Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
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19. Tag - 27. Juli: Selbstwusste Ev. Minderheit in Rybnik

Veröffentlicht: 28.07.2022

Nach dem verregneten und erfolglosen Tag in Raciborz war ich gespannt was mich heute in Rybnik erwartet. Ich fuhr die eigentlich kurze Strecke von 40km mit einen Umweg an der Oder und einem Nebenfluss entlang und sparte mir dadurch rund 150 Höhenmeter, musste dafür aber 20km mehr radeln. Lieber mehr Kilometer auf relativ ebener Strecke, als mühsam sich über Berge quälen - so plante ich jetzt die Strecken. Vor Rybnik ging es an einem häßlichen Stausee entlang, bevor ich das Zentrum und auch rasch die Ev. Kirche fand. Zufällig war gerade die Küsterin da, die ein paar Worte Deutsch konnte und sogleich den Pfarrer anrief, der sehr gut Deutsch konnte, weil er bei seiner ersten Stelle in Pommern auch Gottesdienste auf Deutsch hielt, für die letzten verbliebenen Deutschen in der Ostseeregion. Darüber war ich sehr froh und so gestaltete sich die Kommunikation sehr sehr einfach. Er erzählte, dass die Kirche in Rybnik eine alte deutsche Kirche ist, welche vor 301 Jahren auch Evangelisch geweiht wurde. Von den rund 350 Gemeindegliedern kommen im Durchschnitt rund 150 zum Gottesdienst. Die Kirche ist meistens voll, sagte er. Ich konnte es nicht glauben und glaubte mich verhört zu haben, aber der Pfarrer bestätigte noch einmal die Anzahl. Sicher, bei rund 130.000 Einwohnern fallen die Evangelischen kaum auf, aber das von den eingetragenen Mitgliedern so viele zum Gottesdienst kommen, hat mich doch beeindruckt. Für die Kinder gibt es jeden Sonntag die sogenannte „Sonntagsschule“ neben den Gottesdienst und in der Woche gibt es noch zusätzliche Gruppenangebote. Die größte Herausforderung ist nach Corona das aktive Gemeindeleben wieder auf den Stand vor der Pandemie zu bringen. Zwar gibt es nur rund 5 Taufen und 5 Beerdigungen im Jahr, aber so bleibt die Mitgliederzahl stabil. Auf die Frage: „wie es ist bei einer 90% katholischen Mehrheit“ sprach er von der Evangelischen Kirche in Polen, als eine selbstbewusste Minderheit, die überhaupt nicht neidisch auf die andere Konfession schaut.

Leider musste er sich dann schon verabschieden, weil am nächsten Tag sein Enkel getauft wird und noch etliche Vorbereitungen anstehen.

Weil das Wetter nicht zu heiß war und ich noch den ganzen Nachmittag hatte, beschloss ich in das rund 18km entfernte Zory zu fahren. Dort soll es nach der Liste auch eine Evangelische Gemeinde mit Kirche geben. Im Zentrum sah ich noch einen Stand der Zeugen Jehovas, welche in Polen mehr als Doppelt so viele Mitglieder hat, als die Evangelisch-Augsburger Kirche. 

Nach etwas mehr als einer Stunde habe ich die „Kleinstadt“ mit 60.000 Einwohnern erreicht und unweit vom Zentrum befand sich auch die Kirche. Auch hier hatte ich wieder Glück - oder war es Gottes Wille, ich kann es nicht sagen - der Pfarrer war da und öffnete die Kirche. Zu dieser Gemeinde gehören rund 800 Gemeindeglieder in der Stadt und im Umland und zu seiner zweiten Gemeinde in Wodzisla Slaski gehören noch mal 200 Mitglieder. Auch in Zory ist der Gottesdienst relativ „modern“. Alle Lieder und Texte werden auf einen großen Bildschirm projektziert. Es gibt auch Kinder- und Jugendgruppen und in den Ferien auch Camps in den nahen Beskiden. Wieder war ich von der lebendigen Gemeindearbeit beeindruckt. Dann lud er mich ein, im Kindergottesdienstraum zu übernachten, die Gemeindeküche zu nutzen und wenn ich möchte, auch zu duschen, was ich wieder sehr dankbar annahm. Ich ruhte mich etwas aus und schaute mir dann das alte historische (oberschlesische) Stadtzentrum an, kaufte etwas ein und fuhr zurück und genoß zufrieden den Abend im Gemeindehaus.

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