Irgendwo falsch abgebogen...

Ich kenn es. Da bist Du 20 Stunden auf der Fähre, lässt Dich schaukeln und geniesst das Dolce far niente. Dann kommt die Einfahrt in den Hafen, die Passagiere versammeln sich drängelnd vor dem Parkdeck und ehe man sich versieht, spuckt einem der gewaltige Schiffsbauch aus wie anno dazumal in der Bibel der Wal den Jona. Plötzlich die Hektik einer Hafenstadt, ein unbekanntes Land, eine andere Verkehrskultur und andere Verkehrszeichen. Dann gibt das Navi den Geist auf und Du bist schon im reduzierten Modus.

Aber die Adaption gelingt, nach 30 Minuten finde ich mich langsam zurecht und nähere mich bereits dem ersten, geplanten Etappenort.

Die Strassen in Klaipeda sind zwar dreispurige Prachtsstrassen, aber in teilweise pitoyablem Zustand. Auf jedenfall kontrollierte ich dann später alle Schrauben am Dachzeltträger... Und die dritte Spur dient je nach Belieben als Standstreifen, Busspur. Die Litauer sind übrigens zügige Autofahrer :-)

 Ganz alles passt dann doch nicht und so finde ich mich auf einem schmalen Holperpfad wieder, der mich immer weiter vom Ziel wegführt. Wenden geht nicht und da ist da noch dieser Volvo hintern dran. Irgendwann ein Schild Zeltplatz/Restaurant/Hotel, zwar mitten in der Wildnis, aber was solls? Ich halte bei einem Haus an und lasse den Volvo passieren. Dieser hält auch, zwei kleine, neugierige Kinder und eine junge Frau steigen aus. Auf Englisch kommen wir ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie die Eigentümerin ist. Schnell sind wir handelseinig. Eigentlich ist die Anlage geschlossen, aber Urte* (so heisst die junge Frau bezeichnenderweise) macht mir ein Zimmer bereit und ich verbringe die erste Nacht in einem gemütlichen  Gästezimmer statt im luftigen Dachzelt. Nicht übel, ein echter Glücksfall und litauische Gastfreundschaft. Es ist schön etwas später, so koche ich nur noch etwas Beutelreis und mach mir dann noch einen Bialetti-Kaffee, bevor es ins warme Zimmer geht. DAs ist doch ein verheissungsvoller Start in dieses Abenteuer.

*) Urte ist die litauische Kurzform von Dorothea, was so viel wie Gottes Geschenk heisst (Doron = das Geschenk, Theos = Gott)