Veröffentlicht: 28.07.2018
Von Rurrenabaque aus ging es nicht wirklich weiter. Außer stundenlang mit dem Bus durch den Dschungel. Deshalb bin ich nach La Paz geflogen, weil die Busfahrt zurück ewig lang und unbequem gewesen wäre. Da ich den Rucksack einmal gepackt hatte, bin ich von La Paz direkt weiter in die nördlichen Yungas nach Sorata auf 2700m gefahren. Drei Stunden mit dem Minibus entlang des Titicacasees waren trotz mangelnder Beinfreiheit angenehm. Sorata - als Trekkingparadies angepriesen - hat auch sonst nicht viel zu bieten. Kein Internet, keine Cafés im Ort. Einziger Zufluchtsort ein Café eines Schweizers mitten im Bauernhof zwischen Enten, Hühnern, Hunden und Hasen. Selbst gebackenes Brot und Kuchen dazu. Da in der angebelichen Hochsaison mal wieder keine Touristen zu finden sind, habe ich zwei Tage die Umgebung erkundet. Einen Tag rauf zum nächsten hohen Berg Iminapi für einen schönen Blick auf den Illampu. Am nächsten Tag runter zum Fluss und ein Stück entlang des Flussbetts wandern. Auch zwei Tage später sind keine weiteren Wanderer angekommen um eine Tour zu den Lagunen zu starten. Am dritten Tag starte ich also allein mit einem Guide zur Akklimatisierung zum Abre Illampu auf 4800m um dann am nächsten Tag die Laguna Chillata auf 4200m und die Laguna Glaciar auf 5500m in Angriff zu nehmen.
Der erste Tag begann recht entspannt um 7.30 Uhr. Eine Stunde Autotour zum Ausgangspunkt der Tour auf ca. 3900m. Dann ging es es recht zügig mit Guide Roberto nach oben, der dort oben auch mit ca. 44 Familien im Dorf wohnt. Als Kinder sind er und sein Bruder Felix jeden Tag 2h nach Sorata zur Schule gelaufen und 4h zurück (jeweils 1000 Höhenmeter)!!! Da gab es die Straße noch nicht. Um am Ende dann doch Guide zu werden - wie der Vater.
Wir wollten oben ankommen, bevor die Wolken den Blick auf den Illampu verdecken. Das haben wir dann um halb 12 geschafft. Und pünktlich um 12 war dann nicht mehr viel vom Gipfel zu sehen. Dann ging es es wieder runter und zurück nach Sorata. Der Illampu ist auch das Wahrzeichen von Sorata und einer der schwierigsten Berge in Bolivien und deutlich über 6000m hoch.
Am nächsten Tag ging es dann mit Felix schon um 5.30 Uhr los. Die Tour war ja auch deutlich länger. Wieder brauchten wir ein Auto um zum Ausgangspunkt nahe der Laguna Chillata zu gelangen. Unterwegs haben wir dann noch seinen Vater eingesammelt. Erst dachte ich, dass er sich die Tour auf seine alten Tage auch noch nochmal geben wollte. Er hätte mich sicherlich noch angehängt. Allerdings hat er dann "nur" den ganzen Tag auf das Auto aufgepasst und gewartet, dass wir zurück kommen! Eigentlich wollte ich das in 3 Tagen wandern. Also am ersten Tag vom Sorata zur Laguna Chillata, am zweiten hoch zur Laguna Glaciar, am dritten zurück nach Sorata. Aber allein war das dann doch zu langweilig. Im Morgengrauen ging es also los. Auch hier wieder um vor 12 Uhr an der Lagune zu sein. Die lag im Prinzip auf der entgegengesetzten Seite des Illampu im Vergleich zum vorherigen Tag. Das Wetter wollte an dem Tag aber nicht so recht mitspielen. Nur um 9 bei der ersten großen Pause ließ sich die Sonne mal blicken. Danach zog es immer mehr zu und der Illampu war nicht mehr zu sehen. Trotzdem haben wir die Laguna Glaciar noch bei recht guten Bedingungen erreicht. Und sie war auch trotz Bewölkung sehr schön. Das wichtigste war aber, dass ich ohne Probleme bis da hoch gekommen bin. Da habe ich dann beschlossen doch den Huayna Potosí in Angriff zu nehmen. Der Rückweg war dann recht unangenehm. Schnee, Hagel, Regen, Wind - alles dabei. Aber bergab geht's immer schnell. Und warm wird man dabei auch. Also alles kein Problem. Der Rückweg mit dem Auto war dann problematischer. Die Bauern haben mal wieder quer über die Straßen Bewässerungskanäle gezogen. Sodass wir auch mal aussteigen und mit ein paar Steinen die Weiterfahrt ermöglichen mussten. Später gab's dann auch noch Entenfamilien und Baumaschinen auf dem Weg. Das wars dann mit Sorata. Am nächsten Tag ging es dann um kompletten Nebel zurück nach La Paz. Das Wetter hatte sich nicht gebessert.
Die Bolivianer sind schon ziemliche Dreckschweine. Und das ist schon sehr verwunderlich. Über 80% Bevölkerung sind indigener Abstammung und dementsprechend viel wird dann auch der Pachamama (Mutter Erde) gewidmet. Von jedem Bier wird vor dem ersten Schluck etwas auf den Boden gekippt. Und auch Speisen werden teilweise noch geopfert. Für eine gute Ernte, ein gesundes Leben, etc. Schön und gut. Kann man ja machen. Auf der anderen Seite wird aber einfach überall der Müll hingeschmissen. Vor allem auch in de Natur. Am besten direkt in den Fluss, dort wird ja schließlich auch das Auto gewaschen. Nur um dann kurze Zeit später etwas weiter flussabwärts sich selber oder die Kleidung zu waschen. Das ist einfach komplett unverständlich. Mag ja sein, dass die Menschen im Alltag andere sorgen haben - trotz sozialistischer Umweltpropaganda allen Ortens - aber den Müll könnte man trotzdem einfach in die zahlreichen Mülltonnen werfen.
Nach der ordentlichen Vorbereitung in Sorata wollte ich so schnell wie möglich den 6000er in Angriff nehmen. Im Büro der Agentur habe ich dann Arthur getroffen. Wir beschlossen die Sache gemeinsam zu starten. Deshalb auch in 3 statt 2 Tagen. War auch günstiger als allein zu gehen. Der erste Tag als Training und zur Akklimatisierung, der 2 Tag dann vom Basis- ins Höhencamp und in der Nacht des dritten dann der Aufstieg.
Etwas ungewöhnlich zu der Jahreszeit gab es Niederschlag in dem Bergen und das bedeutet Schnee! Ich fragte bei der Anfahrt noch aus Spaß, ob wir denn Schneeketten bräuchten. Die Antwort war natürlich nein! Unser frontgetriebener Toyota Van wird das schon richten. Bis auf 4500m hat er es auch noch problemlos geschafft, dann wurde es aber immer schwieriger. Auch mit Anlauf und mach mehrmaligem anschieben haben wir es nicht ganz geschafft, sodass wir dann die letzten 100m zu Fuß in Angriff nehmen mussten. Im Basiscamp gab's dann erst Mal Mittag und dann ein kleines Training mit der vollen Montur. Das wiegt dann auch alles ein bisschen und man ist nicht mehr ganz so beweglich. Aber man kann halt auch einfach das Eis hochlaufen. Und im Schnee hat man schon gemerkt, dass das anstrengend werden kann. Danach war dann Ausruhen angesagt. Versuchen in der Kälte etwas Schlaf zu finden. Das ist mir nicht allzu gut gelungen. Die meiste Zeit habe ich wach gelegen.
Am nächsten Morgen stand dann auch erstmal nichts auf dem Programm. Mit dem Sonnen wurde es aber leider auch nichts. Es war bewölkt und somit haben wir nur gefroren und auf den Aufstieg am Nachmittag gewartet. Gut bepackt ging es dann endlich los. Die erste Etappe von 4700m auf 5100m. Also nicht allzu lang. In knapp zwei Stunden hatten wir das dann auch geschafft. Das schwerste dabei war unsere Ausrüstung und den Schnee zu durchdringen. Dann gab's reichlich zu Abendessen und es ging früh zu Bett. Um 1 Uhr nachts war schließlich Wecken und um 2 Uhr Abmarsch angesagt.
Ich hab ein bisschen besser geschlafen. Das Wecken war nicht eindeutig, sodass wir erst um halb 2 aufgestanden sind. Also gleich mal mit Zeitdruck frühstücken und den ganzen Kram anlegen. Mit Stirnlampen beleuchtet und Seilen aneinander gebunden ging es dann los in die Dunkelheit. Ein Guide darf maximal 2 Personen mitnehmen. Wir hatten uns entschieden jeweils einen zu nehmen. Denn falls einer umkehren muss, muss der andere dann auch mitrunter. Ziel war gegen 6 Uhr oben zu sein. Die ersten 2 Stunden waren noch recht entspannt und windarm. Also durchaus auch warm. Stück für Stück ging es gut 600m nach oben. Wenn man den Pfad erwischt hat ging es einigermaßen. Wenn man daneben trat ist man erstmal bis zum Knie in Schnee eigesunken. Weit entfernt leuchtet La Paz in der Dunkelheit. Sonst gab es nur den Sternenhimmel und die Stirnlampen der anderen Gruppen.
Dann wurde es langsam ernst, die Schritte langsamer, der Puls schneller, der Atem lauter. Meine Füße hatte ich den ganzen Aufstieg noch nicht gespürt. Der Wind nahm deutlich zu und die Temperaturen sanken auch. Kurz - es war eisig kalt! Und die ersten eisigen und steilen Passagen waren zu überwinden. Nach einer weiteren Stunde und ein paar Energieriegeln habe ich dann noch einen Schluck Eiswaser zu mir genommen, nachdem ich das Trinkloch mit dem Eispickel geöffnet hatte. Der point of no return war schon überwunden. Außer Kälte und Anstrengung hatte ich auch keine weiteren Probleme. Trotzdem war die Aussicht auf noch eine weitere Stunde nicht gerade angenehm. Jetzt war auch nach jedem Schritt eine kleine Pause nötig. Zum Glück konnte man nicht sehen wo die Reise hingeht und wie weit es noch ist. Pünktlich zum Sonnenaufgang waren wir dann an diesem Tag auch als erstes oben. Wir haben es beide geschafft die 6088m zu überwinden. Wir haben es ungefähr 5 Minuten oben ausgehalten. Volle Breitseite Wind und angeblich -25 Grad. Da konnte man den Ausblick nur bedingt genießen und ein paar verwackelte Fotos schießen.
Dafür war der Abstieg dann umso schöner. Die Sonne stieg immer höher, die Temperaturen auch, meine Füße tauten langsam auf. Die anderen Gruppen kamen uns entgegen. Ich konnte ein paar Fotos schießen, die Kräfte schwanden weiter, aber man konnte ja nun jederzeit eine kleine Pause einlegen. Gegen 8 Uhr waren wir dann auch wieder zurück im Höhencamp. Dort gab's eine Suppe zur Stärkung. Eine Stunde Pause um den schweren Rucksack wieder zu packen und hinunter zum Basiscamp zu laufen. Da war auch immernoch Sonne, sodass wir uns doch noch ein bisschen sonnen konnten. Von dort ging es dann mit dem Taxi wieder nach La Paz. Die Wege waren wieder besser passierbar. An dem Tag war dann natürlich nicht mehr viel los. Ein kleines Siegerbier und erstmal ausschlafen. Am nächsten Tag habe ich dann mal ausgeschlafen, ein bisschen Blog gearbeitet und bin dann von den Bergen und der Kälte geflüchtet. Es reicht erstmal! Auf ins warme Cochabamba!