Veröffentlicht: 21.08.2018
Im Oktober 1769 traf Cook seine Expedition zum ersten Mal auf neuseeländisches Festland. In der Nähe von „Gisborne“ verlief das erste Aufeinandertreffen zwischen den Ureinwohnern Neuseelands und der Schiffsbesatzung eher unglücklich. Die skeptischen Maori begrüßten den Kapitän und seine Mannschaft mit einer Begrüßungszeremonie inklusivem traditionellen Haka (Kriegstanz). Doch die vom Tanz eingeschüchterten Europäer antworteten mit einer Gewehrsalve, wodurch sechs Maori ihr Leben verloren. Die Seefahrer verließen geschockt das Festland, ohne ihre Wasser- und Lebensmittelvorräte aufzufüllen, was ursprünglich ihr Plan war.
Wegen diesem Vorfall gab James Cook der Bucht den Namen „Poverty Bay“, was so viel wie „Bucht der Armseligkeit“ bedeutet.
Genau diese Bucht konnten wir heute Morgen von einem Aussichtspunkt sehen. Wir parkten unser Auto im „Titirangi Reserve“, das sich im Herzen von Gisborne befindet. Zu Fuß erkundigten wir den kleinen Berg und kamen an einer Bronzestatue des britischen Seefahrers vorbei. Direkt daneben pflanzte im Jahr 1983 Prinzessin Diana einen „Pohutukawa“-Baum, der mittlerweile eine beachtliche Größe angenommen hat.
Bevor wir in die Innenstadt fuhren, warfen wir einen letzten Blick auf die Poverty Bay und den Klippenabschnitt „Young Nicks Head“.
Nicholas Young, ein zwölfjähriger Junge, der Teil der ersten Expedition von Cook war, erblickte den ersten Küstenabschnitt Neuseelands, weswegen dieser bis heute seinen Namen trägt.
Nachdem wir die Innenstadt von „Gizzy“ durchschlenderten, kehrten wir zurück zum Auto, um uns der Weiterfahrt zu widmen. Dabei entdeckten wir eine der höchsten Palmen, die wir jemals gesehen haben. Wir mussten uns weit nach hinten lehnen, um ihre Krone zu erkennen - völlig verrückt.
Unser Weg führte uns den State Highway 35 entlang der Ostküste hinauf. Dabei hielten wir mehrmals an malerischen Buchten an. Gegen 15:00 Uhr erreichten wir das Tagesziel: die „Tolaga Bay“. Dass sich Pläne auf einer Reise ändern können, wissen wir bereits. Dennoch waren wir im ersten Moment etwas geschockt, als wir ein kleines Pappschild mit der Aufschrift „Camp closed July“ lasen. Der örtliche Campingplatz hatte geschlossen und der nächste befand sich in 25 Kilometer Entfernung. Was nun? Fakt war, in zwei Stunden wird die Sonne untergehen. Allerdings wollten wir noch gerne eine 2,5-stündige Wanderung gehen und müssten anschließend - im Dunklen - weiterfahren. Nach kurzer Überlegung gingen wir dem ursprünglichen Plan nach und wanderten zur „Cook's Cove“. Zu Beginn verlief die Spur quer über Farmgebiet und steile/matschige Weidewiesen. Nach knapp zwanzig Minuten kamen wir an einem Aussichtspunkt an. Von hier oben bot sich ein weitläufiger Blick auf die Bucht, in der James Cook vor vielen, vielen Jahren ein weiteres Mal an Land ging. Wir verschwendeten nicht allzu viel Zeit beim Lookout und liefen weiter in Richtung Cook's Cove. Den eben erklommenen Berg ging es nun wieder hinab. Durch ein dichtes Waldgebiet, Meter für Meter, bis wir nach gut einer Stunde die Schafsweide erreichten, welche wir eben noch von oben betrachteten. Wir folgten einer Beschilderung und besichtigten zunächst das „Hole in the Wall“. Bereits im Jahr 1769 war Joseph Banks, ein Botaniker an Bord der „Endeavour“, von der Kuriosität, wie er es beschrieb, begeistert. Ein natürlicher Steinbogen bildet einen perfekten Bilderrahmen mit Blick auf das dahinterliegende Meer. Zu unserem Glück senkte sich zu dem Zeitpunkt gerade die Sonne, wodurch eine tolle Lichtstimmung entstand.
Wir spazierten einmal quer über die Weide. Die nach James Cook benannte Bucht ist von hohen Klippen eingerahmt. Mit ein bisschen Vorstellungskraft konnten wir uns sein Segelschiff, welches hier vor Anker lag, bildlich vorstellen. Eine gute Wahl.
Ganze sechs Tage verbrachte die Endeavour hier. Neben Wasser und Holz sammelte die 70-köpfige Expeditionsmannschaft auch viele Pflanzen für die Forschung ein.
Für uns wirklich spannend, an so einem geschichtsträchtigen Ort zu stehen! Doch leider setzte allmählich die Abenddämmerung ein, weshalb wir uns auf den Rückweg machen mussten. Zurück am Lookout war keine Sonne mehr am Horizont zu sehen. Tobi nutzte den geringen Handyempfang, um den heutigen Campingplatzbesitzer vorzuwarnen, dass noch Gäste kommen werden. Es war bereits 17:00 Uhr und viele Campingplätze schließen ihre Rezeption bei Einbruch der Dunkelheit. Doch der Besitzer des „Anaura Bay Campsites“ gab Entwarnung und nahm uns den Zeitdruck - er wäre sowieso den ganzen Abend über da. Mit dieser Sicherheit ließ sich die zweite Hälfte der Wanderung deutlich gelockerter gehen. Wäre da nicht die voranschreitende Dunkelheit und matschigen Wiesen, die wir nun hinabsteigen mussten. Zu allem Überfluss wurde in der Zwischenzeit eine kleine Kuhherde auf die Weide gelassen, welche schreckhaft zwischen den Büschen zusammenzuckte - genau wie wir.
Um 17:45 Uhr und in vollständiger Dunkelheit erreichten wir unseren einsamen Sam auf dem Parkplatz. Nichts wie los zur „Anaura Bay“! Die Straße schlängelte sich an Hügeln vorbei und nach über dreißig Minuten war endlich das Gatter vom Campingplatz zu sehen. Wir stellen unser Auto auf einer überschwemmten Wiese ab und suchten sofort die Rezeption auf. Begrüßt wurden wir von Victor, dem Besitzer. Nach kurzem Plausch erfuhr er, dass Tobi Koch ist. Sein Interesse war geweckt. Der Hobbykoch kocht sehr gerne traditionelle, maorische Gerichte und lud uns kurzerhand zum Abendessen ein. Bevor wir der Einladung nachkamen, parkten wir das Auto auf einen der Stellplätze um. Dabei grub sich Sam in der aufgeweichten, schlammigen Wiese ein. Doch mit etwas Feingefühl meinerseits und starkem Körpereinsatz von Tobi schafften wir es gemeinsam aus dem Sumpf. Anschließend packten wir unsere Kochsachen zusammen und besuchten Victor in seinem Wohnhaus. Weil er noch ein Telefonat mit seiner Tochter führte, richteten wir uns in aller Ruhe ein und verschafften uns einen ersten kleinen Überblick von einem „Kiwi-Haushalt“.
Während ich die Reste des Vortags erwärmte, begannen Victor und Tobi mit der Herstellung von maorischen „Fry Bread“.
Ein simpler Teig aus Mehl, Wasser, Öl, Trockenhefe und Salz wird verrührt, bis er eine homogene Konsistenz annimmt. Anschließend wird er ausgerollt, zurechtgeschnitten und mehrere Minuten im Fett ausgebacken.
Als Victor erneut verschwand, um zu telefonieren, kam die Vermutung auf, dass er uns mit einem kleinen Hintergedanken einlud - schließlich muss ja jemand (s)ein Abendessen zubereiten. ;) Als alles fertig war, bauten wir das Büffet auf. Sate-Hähnchen, Gemüsepfanne und Reis gab es von unserer Seite - Fry Bread und knusprige Kartoffelscheiben von seiner. Wir setzten uns gemeinsam an den Tisch und waren von dem Ergebnis positiv überrascht. Das knusprige Brot schmeckte hervorragend. Traditionell wird es zu Eintöpfen oder als süße Variante mit Butter und Marmelade serviert. Auch Victor war von unserer Arbeit angetan und ließ sich das Essen sichtlich schmecken.