Veröffentlicht: 06.07.2019
Wieder ging es mit dem Bus zu meiner nächsten Station: Medellin. Für die Fahrt hatte ich mit etwa 5 Stunden gerechnet. Am Ende dauerte sie 7 Stunden. In kolumbianischen Bussen werden übrigens auf einigen Strecken zu Anfang der Fahrt Kotztüten verteilt. Die Strecke nach Medellin war so eine, denn gerade am Ende wird es sehr kurvig und der Busfahrer war nicht gerade zimperlich ... Ich lernten, dass einige Kolumbianer die Tüten tatsächlich nutzen. (Ich brauchte zum Glück keine!)
Ich kam also später als gedacht in Medellin an und musste ein Taxi zu meinem Hostel finden. Einige Taxifahrer kamen mir allerdings etwas suspekt vor. Dehalb sprach ich einige andere Backpacker an, die mit mir warteten und fand schließlich auch ein holländisches Paar, die in eine ähliche Richtung mussten und sich freundlicherweise das Taxi mit mir teilten. Mein Hostel lag in einer netten Wohngegend und wurde von den liebsten Menschen geführt. Also, wenn es euch Mal nach Medellin verschlägt, kann ich euch nur das Mochi-llin Hostel ans Herz legen!Noch am selben Abend buchte ich eine Free Walking Tour für den nächsten Tag, um mehr über die Stadt und ihre bewegte Vergangenheit zu erfahren. Denn sie war Heimatstadt von Pablo Escobar und Schauplatz für Auseinandersetzungen der kolumbianischen Drogenkartelle.
Unsere Stadtführerin wahr eine 31-jährige Kolumbianerin aus Medellin, die die Gewalt in Medellin noch hautnah mitbekommen hat und deren Onkel damals spurlos verschwunden ist. Das machte die Geschichten, die sie erzählte für mich noch eindrucksvoller.
Sie erzählte vor allem, wie sich die Stadt - und besonders die Innestadt - von einem kriminellen Ort in eine relativ sichere und lebenswerte Gegend gewandelt hatte. Dafür wurde das Konzept der "demokratischen Architektur" genutzt. D.h. Plätze die besonders gefährlich waren, wurden so umgestaltet, dass sie für die breite Bevölkerung zugänglich und attraktiv wurden. Es wurde für ausreichend Beleuchtung gesorgt, offene Plätze geschaffen und Bibliotheken gebaut, die für alle frei zugänglich sind. Dieses Konzept funktionierte gut. Heute kann man sich zumindest tagsüber sicher in der Innenstadt bewegen, auch wenn man sich wie in jeder großen Stadt vor Taschendieben in Acht nehmen muss.Unserer Stadtführerin war es auch sehr wichtig zu vermitteln, dass die Kolumbianer und die Paisas (Bewohnern der Region um Medellin) im Speziellen trotz all der Tragödien immer eine positive Einstellung bewarten. So endete unsere Tour an einem Platz, auf dem zwei Vogelstatuen von Botero stehen. Eine zerstört und die andere intakt. Die erste wurde bei einem Bombenattentat während eines Konzerts zerstört. Sie sollte zunächst entfernt und durch die neue Statue ersetzt werden. Botero verlagte jedoch, dass die zerstörte Statue neben der neuen stehen bleibt. Für die Menschen in Medellin sind die Vögel ein Symbol dafür, dass sie trotz der dunklen Vergangenheit positiv in die Zukunft blicken.
Die Stadtführerin gab uns außerdem noch einige Tipps für Unternehmungen in Medellin, von denen ich ein paar nachging. Am nächsten Morgen ging ich zunächst zur "Comuna 13", einem Slum, der in der Vergangenheit Schauplatz von Kartellkriegen war. Heute ist das Viertel sicher und zieht mit seinen vielen Graffitis und bunten Häusern viele Touristen an und es gibt viele Souvenirgeschäfte und diverse Touren durch das Viertel. Zudem hat man von dem höchsten Punkt der am Hang liegenden Gegend einen schönen Blick über Medellin. Nach oben kommt man übrigens über Rolltreppen, die bei der Befriedung des Viertels eine besondere Rolle gespielt haben. Welche, habe ich aber nicht so genau verstanden.Ich entschied mich gegen eine Tour und erkundete Comuna 13 auf eigene Faust. Als ich so durch das Viertels schlenderte, kam ich mir irgendwie wie ein Voyeur vor und alles schien mir aufgesetzt und für Touristen gemacht, die ein bisschen die Luft eines vom Krieg gebeutelten Slums schnuppern möchten.
Mehr beeindruckte mich die Ausstellung im Haus der Erinnerung, das ich I'm Anschluss besuchte. Dort werden Zeitzeugenberichte verschiedener Akteure - Politiker, Aktivisten, (unbeteiligter) Zivilisten usw. - ausgestellt und man kann sich durch eine elektronische Bibliothek von Zeitungsartikeln klicken. Obwohl alles auf Spanisch ist und ich nicht alles verstand, war es sehr eindrücklich und bewegend für mich, gerade weil es auch zeitlich nicht allzuweit in der Vergangenheit liegt.Übrigens ist in Kolumbien auch heute noch nicht alles Gut und das Land weit davon entfernt keine Drogen zu produzieren. Die Menschen im Land beklagen vor allem ein stark korruptes politisches System und laut meiner Stadtführerin wird weit mehr Kokain produziert als zu Escobars Zeiten.
Den Abend verbrachte ich auch in einem Museum. Das Museum für moderne Kunst hatte Tag der offenen Tür. Es wurden Kunstwerke verschiedener Künstler zu ganz verschiedener Themen ausgestellt. Auch hier spielte das Thema Bürgerkrieg aber auch der Flüchtlingsstrom aus Venezuela eine Rolle.Mit all diesen Geschichten und Eindrücken aus Medellin machte ich mich am nächsten Morgen auf den Weg mit dem Flieger zu meiner nächsten Station an der Karibikküste von Kolumbien.