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#22 Abenteuerliche Wanderung am Mittelmeer

Veröffentlicht: 25.11.2021

18.-19. November 2021: Sausset-les-Pins


J. Nachdem wir auf unseren zwei kleinen Küstenspaziergängen gestern, viele Wanderer mit Rucksäcken und Wanderstöcken gesehen hatten, machten wir eine Recherche und fanden heraus, dass hier der Küstenwanderweg Sentier Côte Bleue entlangläuft. Außerdem verläuft entlang der Küste eine Zuglinie, die viele der Orte miteinander verbindet. Wir fuhren daher morgens nach Sausset-les-Pins, parkten am Bahnhof und nahmen von dort den Zug nach Niolon. Von Niolon machten wir uns zu Fuß auf den 18km langen Rückweg nach Sausset-les-Pins.

Der Abschnitt des Wanderwegs von Niolon nach La Redonne war wunderschön. Er ging meist direkt oberhalb der Steilküste auf eher unebenen Schotterwegen oder Felsen entlang. Wenn der Weg es zuließ, dass wir den Blick von ihm abwenden konnten, gab es eine atemberaubende Aussicht über die Küstenlinie, das Mittelmeer und Marseille. Gelegentlich gab es kleine Kletterpartien, in denen wir wenige Meter hohe Felswände hoch oder runter klettern mussten. Das fühlte sich an wie Bouldern nur ohne Boulderschuhe und machte den ganzen Weg noch viel abenteuerlicher. Der Weg war nicht sehr gut ausgeschildert, aber immer wenn wir überlegten, ob hier wirklich noch der Weg lang ging, bestätigten uns die glattgeriebenen Äste der nahen Bäume und die glatten Felsen, die sich anfühlten wie Speckstein, dass sich hier schon viele tausend Leute festgehalten hatten bzw. lang gegangen sein mussten.

Blick auf Marseille

Der Wanderweg ging immer etwas entlang der Bahnstrecke, manchmal etwas höher, mit Blick auf die Bahn, meistens jedoch weit unterhalb der Bahnstrecke. Die vielen Brücken, die die Bahn über die Calanques (tiefe Einbuchtungen in die Küste, wie Buchten oder Felsspalten am Mittelmeer) brachte, sahen mit ihren Bögen wirklich hübsch aus.

Wasserläufer oder Flugkünstler?
Fliegt er oder kann er auf dem Wasser gehen?
Slagline für Fortgeschrittene

Einmal kamen wir etwas vom Weg ab, irrten erst unter Pinienbäumen und durch hüfthohe Rosmarinbüsche, später kletterten wir über Felsen und einen steilen Geröllhang hoch, bei dem es hilfreich gewesen wäre Spikes an den Schuhen zu haben. Erst als wir am Zaun der Bahnstrecke ankamen und auf der anderen Seite andere Wanderer entdeckten, die wir vorher hinter uns auf dem Weg gesehen hatten, bläute es uns, dass wir nicht nur, nicht auf dem richtigen Weg, sondern auch auf der falschen Seite der Bahngleise waren. Ich dachte mir, dass der Weg sicherlich nicht ohne Grund nicht entlang dieser z.T. sehr steilen Küste auf dieser Seite der Bahn ging, umkehren und den ganzen Weg zurück, wollten wir aber auch nicht. So folgten wir z.T. dem Zaun der Bahnstrecke, suchten uns z.T. kletternd einen Weg über die Felsen und kamen immer wieder an steile Abgründe, an denen es nicht weiter ging. Zum Glück trafen wir nach einiger Zeit auf einen Tunnel, der unter den Bahngleisen hindurchführte. Der war zwar eigentlich nur für Regenwasser geeignet, aber wir konnten trotzdem durchgehen und schafften es auch die mehrere Meter hohe, schräg gemauerte Abwasserzufuhr auf der anderen Seite hoch zu klettern. Dann krackselten wir die steilen Geröllhänge hoch und schlugen uns durch piecksige Büsche, bis wir endlich vor die leicht verdutzt schauenden Wanderer auf den ziemlich gut ausgebauten Wanderweg krochen. Wir machten direkt an Ort und Stelle eine Verschnaufpause, stärkten uns etwas, freuten uns den Weg wieder gefunden zu haben und ließen das vergangene Abenteuer Revue passieren.

Der Rest des Weges war ziemlich gut ausgebaut, es gab sogar gelegentlich Treppenstufen und nur noch wenige kleine Kletterpartien. Eigentlich ziemlich langweilig im Vergleich zu dem abenteuerlichen Weg vorher. Der Weg verlief aber immer noch in den meisten Fällen direkt oberhalb der Steilküste mit super Aussicht auf das Mittelmeer. Gelegentlich durchquerten wir kleine Dörfer oder liefen über sandige Strände. Wir genossen die atemberaubende Aussicht, die Sonne auf der Haut und den Wind in den Haaren, den sommerlichen Geruch von Pinien und das Zwitschern der Vögel.

Als wir in La Redonne ankamen, bewegte sich die Sonne schon langsam in Richtung Horizont. Allerdings hatten wir hier erst sieben unserer 18 km langen Wanderung geschafft. Uns war klar, dass wir nicht den ganzen Weg bis nach Susset-les-Pins, wo unser Auto steht, schaffen würden. Die meisten anderen Wanderer beendeten hier, am Bahnhof von La Redonne, ihre Tour. Wir wollten aber noch bis zum nächsten Bahnhof in Carry-le-Rouet laufen.

Der Küstenwanderweg zwischen La Redonne und Carry-le-Rouet verlief fast ausschließlich auf Straßen durch Wohnsiedlungen und gelegentlich auf kleinen Wanderwegen direkt neben dem Zaun der Bahnstrecke, aber fast gar nicht direkt an der Küste entlang. Diesen Abschnitt können wir nicht empfehlen und wir waren froh, dass wir uns entschiedenen hatten von Niolon loszuwandern und so den schönsten Teil des Küstenwanderwegs gegangen waren. Die 5km bis nach Carry-le-Rouet schafften wir, dank der guten Straßen und weniger Höhenmeter in etwas mehr als einer Stunde und erreichten den Ort als es gerade langsam dunkel wurde. Im Hafen von Carry-le-Rouet erlebten wir dann noch ein Spektakel zum Abschluss. Es wurde gerade ein Fest mit lauter Musik und Essens- und Getränkebuden (Baguette, Käse und Wein) gefeiert. Neben den Buden stand außerdem ein Gehege mit Tieren. In dem ziemlich kleinen eingezäunten Bereich drängten sich zwei Ziegen, vier Schafe, ein Esel, ein Pony, ein Schwein, ziemlich viele Hühner und eine kleine Herde Gänse und Enten. Wir fanden das Tierquälerei, die meisten anderen Schaulustigen beobachteten aber amüsiert das Spektakel: eine der Ziegen kletterte halb auf den Zaun, die andere Ziege fing einen Kampf mit einem der Schafe an, die Hühner drängten sich verängstigt in eine Ecke, die Gänse liefen laut schnatternd von einer Seite zur anderen und wieder zurück und das Schwein wühlte die Plastikplane auf der das Stroh lag hoch und verschob dadurch den Zaun. Das Chaos war perfekt.

Hafen von Carry-le-Rouet

Nachdem wir eine Station mit dem Zug wieder zurück zu unserem Startpunkt gefahren waren, fielen wir todmüde in unser Bett.

Den nächsten Tag nutzten wir, um uns von der Wanderung zu erholen und legten uns an den Strand. Absurderweise sind einige Einheimische sogar mit Handschuhen, Mütze und Winterjacke an uns vorbei gegangen. Wir fanden es in kurzer Hose und T-Shirt am Strand in der Sonne aber ganz angenehm. Wir sind sogar kurz ins Wasser gesprungen, wobei das Wasser wirklich sehr kalt war. Aber gut, es ist ja auch November.


Abends fuhren wir zum nahegelegenen riesigen See Étang de Berre, bekamen einen schönen Sonnenuntergang und übernachteten dort. 

Am nächsten Morgen wachten wir mit Blick über den See auf. Die ersten (menschlichen) Austernfischer waren schon unterwegs. 


Tag 34 – Gesamttour 2.850 km


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Antworten (1)

Fischers
Wow, das klingt eher wie eine mind. 30 km Wanderung und das waren nur 7 km?! Aber ein Abenteuer kann es ja sogar in einem Maisfeld geben 😉

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