Veröffentlicht: 29.07.2017
In diesem Jahr ist der erste Unabhängigkeitstag seit 15 Jahren, an dem die Menschen im Südwesten Kolumbiens ohne Angst feiern können. Selbst wenn der Frieden mit den FARC Rebellen sehr fragil im Schatten der steten Korruption erscheint. Und da bin ich. Am entscheidendsten Tag der neuen Geschichte Kolumbiens. PARTY!!!!.....oder.....hähh??
Im Zentrum des Kaffeeanbaus, fern ab von allem, geschieht vorallem eines, nämlich Nichts!
Buenavista. Ca.2500 Einwohner und ab 22.00 hört man keinen einzigen Hund bellen. Die Stille ist unheimlich und tut gut. Kaum vorstellbar, dass hier noch vor kurzem Rebellen Angst verbreiteten.
Ein Dorf weiter mit dem Jeep, 30 Minuten an Kaffeefeldern vorbei. Pijao. Auch hier...Nichts, außer Ruhe und Frieden und Menschen, die einem ein Lächeln schenken, wenn man sie grüßt. Naja, fast Alle.
Noch vor nichtmal einem Jahr, Schauplatz von Zwangsrekrutierungen durch Guerillas. Heute wirkt alles wie aus einem Ferienkatalog.
Die Bar im Dorfzentrum. Geschmückt mit Flaggen, Musik spielt, Vorbereitungen auf das Fest des Jahres....Oder... Nichts!
Ein Dorf, zwei Diskotheken. Wie mir gesagt wurde, geht man zum Kennenlernen in diese, und wenn s ernster wird, wechselt man in die Andere. Hier hat Alles seine Ordnung, und wo sind eigentlich alle?
Nein, da kommt kein Bus, und ja, der sitzt schon lange da.
Ich glaube sie hieß Valentina. Unser Kaffeeguide. Ihr Englisch mit antrainiertem amerikanischen Akzent brachte mich zum Schmunzeln, und der fast flüsterhafte Ton, wenn sie über die Zeit der Guerilla-Angriffe sprach, sowie der Stolz in der Stimme, als Sie von Simon Bolivar sprach, stimmte mich nachdenklich und gleichzeitig hoffnungsvoll.
Ladies and Gentlemen!! Don Leon!!!! Seines Zeichens Kaffeebaron! Er lehrte mich, was in Nescafé reinkommt. Und naja...Das ist so wie das Mac Donalds-Gesetz. Wenn du es gerne isst, frag nicht was drin ist.
Don Leon ist ebenfalls stolzer Besitzer einer Münzsammlung, die er fleißig von Touristen aus aller Welt sammelt. Vor 10 Jahren wurde seine Plantage von der FARC genutzt. Jetzt zeigt er stolz seine Kaffeepflanzen.
Für einen 70 Kilosack Premiumkaffee und eine Woche Arbeit erhält der Kaffeebauer ca.150 000 Pesos. Umgerechnet ca. 50 Dollar, für kolumbianische Verhältniße ein gutes Einkommen, dank der hohen Nachfrage und einer Vereinigung im Rücken.
Meine Frage, warum hier nicht die Riesenparty steigt, obwohl es Grund zum Feiern gibt, sollte mir erst in Medellin klar werden. Aber dazu später mehr. Eines jedoch wird mir rasch klar. Hier ist nur noch Gutes zu finden, in der Landschaft und den Menschen.
Buenavista. Macht seinem Namen alle Ehre.
Kolumbianische Kaffeedegustation. Wer den Wirt empört sehen will, bestellt Milch und Zucker dazu.
Landschaftlich vielfältig und fruchtbar. Perfekt für Kaffeeanbau.
Am Ende der Tour zeigt mir Valentinas Partner, Alejandro, bei einer Tasse kolumbianischem Kaffee, Fotos aus dem Guerillacamp. Eigentlich hätte er nicht da sein dürfen. Aber über seine Verbindungen zu den Guerillas war es möglich.
Mir war klar, dass ich die Bilder nicht fotografieren durfte, leider, und noch weniger klar war mir, welche Rolle er genau in der Guerillageschichte hat, hatte ich mir überlegt, wie man ungehindert so mal in ein Guerillacamp mit Kamera spazieren kann, wenn man nicht dazu gehört? Gefragt hab ich ihn nicht.
UN-Fahrzeuge sind zu sehen, Regierungsvertreter, Armee und natürlich FARC Kommandanten. Die Gesichter...ernst aber nicht feindlich.
Die Guerilleros, sagt er, hätten an diesem Tag bei der Auflösung des Camps den Auftrag gehabt, Bilder zu zeichnen, was für sie Frieden bedeutet. Es sei eine komische Situation gewesen, eiserne Kämpfer malen, Kartoffeln schälen, singen und tanzen zu sehen, wenn sie ihre Familie nach sieben oder zehn Jahren wieder sehen oder fremde Soldaten umarmen. Und ja es stimmt. Es sieht auf den Bildern irgendwie...unwirklich aus.
Er traue dem Frieden aber noch nicht ganz, es sei ja nur Papier. Trotzdem habe sich Alles für ihn so...gut, so normal, so menschlich angefühlt. Es klingt wie ein Plädoyer, wie ein Überzeugungsversuch, dass es Menschen sind und keine Monster.
Bei der Rückfahrt ins Hostel erzählt er noch kurz, dass er Pläne habe. Er wolle den Tourismus mehr vorantreiben und die Kaffeebauern unterstützen, sich selbst vermarkten zu können.
Unabhängig von großen Konzernen zu machen. Dies sei sein Teil zum Frieden.
Don Leon. Sein Foto auf dem Kaffee. Sein Erzeugnis. Eine breite Vermarktung momentan noch schwierig.
Einst kämpfte die FARC dafür, dass es Bauern wie ihm besser geht. Die Ideologie schwand mit dem Drogenhandel und damit die Unterstützung der Bevölkerung. Die FARC verlor an Sympathie. Der Anfang vom Ende.
Der Südenwesten, das Herz Kolumbiens, die Kaffeeregion und ehemals FARC Gebiet. Hier fühlt sich wirklich Alles gut an. Nur in einzelnen Augenblicken, wenn die Menschen nur leise und vorsichtig vom Frieden sprechen, bleibt ein leichtes Gefühl von Unsicherheit inmitten der großen Hoffnung.