Veröffentlicht: 13.12.2018
Wir melden uns zurück mit einem Rückblick auf die letzten zehn Tage in Leonidio. Verrückt, wie schnell die Zeit vergeht – wir sind beinahe drei Monate unterwegs und haben die Hälfte unserer Reisezeit bereits überschritten. Kein schöner Gedanke, denn bis jetzt können wir uns gar nicht vorstellen, unser Nomadenleben und das Kletterparadies Leonidio wieder aufzugeben.
Wo wir schon bei negativen Gedanken sind: wie ja schon im letzten Blogeintrag erwähnt, möchte unser Ladebooster mal wieder nicht wie wir. Zunächst dachten wir es liegt nur daran, dass die Spannungserkennung nicht funktioniert und konnten durch einen direkten Anschluss mit extra An- und Ausschalter für einige Tage wieder laden. Leider klappt nun auch das nicht mehr und wir sind einigermaßen ratlos. Fürs Erste konnten wir unsere Zweitbatterie über eine Steckdose laden, das ist aber natürlich keine Dauerlösung. Wir hoffen sehr, dass wir den Ladebooster und damit unsere Elektrik bald wieder in Betrieb nehmen können, ohne ist es doch sehr nervig.
Wenden wir uns vorerst aber lieber schöneren Dingen zu, nämlich Klettern. In den letzten Tagen konnten wir einige weitere der immerhin 60 Sektoren in Leonidio testen und haben damit immer noch nicht annähernd alle durch, in die wir wollen. Dabei lohnt sich bei fast allen ein zweiter (oder dritter oder vierter) Besuch!
Ganz in diesem Sinne verbrachten wir in La Maison des Chèvres auch direkt zwei Tage. Der Fels bietet einige wenige leichtere Routen, die vorwiegend plattig sind, und viel Auswahl im steileren Wandteil im oberen siebten und im achten französischen Grad. Dementsprechend gibt es für weniger ambitionierte Kletterer wie mich eher nur für einen oder zwei Tage etwas zu tun, was aber nicht langweilig wird, weil es so viele beeindruckend starke Leute zu beobachten gibt.
Routen wie „The Kid“ (7c) und „Mr. Nice“ (7c+) sind sehr beliebt und quasi dauerbelegt, aber auch die Touren im achten Grad sind gut frequentiert. Am zweiten Tag hatten wir sogar die Chance, Michael Schreiber und einen Franzosen beim Projektieren von „Capricorn“ (8c+) zu beobachten. Eine wahnsinnige Route – kaum vorzustellen, dass Alex Megos das flashen konnte.
Wir haben natürlich nicht nur zugeschaut, sondern waren auch fleißig. Jan konnte „Mr. Nice“ und damit seine dritte 7c+ im vierten Go klettern und auch Lukas dieses Langzeitprojekt und seine erste 9+ abhaken. Mit „Finding Mono“ (7a) konnte ich meinen ersten glatten 8er klettern und damit mein großes Urlaubsziel erfüllen.
Dank des überhängenden Fels hatten wir auch zum ersten Mal unser mitgebrachtes Statikseil in Benutzung und konnten einige schöne Fotos schießen. Alles in allem also sehr erfolgreiche Tage in einem sehr schönen Sektor.
Unser Aufenthalt in Limeri hingegen hat uns weniger überzeugt. Das liegt wahrscheinlich hauptsächlich daran, dass uns Kletterstil und die vorhandenen Schwierigkeiten nicht so gut reinliefen wie gehofft. Limeri ist doch eher ein Sektor für Kletterer, die sich im achten Grad und im überhängenden Gelände zu Hause fühlen. Dazu kam, dass an diesem Tag wohl die niedrigsten Temperaturen herrschten, die wir in Leonidio bis jetzt erlebt haben.
Trotzdem hatten wir einen netten Klettertag – es gab kalte Pizza vom Vortag, Jan konnte in seine erste 8a („Symmoria Ext.“) reinschnuppern, Nico hat ein Projekt nach dem anderen abgehakt, unter anderem „Tho Fthino Manaviko“ (8a+) und „Coffee Right“ (7c), und wir konnten Daila Ojedas wunderschönen Kletterstil bewundern.
Nach der ganzen Hardcore-Kletterei war ein Sektor wie Theós Pillar genau das Richtige. Da Theós Pillar, Theós Cave und Theós nahe beianderliegen, wollten wir eigentlich allen oder mindestens zweien einen Besuch abstatten. Irgendwie sind wir dann aber doch gemeinsam mit Miranda und Patrick, einer Bekanntschaft aus dem „Van-Dorf“ am Meer, hier hängen geblieben.
Der Fels bietet zwar nur 8 Routen, davon ist aber eine schöner als die andere. Die Kletterei an der senkrechten Wand an Leisten, kleinen Sintern und Löchern ist überraschend abwechslungsreich und bietet lange Touren bis 7a.
Gemeinsam mit Miranda & Patrick ging es am kommenden Tag zu einem Leonidio-Klassiker, dem Sektor H.A.D.A. Dementsprechend hatten wir ziemliches Glück, dass wir den Fels nur mit einer weiteren, aber ziemlich lauten, amerikanischen Klettergruppe teilen mussten. In H.A.D.A. ist allein der Zustieg durch das trockene Flussbett und der Ausblick von der 30 Meter erhöht liegenden riesigen Höhle ein Erlebnis. Die Routen sind durch die Felsstruktur stark überdacht und daher für Regentage und besonders heiße Tage gut geeignet. Der natürliche Balkon bietet schöne Kletterei in allen Graden und von technischen Platten und überhängenden Sinterrouten ist für jeden etwas dabei – wo sonst gibt es schon eine Wand in der man im französischen fünften und neunten Grad klettern kann? Beeindruckender Weise sind leichte wie schwere Routen gleichermaßen schön.
Der Sektor wurde 2014 erschlossen und zählt damit in Leonidio schon zum alten Eisen und die Klassiker wie „H.A.D.A.“ (7b) sind leider bereits etwas speckig. Aber auch hier ist das Potential noch nicht ausgeschöpft und erst dieses Jahr sind einige Routen hinzugekommen. Jan konnte sowohl „Medousa Ext.“ (7b+) als auch „H.A.D.A.“ (7b) im zweiten Go abhaken. Auch hier werden wir, vor allem mit Blick auf das doch immer regnerisch werdende Wetter, wohl noch öfters Zeit verbringen.
Am nächsten Tag kehrten wir zurück nach Skiadhianiko. Gemeinsam mit Mike, den wir in H.A.D.A. kennenlernten, wollten wir trotz morgendlichem Regen klettern – vor allem ich, denn mein Projekt „Brown Cougar“ (7a) hatte bereits viel zu lange auf mich gewartet. Eine gute Entscheidung, denn nach zwei Stunden kam die Sonne raus und sogar die plattigen Routen ohne Dach trockneten schnell wieder. Für mich lohnte es sich sogar ganz besonders, denn nach zwei wackeligen Gos konnte ich eine stabile Beta finden und meine zweite 7a im insgesamt fünften Go abhaken.
Übrigens hatten es auch dieses Mal ein paar Ziegen auf uns abgesehen und bewarfen uns von oben mit Steinen – ein Helm ist in diesem Sektor ratsam.
Zu guter Letzt verbrachten wir – nach einem weiteren Regentag- einen sehr sonnigen und entspannten Tag im Sektor Theós Cave. (Verrückt, wie schnell das Wetter am Meer umschwingt.) Die Routen im Theós Cave sind ähnlich wie die in H.A.D.A. oder im Sektor Mars auf einem kleinen Balkon gelegen. Man hat einen wunderschönen Ausblick über das Meer, die Felder und Plantagen der Bauern und die Touren bieten genug Auswahl für große und heterogene Gruppen wie unsere.
Jan konnte „Mis en place“ (8a) auschecken und hat damit endlich sein erstes Langzeitprojekt in diesem Urlaub gefunden. Wir werden uns daher bestimmt noch öfter an diesem Fels aufhalten, was dank der vielen schönen Routen auch in den leichteren Graden und der nahegelegenen Sektoren Theós und Theós Pillar zum Glück auch kein Problem ist.
Alles in allem hatten wir wohl die erfolgreichsten Klettertage auf unserem Trip. Tatsächlich geht es aber gar nicht so sehr darum, einen neuen Grad zu erreichen oder viel abzuhaken. Wir sind in einen richtigen Flow gekommen und es macht einfach Spaß, in diesen sorgsam ausgewählten und gepflegten Sektoren unterwegs zu sein. Wir haben so viele tolle neue Leute kennengelernt, nette Abende im Panjika verbracht und genießen unseren Stellplatz direkt am Meer inmitten anderer Kletterverrückter.
Zwischen Klettertagen, Mandarinen ernten, schwimmen im Meer, klettern, Pizza essen, Van-Führungen, klettern, eiskalten Strandduschen, gemeinsamen Kochen und natürlich klettern ist Leonidio ein echtes Zuhause für uns geworden. Wir tun unser bestes die restliche Zeit bis Januar hier in vollen Zügen zu genießen und sind uns sicher, dass wir immer wieder hierher zurückkehren werden. Bald bekommen wir sogar Besuch und wir freuen uns darauf, diesen magischen Ort mit unseren Freunden zu teilen.
In diesem Sinne, magic on!