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Tasmania - wir haben überlebt!

Veröffentlicht: 03.05.2017

  Der Einstieg in unseren Tasmanien Trip war im wahrsten Sinne des Wortes berauschend. Unseren letzten Großstadtabend verbrachten wir zu fünft mit viel Wein in der Stadt und später in einer Rooftopbar, wo ich zur Feier des Tages noch einen Stuhl gegen den Hinterkopf gekickt bekam. Cheers. Um 2 Uhr morgens zurück im Hostel gönnten wir uns noch eine Stunde Schlaf, standen daraufhin um 3 Uhr morgens wieder auf, packten unsere Sachen und fuhren an den Flughafen. Nachdem jeder von uns am Flughafen noch einen Powernap gehalten hatte, saßen wir um 6 Uhr startklar im Flugzeug. Zum Thema Treibstoff: blöd dass der komplette Flughafen Melbourne keinen Tropfen mehr für uns übrig hatte.
Digger, da hätten wir noch eine Stunde länger schlafen können.
60 Minuten später heben wir dann doch noch ab und landen kurz darauf in Hobart, der Hauptstadt von Tasmanien. Restalkohol und Fliegen sind keine Freunde, das war mir auf jeden Fall eine Lehre.
Angekommen, holten wir zunächst unseren Mietwagen, einen kleinen aber feinen Toyota ab und deckten uns mit Isomatten und einem Zelt ein. Nachdem jeder von uns noch Essen für ein gefühltes halbes Jahr eingekauft hatte, konnte es endlich losgehen!
Tag 1 verbrachten wir in der wunderschönen Landzunge Tasman Peninsula, wo wir neben einigen krassen Ausblicken einen wunderschönen Strand ganz für uns alleine hatten. Dieses Phänomen verfolgte uns auf Tasmanien noch lange Zeit. Traumhafte Orte ohne eine Menschenseele. Welcome to Tasmania.


Am
nächsten Morgen ging die Reise an der Ostküste weiter gen Norden. Ein weiteres Highlight war definitiv der 9 Miles Beach bei Swansea. Weisser Sandstrand und türkises Wasser soweit das Auge reicht. Und das vor einer wie mit Bergen und Wäldern bemalten Fassade. Unfassbar! Und wieder einmal, kein Mensch hier!
Auf dem Weg zum Freycinet Nationalpark fing unsere Serie an lebensmüden Aktionen an. Aus reiner Gewohnheit fuhren wir nach einem Zwischenstopp einfach auf der rechten Spur weiter und niemandem von uns fiel etwas auf. Weit und breit kam kein Auto, bis plötzlich ein morts Jeep um die Kurve geschossen kam und es uns in Sekundenbruchteilen eingeschossen kam: Fuck! Wir Idioten fahren schwarz. Dank unserem Schutzengel bremste unser Gegenüber nur ab und wir konnten ums Verrecken noch ausweichen. Für ein paar Sekunden herrschte in unserem Auto absolute Stille. Das hätte böse enden können.
Den restlichen ersten Tag unseres zweiten Lebens verbrachten wir dann an verschiedenen Bays und schliesslich campten wir in Friendly Beaches mit einem unbezahlbaren Ausblick. Die komplette Woche campten wir auf free campsites mit unserem kleinen Auto und unserem noch kleineren Zelt. Die Abende verbrachten wir mit Essen (Toast mit Tuna 24/7), lesen und quatschen.
Auch wenn die Temperaturen oft in unverschämte Tiefen krochen, sodass es manchmal schwer fiel, überhaupt einzuschlafen, war das Campen in Tassie eines der absoluten Highlights für mich. Diese Freiheit zu haben, sich jeden Tag aufs Neue einen Spot für die Nacht aussuchen zu können und an Orten aufzuwachen, die so schön sind, dass man kein Hotel gegen sie eintauschen würde, lässt einen das Leben spüren wie nie.
Lebendig bis in die Fingerspitzen fühlte ich mich auch am nächsten Tag. Auf unserem Plan stand der Aufstieg auf Mt. Amos, welcher einen großartigen Ausblick auf die berühmte Wineglass Bay gewährt. Die Hinweise auf steile und rutschige Stellen ignorierten wir erfolgreich (in Anbetracht dass solche Schilder in Deutschland an jeder zweiten Kindergartenwanderung aufgestellt sind) und nahmen den ersten Part in Angriff.

Der Hike meines Lebens


Nach der ersten Aufwärmungsrunde war der Weg schliesslich nur noch durch bunte Bänder in den Ästen gekennzeichnet. Von einem Weg war allerdings keine Spur mehr und die Herausforderung bestand darin IRGENDWIE zu der nächsten Fahne zu gelangen. Meine 30€ H&M Sneaker gaben ihren Job spätestens an den spiegelglatten schrägen Felswänden auf und bescherten mir einige kleine Herzstillstände wenn ich wieder einmal abrutschte und mich vor meinem inneren Auge schon wieder 3 Meter weiter unten liegen sah - Querschnittsgelähmt und ganz einfach tot. Von wandern war gar nicht mehr die Rede. Ehrlich gesagt war ich oftmals schon froh wenn ich mich einen Moment wie ein normaler Mensch mit beiden Füssen hinstellen und durchatmen konnte. Ungeschlagenen Highlight dieses Aufstiegs war die Situation, in der mein Turnschuh meinte, er muss in dieser verfluchten Felsspalte stecken bleiben, in der ich mit aller Kraft mit Händen und Beinen eingeflext hing. An alle die den Film Everest kennen: stellt euch mich vor in einer dieser tragischen Szene, in der der Schauspieler kurz vor dem Abstürzen ist und sich mit letzter Kraft hochzieht. Okay, das war vielleicht minimal übertrieben aber ich musste in manchen Situationen tatsächlich an diesen Film denken.
Ja, ich bin ein Angsthase. Don't judge me.
Oben angekommen belohnte uns Mt Amos tatsächlich mit einem Ausblick, der vieles wieder gut machte. Nach unserem Gipfelessen machten wir uns also wieder an den Abstieg und um ehrlich zu sein, mir grauste ziemlich davor. Auf wackligen Knien dackelte ich meinen travelmates erfolgreich hinterher bis ich an einem kleinen Anhang dann schliesslich an meine Grenzen stieß. Vor lauter Kopfkino saß ich 3 Minuten an dem oberen Ende dieser Felswand und konnte mich weder bewegen noch etwas sagen. Schliesslich klatschte mir noch eine dieser Oberarschlochwindböhen in die Seite und ich kletterte mit Tränen in den Augen wieder ein Stück nach oben, weg von diesem Abhang.
Gott sei Dank hatte ich in an diesem Tag Travelmates bei mir, die dann zu mir hochkletterten, mit mir gemeinsam abstiegen und sich den restlichen Weg ins Tal alle paar Meter nach mir versicherten.
Unten angekommen überkam mich eine Welle der Erleichterung und gleichzeitig war ich unendlich stolz, Mt Amos bezwungen zu haben. (“Vreni wird der neue Tourguide von Mt Amos“ - Aaaaabsolut!)
Ich weiss nicht wie lange es her ist, dass ich so mit mir selbst kämpfen und so eine tiefsitzende Angst überwinden musste ABER I did it! (Und nie wieder :P)
Anschliessend statteten wir einem sog Blowhole einen Besuch ab, welches die einen mehr, die anderen weniger begeisterte haha. Am Ende des Tages hatte ich doch ein paar hübsche Bilder im Kasten und somit war ich rundum zufrieden.


Zur Feier des Tages ging es schliesslich noch in den Douglas Apsley Nationalpark, wo wir mit Shampoo und allem pipapo bepackt in einem kleinen See endlich einmal wieder duschen konnten. Purer Luxus und das alles in einem unendlich schönen Bergsee in völliger Einsamkeit. (Sorry für die Umweltverschmutzung.)
Den Abend verbrachten wir angekommen in Bay of Fires am Lagerfeuer mit ein paar anderen Backpackern, welche uns erst einmal über das 'Einklaufen' in Australien aufklärten. Dabei wirft man seine Produkte im Supermarkt einfach in die Tüte, ohne sie zu scannen und tada, das ist das Geheimnis des Einklaufens.
Mittlerweile muss ich zugeben, Einklaufen ist nicht die schlechteste Sparmaßnahme hahaha.
Am
nächsten Morgen fuhren wir zusammen mit unseren neuen Gefährten noch zu einem kleinen Wasserfall und daraufhin trennten wir uns auch wieder.
Unser Versuch auf dem Weg zu unserem neuen Ziel eine Abkürzung zu nehmen, ging dann gewaltig in die Hose. Die Straße wurde zu einer Gravelroad und schliesslich zu einem Waldweg der aus 2 Radspuren bestand. Unser Babytoyota gab alles doch irgendwann mussten wir aus Schadensbegrenzung umkehren, als unser Auto stecken zu bleiben drohte.
Nach einem leider leider verregneten Besuch des Strandes von Bay of Fires campten wir direkt an einem kleinen Fluss im Wald in Gesellschaft von einigen Oppossums, welche unseren mit Essen gefüllten Kofferraum anhimmelten.
Am
nächsten Morgen wartete die Maracoote Cave auf uns, eine Tropfsteinhöle mit einer riesigen Glühwürmchenkolonie. Nach einer interessanten Führung durch die Höhle, durch die sogar ein Bach fliesst, wurde dann das komplette Licht ausgeschalten und an der Decke leuchteten die Glühwürmchen wie der Sternenhimmel um die Wette. Das genialste an der Geschichte: um Essen anzulocken, zünden die Babys ihren Glühhintern an und Essen dann auch oft ihre eigenen Eltern auf (erster Lachflash!) Das zweite traurige daran: Glühwürmchen haben keinen Mund. Innerhalb ein paar Tagen müssen sie also einen Partner finden, Kinder machen und dann eben verhungern. WAS EIN SCHEIßLEBEN hahaha.
Glücklich über die eigenen Lebensbedingungen wanderten wir dann zum Marions Lookout im Cradle Mountain Nationalpark, wo wir hautnah insgesamt 4 Wombats (“fury stones“) beobachten konnten.
Nachdem ich beim Abstieg beinahe einer Schlange auf den Kopf getreten wäre und zum 3. Mal froh um mein Leben war, machten wir uns auf den Weg zu einem wiedermal unfassbar geilen Campingplatz: Ocean Beach sagt wieder einmal alles.

Nachdem wir am nächsten Morgen mit unseren Duschsachen ins Infozentrum stapften und nach kostenlosen Duschen fragten, konnten wir nachdem wir etwas seltsam gemustert wurden doch noch duschen, woraufhin ich sogar noch den Undercut nachrasiert bekam von meinem Travelbuddy aka Reisefrisör Mayk - mitten in einer öffentlichen Toilette. Scheißegal. Hauptsache die Frise sitzt.
Nach einem kurzen Walk am Lake St. Clair, wo wir die vielen Wanderer bewunderten, welche mit ihren aufgepackten Backpacks tagelange sog Overnight Hikes starteten, fuhren wir ein paar Stunden zu einem riesigen Gebiet Tasmaniens das gesäumt ist von tiefblauen Seen und campten mit genau einem anderen Australier direkt am See, nachdem wir uns ein kleines Lagerfeuer gemacht und den Sternenhimmel beobachtet hatten.
Auch wenn man seinen Wunsch nicht verraten darf, wünschte ich mir bei meiner Sternschnuppe einfach nur, dass es meiner Familie Zuhause gut geht, denn ganz ehrlich, ich war wunschlos glücklich. Dieses geile Australien um mich, das Lagerfeuer vor mir und so unfassbar geile Tage hinter mir - mehr braucht man nicht.
Die Kälte in der besagten Nacht riss mich um halb 4 morgens aus dem Schlafsack und nach 2 verzweifelten Stunden in denen ich versuchte wieder einzuschlafen, packte ich schliesslich meine Kamera und baute mein Stativ am See auf, um diese wunderschöne Morgenstimmung einzufangen. Wie eine Dumme sprang ich neben meiner Kamera durch die Gegend, um nicht zu erfrieren.
Sogar meine Linse musste ich vor jedem Bild abwischen, weil die Kamera, welche nachts im warmen Auto übernachtet hatte, alle 5 Sekunden komplett anlief. Nach dem Frühstück ging unser Weg über einen Abstecher zu den Russell Falls auch schon wieder in Richtung Hobart. Pünktlich zum Sonnenuntergang standen wir auf dem Mt. Wellington und shooteten die Lichter Hobarts.
Nach einer kurzen Nacht nahmen wir den Sonnenaufgang auf dem Mt Wellington ebenfalls mit. Nachdem wir uns alle noch im Auto vor dem eisigen Wind auf dem Gipfel versteckten, machte ich mich schliesslich mit Mayk, meiner Kamera und unserer Kuscheldecke auf und wir zogen uns den gewaltigen Sonnenaufgang rein. Der komplette Gipfel lag über den Wolken und 360° umgeben von Wolken entstanden an diesem Morgen Bilder, die mir bis heute den Atem rauben. Tasmania, you are so beautiful!


Wenig später saßen wir mit Sack und Pack auf der Autofähre in Richtung Bruny Island: an island of an island of an island. Unsere hohen Erwartungen wurden allerdings durch das regnerische Wetter und die trüben Farben etwas ernüchtert. Dazu kam dass Bruny Island wohl herzlich wenig vom Straßenbau hält und so kam es dass wir noch am selben Abend zurück nach Hobart schipperten, nur dieses mal mit einem braunen anstatt einem weißen Auto.
Leider zehrte auch der darauffolgende Abend an unser aller Nerven. Um zu unserem Campingplatz zu kommen, mussten wir noch kurze Zeit nach Sonnenuntergang fahren. Ab dem Zeitpunkt, an dem die Dämmerung hereinbricht, hat man auf Australiens Straßen das Gefühl, jede Nacht wird das ultimative Straßenfest der Waldtiere
gefeiert. Opossums, Wallabys und und und sitzen am Straßenrand oder auf der Fahrbahn, springen und rennen über die Straße und machen das Autofahren in der Dunkelheit zu einem wahren Kraftakt.
Für uns haben die wenigen Minuten in der Dämmerung gereicht um ein Wallaby auf dem Gewissen zu haben. Das arme Ding sprang im gleichen Moment los, in dem wir eigentlich schon an ihm vorbeifuhren. Trotz Ausweichmanöver und Bremsen sprang es ohne wenn und aber weiter und landete schliesslich nach einem Looping durch den Radkasten am Straßenrand. (Für wen das zu makaber klang: Den restlichen Abend war mir ebenfalls kotzübel doch irgendwann muss man das ganze auf eine etwas leichtere Schulter nehmen. Ganz ehrlich? Wallabys sind auch wirklich dumm wie Otto.)
Die letzten beiden Tagen hatten wir das Wetter nicht mehr auf unserer Seite. Wir verbrachten unsere letzten Tage mit Wäsche waschen, am Feuer sitzen, Akkus laden und Hobart ansehen. Die vorletzte Nacht verbrachten wir zu dritt im Auto, da der Regen das zelten unmöglich machte. Er verzog sich schliesslich wenigstens für einen Nachmittag und wir Mädels nutzten unsere Chance eine Runde am Seven Miles Beach joggen zu gehen.
Am
letzten Tag genossen wir noch etwas die wiederkehrende Sonne am Strand und fuhren dann zeitig zum Flughafen, wo ich die Zeit und vor allem die Steckdosen nutze, um alle meine Schätze von der Kamera auf dem Laptop doppelt und dreifach zu speichern und zu bearbeiten. Um 10 Uhr abends war unsere Zeit auf Tasmanien dann leider auch wieder abgelaufen und wir saßen wieder alle im Flugzeug nach Melbourne.
Angekommen machten wir es uns am Flughafen mit Schlafsack und allem drum und dran gemütlich und zugegeben, ich schlief wie ein Stein, trotz des Flughafentrubels um uns.
Ich kann nicht sagen wie oft ich mir in Australien schon dachte, mehr kann nicht mehr kommen, doch wieder einmal hat Tasmanien die Messlatte ganz weit oben angelegt. Vom weißesten und schönsten Sandstrand, den ich jemals gesehen habe über goldene Felder wie aus der Toskana bis in den Regenwald - in einem Tag. Tasmanien ist der Inbegriff von Naturschönheit, gespickt mit viel Wildnis und Abenteuerluft.
Tasmanien ließ mich oft an meine Eltern denken, welche Zuhause sind und ihr Leben leben, welches bestimmt oft nicht leicht ist. Was würde ich manchmal geben, um euch manchmal herholen zu können und euch zeigen zu können, wie schön das Leben ist. Ich würde euch so gerne ein paar Züge dieser Freiheitsluft und einige Schlücke dieser Endorphine zuschicken, welche mich so abhängig gemacht haben. Ich wünschte ihr könntet manchmal durch meine Augen sehen, meine Abenteuer miterleben und verstehen, warum ich mittlerweile ein bisschen Angst bekomme, zuhause wieder so etwas wie einen Alltag zu führen.
Mama und Papa, ihr seit am anderen Ende der Welt, wir alle führen unser eigenes Leben und manchmal ist es schwer für mich, all diese Eindrücke, welche ich nicht in Worten beschreiben kann, nicht mit euch teilen zu können, wie ich es gern machen würde. Doch am Ende des Tages stehen wir unter dem selben Himmel und am Ende des Weges, da steht ihr. Ihr wart der Anfang, ihr seit der Anker bis ich nach Hause komme und ihr mich nie mehr verliert.  

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