Alaska & Yukon im Herbst: 6000km mit Grizzlies, Goldgräbern und Polarlicht
Alaska & Yukon im Herbst: 6000km mit Grizzlies, Goldgräbern und Polarlicht
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Über den Top of the World Highway in den Yukon

Veröffentlicht: 14.08.2019

08.09.2014

Ich habe noch um 4 Uhr in Socken und bei sternenklarer Nacht und Frosttemperaturen in Tok einen zweiten Nordlicht-Entdeckungs-Versuch auf dem Balkon unseres Quartiers gestartet – erneut ohne Erfolg.

Um 7.30h stehe ich auf, hole mir unten einen Kaffee und finde ein Joghurt im Kühlschrank. Als wir gepackt haben, müssen wir noch das Auto ein wenig freikratzen. Lt. Wetterbericht haben wir -3°C. Handschuhe und Schal sind jetzt Programm.



Wir fahren zum Beaver Fever Café, wo unsere Wirtin arbeitet und kriegen anstelle eines selbstgemachten Frühstücks im B&B ein Breakfast Sandwich der üblichen Machart: Irgendeine Brotsorte mit Rührei, Speck und Käse. Punkt. Dazu nen Kaffee, das war’s. Als „full breakfast“ in einem B&B habe ich da schon deutlich bessere Sachen bekommen und finde das auch ziemlich schäbig.

Autowasch"anlage" in Tok/Alaska

Ich befülle unseren Scheibenwaschtank mit Wasser und Scheibenreiniger. Vor dem Frühstück haben wir schon getankt für $4,21/Gallone und konnten das Auto kostenfrei waschen. Dazu fuhr man auf dem Gelände der Tankstelle einfach an eine freie Stelle, wo ein Wasserschlauch hing und konnte damit das Auto abspritzen. Also nix Schaum, Shampoo geschweige denn Waschanlage. Einfach klares Wasser aus dem Gartenschlauch. Der angetrocknete Matsch geht damit aber nicht ab. Oder nur oberflächlich. Sobald das trocknet ist der Dreck wieder zu sehen.


Um 10.45h fahren wir bei sich steigerndem strahlenden Sonnenschein nach Osten auf den Alaska Highway und verpassen die fast gar nicht beschilderten Abzweigung auf den Taylor Highway Richtung Chicken und Dawson. Nach 5 Meilen kommt uns das seltsam vor, wir drehen um und biegen dann richtig ab. 


Die Straße ist asphaltiert, aber der Zustand ist nicht wirklich gut. Mit maximal 50mph holpern wir Richtung Chicken, dem einzigen Ort vor der Grenze nach Kanada. Rund 70 Meilen (110km) fahren wir bis Chicken und haben einige recht gut fahrbare Schotterstrecken und auch schlecht fahrbare asphaltierte Strecken hinter uns. Chicken rühmt sich sensationeller Gebäude und interessanter historischer Sehenswürdigkeiten, ist aber eine Ansammlung von etwa 4 Häusern, einer Tankstelle mit sündteurem Sprit sowie einem Souvenirladen. Alles auf einer staubigen Fläche neben einem Flüsschen gebaut. Zu unserem Entsetzen steht vor dem Souvenirshop ein Bus von Polster & Pohl und wir wissen, dass in dem Laden nun halb Sachsen einkauft. 

Chicken - ein Traum von Nichts

Chicken - das Shopping-Erlebnis

Kurz vor Chicken

So fahren wir weiter und nun beginnt eine echt miese Strecke ohne Asphalt und mit tiefen Schlaglöchern, so dass wir oft im Zick-Zack-Kurs navigieren. Auf rutschigen Ölbelägen, insbesondere dort, wo viele Löcher sind, fährt es sich wie auf Aquaplaning und die Lenkung gehorcht Bruchteile von Sekunden nicht. Glücklicherweise ist wirklich wenig Verkehr und die in Reiseführern erwähnten LKWs, die viele Steine verschleudern, bleiben praktisch gänzlich aus. 

Wenn nicht die traumhafte Aussicht auf die links liegenden Berge und die uns auf allen Seiten umgebende Landschaft mit himbeerfarbenen Hängen der herbstlich verfärbten fireweeds, grünen Tannen, gelben Birken und Espen vor einem knallblauen Himmel, wäre, wäre die Fahrt deutlich ätzender. Wir hatten in der Vorbereitung der Reise intensiv darüber nachgedacht, was wir tun, wenn das Wetter die Passage des Top of the World-Highways verhindern würde und freuen uns umso mehr, dass wir bei perfektem Wetter diese Strecke befahren können.

Top of the World Highway


Rund 9 Meilen vor der Grenze bei Boundary, endet der miese Straßenabschnitt und wir fahren auf einer brandneu asphaltierten Straße. Die Temperatur hier oben hat sich bei 44-47°F (6-8°C) eingependelt. Die Fahrt bis zur Grenze ist eine Wohltat für Ohren und Muskeln, da hier keine unerwarteten Bodenwellen und Löcher mehr zu erwarten sind, die mich bisher dazu veranlasst haben, das Lenkrad konstant extrem festzuhalten.

Grenzüberganz nach Kanada - der Yukon ist nah!

Die Grenze liegt auf einer Kuppe und mit der Einreise nach Kanada, in den Yukon, haben wir nun eine Stunde Zeit „verloren“ und sind nun statt 10 Stunden nur noch 9 von Deutschland entfernt. So ist es jetzt schon 16.30h. Der kanadische Grenzer ist muffig, befragt uns nach Waffen, Pfefferspray und Tränengas, will wissen wohin wir heute fahren, wie lange wir in Kanada bleiben und ob wir Handelsware dabei haben. Keine Frage nach Lebensmitteln, die wir vorher eh schon artig vertilgt hatten.



Die Strecke bleibt wunderschön mit rot glühenden Berghängen, weiten Waldern, bunten Birken. In der Ferne Schneegipfel und von oben Sonne. Die Straße ist hier wiederum nicht mehr asphaltiert, aber gut mit bis zu 80 km/h zu befahren. Wenn ein Auto vor einem fährt, kann man an dessen Fahrweise schon etwaige Bodenwellen frühzeitig erkennen. Zwischen Tok, unserem Abfahrtsort heute morgen und Dawson, unserem Tagesziel heute Abend, gab es – außer in Chicken – weder einen Laden, noch einen Kaffee, noch ein Klo. Die unbeobachtete Flucht in den Busch ist hier aber kein Problem, da es kaum Autos gibt.


Eine Stunde später stehen wir am Ufer des breiten, schnell dahinfließenden Yukon River. Gegenüber liegt Dawson in der Abendsonne. Eine kostenlose Fähre bringt uns auf die andere Seite. 

Fähre über den Yukon River bei Dawson

Von der Fähre gleich auf den "Strand" :-)

Die Straßen in Dawson sind alles Sandpisten und die Häuser und Läden liegen an Holzsteigen, die mit kleinen Treppen vom Straßenniveau zu erreichen sind. Es ist gut, dass es jetzt trocken ist. Bei Regen dürfte das hier extrem matschig sein. Das Visitor Center hat hier von 8 bis 20.00h offen. Ein netter Kanadier mit leidlichen Deutschkenntnissen versorgt uns mit Infos.

Dawson

Dawson



Das Westmark Inn in Dawson ist ein Hotel mit mehreren Gebäuden, die wie eine kleine Westernstadt aussehen. Bunt gestrichene Holzhäuser entlang einer staubigen Straße. 

Wir laufen etwas durch den Ort. Kleine, nett unter Farbe stehende Holzhäuser aus der Zeit des Goldrauschs 1899/1900 mit – jetzt geschlossenen – Geschäften. Manche sind auch schon wieder „closed for the season“, andere einfach für den Feierabend geschlossen. Man hat ein eindrückliches Beispiel stehen lassen, was mit den alten Holzhäusern passiert, die vor über 100 Jahren auf dem sich verändernden Permafrostboden stehen. Sie sinken in die Erde und stehen irgendwann ganz schief.



Gegenüber von unserem Hotel ist das Aurora Inn, das ein gemütliches Restaurant hat. Hackbraten mit Kartoffelpuree! Was für ein Leckerbissen! Die Bedienung ist aus Sachsen, der Restaurantbesitzer ein Schweizer. Ende Oktober machen die hier auch ihre Pforten zu, das Hotel aber schließt schon Ende September. Im Hotel bestellen wir einen Wake-up-Call für den Fall, das Nordlicht auftaucht. Der Anruf bleibt aus.

Tagesstrecke: ca. 190 Meilen/306 km

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Kanada
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