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Das Leben schreibt mit Kuli

Veröffentlicht: 06.03.2017

Der Vollständigkeit halber und weil ich als kleiner Möchtegern-Fotograf natürlich meine Fotos dieser genialen Insel loswerden muss, habe ich schon Wochen den Punkt "Phillip Island Part 2" auf meiner Bloggerliste. Das einzige Problem? Vor lauter Arbeit kam ich kaum dazu, frische Ideen für einen weiteren Blogeintrag zu sammeln.

WAS FÜR EIN GLÜCK dass mir ein bestimmter Mensch kurz vor Abreise doch noch mehr Inspiration, als nötig gewesen wäre, auf den Weg mitgab. Ehrlich gesagt habe ich einige Zeit überlegt, diese Story zu verfassen, da sie mir doch näher geht als alle Misserfolge zuvor. Doch dieser Blog ist mein persönliches Tagebuch und ich werde die unschönen Stellen meiner Geschichte nicht weglassen, denn letztenendes gehören sie genauso zu meinen Erfahrungen wie die schönen Teile. Ich kann kein Kapitel einfach wieder löschen, so wie ich es jetzt gerade kann, wenn ich diesen Eintrag verfasse.

Der Grund warum ich meist low key über meine zukünftigen Pläne bleibe? Wie ich es nun ein für alle mal erfahren musste: Weil sie sowieso nicht klappen.

Geplant war ursprünglich, am Montag Phillip Island zu verlassen und zusammen mit einem Kumpel, der mir zu Zeiten unserer gemeinsamen Arbeitsstelle doch ans Herz gewachsen ist, auf Tasmanien, eine Insel "Under Down Under" mit der Fähre zu schippern. Die Idee reifte vor etwa 4 Wochen und war für mich jeden einzelnen Tag eine Motivation, morgens aufzustehen und einen neuen Arbeitstag in Angriff zu nehmen. Meine Vorfreude stieg Tag zu Tag mehr.

Schließlich kam nach ein paar unheimlich kräftezehrenden Arbeitstagen endlich mein Day Off! Ich machte eine Wanderung an den höchsten Punkt Phillip Islands und mit dieser unheimlich schönen Landschaft vor Augen sendete ich meinen Eltern eine Sprachnachricht. "Ich weiß nicht wie oft man in seinem Leben an den Punkt kommt an dem man sein eigenes Glück nicht fassen kann." Ich war wunschlos glücklich. Best Day Ever!

Es wurde Abend und ich bekam eine Whatsapp Nachricht samt Absage unserer gesamten geplanten Reise (Für's Protokoll: 5 Tage vor Abreise) Der Grund? Er wolle und müsse erst einmal alleine reisen. Yes.. this could be the best day ever.

Ich bin ehrlich, dieser Moment war der erste auf meiner Reise, an dem ich mir zum ersten Mal wünschte, ich wäre einfach nur zuhause und hätte meine Familie um mich und jemanden, der mich in den Arm nimmt. Noch nie zuvor fühlte ich mich SO alleine. Nicht nur die Tatsache, dass ich natürlich verletzt war und bin von diesem Schachzug, brachte mich an diesem Abend an mein kleines persönliches Ende. Als Backpacker, so weit entfernt von Zuhause und seinen Liebsten, bedeutete es mir sehr viel, einen echten Freund gewonnen zu haben. Zwischen so viel Freiheit und Unabhängigkeit hatte ich jemanden, der mir wenigstens für einen Abend das Gefühl von Zuhause gab.

Doch dann nahm die Geschichte ihre Wendung und ich konnte einen Augenblick nur zusehen, wie alles in sich zusammenfiel. Ich gab tagtäglich alles, um jeden einzelnen Tag in Australien trotzdem irgendwie ausnutzen zu können, und sei es nur die Arbeit zu überstehen. Und trotzdem gibt es bis heute diese Momente, in denen ich zurückdenke wie es hätte sein können und mich einfach nur frage, warum?

Abgesehen davon stand ich wenige Tage vor meiner Abreise völlig alleine ohne einen Plan B da. Ich habe mich auf Plan A verlassen und einfach mal vertraut. Fehler! Wie ich in meinem letzten Eintrag gesagt habe: Trust nobody. Tja, da hätte ich wohl besser einmal auf mich selbst gehört.

Mein einziger Trost? Schlimmer konnte es nicht mehr werden.

Ich schickte also völlig zerstört eine Sprachnachricht an meine beste Freundin und meine Schwester nach Hause, welche mich sofort anrief und in mir wieder ein erstes Lachen hervorholen konnte. Anscheinend hat mich Australien schon so stark gemacht für's Leben, dass ich nach 10 Minuten Telefonat schon wieder lachend auf dem Bett lag mit meiner Schwester am Hörer, einfach weil ich meine eigene Situation wieder einmal nicht fassen konnte. Unglaublich, dass der Mensch, der mich bis jetzt immer wieder aufgebaut hatte, wenn ich am Boden war, selbst zum Grund wurde, warum ich wieder dasaß und nicht mehr weiter wusste.

An dieser Stelle möchte ich mich bei meiner Schwester und meiner besten Freundin Lisa unendlich oft bedanken. Egal wie weit ich entfernt bin, ihr schafft es irgendwie, mich aufzubauen und mir neue Hoffnung zu geben. Ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll, wie dankbar ich bin eine Schwester, die immer zur Stelle ist und es irgendwie immer schafft, mir Kraft und Mut zu geben und eine beste Freundin, die selbst zu weinen beginnt, nur weil sie mich weinen hört, zu haben. Ich wünschte ich könnte euch beiden einfach nur in den Arm nehmen und Danke sagen, aber das geht leider nicht. Ich hoffe ich kann meine Dankbarkeit wenigstens ein kleines bisschen zum Ausdruck bringen, denn ihr seit mein Ein und Alles und mit euch an der Seite ist die Welt ein ganzes Stück weniger beängstigend.

Ja, das Leben hat oft ein paar richtig miese Schachzüge parat und manchmal kommen sie aus einer Richtung, mit der man niemals gerechnet hätte. Doch wenn mich Australien mittlerweile eines gelehrt hat, dann dass es immer irgendwie weiter geht. Egal wie aussichtslos mir meine Lage in manchen Momenten erscheint, ich weiß ich werde auch dieses mal eine Lösung finden. Ich werde auch diese Hürde nehmen und wieder aufstehen.

Ich habe gelernt an mich zu glauben.


Wie es nun weitergeht? Ich habe neue Menschen gefunden, mir neue Ziele gesucht, einen neuen Weg eingeschlagen und mittlerweile bekomme ich wieder Gänsehaut, wenn ich daran denke, was kommt. Ich schließe das Kapitel Phillip Island mit all seinen wunderschönen Seiten, all seinen Charakteren und Abenteuern. Es wird Zeit ein paar neue Seiten zu füllen mit Lebensfreude und Wanderlust.

Die Frise sitzt und ich bin sowas von bereit für's Leben.


Vor kurzem habe ich ein Kompliment bekommen, das mir den Atem raubte. Mein Leben und meine Geschichten sind filmreif. Folks, egal wie hart das Leben manchmal sein kann: Wenn am Ende dabei ein Film rauskommt, den ich mir selbst ansehen würde, dann lohnt es sich zu kämpfen. 

Ich möchte wieder einmal jedem einzelnen danken, der sich die Zeit nimmt, meine Geschichten zu lesen. Danke an die unglaublich berührenden Kommentare und eure tollen Nachrichten. Ihr motiviert mich, aus jedem Erlebnis eine Story zu kreieren und gebt mir die Kraft, sogar aus solchen Niederlagen im Nachhinein etwas Positives zu entwickeln. Ihr gebt mir mehr Kraft, als ihr denkt! Danke Danke Danke!
Antworten (3)

Liebe Vreni, verfolge von Anfang an Deine spannend geschriebenen Blogeinträge und freue mich immer über neue Berichte! Hätte eine Frage in eigenem Interesse und würde mich sehr über eine Einschätzung von Dir freuen... Meine beste Freundin will nach dem Abi diesen Sommer auch für ein Jahr nach AUS für Work & Travel und nun will ihr Freund (Beziehung ist nicht ganz unproblematisch) mit ihr kommen. Was sagst Du? Ist es gut als Pärchen rumzureisen oder wäre es mit einer Freundin oder ganz allein besser? Würde mich über eine Einschätzung von Dir sehr freuen, denn wir (meine Freundin und ich) rätseln, ob es wohl gut ist als Paar unterwegs zu sein oder anders besser wäre... Vielen Dank im Voraus und alles Gute weiterhin! Viele liebe Grüße, Lilly

Verena
Liebe Lilly, zunächst einmal ein riesiger Dankeschön und ich fühle mich geehrt, dass du dir bei mir Rat holst. In meinem Fall bin ich froh, dass ich alleine reisen kann. Dieses Freiheitsgefühl ist Gold wert, man kann viel offener und spontaner handeln und hat nicht immer jemanden im Hinterkopf, den man vermisst oder bei dem man sich melden muss. Auf so einer Reise lernt man sich selbst so viel besser kennen und von dem her denke ich ist es lehrreicher alleine zu reisen, vor allem wenn die besagte Beziehung sowieso etwas am knacksen ist. Das ist aber meine persönliche Meinung, ich kenne hier auch ein supercooles Pärchen, die seit einem Jahr alles zusammen anpacken. Lässt euer bauch Gefühl entscheiden, doch deine Freundin soll mal einfach nur an sich selbst denken! :)

Wollte Dir noch vielmals danken für Deine nette Antwort, liebe Verena! Du schreibst das, was ich auch denke und wohin meine Freundin letztendlich auch hin tendiert. Deine Einschätzung hat jedenfalls geholfen :) Weiterhin alles Gute für Dich und liebe Grüße, Lilly

#backpacking#australien#freundschaft#reisen#workandtravel#phillipisland