Don Curry on Tour 3
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Tag 3 - Don Curry wird osmanisch

Veröffentlicht: 05.10.2021

Don Curry hält sich selbst für einen genügsamen Menschen. Auch die einfachen Dinge des Alltags können bei ihm eine tiefe Zufriedenheit auslösen. Doch manchmal wünscht er sich etwas Besonderes, etwas Außergewöhnliches, etwas, das jenseits der Norm liegt. Gerade auf Reisen pflegt er diesen Hang zum Exzentrischen und wählt z.B. Hotels, die mehr sind als ein 08/15-Übernachtungsbetrieb. Gern erinnert er sich an das Baumhaus in Indien, den Maharajapalast im selben Land, der zum Hotel wurde, das typische Altstadthaus in Essaouira oder den Bungalow mitten im ecuadorianischen Regenwald. Für seine Anatolienreise hatte er sich auch einige, vor allem historisch einzigartige Unterkünfte zusammengebucht. Eine davon erwartete ihn bereits am heutigen Abend...

Doch zunächst begann der Tag genauso, wie der letzte endete: mit Moscheen. Nach Verlassen des kleinen Hotels am Schwarzen Meer stieß er bald wieder auf die Autobahn, fuhr nun aber in Richtung Istanbul. Hier war der Traum von leeren Autobahnen ganz schnell ausgeträumt; je näher er der Riesenstadt kam, umso mehr verdichtete sich der Verkehr, bis Don Curry endlich seinen ersten türkischen Stau durchleben konnte, der bald in extrem zähfließenden Verkehr überging. Das bot ihm Gelegenheit, beim gemächlichen Überqueren der mittleren Bosporusbrücke sein erstes Tagesziel bereits von Ferne über das Istanbuler Häusermeer hinausragen zu sehen: die Camlica Cami, die der jetzige Sultan Egoman in Auftrag gegeben hatte. Wie bei all seinen Projekten wollte er sich keinesfalls Bescheidenheit oder Sparsamkeit vorwerfen lassen. Es ging um Superlative!

Das merkte Don Curry bereits bei der Anfahrt. Denn um die Moschee, die auf einem mächtigen Hügel mitten im Stadtteil Üsküdar geplant wurde, überhaupt erreichen zu können, mussten erst einmal kilometerlange Tunnel unter den Stadtteil und in den Hügel geschlagen werden. Kurz hinter dem Tunnel begann die Einfahrt in eine gewaltige unterirdische Parkgarage, die auf vier umfangreichen Stockwerken tausende Fahrzeuge aufnehmen konnte. Don Curry fuhr bis zum obersten Stockwerk hinauf und parkte direkt an einem Fußgängerausgang - insgesamt befanden sich vielleicht ein paar Dutzend Autos in den maßlosen Hallen. Doch dann war Don Curry wirklich perplex: der Fußgängerausgang des Parkhauses bildete zugleich den direkten Eingang zur Moschee. Ein Schild machte deutlich, dass die Schuhe auszuziehen seien. Zahlreiche Spender mit Plastiktüten standen bereit, damit alle Besucher ihre Schuhe bequem mit sich tragen konnten. Don Curry hat sicherlich schon vieles auf Reisen erlebt, aber er war noch nie gezwungen, eine Tiefgarage auf Socken zu verlassen. Über Treppen schritt er dann schuhlos ein weiteres Stockwerk empor und stand unvermittelt in der vor wenigen Jahren fertiggestellten Moschee. Gestern hatte er noch Sinans Bauwerk in Edirne für riesig gehalten; in den Innenraum, der sich jetzt vor ihm öffnete, hätte die Edirner Moschee vermutlich 4 mal hineingepasst. Hier war alles überdimensioniert, hier sollte alles beeindrucken - von den zahlreichen farbigen Fenstern über kostbare Materialien und Dekorationen an Wänden, Pfeilern und Kuppeln bis zum türkisfarbenen Teppich in Fußballfeldgröße. Als Don Curry schließlich die Moschee verließ, um das strahlend weiße Gebäude auch von außen zu betrachten, fiel ihm ein weiteres Detail sofort auf: diese Super-Moschee brauchte natürlich 6 Minarette - mehr als fast alle anderen.

Zwei Ungewöhnlichlichkeiten bemerkte Don Curry zusätzlich: es gab zwar eine Reisegruppe mit Führung in der Moschee, es gab ein paar fotografierende Einzeltouristen, aber es gab fast keine Beter. Kann ein Raum zu groß und zu extrovertiert sein, um echtes Beten und In-sich-kehren fast unmöglich zu machen? Die zweite Beobachtung fand Don Curry deutlich positiver: es gab keine erkennbar getrennten Bereiche für Frauen. Sie konnten sich frei in der Moschee bewegen. Vielleicht, weil eine Frau die Camica Cami entworfen und gebaut hat?

Als Don Curry wieder zu seinem Auto zurückkehrte, fand er es besetzt: zwei junge Kätzchen hatten es sich auf der noch warmen Motorhaube gemütlich gemacht und dösten vor sich hin. Sie erwachten zwar sofort, als Don Curry ihnen freundlich empfahl, sein Auto zu verlassen, weil er jetzt wegfahren müsse. Doch sie schauten ihn nur interessiert an, vermutlich verstanden sie ausschließlich Türkisch. Erst als Don Curry tatsächlich den Motor anließ, wechselten sie gemächlich zum Nachbarauto.

Don Curry verließ die tierfreundliche Tiefgarage, durchfuhr wieder einen langen Tunnel und landete bald im nächsten Stau auf der Autobahn, die aus Istanbul herausführte. Sein nächstes Ziel stellte eine kleine Stadt mit großer Geschichte dar: Iznik, das ehemalige Nikaia, Schauplatz des bedeutenden christlichen Konzils, das die Grundlage für das bis heute gültige Glaubensbekenntnis geschaffen hat: das Nizäo-Konstantinopolitanum. Mitten in der Altstadt fand Don Curry schnell einen bewachten Parkplatz, nur 50 Meter von der Hagia Sophia entfernt, jener Kirche, in der damals das Konzil tagte. Nach den überbordenden Dimensionen, die Don Curry gerade in Istanbul erlebt hatte, wirkte diese spätantike Kirche fast wie ein Kirchlein; allerdings war sie längst in eine Moschee umgewandelt worden und hatte ein kleines Minarett bekommen. Wie alt die Hagia Sophia tatsächlich war, machte schon der Unterschied zur Bodenhöhe der heutigen Stadt deutlich: zur Hagia Sophia musste man fast 3 Meter hinuntersteigen. Außen wie innen spürte man das ehrwürdige Alter des Bauwerks, doch abgesehen von wenigen nahezu verblichenen Freskenresten hatte sich fast nichts von der alten Ausstattung erhalten. Absonderlich wirkte auch der Mihrab, der gen Mekka ausgerichtet sein musste und daher völlig unsymmetrisch und schräg in eine der Seitenwände eingebaut worden war.

Mitten durch die Fußgängerzone von Iznik bahnte sich Don Curry seinen Weg zum nächsten Ziel, der Yesil Cami, der Grünen Moschee. Heute war Markt in Iznik, und die Stände, die die gesamte Fußgängerzone beidseitig säumten, quollen fast über vor Kartoffel-, Zwiebel- und Zitronenmassen. Die Grüne Moschee vom Ende des 14. Jhdts. glänzte vor allem mit ihrem Minarett - und zwar buchstäblich, denn dieses Minarett hatte man fast gänzlich mit grünen und blauen Fayence-Kacheln verziert, für die Iznik einst berühmt war. Erst heute lebt das Keramikhandwerk langsam wieder auf. Als kleinen Motivationsschub kaufte sich Don Curry auf dem Rückweg zum Auto 2 große Kaffeetassen, die insgesamt nicht einmal 2,50 Euro kosteten; und er bestellte sich in einer Pideria seine erste türkische Pide, die heimische Pizzavariante, die aber nicht rund, sondern oval geformt ist. Für knapp 2,50 Euro erstand er eine mit Lammhack und Käse üppig belegte Pide, die vor seinen Augen in wenigen Minuten im Holzofen zubereitet wurde, und die er dann für einen späteren Imbiss unterwegs mitnahm.

Nach der Pide-Stärkung am Straßenrand erreichte Don Curry schließlich Bursa, eine weitere Millionenstadt in der Türkei, die einst lange Zeit Hauptstadt der Seldschuken sein sollte, bevor diese Konstantinopel eroberten und danach als Osmanen berühmt wurden. In Bursa liegt der Stammvater Osman begraben. Doch er und seine Sippe sollten erst am kommenden Tag Don Currys Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Heute fuhr er stattdessen in das kleine Dorf Cumalikizik, das inzwischen unmittelbar am Stadtrand des auswuchernden Bursa liegt. Cumalikizik ist so etwas wie ein türkisches Rothenburg ob der Tauber, ein Ort, in dem sich eine längst überholte Vergangenheit quasi konserviert hat: bunt bemalte Fachwerkhäuser säumen rustikale Kopfsteinpflastergassen, die kaum für den Autoverkehr geeignet sind; ein idyllischer Friedhof und eine kleine Dorfmoschee komplettieren das Idealbild eines osmanischen Dorfes aus den letzten Jahrhunderten. Kein Wunder, dass das Dorf immer wieder als Kulisse für türkische Historienfilme und Fernsehserien "aus der guten alten Zeit" diente. Doch dann kam die UNESCO und ernannte Cumalikizik zusammen mit den Sultansbauten von Bursa 2014 zum Weltkulturerbe. Damit war das Ende jeder authentischen Idylle besiegelt. Don Curry erlebte bei seinem Rundgang ein Dorf, bei dem fast sämtliche Gebäude als Pension, Restaurant oder Laden für türkische Handwerkskunst "made in China" dienen. Sobald die Gassen nur etwas breiter werden, hat man zusätzliche Verkaufsstände vor den Häusern aufgebaut. Sicherlich, Cumalikizik ist wunderbar restauriert, die Häuser wetteifern in leuchtenden Farben miteinander, doch die hemmungslose Kommerzialisierung vernichtet jegliches Flair, dass das einst abgelegene und vergessene Dörfchen früher ausgestrahlt hat. Ob die UNESCO das gewollt hat?

Enttäuscht verließ Don Curry das inzwischen unkultivierte Kulturerbe und wollte eigentlich noch ein paar Besichtigungen in Bursa vornehmen. Die prall gefüllte Hauptverkehrsader verhinderte das nachhaltig. So stellte sich Don Curry einfach hinten an, um Meter für Meter langsam seinem Hotel entgegenzurollen. Er hatte sich für 2 Nächte im Termal Hotel Gönlüferah eingebucht, doch nicht wegen der eigenen Thermalquelle des Hotels samt Spaanwendungen, sondern weil dieses über 130 Jahre alte Hotel Zimmer im osmanischen Stil anbot: furchtbar plüschig, mit antiken Möbeln und Badarmaturen, Pastellfarben und orientalischen Mustern und einer Art Himmelbett, das rund 1,20 Meter hoch ist. Sicherlich ist das alles keinesfalls Don Currys Geschmack, aber für 2 Nächte zum Osmanen werden? Warum nicht?

Im Hotelrestaurant bestellte sich Don Curry Albanische Leber mit Dill und Sumach, sowie gegrillte Hühnchenbrust in Walnusssauce, dazu ein Efes und einen Raki hinterher. Das würde genügend Schwere in sein osmanisches Hochbett bringen...

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