berichte-von-unterwegs
berichte-von-unterwegs
vakantio.de/berichte-von-unterwegs

Vulkane und fantastische Menschen auf Java

Veröffentlicht: 02.06.2023

Ein Tag bevor ich nach Java reisen wollte, bekam ich eine Einladung von Hanis, nachdem ich meine Reise nach Banyuwangi bei Couchsurfing online gestellt hatte. Er offerierte mir einen Schlafplatz, Tipps, wie ich ohne Guides auf den dort beheimateten Vulkan Ijen komme, ein Scooter und hatte zudem noch eine Couchsurferin aus Italien zu Besuch, die ebenfalls auf den Ijen wollte. Und es war eine wunderschöne Zeit bei Hanis. Am ersten Tag machte ich mit Angelika, die nach ihrem anthropologischen Bachelor in den Niederlanden ein paar Wochen reist, einen kleinen Ausflug zu einem Strand mit einer bunten und sehr lebhaften Unterwasserwelt, wo wir schnorchelnd riesige Fischschwärme und bunteste Korallen sahen. Am nächsten Morgen 2:30 Uhr brachen wir mit der klapprigen Mopede von Hanis zu der 2400m hohen Kraterkante und 40km entfernten Ijen auf. Die ersten Meter bewältigten wir problemlos, doch an den steileren Passagen begann der Roller ziemlich zu schnaufen, bis wir dann an einem sehr steilen Stück am Hang stehen blieben. Doch kein Problem, da zwei einheimische Mopedfahrer hinter uns unsere Schwierigkeiten schon ein paar Minuten beobachteten und dann beim Stillstand Angelika auf einer ihrer Knattermaschinen mitnahmen. So erreichten wir pünktlich kurz vor 4Uhr den Startpunkt, lösten ein Ticket und wanderten nochmal in einer riesigen Gruppe an Schaulustigen circa für eine Stunde zu dem Kraterkante und genossen den Sonnenaufgang. Bekannt ist der Ijen zum einen für seinen See, welcher einen PH-Gehalt von 1 hat und zu den säurehaltigsten Seen der Welt gehört. So verlockte das türkisfarbene Wasser zwar zum Schwimmen, aber wäre wohl dann eine weniger gute Idee gewesen. Des Weiteren ist es laut eines einheimischen Guides der einzige Vulkan der Welt mit einer blauen Lava, die man in der späteren Trockenperiode in Höhlen näher am See sich anschauen kann. Der säurehaltige See, als auch die blaue Lava ist der schwefligen geologischen Beschaffenheit des Vulkans zu verdanken. Der Schwefel wird unter widrigsten Bedingungen von Bergarbeitern abgebaut und abtransportiert. Vor 10 Jahren trugen diese noch bis zu 100Kilo den steilen Berg herunter, während sie heute eine Art Schubkarre haben, mit denen sie den Schwefel transportieren. Neben den Schwefel transportieren sie aber schiebend und ziehend auch lauffaule Touristen den Berg hoch und hinunter, um sich ein ganz gutes aber wohlverdientes Taschengeld dazuzuverdienen. Der Blick während des Sonnenaufgangs auf andere Berge und Vulkane war schön, der See lag leider etwas unter Wolken und dem dort austretenden Qualm etwas verborgen. Highlight für uns war dann eher unser Schattenspiel im Nebel des Ijensees. Bergab gab es dann auch noch einen kleinen Aufreger, als die Vorderbremse versagte und die Rückbremse uns an dem steilen Stück nicht zum Stehen brachte… doch glücklicherweise kam nach der nächsten Kurve ein flacheres Stück und die Bremse funktionierte nach ein paar Metern Schieben unerklärlicherweise auch wieder, wodurch wir dann sehr behutsam Richtung Tal steuerten. Während Angelika weiter Richtung Bali zog, blieb ich noch eine Nacht bei Hanis und wir machten uns einen gemütlichen Fußballabend, bei dem unter anderem zu meinem damaligen und leider nur für eine Woche anhaltenden Glück Dortmund die Tabellenführung übernahm. Am nächsten frühen Morgen chauffierte er mich zum Bahnhof. Ein paar Stunden später kam ich dann in Probolinggo an, wo ich mir bei Master Rizal, welchen Name er stolz mehrfach wiederholte und auch seine Frau zum Schmunzeln brachte, abermals eine kleine Knattermaschine auslieh. Die Nacht war dann wieder sehr kurz, da ich mich wie mittlerweile gewohnt 2:30 Uhr auf den Weg zu dem dort beheimateten Vulkan Bromo machte, der auch circa auf 2400m liegt. Zunächst wanderte ich circa für ein Stündchen auf einen Aussichtspunkt namens KingKongHill, von wo aus man den Sonnenaufgang betrachten konnte. Und dieser war tatsächlich nicht zu verachten. Es war wolkenloser Himmel, um den Bromo hingen noch Nebelwolken und der Blick war traumhaft. Anfangs fand ich einen Aussichtspunkt fernab der größeren Gruppen, doch als es heller wurde, war es dann auch mit der Ruhe und der entspannten Stille vorbei und es fand ein Fotoshooting nach dem anderen statt. Danach suchte ich mir einen kleinen Schleichweg, welchen mir Angelika empfahl, und lief über ein riesiges Aschefeld an den riesigen dampfenden Schornstein namens Bromo heran, nahm ein paar Stufen zu der Kraterkante und schaute ihn in den brodelnden Schlund. Ganz nett, aber nicht mit dem explosiven Vulkan Yasur auf Vanuatu zu vergleichen… schon doof, wenn man plötzlich von so einem Naturspektakel nicht mehr richtig beeindruckt wird, nur weil man schon etwas Spektakuläreres gesehen hat… ich muss mich mehr in Achtsamkeit üben und mich hinterfragen ob ich Sensationsbesessen bin.

Am gleichen Abend ging es mit dem Bus durch die Nacht nach Yogyakarta, wo 2 populäre Tempel und einer der aktivsten Vulkane auf meine Besichtigung warteten. Zuerst besuchte ich Prambanan, welcher zu einen der größten hinduistischen Tempel in Südostasien gehört. Kurz nachdem er errichtet wurde, wurde er dann auch schnell wieder vernachlässigt, da der muslimische Glaube Einkehr hielt. Nach circa tausend Jahren, als Indonesien unter der kolonialen Herrschaft der Niederlande stand, begann man den Tempel wieder mehr freizulegen und zu restaurieren. Diese Arbeiten wurden von einem straken Erdbeben unterbrochen und der Tempel trug einigen Schäden davon. Seit 2006 wurde er der Öffentlichkeit wieder geöffnet. Und es war schon ein beeindruckendes Gebilde und hat in mir den Drang nach der Balizeit verstärkt, mich mit dem hinduistischen Glauben nochmal mehr auseinanderzusetzen. Weiterhin gab es auf dem Gelände noch 3 weitere buddhistische Tempel, von denen einer zwar auch ziemlich durch das Erdbeben beschädigt wurde, doch auch sehr beeindruckte. Während die Massen sich jedoch eher bei dem populären hinduistischen Tempel aufhielten, war kaum eine Menschenseele bei den anderen Tempeln zu sehen, was sehr zu meinem Genuss war.

Am Tag darauf trieb mich der aktive Vulkan Merapi in der Gegend erneut routinemäßig früh aus dem Bett. Er ist zu Zeit nicht begehbar, da er äußerst aktiv ist und Feuer spuckt. Und tatsächlich, ich fand einen schönen Aussichtspunkt und konnte ihn in den frühen Morgenstunden bestaunen, wie immer wieder Lava aus seinem Schlund kam und wie Sabber an ihm herunterfloss. Und auch wenn das Erlebnis schon aufregend war, kitzelte es mir doch kräftig unter Fuß- und Fingernägeln, sich diesem Spektakel noch mehr zu nähern. Schon seltsam, wo diese Sensationsbesessenheit herkommt, mich umtriebig macht und wenig mich mit den Gegebenheiten die vorherrschen zufriedenstellen lässt. Pünktlich kurz vor dem Sonnenaufgang zogen dann Wolken auf, womit mir dieser Anblick verwehrt blieb. Somit machte ich mich dann von dort aus zu der größten buddhistischen Tempelanlage Borobudur in der Nähe von Yogyakarta. Dieser gerad ähnlich wie der Prambanan schnell in Vergessenheit und wurde auch über mehrere Jahrhunderte von einer reichhaltigen Vegetation und Asche des Merapi verdeckt. Auch erst während der Kolonialisierung wurde dieser wieder entdeckt und restauriert. Hier gab es eine geführte Tour, bei dem der Guide viele Informationen über Hintergründe der vielen Gravierungen und allgemeinen Aufbau gab.

Untergebracht war ich bei Aries und seiner Familie. Ebenfalls hat er mich über Couchsurfing eingeladen. Es war einfach unglaublich nett, mit ihn, seiner Familie und einen anderen Couchsurfer aus China, welcher mich neben seinen chinesisch üblichen Geschmatze beim Essen auch mit seinen Zusammenschnitten von Fahrradreisen in China imponierte, dort zusammenzuleben und die unfassbare Gastfreundlichkeit der Menschen dort zu erfahren.

Dann fuhr ich mit dem Zug an unzähligen Reisfeldern vorbei, auf denen Bauern noch sehr manuell das Feld bestellten, nach Jakarta. Worüber es nicht so viel zu berichten gibt, bis auf dass die Kosten für Lebensmittel die doppelten waren und es üblich für große Metropolen laut, stickig und schmutzig war.

Die Insel Java von Indonesien war nochmal eine ganz andere Erfahrung als Bali. So fühlte man sich teilweise wie ein Superstar, da man von allen Seiten gegrüßt, angelächelt und angesprochen wurde, ob man ein Foto machen möchte. Während ich es anfangs noch sehr amüsant fand und es eher als Scherz wahrnahm, machte ich es nach wenigen Tagen eher routiniert und aus Freundlichkeit, doch dann hatte ich auch die Momente, gerade wenn ich es mal etwas eiliger hatte oder die Müdigkeit meine Stimmung stärker beeinflusste, dass ich doch weniger Lust und eher genervt war. Gut, dass das Schicksal mir meinen großen Traum als Fußballprofi verweigerte. Spannend ist es jedoch, dass die Menschen sich selbst weniger wertschätzen, als einen so daher gelaufenen Touri. Sie zeigten sich sehr unterwürfig, entschuldigten sich häufig wegen nichts oder machten den Platz frei, wenn man in den Bus stieg. So richtig habe ich nicht herausfinden können, woher dieses devote Verhalten und schon fast Ehrfurcht kam, doch ich denke, dass sie ein falsches Bild von der westlichen Welt haben und denken, dass Wohlstand etwas mit Ansehen zu tun hat.

Ansonsten gab es so viele nette und schöne Begegnungen, die ich hoffentlich nie vergessen werde. So wartete der Ticketverkäufer für den Bus nach Yogyarkarta mit mir und gab mir Essen, Trinken und andere Dinge aus. Oder Menschen, die kein Wort englisch sprachen, kamen zu einen und stellten eine Kommunikation mit Googletranslater her und wollten einfach nur wissen wo man herkommt, was man vorhat und ein paar kleine Details von ihrem Leben erzählen.

Oder Situationen, als ich beispielsweise morgens aus dem Bus stieg, ein dringendes größeres Bedürfnis hatte und ich dann vor einer tiefergelegten Schüssel stand mit einem kleinen Wasserfass und einer kleinen Kelle darin… aber man wächst ja gewöhnlich an den Herausforderungen.

Und preislich gesehen entsprach es auch sehr meinen Vorstellungen bzw. Budget und so leistete ich mir hin und wieder auch mal eine doppelte Portion zum Abendessen. Zwar erscheint es erstmal sehr viel, wenn man 10000 Rupiah zahlen soll, doch umgerechnet waren es nicht mehr als circa 70Cent für beispielsweise ein Nasi Goreng. Aber ja, lang dürfte ich mich nicht in dem Land aufhalten, da es an allen Ecken schmackhafte frittierte Speisen wie Bananen, Gemüse, Tofu, Tempe (fermentierte Soyabohnen), Süßkartoffeln und andere Dinge gab, welche durch meine geringe Widerstandsfähigkeit und hohen Konsum meine Herzkranzgefäße auf Zeit bedeutend verengen und somit meine Lebenswahrscheinlich wohl um Jahrzehnte schmälern würde… oder würde sich das für diesen Genuss lohnen? Zum Glück muss ich mir diese Frage bald mehr stellen.

Nicht ganz so gut konnte ich mich an die ganzen Moscheen gewöhnen, von welchen gefühlt rund um die Uhr von den Muezzins ihre doch nicht immer so vogelgesangsartigen Klänge weit hinaus schallten. Eigentlich jodeln die nur 5mal am Tag, doch jede zu unterschiedlichen Zeiten, was die gefühlte Ganztagesbeschallung zur Folge hatte. Und eben auch zu unglaublichen Nachtzeiten. Das frühste was mir zu Ohren kam, war 3:30Uhr und abends geht’s dann so bis um 22Uhr. Aber ja, ansonsten ist wohl die Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft neben der Kultur auch dem muslimischen Glauben zu verdanken, womit ich nämlich über diesen auch gar nicht schlecht urteilen möchte.

Und hier noch ein kurz und knackiges Resümee, da es voraussichtlich für die nächste Zeit mein letzter Eintrag bleiben wird.

Meine Reise begann in den buddhistischen Zentren. Das Ziel des Buddhismus ist es Glück zu erlangen und etwas was sicherlich jeder in seinen Leben bewusst oder unbewusst irgendwie und irgendwann mal sucht. Wenn ich etwas zurückblicke, hatte ich während der Zeit unterwegs eine Art Reise mehr in mein Inneres und eine Reise mehr im Äußeren. Die Innere Reise war die während des buddhistischen Zentrums, wo ich einfach lang an einem Ort blieb, weniger unternahm und mehr zur Ruhe kam. Und ich muss sagen, dass ich im Rückblick, trotz meiner elendigen Umtriebigkeit, diese Zeit am meisten genoss. Ich habe dort vergleichend mehr zur Ruhe gefunden, gab mir mehr Zeit zum reflektieren und ich war plötzlich achtsamer. Also was ich vielleicht neben vielen schönen Begegnungen ebenfalls von der Zeit unterwegs mitnehme, ist es einfach im Alltag versuchen mal etwas zurückzuschalten, Dinge mehr wirken zu lassen um vor allem die Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens mehr schätzen zu können. Zudem erwecken die schönen Bilder häufig den Eindruck, dass alles wunderschön sein muss. Aber ich kann ganz klar sagen, dass die Schönheit nicht nur durch den Anblick, sondern durch die innere Einstellung und eben seinen gedanklichen und emotionalen Strukturen entsteht. Und so brauch man in meinen Augen eben die Schönheit und das Glück weniger in der Ferne oder im Außen suchen, sondern kann es überall dort finden wo man sich aktuell aufhält.

Ich bin sehr dankbar, dass ich als Europäer die finanzielle, politische und auch zeitliche Möglichkeit hatte etwas unterwegs zu sein, doch wenn ich ehrlich bin freue ich mich auf nichts mehr wieder mit vertrauten Menschen, Familie, Freunden und Umgebungen in Kontakt zu kommen, da sich diese einfach nachhaltiger und tiefer anfühlen!

Vielen Dank fürs Lesen und die netten Feedbacks, welche mich dann doch trotz einer mit der Zeit entstanden reduzierten Motivation immer wieder anspornten weiterhin ein paar Eindrücke hier zu teilen. Ich kann es kaum erwarten Euch bald alle wieder zusehen=).

Antworten (1)

Sabrina Alicia
Danke für das Teilen deiner Erlebnisse. Es war immer wieder so schön einzutauchen in deine Unterwasserwelt und deine Inseln 🌴 Die Freude wieder mehr im näheren Kontakt zu sein kann ich nur teilen. Schön dass du wieder da bist und ich bin dankbar dich bereits schon gesund wieder in die Arme geschlossen zu haben 🙏🏽

Indonesien
Reiseberichte Indonesien