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Belaraghi

Veröffentlicht: 25.09.2024

Als Nicole, Lewis und ich einen Tag später wieder in Belaraghi angekommen sind, wurden wir gleich zum Mittagessen eingeladen und konnten beim Neubau der Hütte von Mama Reni zusehen. Am Tag zuvor hatten wir schon die Baustelle gesehen, weil Sonntag war, wurde aber nicht gearbeitet. Mama Reni hatte drei Jahre lang als Nanny auf Sumatra gelebt, dort Englisch gelernt und arbeitet nun als Local Guide. Sie hat uns erzählt, dass alte Hütten nach dem Abriss an derselben Stelle und im gleichen Stil wieder aufgebaut werden müssen, damit die verstorbenen Ahnen dort weiterhin ihr Zuhause haben. Nach der Fertigstellung wird das Haus in einer Zeremonie eingeweiht und kann anschließend wieder bezogen werden.


Ich habe mich eine ganze Weile mit Mama Reni unterhalten und dabei erfahren, dass sie früher dafür zuständig war die Grundschulkinder zur Grundschule im nächsten Ort zu bringen. Damit war sie jeden Morgen und jeden Nachmittag eine Stunde lang beschäftigt. Mittlerweile wohnen aber alle Grundschulkinder bei Freunden oder Verwandten im Ort der Grundschule. Da ich sowieso vorhatte auf der Reise (mindestens) eine Schule zu besuchen, habe ich die Chance ergriffen und mit Mama Reni ausgemacht, dass ich am nächsten Tag die Grundschule besuchen kann.


Während Lewis als angehender Architekt erfolglos versucht hat beim Hausbau zur Hand zu gehen, durften Nicole und ich erst beim Abwasch und danach beim Kochen helfen. Natürlich nicht in der Hütte (vorher hätte es eine Zeremonie geben müssen), sondern an der Feuerstelle unter der Hütte. Nachdem wir erfahren hatten, dass das Mittagessen von einer Familie für das ganze Dorf gekocht wurde, haben wir uns gleich doppelt nützlich gefühlt bei der Zubereitung des Abendessens zu helfen. Zunächst haben wir "Mais-Patties" frittiert und anschließend Gemüse angedünstet. Als wir fertig waren, hat sich leider herausgestellt, dass das das Abendessen nur für diese Familie ist, die es unseretwegen dann später kalt serviert bekam. So ist das leider mit der Sprachbarriere...


Den restlichen Tag haben wir dabei geholfen Nelken von den Stengeln zu zupfen. Ich hatte mir vorher nie Gedanken darüber gemacht, an was für Pflanzen Nelken wachsen, wie sie im ungetrockneten Zustand aussehen und was für eine Arbeit es ist sie zu gewinnen. Kurz gesagt: Nelken wachsen in Büscheln an immergrünen Bäumen, deren Äste in regelmäßigen Abständen gestutzt werden. Anschließend werden die Nelkenbüschel noch vor Ort grob von den Ästen getrennt und in großen Säcken nach Hause getragen. Zumindest in Belaraghi bestehen die Nachmittage und Abende dann darin die einzelnen Nelken von den Büscheln zu zupfen, damit sie anschließend auf einer großen Plastikplane ausgebreitet und in der Sonne getrocknet werden können. Nach 3-4 Tagen in der Sonne sehen die Nelken dann so aus, wie wir sie kennen. Auf ganz Flores sieht man Plastikplanen mit Nelken immer wieder auch einfach am Straßenrand liegen - und das duftet!


Am nächsten Morgen wurde ich nach dem Frühstück mit dem Moped zur Grundschule gebracht. Diese geht von Klassenstufe 1 bis 6 und hat insgesamt 33 Kinder. Vier bis sieben Kinder pro Klasse ist natürlich ein Traum jeder Lehrperson in Deutschland, aber auch hier fehlen Lehrpersonen und Arbeitsmaterialien. Ein Lehrbuch hat nur die Lehrerin, die die Arbeitsaufträge an die Tafel schreibt, jedes Kind hat genau einen Kugelschreiber und ein Heft, in das einfach die Mitschriften aus allen Fächern hineinkommen und Kopien müssen sich immer zwei Kinder teilen, selbst wenn darauf etwas ausgefüllt werden muss. Eine Lehrperson für Englisch gibt es momentan nicht, deshalb lernen die Kinder eben nur die paar englischen Wörter, die ihre Lehrpersonen selbst können. Bei der Lehrerin der 3. Klasse beschränkt sich das z.B. auf die Zahlen von 1-20.


Ich hatte aber den Eindruck, dass die Kinder sehr glücklich sind. In den Pausen haben sie fangen oder Fußball gespielt, versucht sich mit mir zu unterhalten und mir High-Fives gegeben. Manche Kinder konnten gar nicht genug High-Fives bekommen. Während der Mittagspause haben sich die Kinder beim Essen unterhalten statt am Handy zu spielen (von den Kindern hat nämlich keines ein Handy) und ich habe meine Packung Pistazien, die ich spontan am Morgen noch eingepackt hatte, verteilt. Der Renner waren meine drei Fineliner, die ich am Ende verschenkt habe. Den nächsten Schulbesuch werde ich besser planen und vorher ein paar Schulsachen kaufen, die ich der Schule schenken kann.


Als ich wieder in Belaraghi war, habe ich genau Mama Nella abgepasst, die gerade das Mittagessen für Papa Vempi, Nicole und Lewis in den Garten bringen wollte. Ich habe ihr beim Tragen geholfen und ebenfalls Mittagspause gemacht, bevor für mich die erste, für die anderen die zweite Schicht mit Nelkenzupfen anfing. Natürlich erstmal nur grob die Büschel von den Ästen trennen. Als es dunkel wurde, haben wir alles zurück ins Dorf gebracht und dort ging dann die Feinarbeit weiter.


Während wir ausgelassen mit Nelkenzupfen beschäftigt waren, hat Mama Rene auf einmal irgendwas von "Ceremony" erzählt. Kurz darauf wurde ich ein weiteres Mal in den hinteren Raum der Hütte gebeten, wo ein weiterer Hahn für mich geopfert wurde, damit ich eine gute Weiterreise haben werde. Zumindest habe ich Papa Aurelius so verstanden, der ein wenig Englisch kann. Die Opferung wäre von mir aus zwar nicht nötig gewesen, aber natürlich habe ich mich trotzdem sehr geehrt gefühlt.


Aus Belaraghi habe ich übrigens mein erstes Souvenir: zwei Kokosnussschalenschüsseln. Ich fand die gemeinsamen Abende, an denen wir Nelken gezupft und Arak aus Kokosnussschalen getrunken haben so schön, dass ich auch so eine Schale haben wollte. Deshalb habe ich mir eine halbe Kokosnuss gesucht und sofort hat mir jemand mit seinem riesigen Messer geholfen, die Haare zu entfernen. Der Feinschliff wurde dann weniger charmant mit einer Schleifmaschine gemacht. Und als ich diese Schale Mama Nella gezeigt habe, hat sie mir noch eine super schöne, etwas kleinere aus ihrem Bestand geschenkt. Ein tolles Souvenir, denn es ist leicht, man kann es verwenden und es geht beim Transport sehr wahrscheinlich nicht kaputt.

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