Veröffentlicht: 10.09.2016
Die Tsingys kommen nur an der Westküste vor und die Tsingy de Bemaraha, wo wir sind, sind die Grössten. Sie gehören zum Unesco Weltkulturerbe und sind rund 17 km lang. Wir erhalten den Klettergurt und machen uns auf den Weg. Erst geht es noch rund 45 Minuten durch den Wald bevor wir die ersten Tsingy Spitzen erspähen. Klettergurt eingehakt und los gehts: es wird gekraxelt und gekraxelt bis wir die erste Aussichtsplattform erreichen. WOW! Was für ein unglaublicher Anblick!
Wir stehen mittendrin in den Felsnadeln und sind fasziniert. Einige der Felsnadeln haben wie kleine Hüte auf, die scheinbar schweben. Oft sind diese nur noch an einer einzigen Stelle festgemacht und die Felsen überragen schwebend den Untergrund. WAHNSINN! Ein unglaubliches Bild. Zwischen den Felsnadeln ist nicht etwa nichts sondern da wachsen tatsächlich Bäume, welche das Licht suchen. Auch auf dem Fels selber wachsen Pflanzen - keine Ahnung wie! Dazu ist es einfach nur unglaublich heiss. Wir werden zwischen den Felsnadeln grilliert. Weiter geht das Gekraxel über eine wacklige Hängebrücke bis zur zweiten Plattform: auch hier ist das Bild fantastisch: Felsnadeln so weit das Auge reicht. Und ihr könnt es uns glauben: die Kanten sind echt mega scharf, man muss aufpassen wo man hinfässt und auch sonst hat man wie kleine Löcher in den Handflächen von den spitzen Felsen. Nachdem wir uns an den Felsen sattgesehen haben beginnen wir den Abstieg. Es geht durch enge Felsspalten wo wir entweder den Rucksack ausziehen müssen, damit wir durchpassen oder wir geduckt auf allen Vieren hindurch müssen. Der Ausgang schlussendlich kommt nach einer Durchquerung einer Grotte mit schmalem Eingang und grosser "Halle". Hier sieht man Wurzeln herabhängen. Es sind kleine Pflanzen auf den Felsen, die ihre Wurzeln viele Meter durch die Luft hinabschicken um an Wasser zu gelangen. Teilweise reichen die Wurzeln 10m durch die Luft. Nach dem Ausstieg laufen wir wieder durch den Wald zurück und erspähen noch ein paar Lemuren in den Baumwipfeln. Ein Weibchen mit Baby ist besonders süss. Das Kleine macht seine ersten Sprünge alleine von Ast zu Ast und wieder zurück. Ich könnte stundenlang zusehen...
Nach dem Abendessen machen wir uns für eine zweite Horrornacht bereit. Wie erwähnt konnten wir bereits die Nacht zuvor kaum schlafen: Ich wachte irgendwann ab einem Geräusch auf. Das Geräusch kommt eindeutig von Ratten, welche sich im Dachboden (oder doch auch im Bungalow selber??) bemerkbar machen. Sie rennen über den Boden, man hört, die Krallen über dem Boden und als ob das noch nicht reicht machen sie fiepende Geräusche oder bekämpfen sich gegenseitig. Manchmal sind auch schmatzende Fressgeräusche zu hören. Und glaubt mir: es hört sich teilweise so an, als seien diese direkt neben dem Kopf. An Schlaf ist für mich nicht mehr zu denken, ich habe Angst, sie klettern das Bett hoch auf der Suche nach Nahrung. Also wache ich mit der Stirnlampe bewaffnet darauf, dass keine hochkommt... Für die zweite Nacht hatte ich den Plan zurechtgelegt, dass ich einfach mit Ohrstöpsel schlafe. Wenn ich die Viecher nicht höre, wirds wohl nicht so tragisch. Denkste! Der Plan geht spätestens dort nicht mehr auf, wo ich die Ohrstöpsel nachts verliere. Also nochmals eine schlaflose Nacht. Am nächsten Tag bitten wir um ein anderes Bungalow. Man versichert uns zwar, dass es keine Ratten sondern Fledermäuse wären, doch ich glaube kein Wort. Ich habe noch nie Fledermäuse auf allen Vieren über den Boden rennen hören. Ausserdem bin ich mir recht sicher, die Geräusche, die sie von sich geben unterscheiden zu können. Wie auch immer, wir erhalten ein anderes Bungalow. Zwar kleiner, aber das ist uns egal...
Vor unserer dritten Nacht geht es nun aber erstmal die "kleinen Tsingys" besichtigen. Diese sind eigentlich wie die Grossen, nur kleiner - aber nicht minder spektakulär! Danach gehen wir auf Empfehlung unseres Fahres in ein madagassisches Restaurant. Wir essen eine vorzügiche Ente und geniessen die Aussicht über das Tal. Danach gehen wir mitten am Nachmittag etwas schlafen: die schlaflosen Nächte schlauchen uns ganz schön...Für den Sonnenuntergang fährt uns der Fahrer an einen erhöhten Ort. Dort steht ein luxuriöses Hotel - unglaublich wenn man bedenkt in was für einem Zustand die Zufahrtsstrasse ist. Wir geniessen den Sonnenuntergang bei einem Drink und beschliessen dort gleich zu Abend zu essen. Auf der Rückfahrt zeigt uns der Fahrer gleich 3 verschiedene Arten schlafender Chamäleons. So toll! Wir sind skeptisch, was unsere letzte Nacht hier im Hotel anbelangt, haben aber Glück: keine Ratten sind zu hören. Endlich wieder eine durchschlafene Nacht...
Am nächsten Morgen machen wir uns bereit für die Rückfahrt: über 200km auf staubig-holpriger Piste. Dies dauert den ganzen Tag. Wir durchqueren Dörfer an Dörfer, überall winken uns Kinder entgegen. Auch jetzt sind auf den Strassen und an jeder noch so kleinen Pfütze Menschen und vor allem Kinder zu sehen. Man stelle sich dies mal vor: Das Durchschnittsalter der Insel liegt bei 18 Jahren. Unglaublich.... Ebenfalls unglaublich ist die Anzahl brennender Felder und Wälder, die wir passieren. Überall steigen Rauchsäulen empor. Einmal reicht das Feuer gar bis an die Strasse, man merkt die Hitze beim Vorbeifahren. Der Fahrer sagt zu uns: "Es gibt zwei Sachen, die Madagaskar zerstören: das Feuer und die Politik!" Wie Recht er doch hat und wie tragisch dies eigentlich ist...