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5. Tag Badia Prataglia: ... und schon wieder Wald

Veröffentlicht: 18.04.2024

Es könnte für meine geneigten Leser*innen langweilig werden: es gibt in meinen Schilderungen nichts als Wald, und davon viel. Wir befinden uns im Casentino-Nationalpark. Es ist laut Führer das größte zusammenhängende Waldgebiet Europas. Ich bin beeindruckt von der Vielfalt und der Schönheit. Und ich bin schockiert von den Schäden, die Stürme hier angerichtet haben. Was auch klar ist: bei starkem Wind sollte man sich hier nicht aufhalten.

Casentino-Nationalpark

Nach den riesigen Tannenbeständen gibt es nun über viele Kilometer einen luftigen Buchenwald. Der wirkt auf mich besonders reizvoll. Die Baumkronen lassen die Sonnenstrahlen passieren, die auf den Böden ein wunderschönes Lichterspiel zeichnen. Das helle Frühlingsgrün der Blätter gibt dem Wald ein leichtes Aussehen. Angeblich soll es im Casentino-Nationalpark Wölfe geben. Persönlich habe ich sie nicht getroffen. Aber es sind an lehmigen Stellen am Boden Spuren zu sehen, die in dieser Wildnis vermutlich nicht von einem Hund stammen (und dafür auch etwas zu groß sind).

Stunden der Ruhe und Besinnung

Es ist der erste Tag, den ich als angenehm bezeichnen kann. (Die anderen waren nicht unangenehm aber aufregend und anstrengend.) Das hat mehrere Gründe: Es ist der erste Tag ohne Kreuzschmerzen. Vielleicht gibt's dafür eine psychologische Erklärung: Erfahrene Pilger, die ich gestern traf, sagten mir, bald seien sie weg, die Kreuzschmerzen. Sie gaben mir auch den Tipp, nicht auf die Kilometer zu achten und nicht auf die Zeit, besser sei es, den Weg der Besinnung zu widmen. Ich bin also heute wieder alleine gelaufen, habe viele Pausen eingelegt, immer wieder die Ruhe des Waldes genossen und nach 4 Stunden die Wanderung in Badia Pradaglia beendet, nachdem heute noch Schnee angekündigt ist.

Zurück zu den 80ern

Gott sei's gedankt, habe ich heute meine Tour früher beendet. Kaum mein Hotelzimmer bezogen, gibt es einen kräftigen Regenschauer und einen heftigen Temperatursturz. Apropos: Ich blicke in das Zimmer ein an sich stattliches Hotel, das seine besten Jahre vor geschätzten 40 Jahren hatte. Die Hotelbesitzer: ein etwa 80 Jahre altes Ehepaar. Die beiden arbeiten eifrig in der Küche, wie man sieht, obwohl es außer mir keine Gäste gibt und auch kein Essen angeboten wird. Ich beobachte die beiden eine Weile, während ich den Espresso trinken, den man mir angeboten hat. Doch was genau der Sinn ihrer Arbeit ist, erschließt sich mir nicht. Ein wenig skuril, diese Situation. Erinnert mich an Kafkas Roman "Das Schloss", in dem Dinge passieren, die so recht keiner Gesetzmäßigkeit folgen wollen.

Mittlerweile ist es so kalt, dass ich mich zum Brotzeitmachen ins Bett lege. Abends kurz in die Bar: offensichtlich die einzige geöffnete Gastronomie. Beim Zurückkommen: Das Ehepaar hantiert immer noch in der Küche.

Antworten (2)

Max
Guten Morgen Maria, das hört sich schön an, der Spaziergang durch einen hohen Buchenwald. Aber ich mach mir natürlich Gedanken, dass du dort zu lange Strecken ganz alleine gehst. Obgleich ich das kenne. Ich bin in Japan ja gänzlich allein, ohne eine japanische Begleitung, und ohne die Sprache zu kennen auf Wanderung gewesen. Das war etwas ähnliches wie du es jetzt erlebst. Mich haben auch, so wie dich die Wälder beeindruckt. In Japan sind es Bambuswald. Ganz licht ist er und weit oben ist es grün. Und es gibt dort in den Wäldern keine Menschen. Na schön ist es ja auch, dass du doch ab und zu jemanden triffst und sprichst. Ich bin gespannt, was du noch erzählen wirst, wenn du etwas wie eine innere Einkehr erlebst. Das Gefühl, wenn man allein ist, ist besonders wichtig, dass man sich wohl fühlt. Das glaube ich jedenfalls. Wenn man mit sich selbst nicht im Reinen ist, wenn man Kummer hat, dann ist alles anders und man bleibt dumpf und sehnt sich nach Klärung. Ich hoffe, dass du weiterhin einen blauen Himmel hast, und nicht allzu viel Regen! Das macht viel aus. Also dann Maria, sei ganz lieb gegrüßt, viel Spaß beim wandern, Ulli

Bubo bubo
Des Wand’rers Traum, ihm selbst zur Fron: Per pedes von Florenz nach Rom! Im Casentin’ auf der Chaussee, Da taten ihm die Beine weh, Und da verzichtete er wohl Dann auf des Tagewerkes Soll. So will man oft und kann doch nicht Und leistet dann recht gern Verzicht. [nach Joachim Ringelnatz, Die Ameisen]

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