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Happy Hour auf dem Campingplatz

Veröffentlicht: 03.04.2019

Es regnet! Das tut es während unserer letzte Tage in Neuseeland leider immer wieder. Mal ein sanfter Sprühregen, mal trommelt es so richtig auf das Dach. Meist ist zumindest noch eine Tageshälfte schön, so dass wir doch unternehmen und draußen sein können. Regen kann ja aber mit Buch und Tee auch beim Campen ganz gemütlich sein! Genauso lange, bis man das Gas zum Kochen des Tees an- oder hinterher wieder ausstellen muss oder (was häufiger vorkommt) aufs' Klo muss, weil man schon so viel Tee getrunken hat!😉

Also kann ich leider gerade nicht Kite-Surfern oder Surfern ohne Drachen zuschauen, was neben einem Schnorchelausflug in den letzten drei Tagen unsere Hauptbeschäftigung war, sondern fühle mich schon ein bisschen herbstlich und schreibe blog, während Helmut die Penguin-Geschichte Neuseelands liest!
Aber das ist noch nicht die "Happy Hour" von der ich noch berichten wollte. Ich hole, auch weil ich es in einem früheren blog-Beitrag angekündigt hatte, ein bisschen aus und berichte, wie das mit dem Campen hier in Neuseeland funktioniert. Alle die schon hier waren können jetzt unten beim * weiterlesen!
Die Neuseeländer müssen das Campen (sicher gemeinsam mit den Holländer) erfunden haben. Die überwiegende Mehrzahl der Fahrzeuge auf neuseeländischen Straßen sind weiße Campervans, umgebaute Autos oder Transporter und Wohnmobile. Vielleicht, weil man hier auch nur für viel Geld mit dem Flugzeug oder Schiff weg kann, vielleicht auch weil es hier so schön ist, machen die Neuseeländer gern bei sich Urlaub und haben gemeinsam mit den, und vor allem für die, tausenden Touristen aus aller Welt ein super System entwickelt.
Früher konnte man mit seinem Camper überall stehen. Das ist ausgeartet und hat der Umwelt vor allem an den Hotspots geschadet. Nun ist es wichtig, dass das Fahrzeug mit dem man unterwegs ist self-contained ist. Das heißt, man hat Wasser zum Spülen, nimmt das auch wieder auf und hat (zumindest in der Theorie) auch ein Klo inside, was nicht nach außen spült! Unser mobiles Klo ist unter der Sitz- und Schlafbank eingesperrt und wurde noch nie rausgeholt! 😉 Heißt, wir fahren nur Plätze an, die auch eine Toilette haben! Macht man das nicht, ist man die ganze Nacht gestresst, weil eine Kontrolle kommen könnte und 200NZD Strafe drohen! Ich kann es verstehen. Am Parkplatz vom Tongariro Crossing z.B. waren die Klos nicht in Funktion und ich erspare Euch die Beschreibung, wie es um den Parkplatz aussah!
Man kann also self-contained an allen möglichen Stellen stehen. Meist haben die Städte und Kommunen nun aber Stellplätze ausgewiesen und an anderen Orten das Stehen über Nacht deutlich verboten. Viele Plätze werden auch vom Departement of Conservation (doc) betreut. An besonders schönen Stellen hat das doc Plätze eingerichtet, Klos aufgestellt, manchmal sogar eine Dusche oder einen Küchenunterstand. Diese Plätze kosten dann wenig. Manchmal gibt es einen Platzwart, der das Geld einnimmt, meist nur eine Vertrauens-Box, in die man den Betrag schmeißt. Aber auch der hartgesottenste Freedom Camper braucht auch dann und wann mal Strom, eine Waschmaschine oder eine heiße Dusche. Daher gibt es natürlich auch noch "normale" Campingplätze, privat geführt oder von einer Kette. Die Kosten dann je nach Lage und Ausstattung schon etwas mehr.
Man findet all diese Orte (und außerdem alle Einkaufs- und Dumpingmöglichkeiten... ) mit lustig übersetzten Bewertungen der anderen Camper in einer App. Und die Anfahrt funktioniert, zumindest jetzt nach der Hauptsaison, echt easy.
* Mein Highlight-Campingplatz war ein doc-Campingplatz auf der Coromandel Halbinsel: Fantail Bay. Erreichbar nur über eine Schotterpiste, klein und wenig besucht, auf der grünen Wiese in kleinen Terrassen am Hang, mit einer Bucht zum Schwimmen und Fischen. Betreut war der Platz von einem 85jährigen Doc-Freiwilligen John, der dort über den Sommer in seinem alten großen grünen Camperbus wohnt. Um 17h versammelt er alle Camper unter dem größten Baum des Platzes zu einer Happy Hour. Jeder bringt sich seinen Stuhl und was zu trinken mit. Und dann geht es los! Wir waren an den Tagen die einzigen Nicht-Neuseeländer und haben das Geschehen mit Erstaunen und dem Wunsch nach besseren Englisch-Kenntnissen verfolgt:
John war mehrere Male in Afrika und hat zwei Bücher geschrieben, das lesbische Pärchen ist noch frisch verheiratet und arbeitet als Aufseherinnen im Gefängnis, Shannon und Stew haben sich über eine Zeitungsannonce kennen gelernt- Stew's Antwort auf die Suche nach einem Mann für "fun in the Campervan" war wohl die einzig seriöse. Am ersten Abend brachte John ein paar Kekse mit, am zweiten Abend hatte wir ein regelrechtes Vorspeisenbuffet mit Nüssen und Ananas und Chili und vor allem frischen Fisch. Außer uns waren alle zum Angeln hier und der tolle Nebeneffekt: wir wurden jeden Abend auch mit frisch gefangene und fertig filitiertem Snapper verwöhnt! Die Gesprächsthemen der Fischfreunde reichten von schmutzigen Witzen bis hin zum Attentat in Christchurch. Nach rund zwei Stunden löste sich das Ganze dann wieder auf und jeder begann am Campervan im Sonnenuntergang zu kochen. Wir haben uns herzlich aufgenommen gefühlt und nochmal viel über Land und Gesellschaft gelernt. Ob sie heute auch wieder zusammen gesessen haben? Wenn es auf der Coromandel so regnet wie hier, vielleicht alle im grünen Bus von John!? Und jetzt weht gleich von allen Gaskocher der Duft nach frisch gebratenem Fisch über Fantail Bay! 

Antworten (1)

Andrea
Ein schöner, stimmungsvoller Bericht.Wo seid ihr denn jetzt? Und habt ihr auch mal getanzt in Neuseeland?