Ich habe die Berge rund um Huaraz in Richtung Küste verlassen. Es ging weiter nach Trujillo - der drittgrößten Stadt Perus. Im Zentrum merkt man davon allerdings nicht allzu viel. Rund um den Plaza geht es relativ ruhig zu. Es gibt viele gut erhaltene Häuser aus Kolonialzeiten. Die touristischen Attraktionen befinden sich allerdings etwas außerhalb der Stadt und sind auf die Zeit der Moche-Kultur zurückzuführen. Diese lebten noch einige Zeit vor den Inka. Zum einen gibt es die Tempelanlage Huaca de la Luna und zum anderen die Ruinenstadt Chan Chan. Schon sehr ungewöhnlich, dass diese Stätten so nah an der Küste errichtet wurden. Da ja vor allem die Inka immer so hoch hinaus wie möglich wollten. Die Tempelanlage Huaca de la Luna war vollständig mit Sand bedeckt, sodass sie erst vor ca. 20 Jahren richtig entdeckt und Stück für Stück freigelegt wurde. Und es gibt immernoch viel zu tun. Das interessante an der Anlage ist, dass sie ca. alle hundert Jahre vergrößert wurde. Und zwar in der Art, dass über den alten Tempel ein drüber gebaut wurde. Heißt, die Räume wurde mit Adobesteinen gefüllt und vor alle Außenwände wurde eine weitere Wand gesetzt. Ganz oben gab's dann eine neue Ebene. Mit der Zeit entstanden dadurch 5 übereinander liegende Schichten. Die man natürlich nicht alle sehen kann, weil man dann jeweils die drüberliegenden Schichten abreißen müsste.
Ein Ausflug an den Surfstrand von Huanchaco durfte dann aber auch nicht fehlen. War ganz nett anzusehen, aber das Wasser ist doch noch ziemlich kalt. Ich versuche das später weiter nördlich nochmal.
Cajamarca
Der nächste Stopp war dann wieder in den Bergen auf gut 3000m Höhe - Cajamarca. Auch diese Stadt hat natürlich ihre Inka-Vergangenheit. Hier wurde der letzte Inka Atahualpa von Pizarro auf dem Hauptplatz hingerichtet. Und das obwohl er wie vereinbart eine riesige Kammer in kürzester Zeit wie vereinbart mit Gold hat füllen lassen. Cajamarca liegt an einem strategisch bedeutenden Knotenpunkt, wo sich der Camino de Inca und der Camino de Oro treffen.
Ringsherum gibt es dann auch einige Orte zu erkunden. Die von der Gletscherschmelze erschaffenen Felsen Cumbemayo, die Baños del Inca, heiße Wasserfälle, in Stein gehauene Grabfenster und einiges mehr. Alles davon habe ich allerdings nicht geschafft. Nach der langsamsten Tour der Welt hatte ich auf weitere Ausflüge keine Lust mehr. Ein Kleinbus voller Peruaner und ich. In Cumbemayo angekommen ging es schon los. Erstmal alle aufs Klo, dann musste jeder sein Ticket löhnen und eine halbe Stunde später waren wir tatsächlich in der Anlage. Nach zwei Minuten Fußweg und fünf Minuten Erklärung kam dann die erste Fotosession. Jeder, aber auch wirklich jeder, musste dann SEIN Selfie mit dem Stein machen. Und der war noch nichtmal sehenswert! Das war aber nur der Prolog! Die nächsten 2 Stunden wurde das dann intensiviert. Da gab es dann tatsächlich auch mal was zu fotografieren. Alle paar Minuten so ein Stopp. Da konnte der Guide noch so viel erzählen, es war nie lang genug um die Selfie-Zombies wieder einzufangen. Ich hab mich dann meistens ins Gras gelegt, hab die Augen geschlossen und bin innerlich verzweifelt. Jeder Stein, jeder Grashalm und jeder Kuhfladen musste mit zahlreichen Selfies gewürdigt werden. Und auch die armen Kinder, die links und rechts in wohlgewählten Abständen an den Pfad gestellt wurden, wurden mit ein paar Münzen und Selfies bedacht, wenn sie zum hundertsten mal gelangweilt ihr Liedchen vorgetragen haben. Der Guide meinte nur, wenn er mit Ausländern unterwegs ist, läuft er ungefähr drei Mal soviel. Wir haben also nur einen kleinen Teil gesehen. Es gibt einfach Sachen, an die kann ich mich auch nach 4 Monaten noch nicht gewöhnen. Will ich auch gar nicht. Also Augen auf bei der Wahl der Touristengruppe.
Chachapoyas
Benannt nach dem Volk der Chachapoyas - bedeutet so viel wie 'Volk der Wolken'. Und es wird dann auch ziemlich schnell klar weshalb. Die immergrünen, feuchten Nebelwälder der Berge sind unverkennbar und muten magisch an. Auch das ist ein Grund weshalb die Inka nicht bis hierher vorgedrungen sind und die Chachapoya besiegt haben. Schon die Fahrt von Cajamarca nach Chachapoyas wurde als eine der spektakulärsten von Peru angekündigt. Stilecht wurden dann auch zu Beginn der Fahrt Kotztüten verteilt. Wegen der atemberaubendenden Aussichten wurde mir empfohlen dieses 12h Fahrt tagsüber zu machen. Leider gab es dann aber zu wenige Interessenten, sodass ich nach zwei Tagen Warterei dann doch über Nacht gefahren bin. Man hat nicht viel gesehen, aber der Bus hat sich von einer Kurve in die andere gelegt. Ab und zu mussten wir auch zurücksetzen, da wir die Kurve nicht in einem Zug geschafft haben. Und dann wurde vorne die riesige Felswand angestrahlt und hinten war einfach nur Abgrund. Nach zwei Stunden haben wir dann planmäßig den Bus gewechselt. Allerdings haben sie an dem neuen Bus gerade noch ein Rad montiert. Es gab also noch eine kurze Verzögerung bis es weitergehen konnte. Die folgenden 10h waren dann ähnlich kurvenreich wie zuvor. Und kurze Zeit später kamen die Tüten ein paar Reihen hinter mir auch schon zum ersten Einsatz. Die Fahrt hielt also was sie versprach!
Morgens angekommen wollte ich dann nach einen guten Frühstück gleich die Umgebung erkunden. Die bekanntesten Orte sind die Chachapoyas Ruinen von Kuelap und der mächtige Gocta-Wasserfall. Aufgrund von Straßensperrungen, unzugänglichen Wanderwegen und Wartungsarbeiten am Lift war die Anreise nach Kuelap etwas beschwerlich, sodass ich den Besuch am nächsten Tag mit einer Tour gemacht habe. An diesem Tag war aber noch genug Zeit für den Gocta-Wasserfall. Eine kurze Busfahrt und ein weiteres Mototaxi haben mich zum Startpunkt gebracht. Der Wasserfall ist relativ unbekannt, obwohl er als der drittgrößte der Welt angepriesen wird. Mit gut 770m Fallhöhe kann er sich auch durchaus sehen lassen. Allerdings ist das auch immer Zahlenspielerei, da sich das auf 4 Fallstufen aufteilt. Die größte hat jedoch immernoch mehr als 400 beeindruckende Meter. Lange Rede kurzer Sinn. Von all dem konnte ich nur ca. 20m sehen. Kurz bevor ich angekommen bin hat es angefangen zu regen und die Nebelwälder haben ihrem Namen alle Ehre gemacht. Es hätte jeder x-beliebige Wasserfall sein können. Ich bin also 3 Stunden über Stock und Stein, hoch und runter im Regen durch die Wälder gelaufen bis ich dann wieder zurück war. Am Ende hat es noch kurz aufgeklart, sodass ich noch einen Blick aus der Ferne bekommen habe.
Ganz links oben sieht man den Gocta-Wasserfall noch in der Ferne. Das sollte für lange Zeit die letzte Sichtung sein.
Der nächste Tag in Kuelap sah dann ähnlich aus. Die gesamte Tour über hat es geregnet. Die Ruinen direkt vor meiner Nase konnte ich natürlich sehen. Die Erklärungen waren auch ganz nett. Aber der Blick in die Ferne über die Nebelwälder hat sich auch hier erst kurz vor Schluss geöffnet.
Soviel zu Chachapoyas. Zum Glück gab's im Hostel noch ein paar nette Leute mit denen man sich das Leid teilen konnte. Ähnlich mysteriös wie die Wolkenmenschen der Chachapoyas war dann auch der junge Deutsche namens Konstantin, den ich dort getroffen habe. Ich denke er ist ein direkter Nachfahre dieser Präinka-Kultur. Konstantin und Roberto waren ebenfalls auf dem Weg Richtung Amazonasgebiet. Dadurch haben sich dann schon ein paar Mitstreiter für die anvisierte Amazonastour gefunden. Wir wussten zwar noch nicht genau wo und für wie lange, aber es blieben ja noch ein paar Tage Zeit für die Planung. Auf dem Weg nach Tarapoto habe ich noch einen Stop in Cuispes eingelegt. Ein kleines Dorf 30 Minuten abseits der Hauptroute. Dort gab es auch nur eine handvoll Touristen. Ich blieb dort eine Nacht in der Hoffnung am nächsten Tag früh starten zu können, da ich ja schon zwei Mal komplett im Regen unterwegs war. Das war dann allerdings der Wahlsonntag und man musste sich auch erst für die Wanderung registrieren und konnte nicht einfach so loslaufen, sodass ich dann letztendlich auch wieder erst gegen 9 losgekommen bin. Diesmal hatte ich allerdings Glück und das Wetter hat mitgespielt. Und ich konnte den Yumbilla-Wasserfall in voller Größe sehen. Witzigerweise ist der mit seinen vier Fallstufen nochmal gut 100 Meter höher als der Gocta, aber auch noch unbekannter. Auf dem Weg zum Yumbilla-Wasserfall sind wir schon an ein paar hübschen Fällen vorbeigekommen. Die zweite Fallstufe vom Yumbilla. Das sind ca. 50 Meter.Blick auf die erste Stufe. Und nochmal von weiter weg.Das ist hier nicht richtig zu erkennen. Aber im Prinzip musste man hier mit dem Seil senkrecht nach unten klettern um zur zweiten Stufe zu gelangen. Und danach auch wieder rauf.Idylle auf der Weide.Und im Hintergrund noch zwei weitere riesige Wasserfälle.
Pünktlich zurück in Cuispes hat es richtig angefangen zu regnen und es hat dann auch den ganzen Nachmittag nicht mehr aufgehört. Also alles richtig gemacht. Ich hab mir das Schauspiel vom Garten des Hotels angeschaut und bin abends runter nach Pedro Ruiz gefahren um den Nachtbus nach Tarapoto zu nehmen.
So langsam hatte ich dann auch genug von Peru. Die Unterschiede zu Bolivien waren für mich nicht allzu groß und insgesamt war ich in den beiden Ländern ja schon 4 Monate. In den letzten Wochen habe ich ja ausführlich berichtet was es in diesen Ländern tolles zu entdecken gibt. Folgenden Sachen werde ich jedoch garantiert nicht vermissen!
An jeder Ecke, in jeder Straße wird hingepinkelt und hingespuckt, wo man halt gerade möchte. Gern auch ans eigene Auto - Männer wie Frauenund Kinder. Die Gehwege sind im Prinzip unbenutzbar. Meist stehen Leute und oder Verkaufsstände im Weg und keiner denkt auch nur daran Platz zu machen. Ständig wird rumgeschrien. Quer durch Restaurants, den Märkten in Bussen und Bahnhöfen. Weshalb hingehen, wenn man auch schreien kann? Moni, mach mal drei Kaffee! Generell die Lautstärke. Alles muss einfach laut sein. Öffentliche Musik auf Plätzen, Fernseher in Restaurants, egal was, es muss immer irgend etwas laut im Hintergrund laufen. Auch die Handynutzung. Ständig höchste Lautstärke. Musik, Videos, Anrufe, alles zum mithören. Und die Kinder werden, sobald sie ein Handy halten können, damit ruhiggestellt. Über den Selfiewahn habe ich ja auch weiter oben schon berichtet. Hupen! Das ständige unsinnige Hupen. In der Regel bedeutet es nur: Achtung ich fahre auf eine Kreuzung zu und hab keine Ahnung wie ich mich verhalten soll. Wenn etwas passiert bin ich nicht schuld. Ich hab ja schließlich ausgiebig gehupt. Der exzessive Gebrauch von Plastiktüten. Über den Müll generell habe ich mich ja schon mehrmals ausgelassen. Der Mangel an Klopapier. Es gibt einfach nirgends Klopapier! Nicht mal in vernünftigen Restaurants oder Hostels. Dadurch läuft einfach jeder immer mit einer Rolle durch die Gegend. Das ist so unsinnig wie ineffektiv. Wechselgeld, niemand in diesen Ländern hat welches. Und vom Automaten gibt's halt immer nur die "großen" 10 Euro Scheine.
Über all das kann man natürlich im Einzelnen hinwegsehen. In der Summe und mit der Zeit nervt es aber einfach. Ich bin gespannt auf die Menschen in Ecuador und Kolumbien. Ökologisch soll Ecuador ja relativ vorbildlich sein. Wir werden es sehen.