macheten rumlaufen. Ah! Und das Motorrad auf der Schiene dient als kreatives Fortbewegungsmittel. Bremsen gibts keine und manchmal springt das kleine Rädchen aus der Schiene bei 60kmh...Aber wer will schon ewig leben...
Und wenn s mal im Lonely Planet steht....Touri Invasion!!!

Und wer das alles überlebt hat,sollte sich eines bewußt sein. Manchmal reicht es schon, wenn man den Standpunkt wechselt um eine andere Sicht zu haben.
Unser Starfotograf und Hobbyguide durch Cali.

Chips mit Huhngeschmack! Grandios!!!!!

Einmal umdrehen. Calis Umgebung ist atemberaubend.


Wenn der Vorhang fällt! Cali ohne Smog.






















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#kolumbien#amerika#südamerika#cali#salsa