Veröffentlicht: 13.07.2023
Was den Weg über die chilenisch-peruanische Grenze anging hatten wir vorab viel gegoogelt, aber nicht so viel Aktuelles gefunden. Im Endeffekt war es wie so oft sehr einfach und so haben wir es am Ende gemacht: Zuerst ging es mit dem Nachtbus in die chilenische Grenzstadt Arica. Dort mussten wir vom nationalen in das direkt daneben liegende internationale Terminal wechseln und stiegen dort in einen der im 15min-Takt abfahrenden Busse von „Aritac“. Für nur 5 Euro fuhren wir über die Grenze nach Peru. Am Grenzübergang mussten wir alle samt Gepäck aussteigen und in das offizielle Gebäude der Grenzpolizei. Rechts am Schalter bekam man den Ausreisestempel von Chile und einen Meter daneben links am Schalter den Einreisestempel von Peru - super easy. Danach wurde unser Gepäck schnell gescannt, bis auf eine Kleinigkeit gab es keine Probleme … ich durfte meine Zwiebel, die noch vom Kochen in Antofagasta übrig war, nicht einführen - sehr zu Philips Freude, der schon länger von ihr genervt war 😄. Nach Entfernen der hochgefährlichen Ware stiegen wir dann hinter der Grenze wieder in den Bus ein und fuhren nach Tacna, der peruanischen Grenzstadt. Und so wurde unsere letzte Busfahrt in Chile zu unserer ersten in Peru. In Tacna wechselten wir wieder vom internationalen in das nationale Terminal, um dort dann in den dritten und letzten Bus nach Arequipa zu steigen.
Philip hatte vor 16 Jahren an einem Schüleraustausch mit der deutschen Schule in Arequipa teilgenommen. Nachdem sein Austauschschüler Mauricio, Mau genannt, 3 Monate in Groß-Zimmern gelebt hatte, ging es für Philip 3 Monate nach Arequipa. Wir freuten uns sehr, dass wir nach so langer Zeit wieder bei seiner ehemaligen Gastfamilie übernachten durften und so herzlich empfangen wurden. Wir schliefen tatsächlich in Philips altem Zimmer und wurden rundum sorglos betreut, bekocht und herumgefahren. Es war richtig toll! Am Tag nach unserer Ankunft gingen wir zusammen mit Gonzalo, dem Gastpapa und Pepito, der eigentlich José-Carlos heißt und Mau‘s kleiner Bruder ist, in das nahe gelegene Stadion Fußball schauen. Die beiden sind richtig begeisterte Fans und so kamen wir in das ungeplante Vergnügen eine Partie der „Copa Perú“ mitzuerleben. Was für uns eigentlich noch faszinierender war als das Spiel selbst, war die wunderschöne Aussicht auf die rund um Arequipa liegenden Vulkane. Mittags kamen Mau, seine Frau Ale und ihre beiden zuckersüßen 6-Monate alten Zwillinge, Julian und Ezequiel, zum Essen vorbei und es gab das große Wiedersehen. Am Nachmittag fuhren wir mit Elena, der Gastmama, Pepito und seiner Freundin Giane noch zu einem schönen Platz, wo wir unser erstes „Queso helado“ probierten. Der Name klingt seltsam, übersetzt wäre es „Käseeis“, heißt aber nur wegen des ähnlichen Aussehens zu Frischkäse so. Es besteht aus Kuh-, Kondens- und Kokosmilch zusammen mit einer Art Kartoffelstärke und Zimt oben drauf und schmeckte ganz lecker.
Für den nächsten Tag hatte uns Gonzalo eine Bustour zu dem Steinbruch des sogenannten „Sillar“ organisiert. Aus diesem hellen Vulkangestein wurden viele Gebäude in Arequipa gebaut, weshalb es auch die „weiße Stadt“ genannt wird. Generell ist Arequipa die zweitgrößte Stadt Perus und sein Stadtzentrum gehört zum Weltkulturerbe. Zwar sind solche großen Bustouren nicht so unser Ding, aber wir sahen schöne Skulpturen die in den letzten Jahren aus Sillar geformt wurden, eine Steinwand erinnerte Jana ein bisschen an Petra in Jordanien. Danach liefen wir noch durch einen Canyon, der in dem einfallenden Sonnenlicht richtig schön aussah. Abends trafen wir uns mit Yusara, eine Freundin von Philip aus der Zeit des Schüleraustauschs, auf ein Bierchen und quatschten lange.
Am nächsten Morgen ging es für uns früh los ins Colcatal. Mit einer kleinen Reisegruppe und einem super Tourguide fuhren wir zuerst zu verschiedenen Aussichtspunkten, sahen viele wilde Vicuñas und einige Lamas und Alpakas, die man streicheln durfte. Für die Peruaner sind Alpakas wie Schafe für uns, sehr flauschig und sehr zahm. Nach und nach ging es mit dem Bus den Höhenpass entlang, das Colcatal liegt nämlich - anders wie der Name es vermuten lässt - ziemlich weit oben. Unser höchster Aussichtspunkt sollte auf fast 5000m liegen, der „Mirador de los volcanes“, von dem aus man alle umliegenden Vulkane sehen kann. Leider bekamen wir beide von der Aussicht nicht viel mit, denn wir hatten unseren ersten ärztlichen Einsatz der Reise. Gerade waren wir aus dem Bus ausgestiegen, sahen wir wie vor uns ein ca. 13-jähriges Mädchen ohnmächtig wurde. Wir liefen schnell hin - auf der Höhe im Nachhinein nicht unsere beste Idee - und kümmerten uns um das Mädchen. Philip sicherte die Atmung und inspizierte die ziemlich tiefe Platzwunde am Kinn, während Jana die Beine unserer Patientin hochhielt. Nach kurzer Zeit kam sie wieder zu sich und wir versorgten die Platzwunde mit Steristrips. Nach dem zweiten Aufstehversuch konnte sie zurück in den Bus und schnell in das tiefer gelegene Städtchen Chivay zur weiteren Versorgung gebracht werden. Leider schlug die Höhe zusammen mit der Anstrengung jetzt Philip ganz schön aufs Gemüt und sein Gesicht nahm die Farbe von Queso helado an. Zurück im Bus musste er auch die Beine hochlegen und erst nach ein paar Minuten kam wieder Farbe in sein Gesicht. Nach dieser aufregenden Aktion gab es unser wohlverdientes Mittagessen und wir freundeten uns mit einem Pärchen aus der Schweiz an, Joshua, der als Grundschullehrer arbeitet und Madlaina, die auch Ärztin ist. Unser Hotel in Chivay war richtig süß, wir hatten sogar ein kleines Türmchen. Nachmittags machten wir einen Ausflug zu einem Thermalbad, das verschieden heiße Becken hatte, teilweise mit suspekter Farbe des Wassers aber sehr angenehm warm. Den Abend verbrachten wir in einem richtig doll touristischen Restaurant, in dem traditionelle Musik und Tänze der Region vorgeführt wurden. Am Ende tanzten alle Touris im Kreis, gekrönt von einer schnellen Runde Macarena, was auf 3600m Höhe ganz schön anstrengend war 😄
Am nächsten Morgen fuhren wir durch ein paar süße Örtchen zu unserem eigentlichen Ziel des Ausflugs, dem „Cruz del Condor“. Das ist eine Stelle auf 3800m Höhe, mit Blick in einen super tiefen Canyon, von der aus man die majestätischen Condore in den warmen Luftströmungen aufsteigen sehen kann. Für die Inka gab es drei heilige Tiere: Erstens der Condor, der für das Reich der Götter und des Himmels steht, zweitens der Puma, der für die Erde steht und drittens die Schlange, die für die Unterwelt steht. Und wir hatten Glück! Neben den seeeehr zahlreichen Touristen, konnten wir auch zahlreiche junge und alte Condore sehen, die ganz vergnügt durch die Luft segelten. Teilweise flogen sie auch richtig nah an uns heran und über unsere Köpfe hinweg. Die Jugendlichen sind braun, die Erwachsenen sind schwarz-weiß und haben eine weiße Halskrause. Ihre Flügelspannweite beträgt stolze 3,10m und die Condore können in Höhen von 6000-7000m fliegen! Nach diesem Spektakel hielten wir noch an zwei Aussichtspunkten, von denen aus man super viele Terrassen sehen konnte, die schon vor der Zeit der Inka zur Landwirtschaft angelegt wurden. Die Natur war einfach wunderschön! Anschließend ging es zurück nach Arequipa, wo wir abends mit Pepito, Giane und ihrer Tochter Mia den neuen „Transformer“ im Kino schauten. Die Preise hier in Peru sind ingesamt deutlich günstiger als in Chile oder Deutschland, aber das Kino kostete wirklich nur einen Apfel und ein Ei. Aufgrund einer Rabattaktion zahlten wir für 5 Kinotickets nur 11 Euro! Von dem Film verstanden wir erfreulich viel, obwohl es keine Untertitel gab und lustigerweise spielte ein Großteil in Cusco und Machu Picchu, wo es bald für uns auch hingeht. Als „Snack“ gab es zwei unfassbar große Tüten Popcorn, das hier üblicherweise salzig gegessen wird, für uns gab es halb-halb.
Den nächsten Tag ließen wir ganz entspannt angehen, fuhren mit Gonzalo und Elena zu Philips ehemaliger Schule sowie zu der Universität, in der Gonzalo arbeitet. Danach fuhren die beiden uns ins Stadtzentrum, wo Philip Jana sein heiß begehrtes Einkaufsparadies „Siglo 20“ präsentierte. Dort gibt es von Adidas bis Louis Vuitton alle möglichen gefälschten Marken zum kleinen Preis, was Philip mit 15 sehr gut gefallen hatte 😄. Abends trafen wir uns wieder mit Yusara auf einen Pisco Sour und spazierten durch das Bar- und Discoviertel, in dem die deutschen und peruanischen Schüler früher das Tanzbein geschwungen hatten. Nach einem kleinen Abendessen fuhren wir wieder zurück nach Hause. Leider hatte Jana irgendwas nicht vertragen und musste sich in der Nacht übergeben 🤢.
Etwas geschwächt von der Nacht und weiterhin mit einem flauen Gefühl in Janas Magen planten wir für den nächsten Tag nicht so viel. Wir besichtigten das Kloster „Monasterio de Santa Catalina“, das mitten im Stadtzentrum liegt, riesengroß ist und super schön restauriert wurde. Abends trafen wir uns alle bei Mau, aßen zusammen und schauten alte Bilder, die viele schöne Erinnerungen weckten.
Samstags fuhren wir zusammen mit Pepito und Giane wieder zu Mau. Diesmal stand ein legendäres Tischtennismatch auf dem Programm. Wir erfuhren, dass Mau mit 12 Jahren nationaler Champion gewesen war, nichtsdestotrotz konnten ihn Philip und Pepito jeweils einmal schlagen 💪🏼. Wir knuddelten viel mit den süßen Zwillingen und hatten insgesamt einen schönen Nachmittag, bevor es Zeit war sich zu verabschieden. Danach fuhren wir noch einmal zu Yusara, um auch ihr „Adiós und hasta luego!“ zu sagen. Dann ging es flott nach Hause, um die Rucksäcke zu packen, denn unser nächster Nachtbus wartete schon. Philip bugsierte die lädierte Jana vollgepumpt mit allen Medis gegen Übelkeit, die unsere Reiseapotheke zu bieten hatte, in den Bus, um die Fahrt gut zu überstehen. Der Bus war noch besser als in Chile, man fühlte sich fast wie in einem Flugzeug.
So geht es für uns jetzt 12 Stunden über Nacht in die wichtigste Stadt des damaligen Inkareiches, Cusco.