Veröffentlicht: 08.04.2025
Was der Big-Mac-Index für die Kaufkraft eines Landes ist, ist das Zitroneneis-Ranking für uns im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit, eine Stadt erneut zu besuchen. So ist es nicht besonders überraschend, dass eine italienische Stadt die Liste anführt: in Triest gibt es das beste Zitroneneis, das wir bisher hatten. Und nun die Sensation: Vigo hat es direkt auf Platz zwei geschafft.
Laut Internet ist Vigo keine besonders attraktive Stadt. Die Römer haben zwar bereits den strategischen Wert des Hafens erkannt, der immer mal den Herrn gewechselt hat. Die Innenstadt selbst sei aber kaum lohnenswert. Maximal das kleine Fort auf dem Hügel sei einen Besuch wert, wenngleich es nicht mit den maurischen Schönheiten wie Málaga oder Sevilla mithalten könne.
Schreckt uns nicht ab. Wir nehmen dennoch die Fähre von Cangas durch die Ria de Vigo und lassen uns 20 Minuten die Atlantik-Brise um die Nase wehen.
Am Hafen stellen wir fest, dass auch ein riesiger Kreuzfahrtkahn sich nicht von der mangelnden Schönheit hat abhalten lassen einen ganzen Pier zu blockieren. Last-Chance-Reisen. Mal wieder. Da es viele der Krüstchen nicht die teils steilen Hänge der Altstadt hoch schaffen, wurden extra überdachte Rolltreppen gebaut. Für wen das Zentrum aufgrund von Rollatoren oder Rollstühlen oder einfach mangelnder Ambition dennoch unerreichbar bleibt, wurde extra ein riesiges Centro Commercial am Hafen errichtet. Inklusive Casino und reichlich frittierten Köstlichkeiten. Na wunderbar. So genießt man überteuerten Nespresso immerhin ausschließlich unter Seinesgleichen.
Um Lars 10.000 Schritte am Tag zu garantieren, machen wir uns auf den Weg, eine Empanadas-Bäckerei auf der anderen Seite der Stadt zu besuchen. Mit ca 4000 Bewertungen und 4,7 von 5 Sternen, sollte sich die Wanderung hoffentlich lohnen.
Außerhalb des Stadtzentrums wandern wir an hässlichen Plattenbauten entlang, bestaunen, dass wirklich jeder Spanier einen Hund zu haben scheint, und loben uns für unser Timing: natürlich ist Siesta. Alle Geschäfte zu und verrammelt.
Der Bäcker hat immerhin offen und die Teigtaschen sehen toll aus. Wir verstehen „Pollo“ und auch „Carne“, außerdem „Vegetal“. Wir sind mutig und nehmen querbeet alles mögliche. Auch „Gresos“ und irgendwas Unaussprechliches ist dabei.
Aus der ersten Tasche kommt schwarzer Glibber und Muschelfleisch. Hm. Geschmacklich ok, aber die schwarze Schlonze lässt sich einfach nicht ignorieren.
In der nächsten ist sauer angemachtes Fleisch. Kann man essen, muss man aber wirklich nicht. Die mit Spinat ist lecker. Die teilen wir uns zu dritt. Danach beißen wir noch in drei weitere und halten für uns fest, dass wir beim nächsten Mal wieder die Billigen aus dem Supermarkt kaufen und auch nicht schlimm finden, kulinarische Banausen zu sein.
Begleitet von permanentem Gekläffe spazieren wir zum Fort, suchen uns dort ein schattiges Plätzchen und spielen Karten, bis uns zu kalt wird und die Karten wegfliegen. Es ist arg windig geworden; Zeit aufzubrechen. Wieder sehr zufrieden, immer noch entspannt, weiterhin dankbar für den Moment.
Spätestens in der Nacht ist es vorbei mit der Entspannung. Eine kinderfressende Armee Mücken ist bei uns eingefallen. Die arme Ida kratzt sich ununterbrochen im Schlaf, während Lars und ich im 10-Minuten-Takt zum Angriff übergehen. Am Ende haben wir gesiegt. Jeder einzelne Stich wurde gerächt, aber wir sind müde. Da hilft auch der schlechte Bröselkaffee zum Frühstück nicht, um in die Gänge zu kommen.
Kaltes Wasser aber sicherlich schon.
Wir picken uns eine der kleinen Buchten in der Nähe raus, packen die Taschen und fahren an den Strand, den wir komplett für uns haben.
Ganz klares Wasser, Muscheln und Steinchen zum Sammeln, große Felsen zum Klettern und sandfreiem Sitzen. Wir trauen uns tatsächlich im April im Atlantik zu schwimmen. Schweinekalt, aber eben auch sauschön.
Auch die sportlichen Vorhaben schaffen es in den ungeplanten Tagesplan und nach 30 Minuten Joggen und zwei Sally-Challenges (Squats und Liegestütze) fühlt sich das kühle Nass für handgestoppte fünf Sekunden auch gar nicht mehr sooo kühl an!
Macht Euch keine Sorgen, es geht uns richtig gut.