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Die Aromen der Alpillen

Veröffentlicht: 10.10.2024

Noch immer erholen wir uns ausgiebigst in der wunderbaren Landschaft der Alpillen.
Bei jedem Schritt duftet es nach wilden Kräutern, Rosmarin und Thymian und ganz besonders nach der Kleinblättrigen Bergminze, die überall ihren aromatischen Geruch verbreitet.

Olivenhaine, in denen die Früchte schon beginnen, dunkel und schwarz zu werden, wechseln sich mit kleinen Weinhängen ab, wo das Laub sich langsam gelb und rot färbt. Dazwischen immer wieder Mandel- und Aprikosenbäume und steile, weiße Felshänge, die uns alpine Schroffheit vorgaukeln.

Les alpilles

Wer im Übrigen absolute Ruhe und Entspannung sucht, ist hier genau richtig. Kein Telefon, kein Internet, nur an ausgesuchten Plätzen mit hoch ausgestrecktem Arm. Oder auf den Bouleplätzen der Dörfchen. So haben wir einen halben Tag mit der Betrachtung der Spieler verbringen können, da ein Telefonat mit meinem kleinen Bruder terminiert war. Sehr entspannend.

Les alpilles

Beinahe an jedem Vormittag decken wir uns auf den kleinen Wochenmärkten der umliegenden Ortschaften mit frischem Obst und Gemüse aus der Region ein, mit kleinen Ziegenkäselaibern und köstlich duftendem Brot.

Sainte-Maure de Touraine

Wir Madames lieben Monsieur Persil ganz besonders, der seinen Stammplatz in der Markthalle von Saint-Martin-de-Crau hat.
Nicht nur sein ansprechendes Äußeres, das von langen Aufenthalten an der frischen Luft, von zupackendem Charakter und sensiblem Umgang auch mit kleinsten, zartesten Pflänzchen zeugt, nein auch sein charmantes Wesen lassen uns immer wieder zu seinem Stand zurückkehren.

Egal wie viele Auberginen in der Tüte sind, egal wie groß der leuchtend grüne Salat gewachsen ist, wir bezahlen immer fünf Euro. Und zur Krönung verschenkt Monsieur ein Bund Petersilie, wunderbar duftende, ein unvergleichliches Aroma verströmende, sattgrüne, riesigblättrige glatte Petersilie.

Petersilien-Platz

Am letzten Freitag vergißt Monsieur im hektischen Andrang, mir das grandios-fantastische Kräutlein zu übergeben und Zappa schickt mich sofort zum Stand zurück. Denn ohne diese Petersilie will er seinen Salat nicht mehr!
Also gehe ich noch einmal zu dem besten Gemüsehändler der Welt und bitte ihn um "un peu de persil" und höre die gesamte versammelte Damenwelt um mich herum seufzen: "Pour moi aussi - für mich auch!"
Jaaaa, dieses kleine Bündel Grünzeugs macht uns unbeschreiblich glücklich!

Danach gibt es noch einen Café au lait in der PMU oder der Bar oder im Tabac mit intensiven Aussichten auf das Gewimmel und das soziale Zusammensein und dann brauche ich dringend meinen Mittagsschlaf.

Nach dem Markt

Doch heute dreht der Mistral ein weiteres Mal auf vollen Touren. Aller Dunst und Staub wird hinweggewirbelt und ein unbeschreiblich ultramarinblauer Himmel strahlt über uns.
Der listige Nordwind rüttelt, rappelt und schüttelt an unserem Mistral, dass der Wohnwagen klappert, knarzt und poltert. Beinahe fühlt es sich an, wie auf Käpt'n Stoffels Segelboot bei schwerer See. Das Deck wackelt, rumpelt, schwankt und wogt und die Wände schnarren und kollern. Immer den Horizont im Auge behalten, versuche ich mich zu beruhigen.

Wie heißt der Ort?

Unsere kleine Wanderung in die Tiefen der Alpillen lassen wir dennoch nicht ausfallen. Auf Schusters Rappen geht es los. Doch wer hätte gedacht, dass die gerade einmal 300m hohen Hügel mit solch steilen Anstiegen aufwarten? Wir kommen ganz schön außer Puste, auch weil der stramme Wind uns stetig ins Gesicht bläst. Mit dem Mistral als Gegenspieler ist nicht zu scherzen. 

Les Alpilles

Und so kommt es, dass wir die letzten Meter auf den Gipfel des Opiés kaum schaffen. Der Wind braust uns hier oben nur so um Ohren und Nase, der Weg ist mit vielen kleinen Schottersteinchen sowieso nur mit sicherem Tritt zu bewältigen. Doch der Mistral scheint uns mit aller Macht von den letzten Höhenmetern abhalten zu wollen und pustet und hustet und pustet und hustet und kippt mich fast aus den Latschen. Wir kämpfen gegen die Sturmböen an, wer will sich denn so kurz vor dem Ziel aus der Bahn werfen lassen?

Les Alpilles

Mit letzter Kraft bewältigen wir den beinahe 20prozentig steilen Anstieg gegen den Orkan.
Zappa will oben angekommen unbedingt ein Foto machen, doch ich werde gerührt, geschüttelt und fast umgeworfen. Und natürlich soll ich noch mal und noch mal und noch mal lächeln, bis das Shooting perfekt ist!

Wandern mit Mistral ist nicht möglich!

Kommt gar nicht in Frage! Ich bin inzwischen komplett durchfegt und friere wie blöd. Und das Schlimmste steht noch bevor: auf dem rutschigen Schotter mit Hurrikan im Rücken den steilen Abstieg wieder runter! Ich sehe mich schon vom Winde verweht den Abhang bis ans Meer herunterrollen, mir Blessuren an Körperteilen holen, von denen ich nicht wußte, dass ich sie habe und bis an mein Lebensende an einer unbeschreiblichen und unerträglichen Hügel- und Windpanik leiden.

Les Alpilles

Doch Zappa, mein Held, Starkenervenbesitzer, Immercoolbleiber und Ewigrettungindernotbringer spendet mir unersetzlichen Windschatten, so dass wir heil und ohne Wunden die schier unüberwindbare steile Rampe in den Abgrund meistern.

Les Alpilles

Herrje - schon wieder so ein Abenteuer! Nun wird es aber langsam Zeit für ruhigere Tage...

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