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Tag 72: Als Kolumbus nur Wolkenkratzer entdeckte

Veröffentlicht: 16.09.2016

09.09.2016


Unsere Mission, den Maoris ein wenig die Kunst des Skifahrens zu vermitteln verändert sich, aufgrund der Ereignisse der vergangenen Tage, immer mehr in eine regelrechte Challenge, um überhaupt ein wenig Schnee zwischen den Zehen zu spüren. Also, ja… diese Redewendung ist mir wohl ein wenig aus Strandtagen in Erinnerung geblieben. Genau das ist es allerdings auch, was dieses Fleckchen Erde so besonders macht. Innerhalb von Tagen, wenn nicht sogar Stunden, ist es möglich, Snowboard gegen Surfboard auszutauschen und frische Bergluft durch fischelnde Meeresbriese ersetzt zu sehen.

Ein Touristenbus, mit dem wir Gudi zuliebe die Bergstraße zum Treble Cone Skigebiet erklimmen, führt uns in luftige Höhen. Im Nachhinein betrachtet sind meine Zugeständnisse und Verzichte mit dem eigenen Auto zu fahren, aufgrund der steilen Schotterstraße wohl doch eher sinnvoll.

Endlich im Skigebiet angekommen erwarten uns Sonnenschein, Osterwetter im September und Leimaterial, mit dessen „Kanten“ sich nicht einmal Butter schneiden ließe. Ganz ehrlich und ohne Übertreibung behaupte ich an dieser Stelle, dass es, ohne zum etwas besseren (aber immer noch schwerst Bescheidenen) Advanced Equipment aufzuzahlen, kaum möglich wäre, mit diesen Rundungen die anfangs doch eher harten Hänge zu meistern.

Nach diesem Intermezzo haben wir etwas Glück und können unsere Liftkarten tatsächlich benutzen, da die einzige Liftbaugesellschaft, die unser wahres, österreichisches Vertrauen innehat, auch hier vertreten ist. So besteigen wir einen definitiv ausrangierten siebzigerjahre – Doppelmayer Sessellift und fühlen uns wie im Kitzbühel des vorigen Jahrhunderts. Etwas hart gebettet und eine Kuppel ebenso wie eine, den Gluteus Maximus erwärmende Sitzfläche vermissend, stellen wir trotzdem fest, dass es sich jetzt schon ausgezahlt hat, die Reise auf uns zu nehmen. So ist die Aussicht phänomenal und so anders zu österreichischen Bergpanoramen, dass wir uns kurzzeitig fast schon ein wenig exotisch fühlen – und das, obwohl wir die Bretter unseres Vertrauens um die Treter geschnallt haben.

Aufgrund dieser Tatsache reißen wir uns auch schnell wieder zusammen und ersinnen unsere wahre Aufgabe an diesem Tag. Bereit, mit Fanchören und Huldigungen am Gipfel in Empfang genommen zu werden, ereilt uns ein wahrer Schockmoment. Mitten auf der wunderschönsten Piste, vor dem geradezu faszinierenden Panorama wehen auf einmal Fahnen aus dem Schnee. Und nicht nur eine, gleich mehrere dieser. Enttäuscht stellen wir fest, dass offensichtlich schon jemand dieses Stückchen Land erobert zu haben scheint. Aber es kommt noch schlimmer. Bei genauerer Betrachtung erkennen wir, dass auf den unzähligen, auffällig parallel angeordneten Fähnchen allzu bekannte A1 Emblems zu sehen sind. Gudi ist so verwirrt, dass sie sofort ihren, leider trotzdem nicht vorhandenen, Handyempfang checkt. Ohne auch nur ansatzweise Zeit zu haben, diese Erniedrigung zu verdauen, schießt auch schon ein Hüne, nur mit anscheinenden gepaintetem Body verhüllt, an uns vorbei. Nach kurzer Verwirrung stellen wir fest, dass wir gerade von unserer eigenen Heimat, den österreichischen Skifahrern, übertrumpft wurden. Diese trainieren offensichtlich im österreichischen Sommer in Neuseeland und vermitteln uns ein wenig ein Gefühl, das Kolumbus gehabt hätte, wenn er 1492 auf die Skyline New Yorks gestoßen wäre.

Angefressen, dass Österreich offensichtlich nicht nur die eigenen Berge okkupiert, beschließen wir, trotzdem einen Skitag zu verbringen. Dieser gestaltet sich im Endeffekt auch sehr nett, auch wenn wir zu einigen Erkenntnissen kommen, die ich hier nicht verschwiegen will. So bedeutet eine schwarze Piste in Neuseeland definitiv keine präparierte Strecke, noch weniger aber versichert dies, dass am Ende des Gefälles ein Lift wartet. Stattdessen kommt man zum zweifelhaften Vergnügen, die persönliche Kondition in einem fünfzehnminütigem Aufstieg zu testen. Sprungschanzen sind hier ganz sicher nicht so gebaut, dass eine Landung in einem flachen Pistenteil ausgeschlossen werden kann. So kommt es mir so vor, als würde ich mir das Knie, quer durch für Männer durchaus wichtige, ausgelagerte Organe, in den Magen rammen. Nicht zu vergessen ist, dass billiges Hüttenessen anders aussieht. So bezahlt man für eine kleine Dose Bier und ein Stück!! Pizza sagenhafte 15€ - ich trinke daher heute ausnahmsweise nur vier Dosen.

Trotz dieser neuen Erkenntnisse und der mehr als spärlichen Beachtung unserer, für die Einheimischen sicherlich futuristischen Fähigkeiten, verbringen wir einen wirklich schönen Tag.

Am Abend treffen wir uns noch mit Michi und genießen im Camper mit Seeblick ein Abschiedsbierchen. Müde und ungeduscht gehen wir schlafen.


Gudis glorreiche Gesetze:


Ich muss nicht Duschen, ich habe ja eh nicht geschwitzt.


Ich schließe mich, auch aufgrund eines drastischen Mangels an Alternativen und Minusgraden, dieser Regel an. Gegenseitiges in den Schlaf stinken funktioniert zum Glück hervorragend und wer mich kennt weiß, dass ich sowieso absolut nicht dazu neige, bei Aufstiegen in der Sonne auch nur einen Tropfen Schweiß abzusondern.

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