Don Curry on Tour 3
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Don Curry ohne Auto

Veröffentlicht: 06.10.2021

Don Curry fährt ausgesprochen gern Auto. Bei einer geplanten Rundreise von rund 10.000 Kilometern muss er das auch, und zwar jeden Tag. Bis auf diesen Tag. Zwar hatte Don Curry ursprünglich geplant, die weit verstreuten Sehenswürdigkeiten Bursas jeweils mit dem Auto anzufahren, doch nach seinem gestrigen Erleben der Bursaer Verkehrsverhältnisse und in böser Vorausahnung der jeweiligen Parkplatzsuchverhältnisse entschied er sich kurzfristig zu einer ganz anderen Möglichkeit: er gab seinem Auto heute frei!

Der Tag begann mit seinem ersten türkischen Frühstücksbuffet im Hotel Gönlüferah. Don Curry erlebte dort sein erstes Selbstbedienungsbuffet ohne Sebstbedienung, denn das Buffet war so abgesperrt, dass kein Hotelgast näher als 2 Meter herankam. Im Zwischenraum hatten sich mehrere Kellner versammelt, die sich jeweils einem Gast zuwandten, einen großen Teller für ihn nahmen und dann auf Zuruf die gewünschten Buffetbestandteile auf den Teller packten. Da mehrere Hotelgäste gleichzeitig ihre Frühstückswünsche laut werden ließen, ging es ziemlich unruhig im Frühstückssaal zu. Don Curry orderte laut rufend 2 Zigarrenböreks, etwas Aufschnitt und reichlich Tomaten- und Gurkenstücke; Brot und Kaffee wurden ihm an den Tisch gebracht. 

Leicht gesättigt verließ er sein Hotel und suchte sich ein Taxi. Für umgerechnet 3,40 € brachte es ihn quer durch die Millionenstadt zur Grünen Moschee, jener Sehenswürdigkeit, die am weitesten von seinem Hotel entfernt liegt. Um den Aufbau Bursas zu verstehen, muss man sich etwas mit frühosmanischer Geschichte beschäftigen. Es war der Seldschukenherrscher Osman, der Anfang des 14. Jhdts. die byzantinische Stadt Proussa 10 Jahre lang belagerte; erst seinem Sohn Orhan gelang die Eroberung, und er beschloss, die nun Bursa genannte Stadt zur Hauptstadt eines eigenen Reiches zu machen, das man zu Ehren seines Vaters später das Osmanische Reich nannte. Bald nach Orhans Tod wanderte die Hauptstadtwürde zwar nach Edirne, später nach Istanbul, doch fast alle frühen osmanischen Herrscher verschönerten ihre Ursprungsstadt mit prächtigen Bauwerken und wählten sie auch als Ort ihres Grabes, so wie es bereits mit Osman und Orhan geschehen war. Allerdings wählte sich dazu jeder Sultan einen eigenen Hügel in der Nähe des ursprünglichen Stadthügels aus, so dass das Aufsuchen der verschiedenen Sehenswürdigkeiten in Bursa nicht nur lange Zwischenstrecken mit sich bringt, sondern auch ein stetiges auf und ab. Don Curry sollte das deutlich zu spüren bekommen.

Starten konnte er aber oben auf einem Hügel, denn die Grüne Moschee ist eine jener Sultansmoscheen samt Grabdenkmal, die von einem späteren Sultan errichtet wurde: in diesem Fall Mehmet I. Grüne Moschee heißt sie, weil sie einst außen wie innen mit prächtigen Fayencekacheln aus Iznik geschmückt war. Nach mehreren Erdbeben blieb von der äußeren Verkleidung nichts mehr übrig, so dass die Moschee recht schlicht wirkt. Umso beeindruckender präsentiert sich das Innere mit den gut erhaltenen Kacheln in kräftigen Grün- und Blautönen. Grün ist auch der vorherrschende Farbton der oberhalb gelegenen Grabkapelle (Türbe) Mehmets I. Dieses Bauwerk strahlt auch außen noch in sattem Hellgrün und funkelt geradezu in der Sonne.

Angefüllt mit diesen ersten Eindrücken vom Bursaer Weltkulturerbe machte sich Don Curry an den recht steilen Abstieg, entdeckte unten im Flusstal die osmanische Händlerbrücke, die nach ihrer Restaurierung auch heute wieder komplett beidseitig mit kleinen Läden bebaut ist, so dass der unkundige Passant gar nicht merkt, dass er eigentlich gerade ein Flusstal überquert. Nun war es nicht mehr weit bis zum Heykel, dem zentralen Platz Bursas mit einem berühmten Reiterstandbild Atatürks. Hier begann auch das riesige Basargelände, das sich mit zahlreichen Längs- und Quergassen über ein ganzes Stadtviertel hinzog. Don Curry staunte, dass man sich mitten im Basar durchaus auch ein Sofa oder andere Möbel kaufen konnte. Ob man den Lieferservice gleich mitkaufen konnte?

Am Rande des Basars liegt die Orhan-Moschee, die der Eroberer und Neugründer Bursas schon Mitte des 14. Jhdts. erbauen ließ. Leider wurde sie gerade grundsaniert, so dass eine Besichtigung nicht möglich war. Nur wenige Meter entfernt erhebt sich die Ulu Cami, die Große Moschee, die auf Sultan Beyazit I. zurückgeht. Vor einer wichtigen Schlacht hatte er gelobt, 20 Moscheen zu errichten, wenn er siegen würde. Er siegte tatsächlich, doch sein sparsamer Großwesir hatte eine bessere Idee, wie man das Gelöbnis kostengünstiger erfüllen könnte: in Bursa wurde einfach eine große Moschee mit 20 Kuppeln gebaut, wobei die mittlere Kuppel bewusst ausgespart wurde, um den dort platzierten Moscheebrunnen direkt mit Regenwasser zu versorgen. Heute befindet sich dort eine Glaskuppel. Abermals konnte eine Moschee den sich zum diesbezüglichen Kenner entwickelnden Don Curry überraschen. Neben dem Säulenwald, der die 20 Kuppeln tragen musste, bot sich das Innere in strahlendem Weiß dar, das nur durch riesige schwarze Kalligraphien aus dem Koran unterbrochen wurde. Ein insgesamt sehr erhabener Anblick.

Die bereits jetzt zurückgelegten Kilometer und der üppige Kunstgenuss regten inzwischen Don Currys Appetit an. Er hatte für Bursa etwas besonderes geplant, nämlich wieder die berühmteste Spezialität der Stadt, die nach ihrem Erfinder, einem Herrn Iskender, seit 100 Jahren als Iskender Kebab bekannt ist. Inzwischen haben Nachfahren von Herrn Iskender die Namensrechte erworben und eine Restaurantkette gegründet, die ganz auf Iskender Kebab spezialisiert ist, sodass die anderen Restaurants nunmehr Bursa Kebab anbieten müssen, um nicht wegen Verstoßes gegen die Namensnutzungsrechte verklagt zu werden. (Sowas geht also auch ohne EU!) Als Don Curry im Basarviertel kein Iskender-Restaurant finden konnte, wählte er einfach ein beliebiges anderes Haus aus und bestellte eben Bursa Kebab. Die Rezeptur ist gleich und wurde direkt vor Don Currys Augen zubereitet: auf eine Schicht von gewürfeltem Fladenbrot mit ein paar Tomatenscheiben wird frisch heruntergeschnittenes Kebabfleisch vom Dönerspieß angerichtet. Das ganz begießt man mit heißer würziger Tomatensoße und ganz viel brauner Butter, dazu kommt ein mächtiger Klecks Joghurt. Lecker! Don Curry zahlte für diese Spezialität samt 1 Dose Coke Zero 4,80 €; und da er ganz aufgegessen und das Essen beim Wirt gelobt hatte, bekam er noch einen türkischen Tee auf Kosten des Hauses serviert.

Frisch gestärkt brach er wieder auf, und zwar bergauf. Sein nächstes Ziel bildete der ursprüngliche Siedlungskern der vorosmanischen Stadt, der auf einem Hochplateau lag und als Festung ausgebaut war. Einige mächtige Mauerreste zeugen noch von der einst wehrhaften Präsenz dieses Teils der Stadt, doch Don Curry hatte es auf die Gräber der Gründersultane abgesehen, die sich heute mitten in einem parkähnlichen Gelände mit weiten Ausblicken auf Bursa und die umgebenden Berge befinden. Schon Orhans Türbe zeigte sich mit außergewöhnlicher Pracht, doch Osmans Grabbau stellte das eigentliche Highlight dar. Vor dem Eingang waren 2 Wächter in osmanischen Uniformen aufgestellt, in der Türbe selbst sang ein Imam ununterbrochen Gebete, der gigantische Sarg wurde von einem ebenso gigantischen Turban gekrönt. Don Curry wunderte dieser Aufwand nicht, schließlich träumt der heutige Sultan ganz (un)heimlich schon lange von der vergangenen Macht des Osmanischen Reiches und ihrer möglichen Wiederherstellung...

Ihm blieb aber nicht viel Zeit für aktuelle Politikbetrachtungen, er musste wieder hügelab und hügelauf steigen zu einem weiteren Blick in die Vergangenheit. Im heutigen Stadtteil Muradiye hatte einst Sultan Murad II. seine Moschee und sein Grab erbauen lassen. Inzwischen machten sich erste Moschee-Sättigungserscheinungen bei Don Curry bemerkbar, denn trotz üppiger und vielfarbiger Ausstattung blieb der "Wow"-Effekt diesmal aus; war halt 'ne alte osmanische Moschee, na und? Doch als Don Curry anschließend das dazugehörige Grabgelände betrat, kehrte seine Begeisterungsfähigkeit schnell zurück. Hier gab es nicht nur eine Grabtürbe, hier gab es 12. Nach den ersten Besichtigungen kam Don Curry der Vergleich mit Überraschungseiern: von außen unterschieden sich die Türben kaum, doch das Innere war jedesmal anders gestaltet, manchmal sehr schlicht, vor allem bei den Frauengräbern, manchmal mit atemberaubender Opulenz, die den Mund hinter der Maske offen stehen ließ. Zu den Schlichtesten gehört auch das Grab des Sultans Murats II. Als ehemaliger Derwisch-Mönch hielt er nichts von Prunk und Reichtum. Seine Türbe und sein Grab sollten oben offen sein, damit der Regen zu ihm durchkommen konnte.

Direkt neben der Gräbersammlung hatte sich ein typisch türkisches Teehaus angesiedelt, wo viele Menschen draußen auf dem ausgedehnten Gelände saßen, quatschten und Tee tranken. Don Curry setzte sich auch und genoss es einfach, zur Ruhe zu kommen, die Füße zu schonen und den guten türkischen Tee zu genießen, der stets in kleinen Glastassen ungezuckert serviert wurde. Daran würde er sich gewöhnen können, bestellte noch einen und 0,5 l Wasser. Am Ende zahlte er für 3 Getränke 70 Cent.

Wieder hinab. Wieder hinauf. Am bisher höchsten Punkt des Weges hatte Sultan Murat I. seine Moschee mit Türbe errichten lassen. Dass dieser Herrscher sich selbst den Beinamen "Schöpfer des Universums" gegeben hatte, zeugte nicht nur von einem starken Selbstbewusstsein, sondern spiegelte sich auch in der Art seiner Gebäude. Seine Moschee ist die einzige mit zwei Stockwerken, oben wurde die Medrese untergebracht. Die farbenfohe Ausmalung und die kostbare Ausstattung ließen sie vielleicht nicht zu DEM Höhepunkt der heutigen Kulturtour werden, aber sicherlich zu einem Höhepunkt. Als beim Verlassen der Moschee überlaut der Gebetsruf vom Minarett dröhnte und dank der umliegenden Berge mehrfache Echos produzierte, nahm Don Curry das als Schlusswort seines Tages ohne Auto. Zum Hotel waren es nur noch rund 100 Meter; er hatte in 6 Stunden mit insgesamt 20412 Schritten 15,2 km zurückgelegt - mitten durch eine Millionenstadt.

Am Abend machte sich Don Curry noch einmal auf den Weg, diesmal um ein Restaurant in der Nähe seines Hotels zu finden. Doch vergeblich; er hätte höchstens andere Hotelrestaurants wählen können. Doch da derartige Restaurants letztlich alle keine Kundenbindung betreiben müssen, sind sie in ihrer Leistung fast immer unterambitioniert. Das konnte Don Curry auch von seiner heutigen Wahl im heimischen Hotelrestaurant sagen: ein Tomatensalat und ein gegrillter Kalbsspieß auf Knoblauchbrot. Nicht schlecht, aber ohne jeden Erinnerungswert.

Erinnern würde er sich vielmehr an seinen Tag ohne Auto. Denn schon morgen gibt es wieder Don Curry mit Auto...

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