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Skopje - die Hauptstadt der vielen Statuen (15. Stop)

Veröffentlicht: 13.07.2021

In Sofia angekommen haben wir noch ein paar Stunden Zeit, bis der Bus nach Skopje losfährt. Pünktlich 20 Minuten vor Abfahrt finden wir uns am Office ein, von wo aus uns ein Taxi zum Bus bringen soll. 15 Minuten nach eigentlicher Abfahrtszeit kommt das Taxi und bringt uns zum Bus, der im Stadtcenter startet. Der Bus ist unglaublich voll mit Leuten, die alle nach Albanien fahren, wir sind die einzigen, die schon in Skopje aussteigen wollen. Einige junge Leute erzählen uns, dass sie Familie in Albanien haben und nach ihren Uni-Klausuren dort jetzt etwas Urlaub machen. Außerdem schwärmen sie uns von den Küsten und Berglandschaften Albaniens vor. Sie finden es sehr schade, dass wir Albanien nicht besuchen können...naja wir findens ja auch sehr schade - aber es steht auf jeden Fall auf unserer Liste der nächsten Reiseziele! Sie interessieren sich auch sehr für uns, unser Studium und unsere Reise. Wichtig ist es ihnen außerdem zu betonen, dass Albanien und der Balkan nicht gefährlich sind, so wie es fälschlicherweise oft das Vorurteil ist. Wir können dem nur zustimmen. Wir haben uns noch zu keiner Zeit in irgendeiner Form unwohl gefühlt. 

Die Balkanstaaten sind safe.

Nach 6h Fahrt werden wir irgendwo an der Straße 3km nördlich von Skopje abgesetzt. Nachdem wir zu Fuß zum Busbahnhof gelaufen sind, finden wir einen Bus, der uns ins Stadtzentrum nahe unseres Hostels bringt.

Nordmazedonien ist seit dem Zerfall Jugoslawiens 1991 unabhängig. Der Staat wurde eigentlich als Republik Mazedonien gegründet. Aufgrund des Namensstreits mit Griechenland wurde der Staat international als "Former Yugoslav Republic of Macedonia (FYROM)" bezeichnet. Die Einigung mit Griechenland führte 2019 zur offiziellen Bezeichnung Nordmazedonien. Im Gegenzug dazu erklärte Griechenland sich dazu bereit, Beitritsverhandlung mit der EU und der NATO nicht mehr im Weg zu stehen. Seit März 2020 ist Nordmazedonien auch Mitglied der NATO. Nordmazedonien hat eine der schwächsten Volkswirtschaften Europas und befindet sich politisch und wirtschaftlich in einem Transformationsprozess. Von den ca. 2,1 Millionen Einwohnern sind etwa 64% slawische Mazedonier*innen. Allerdings gibt es auch kleinere und größere ethnische Minderheiten (vor allem Albaner*innen). Schon auf der Fahrt fallen uns Bergketten und hügelige Landschaft auf, die tatsächlich auch fast 80% der Landesfläche ausmachen.

In vielen Blogs und auf mehreren Internetseiten haben wir gelesen, dass der nahe Skopje gelegene Matka Canyon sehr schön sein soll. Also gleich hin da! Wir machen uns auf den Weg zum städtischen Busbahnhof, an dem wir uns genauere Infos über die Busverbindungen erhoffen. Teilweise klappt das auch. Zumindest wissen wir, wann die Busse nach Matka fahren - und denken auch, dass wir wissen, wann er von dort wieder zurück fährt. Die Zeit bis zur Abfahrt nutzen wir, um uns schonmal über Züge und Busse Richtung Griechenland zu informieren. Es scheint mal wieder nicht so einfach zu sein. Wir werden wohl mit dem Zug nach Gevgelija an die Grenze fahren und dann weiterschauen. Aber erst mal wollen wir Skopje und Umgebung erkunden. Der Bus fährt jetzt sowieso los. Nach einer dreiviertel Stunde kommen wir am Parkplatz nahe des Canyons an. Wir sehen schon ein paar Badeplätze für später. Wir müssen noch ein Stück bergauf, um zum Matka-Stausee zu kommen. Der See wird vom Fluss Treska gespeist und beeindruckt uns durch sein türkisblaues Wasser und die steilen Felswände, die ihn umgeben. Der See entstand 1937 durch die Errichtung eines Damms, um den Fluss Treska zur Elektrizitätserzeugung für die Stadt Skopje zu nutzen. Die Gegend ist auch bekannt für seine vielen Klöster, wir entscheiden uns aber lieber für eine Runde Kajak und eine kleinere Wanderung (ehrlich gesagt können wir auch keine Klöster mehr sehen XD). Ein Doppelkajak kostet pro Stunde nur 500 Denar (etwa 8€). Nach Anfangsschwierigkeiten paddeln wir gemütlich an den steilen Felswänden entlang. Unser Ziel ist die gut 3km entfernte Vrelo Höhle - einer Höhle, die zum Teil unter Wasser liegt. Man kann den trockenen Teil besichtigen, hier gibt es viele Stalaktiten und Stalagmiten. Außerdem ist sie das Zuhause vieler Fledermäuse, die wir immer wieder in fliegen sehen. Beim wieder einsteigen ins Kanu stellen wir uns so an, dass ein Bootsführer uns helfen muss. Fröhlich und gut gelaunt paddeln wir zurück und bewundern dabei die einzigartige Pflanzen- und Tierwelt. Besonders die vielen bunten Schmetterlinge und Libellen haben es uns angetan. Schön etwas erschöpft kommen wir wieder am Anfang an - das ist ja anstrengender als davor gedacht.

An den Straßenständen holen wir uns Mais und frische Kirschen, mit denen wir uns direkt am See stärken. Dann können wir gut noch ein bisschen zu den Aussichtspunkten wandern. Der Weg ist schwierig zu finden, hier ist wohl schon länger keiner mehr rauf gelaufen. Außerdem ist der Boden sehr locker und man rutscht sehr leicht weg....vielleicht hätten wir doch besser unsere Bergschuhe mitgenommen. Auf dem Weg bleiben wir öfter in Dornbüschen hängen (Babsi schaffts sogar mit ihren Haaren hängen zu bleiben). Ein paar Kratzer später kommen wir aber am Aussichtspunkt an, und es hat sich definitiv gelohnt! Wir haben eine tolle Aussicht auf den See, die umliegenden felsigen Berge und das Tal. Auf dem Rückweg gehen wir langsam, weil der Untergrund sehr rutschig ist. Wir bewundern noch die Libellen und machen uns wieder auf den Weg zum Bus. Veronika möchte eigentlich noch gern baden gehen, aber das Wasser ist viel zu kalt. Ist halt doch ein Gebirgsfluss - trotzdem ist ganz schön viel los. Beim Warten auf den Bus unterhalten wir uns nett mit einem älteren Herren. Der Bus hätte laut Plan aber eigentlich schon längst da sein sollen. Mehrere versuchen uns darauf aufmerksam zu machen, dass der Bus nicht mehr bis hier hinter fährt. Wir sind zwar skeptisch, beschließen aber dem Bus entgegen zu gehen. Nach ca. einem Kilometer hält ein Auto neben uns und ein Paaar fragt uns, ob sie uns bis zur Bushaltestelle mitnehmen sollen. Wir sind sehr froh, vor allem als wir merken, dass es noch ganz schön weit gewesen wäre. Auf der Fahrt unterhalten wir uns gut, und tatsächlich kommt sogar gleichzeitig mit uns ein Bus an. Zurück in der Stadt gehen wir gleich einkaufen, wir wollen nämlich endlich mal wieder kochen - Chili sin Carne mit Linsen. Mmhhh. Wir erleben außerdem eine lustige Suche nach pflanzlichem Joghurt - die Verkäuferin bietet uns pflanzliche Milch und auch Soyasoße an....nur leider keinen Joghurt, aber sie hat's echt versucht XD. Das Chili schmeckt echt sau geil und stärkt uns ausreichend, um über Istanbul zu schreiben.

Am nächsten Tag beschließen wir mal wieder eine Free Walking Tour zu machen, um Skopje besser kennen zu lernen. Wir haben Glück, schon am ersten Treffpunkt (wir hatten zwei potentielle Touren zur Auswahl) steht ein Guide und wartet auf uns. Er hofft auf noch ein paar mehr Menschen, aber auch trotz 10 Minuten Puffer stößt niemand mehr zu uns. Also eine private Tour nur für uns beide. Wir beginnen in der Fußgängerzone und gehen zum alten Bahnhof, der sehr verfallen ist. Der Guide erklärt uns, dass es in der Geschichte von Skopje bereits 3 starke Erdbeben gab, 518, 1555 und 1963. Das letzte war dabei das deutlich schlimmste mit einer Magnitude 6.1. Dabei sind über 1070 Menschen gestorben, zwischen 3000 und 4000 wurden verletzt und 80% der Stadt dabei zerstört. Die Ruine des Bahnhofs soll als Denkmal daran erinnern, und wurde seit dem Erdbeben nicht mehr verändert. Heute wird das Gebäude zum Teil als Museum genutzt. Danach gehen wir zurück Richtung Innenstadt und bleiben an dem Mutter-Teresa-Gedenkhaus stehen. Unser Guide erzählt uns voller Stolz, dass die berühmte Mutter Teresa von Kalkutta in Skopje geboren und aufgewachsen ist. An der Stelle ihrer früheren Heimatpfarrei, in der sie getauft wurde und die meiste Zeit verbracht hat, steht heute das Gedenkhaus. Er macht uns auf die Fasaden der umliegenden Häuser im barocken Stil aufmerksam. Aber der Schein trügt...im Zuge einer Kampagne wurden die Borten lediglich aufgeklebt, um das Stadtbild aufzuwerten. Ist schon eine lustige Stadt!

Wir setzen den Weg fort zum Hauptplatz der Fußgängerzone, in dessen Mitte ein imposantes Denkmal steht. Der Krieger auf dem Pferd stellt Alexander den Großen dar, der auf einer Säule inmitten eines Springbrunnens steht. Der Bau der 8 Millionen teuren Statue löste Kontroversen aus, beispielsweise auch seitens Griechenlands (die zoffen sich wohl darum, wem welche Geschichte gehört). Wir gehen ein paar Schritte weiter bis zum Fluss Vardar, über den einige Brücken in kurzem Abstand führen. Vor der Eye-Bridge bleiben wir stehen und starren die 24 Statuen an, die sich rechts und links aufreihen. Auch auf dem Dach des Gebäudes schräg gegenüber können wir mehrere Statuen entdecken. Aber keine Ahnung wer das sein soll, kann man ja gar nich erkennen aus der Ferne. Auch der Guide drückt seine Verwunderung über dieses Phänomen aus. Anscheinend gab es eine Zeit, in der fast jeden Tag eine neue Statue aufgetellt wurde. Er denkt es hat mit einer gewissen Sucht zu tun oder mit der Korruption im Lande oder wer weiß schon was. Das mit der Sucht können wir uns beim Durchqueren der Stadt sehr gut vorstellen, wirklich an jeder Ecke stehen eine oder mehrere Statuen. Eine Frauen-Statue mit Hintergrundgeschichte steht inmitten der Brücke. Sie zeugt davon, dass Skopje schon vor über 6000 Jahren besiedelt war. Neben der Steinernen Brücke sieht man eine Statue des Nationalhelden Goce Delcev, zu dem uns der Guide eine grausame Geschichte erzählt, die wir hier nicht nochmal wiedergeben wollen. Wir setzen unseren Weg fort und gelangen in die Gassen des großen Bazars. Wir gehen durch die kleinen Straßen und hier gefällt es uns wirklich sehr gut, weil alles sehr geordnet ist aber doch Charme besitzt.

Wir machen Pause in einem kleinen Restaurant und bekommen vom Guide ein Wasser und einen Rakija spendiert - um 12 Uhr mittags...keiner von uns schafft es, das große Stamperl auszudrinken, aber er steigt uns beiden trotzdem leicht zu Kopf. Während der Tour bekommen wir zudem dauernd Gutscheine für Freigetränke in Bars und Restaurants des großen Bazars. Nach der Pause gehen wir rauf in Richtung der Festung von Skopje. Von dort aus hat man einen guten Rundumblick und kann auf den Hügel sehen, an dem die erste Stadt Scupi erbaut wurde. Unser letzter Stop ist an einer kleinen orthodoxen Kirche (Ascension of Jesus) am Rande des Bazars. In dieser Kirche findet man Bilder über die Geschichten der Bibel für Menschen, die nicht lesen konnten/können. Davon ist der Guide sehr begeistert.
Nach der Tour sind wir ziemlich geschafft und gönnen uns erst einmal einen viel zu großen Eisbecher. Dann beeilen wir uns, um noch den Istanbul-Beitrag fertig zu schreiben und nehmen einen Bus nach Ohrid. Er ist überhaupt nicht teuer und wir freuen uns schon auf den berühmt-berüchtigten See in den Bergen. Los gehts!


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