ausderfernebetrachtet
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Cochabamba

Veröffentlicht: 18.09.2024

Bevor ich zum eigentlichen Besuch der Stadt Cochabamba kommen werde, muss unbedingt über die Anreise berichtet werden, denn die gestaltete sich als recht interessant und spektakulär.

Von Samaipata ging es per Colectivo ca. 30 Minuten nach Mairana. Da ich recht knapp in der Zeit war und sich das Colectivo erst bei voller Besatzung in Bewegung setzt, kaufte ich für umgerechnet 1,50 Euro auch den noch letzten leeren Platz und rechtzeitig erreichte ich den Abfahrtsort des Busses nach Cochabamba. Die erste optische Inspektion des Busses ließ mich zwar nicht unbedingt an der Fahrtauglichkeit zweifeln, allerdings war das Gefährt bereits so dermaßen verschlissen, dass ein Betrieb in mitteleuropäischen Gefilden wohl unter keinen Umständen gestattet sei. Dazu ließ der Fahrer, ausgestattet mit Sandalen, Umhängetasche und Fluppe im Mund keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass er wohl genau der richtige Typ für das Manövrieren dieses Fahrzeuges sei. Also ging die wilde Reise los und bereits nach kurzer Fahrt mussten wir das erste Mal anhalten, weil neben der starken Geräuschentwicklung beim Bremsen wohl auch ein Problem mit dem Luftdruck an einem der Reifen vorherrschte. Beim ersten Halt noch ohne Hilfe, wurden in regelmäßigen Abständen Pausen eingelegt um irgendwas an einem der vorderen Reifen zu inspizieren. Schien allerdings wohl kein elementares Problem zu sein, denn der Wagen rollte stetig weiter. Bis es wieder hinauf in den Altiplano und auf Höhen über 3.000 ging war die Fahrt noch recht entspannt. Mit anspruchsvollerer Streckenführung entdeckte der Fahrer allerdings sein Racing-Gen und mit Vollgas und allerlei äußerst riskanter Manöver wurde der Wahnsinn eingeleitet. Der Bus gab Geräusche von sich, die ich in keinster Weise mehr deuten konnte und beim Blick, die Schluchten hinunter und dem Fehlen jeglicher Sicherheitsvorkehrungen ala Leitplanken oder anderer Begrenzungen kann man sich nur grob die Konsequenzen ausmalen, was Phase ist, wenn unser Rennfahrer hier einen schwachen Moment hat. Um das Ganze irgendwie für mich erträglich zu gestalten, schaute ich einfach starr zum Seitenfenster raus und versuchte mich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren. Währenddessen vernahm ich mehrmals das hektische und nervöse Raunen der anderen Fahrgäste und bei einem der völlig überflüssigen Überholmanöver – selbstverständlich vor einer schwer einsehbaren Kurve – rammten wir fast den zu überholenden Bus. Es waren wirklich Zentimeter und ich konnte mit meiner Hand beim Herausstrecken aus dem Fenster die Karosserie des Busses berühren. Zu allem Überfluss kam auch noch Gegenverkehr und mit einem lautem Hupen entgingen wir nur knapp einem Zusammenstoß und das war nicht die Erste extrem kritische Situation auf der Fahrt. Einigen Bolivianern wurde es jetzt zu bunt und sie versuchten lautstark und mit wilden Beschimpfungen, den Fahrer zur Mäßigung zu bewegen. Dieser fühlte sich jetzt allerdings wohl in seiner Personenbeförderungsehre gekränkt und trieb den Bus mit noch mehr Schmackes durch die Serpentinen des Altiplano. Währenddessen kollabierte eine Dame im Bus und blieb im Mittelgang liegen. Mehrere Fahrgäste versuchten der Dame zu helfen und auch ich wollte mit Wasser dazu beitragen. Allerdings war es durch die Fahrweise dieses Freaks unmöglich, sich irgendwie im Stand auf den Beinen zu halten und wie auf Eiern bewegten wir uns durch den Bus, während die Dame im Mittelgang hin- und her rollte. Was für ein groteskes Schauspiel, wie im Film würfelte es alle möglichen Personen durch den Bus, bis es Irgendjemand mal schaffte, dem wilden Lutz zu vermitteln, dass es sich hier um eine Notsituation handelt. Der Fahrer drosselte schließlich etwas das Tempo und nach einiger Zeit kam auch die Frau wieder zu sich. Ihr Kreislauf stabilisierte sich und auch der Rest der Fahrt verlief verhältnismäßig normal.

Hinauf zum Altiplano

Schade, dass man durch die Umstände der Fahrt nur bedingt die Landschaft genießen konnte, denn die war wirklich atemberaubend. Durch verschieden Landschaftszonen, von den üppigen Hängen der Anden über das trockene Altiplano mit seinen beeindruckenden Aussichten bis hin zum relativ grünen Tal von Cochabamba ist diese Fahrt unter normalen Bedingungen ein absolutes Highlight.

In Cochabamba angekommen sollte ich Nim wiedertreffen, vorab ließ ich ein Bett im Hostel reservieren und wir gingen auf kulinarische Entdeckungsreise. Cochabamba wird oft auch als Foodhauptstadt Boliviens bezeichnet und ist bekannt für ihre reichhaltige kulinarische Tradition und Vielfalt. Typische Speisen sind „Pique Macho“ (eine Art herzhafter Eintopf aus gebratenem Rindfleisch, Kartoffeln, Zwiebeln und Paprika, welches in einer pikanten Sauce serviert wird), „Salteñas“ (gefüllte Teigtaschen), „Sopa de Mani“ (Erdnusssuppe mit Rind- oder Hühnchen) oder „Llajwa“ (ein pikantes Salsa aus Tomaten und Rocoto-Chili).

Leider hatte Nim wohl bereits in den Tagen vor meiner Ankunft irgendwas komisches gegessen und massive Probleme mit dem Magen. Ich blieb glücklicherweise davon verschont und konnte mich während meines gesamten Aufenthaltes in der Stadt an dem reichhaltigen und günstigen Angebot an lokalen Köstlichkeiten erfreuen und laben.

Was war sonst noch so los in Cochabamba? So richtig viele Sehenswürdigkeiten gibt es in der Stadt nicht, der Hauptplatz mit seinen umliegenden Gebäuden ist recht sehenswert, allerdings beschränkt sich das Sightseeing auch fast ausschließlich auf diese Gegend. Ich habe mir während des Aufenthaltes selbstverständlich noch ein Bild vom lokalen Fußball gemacht und auch ein Spiel des in Bolivien recht populären Clubs Jorge Wilstermann besucht, was stimmungstechnisch für bolivianische Verhältnisse sogar ausgesprochen gut war.

Besucht wurde außerdem noch der Cristo de la Concordia, die beeindruckende Christusstatue auf dem San Pedro Hill, hoch oben über der Stadt. Die Statue ist mit 34 m höher als der Cristo Redentor in Rio und die aktuell dritthöchste Christusstatue der Welt. Vom San Pedro Hill hat man außerdem einen beeindruckenden Ausblick über die Stadt und die Dunstglocke, die diese a den meisten Tagen umgibt.

San Pedro Hill

Insgesamt verbrachte ich 4 Tage in Cochabamba, ein Highlight war sicher noch die Party im Hostel, mit insgesamt 3 Livebands und echt richtig guter Musik, allerlei Locals mischten sich hier unter die Hostelgäste und es wurden interessante Geschichten ausgetauscht.

Festzuhalten gilt: Auch wenn Cochabamba nicht die herausragenden architektonischen oder kulturellen Highlights bietet, ist die Stadt im Allgemeinen recht entspannt. Die Leute sind nett, die Auswahl an lokalen Speisen groß und es ist auch recht günstig. Man kann ein paar relaxte Tage in der Stadt verbringen, ohne dass man das Gefühl hat, etwas zu verpassen. Und das ist nach so einer langen Reise auch mal eine ganz nette Abwechslung.  

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