Veröffentlicht: 01.09.2024
27.7.2024
Der erste Blick aus dem Fenster zeigt: es ist sonnig! Die Wettervorhersage sagt allerdings Regen voraus, aber vielleicht haben wir ja wieder Glück!!!
Sohnemann und Gatte spielen nach noch eine Runde Hufeisenwerfen im strahlenden Sonnenschein, dann verlassen wir den Campground.
Um uns herum sind schon viele Camper weg - Frühaufsteher 🤷🏻♀️
Heute wollen wir nach Stewart/Hyder fahren. Highlight soll neben der Bären Viewing Plattform der Salmon Glacier werden. Wochenlang habe ich mich durch Foren, Facebookgruppen und das Internet gekämpft, um herauszufinden, ob die Strecke mit einem 24ft Wohnmobil zu befahren ist. Am Ende war ich nicht schlauer als vorher, da die Antworten bei 50/50 für ein Pro/Kontra zur Straße lagen..
Es gab Urlauber, die sind mit einem 28ft WoMo hochgefahren, andere haben sich nicht mit dem Truck Camper getraut.
Ich gehöre eher zur Sorte "Schisshase", daher sprang mir irgendwann das Angebot eines (leider sehr teuren) Shuttlebusses ins Auge.
Dieser fährt scheinbar täglich um 13 Uhr ab dem Visitor Center zum Salmon Glacier. Hm... Ok, kann man mal im Hinterkopf behalten.
~ Please note the departure time has changed from 2pm to 1pm daily. ~
Join the Whitecap to Icecap Adventures tour bus for a round trip up to see Salmon Glacier. Daily departures at 1pm by the Visitor Centre. $100 per person (17 years old or under - FREE!). Wheelchair accessible. Availability on first come first serve basis.
Wir werden auf jeden Fall am Visitor Center stoppen und uns beraten lassen.
Problem ist einzig und allein die Wettervorhersage. Diese sagt heute und morgen Regen voraus. Mist!
Letzte mögliche Alternative wäre der Montag, da haben wir keinen festen Campground buchen können - wären also flexibel - aber wir wissen es zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Eine Entscheidung steht jedenfalls: wir werden den 80 km langen Umweg nach Hazelton NICHT fahren und stattdessen direkt Richtung Stewart/Hyder fahren.
Unterwegs wollen wir bei den Gitanyow Totem Poles and Kitwankul National Historic Site halten.
Natürlich verpassen wir prompt die Ausfahrt. Egal, laut google maps gibt es noch eine Ausfahrt (vertraue nie google maps!).
Wir biegen in die nächste Ausfahrt nach links ab und wollen die 3 km lange Strecke einfach auf der anderen Straße "zurück fahren". Leider befinden wir uns nach wenigen Metern auf einer Gravel Road. Hm... sind ja nur knapp 3 km. Wird schon gehen.
Tut es auch - bis leider kurz vor dem Ziel eine nicht vertrauenswürdige Holzbrücke kommt 🙈
Mist! Also in ca 15 Zügen wenden (nicht viel Platz auf der schmalen Waldstraße) und zurück.
Beim zweiten Anlauf finden wir die beeindruckenden Totem Poles.
Leider ist auch hier das "Drumherum" eher etwas gruselig. Überall vermüllte und verlotterte Vorgärten und kaum ein Mensch weit und breit zu sehen. Hat was von Geisterort hier. Zusammen mit den teils gruseligen Totem Pole Fratzen schon gruselig.
Wir fahren weiter Richtung Norden auf dem Stuart Cassiar Highway. Die Wolken nehmen zu, der angesagte Regen bleibt aber noch aus.
Immer wieder sehen wir am Straßenrand Warnschilder für Bären und anderes "Wildlife". Leider sehen wir (nach wie vor) rein gar nichts.
Je näher wir Stewart kommen, desto wolkiger wird es. Wir beschließen, am Aussichtspunkt des Bear Glacier zu stoppen und eine Mittagspause zu machen.
Der Bear Glacier zeigt sich knapp unter der Wolkendecke. Vor ein paar Jahren ragte er noch unten in den See. Jetzt hat er sich sehr weit zurückgezogen und das Schmelzwasser des Gletschers rinnt in Form von mehreren Wasserfällen und Bächen unten in den See.
Wir kochen Nudeln zu Mittag und überlegen, wie wir den Tag heute noch planen wollen. Es ist jetzt 12:30. Den Shuttlebus zum Gletscher würden wir sowieso nicht mehr bekommen, daher beschließen wir, zuerst zum Campground zu fahren und dort einzuchecken und dann das Visitor Center von Stewart zu besuchen.
Wir fahren zum Rainey Creek CG, wo ich für heute eine Site reserviert habe. An der Rezeption sitzt niemand, es gibt nur den Hinweis, dass man zum Einchecken eine Handynummer anrufen soll. Wir haben aber keine Telefonkarte - nur eine "Daten-Simkarte". Hm, es gibt auch einen Hinweis für den Late Check-in. Ich laufe gegenüber zur Infotafel, wo bereits unsere Site als "reserviert" am Plan gekennzeichnet ist. Ok, dann kommen wir später wieder.
Weiter geht es zum Visitor Center (kostenfreies WLAN!).
Wir erkundigen uns bei den 3 Damen (2 Damen so um die 20 J und eine rüstige Rentnerin, die hier das Sagen hat), wie man am besten zum Salmon Glacier kommt.
Die rüstige Rentnerin erklärt uns, dass große Wohnmobile nicht nach oben fahren sollen, schaut aus dem Fenster auf unseren "Adventurer", fragt nach der Länge und sagt:
"Oh, that´s a small one. No problem. Lots of cars and mobile homes drive up every day. Today, a lot of mobile homes have started. Drive slowly and it won't be a problem!"
Auch die beiden jüngeren Ladies bejahen, dass es kein Problem sei, mit unserem 24ft WoMo die Salmon Glacier Road zu befahren.
Mist - damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Der Gatte fühlt sich bestätigt, kein teures Geld für einen Shuttle bezahlen zu wollen (der übrigens hier mit keinem Wort erwähnt wird und wir auch nirgendwo Hinweisschilder sehen).
Wir bekommen auf Leihbasis die Salmon Glacier Auto Tour Karte, die ich aber auch schon aus Deutschland auf dem Tablet runtergeladen habe. Uns erwarten 37 km bis zum Salmon Glacier, davon 27 km Schotterpiste / Gravel Road. Das kann ja was werden...
Wir bekommen noch die Info, dass wir Tickets für die Bärenplattform in Hyder (Fish Creek Observation Deck) online bei recreation.gov kaufen müssen UND dass neben der Straße am Ende des Boardwalks von Stewart vor 10 Minuten eine Grizzlybärin mit Jungtieren gesichtet wurde!
Dann kanns ja losgehen! Hoffentlich sehen wir den Grizzly noch!
Wir fahren aus Stewart raus in Richtung Hyder und sehen kurz darauf schon mehrere parkende Autos vor und hinter der Brücke, gegenüber vom Boardwalk, parken. Aha, hier muss es sein.
Wir parken ebenfalls hinter der Brücke und laufen ein Stück zurück.
Sensationell! Im Schilfgras sitzt eine riesige Grizzlybärin mit 2 Jungtieren -- eins ist braun, das andere schwarz!
Wahnsinn!!! Wie cool ist das denn???
Unsere erste "richtige" Bärensichtung! Juhu!!!!
Die Bären fressen Schilfgras... wieder was gelernt. Haben wir noch nie gesehen bzw. überhaupt gewusst.
Ich hätte noch viel länger bleiben können, aber der Gatte drängelt! Es ist schon 15 Uhr und wir wollen ja noch hoch zum Salmon Glacier (und das wird wohl eine Weile dauern...).
Schweren Herzens trenne ich mich von der Bärin mit ihren beiden Jungtieren und wir fahren weiter.
Kurz darauf passieren wir Hyder/Alaska. Ein winziges kleines Örtchen (nennt sich selbst "friendliest Ghost Town in Alaska"). Bei Einreise in die USA gibt es hier keinerlei Grenzkontrollen oder Grenzposten, wohl aber bei der Rückfahrt nach Kanada. Lassen wir uns heute Abend mal überraschen.
Wir fahren durch Hyder , an der Bären Aussichtsplattform vorbei und schwupps - befinden wir uns auf der Gravel Salmon Glacier Road.
Der Blick auf die Handyuhr verwirrt mich allerdings. Das Navi sagt 15:30, mein Handy 14:30....!?
Ahhhhh, wir sind in Alaska - eine Stunde Zeitverschiebung!?
Im Schneckentempo kommen wir aber ganz gut voran, die Straße ist bei Weitem nicht so schlimm, wie befürchtet.
Als die Schlaglöcher sich häufen, wird die Sicht immer schlechter. Wir scheinen zunehmend in die Wolken zu fahren. Bisher sind wir gut voran gekommen.
Wir zögern kurz, ob wir ab der Gletscherzunge die letzten 8 km zur Viewpoint fahren sollen, da die Straße steiler wird und nicht zu erkennen ist, ob wir sie mit dem WoMo befahren können.
Wir stoppen einen entgegenkommenden VW Bus - Deutsche aus Gießen - die uns aber beruhigen uns sagen, die Straße sei kein Problem. Allerdings würde langsam Nebel aufziehen, wir sollten daher sofort bis um Viewpoint durchfahren.
Och nee...Nebel??? Ok, dann schnell weiter.
Im Schneckentemo umfahen wir die Schlaglöcher, von denen es ab jetzt tatsächlich einige gibt. Bisher war die Strecke wirklich harmlos.
Uns kommen einige Wohnmobile, Truck Camper und Autos entgegen, hinter uns fährt (komischerweise) niemand mehr nach oben.
Die Autos, die bis eben hinter uns waren, haben am Viewpoint der Gletscherzunge gewendet. Hm....
Etwa 2 m vor dem Viewpoint sehen wir tatsächlich kaum noch etwas. Weder in der Ferne, noch vor uns auf der Straße.
Es kommt daher, wie es kommen musste.... per google maps dirigiere ich uns auf den Parkplatz am Salmon Glacier Summit Viewpoint, denn: man sieht ihn nicht!
...und DAS ist die Realität heute: 😭
Wie man sieht - sieht man NICHTS!
Wir können nur erraten, wo sich der Gletscher befindet.
Frust! Ok, jetzt haben wir tatsächlich das erste Mal "Wetterpech". Wir parken den Camper mit Blick auf die Bank und warten. Es stehen noch eine Handvoll andere Autos und Minibusse hier oben.
Draußen treiben übrigens Mücken ihr Unwesen! Zum ersten Mal in diesem Urlaub, dass wir auf Stechmücken treffen.
Nach einer Kaffeepause mit Muffins, hat sich die Aussicht leider nicht verbessert. Im Gegenteil es beginnt zu regnen 😱
Theoretisch könnten wir hier oben übernachten - auf einem der coolsten Boondocking Plätze überhaupt! Die Aussicht, hier oben zu übernachten ist verlockend und wir überlegen ganz kurz, ob wir das machen sollen...
Aber nein, die Vernunft siegt. Wäre für morgen schönes Wetter vorhergesagt, wären wir hier geblieben, aber morgen soll das Wetter deutlich schlechter werden als heute. Mist....
Also keine Chance mehr, den Salmon Glacier zu sehen. Schade...
Wir schleichen die nächsten 3 km in weniger als Schneckentempo die Straße hinunter. Durch Nebel und Regen sehen wir die Schlaglöcher jetzt so gut wie gar nicht mehr. Zum Glück sind wir alleine unterwegs und können großzügig um die Schlaglöcher herumfahren.
Zurück am Viewpoint der Gletscherzunge (8km) sind wir wieder unterhalb der Wolkendecke.
Naja uns erwarten ja noch die Bären auf dem Fisk Creek Observation Deck. Das tröstet etwas über die nicht vorhandene Sicht auf den Gletscher.
Wir brauchen eine knappe Stunde von der Gletscherzunge bis nach unten zur Bärenplattform, die wir um 18:30 erreichen.
Alles in Allem waren wir 4 Stunden auf der Salmon Glacier Road unterwegs.
Am Parkplatz der Plattform angekommen, treffen wir auf eine wahre Raupeninvasion! Hier krabbeln und kriechen Hunderte lustig aussehende Raupen mit Püscheln auf dem Rücken herum (Raupe des Schlehen-Bürstenspinners). Ehe wir uns versehen, haben wir die Biester auch auf der Kapuze, Jacke und sogar an den Schuhen herumkrabbeln 😯
Die beiden Parkplätze werden von einem Boardwalk entlang des Bachs verbunden. Hier läuft ein Ranger auf dem Boardwalk herum und gibt Infos und Tipps zum Bearwatching. Er fragt uns, ob wir aus Stewart kommen und auch die Bärin mit den zweifarbigen Cubs gesehen hätten. Er hätte es heute mehrfach von Touristen erzählt bekommen, hat die besagte Bärin selbst aber bisher nicht gesehen.
Auf die Frage, wie viele Bären heute schon hier gewesen wäre, sagt er:
"One - around 1 pm".
Oh.... einer nur? Und dann auch noch zur untypischen Zeit mittags? Eigentlich heißt es, die Bärensichtungen sind von 6-10 Uhr morgens und 18-22 Uhr abends am besten.
Naja, wir passen ja nun in das zweite Zeitfenster!
Aufgeregt laufen wir zur Plattform. Davor werden am Infohäuschen unsere Online Tickets kontrolliert und wir bekommen ein Ticket für die nächsten 3 Tage ausgedruckt. Ob man hier tatsächlich keine Tickts kaufen kann, weiß ich nicht....
Auf der Plattform ist viel los. Vor allem die Vielzahl an Fotografen mit professionellen "Megaobjektiven" lässt mich vor Ehrfurcht erzittern. Boa, was für Geräte!! Da komme ich mit mit meiner "kleinen Spiegelreflex und Standardzoom" ja doch sehr klein vor...
Naja, aber was bringt einem der tollste Megazoom, wenn es nichts zum "heranzoomen" gibt??? 🤨
Wir laufen 4 Stunden auf der Plattform herum - wir sehen Hunderte Raupen verschiedener Sorten, Lachse, die sich den Bach hinauf kämpfen und im pittoresken Teich herum schwimmen.
Suchbild: wo ist der Lachs?
Enten und Reiher sind ebenfalls unterwegs.
Außerdem - unser Highlight auf der Plattform - Biber! Wir zähen 4 ausgewachsene Biber und ein Jungtier, die uns die nächsten Stunden eine großartige Show liefern. Vom Dammbau über Entenjagen, sich putzen, schwimmen und tauchen. Die sind wirklich knuffig!
Aber: KEIN BÄR!!!
Wir profitieren vom späten Sonnenuntergang - um 21:30 ist es noch ziemlich hell - und versuchen unser Glück , einen Bären zu sehen, bis kurz vor Schließung der Plattform um 22 Uhr. Es ist mittlerweile wirklich frisch geworden und ich bin zum ersten Mal froh, eine dicke Fleecejacke UND eine Allwetterjacke zu tragen (und ich beneide den Gatten - er hat Handschuhe an....😂). Aber hey, so tief sinke ich nicht: es ist Sommerurlaub! 😜
Satz mit "X" -- das war wohl nix.
Naja, wenigstens Biber gesehen.....
Am Grenzposten in Hyder müssen wir stoppen, unser Nummernschild wird notiert und wir werden gefragt, ob wir Alkohol oder Cannabis dabei haben.
Unsere halbe Flasche Whisky ist unproblematisch, Cannabis haben wir nicht. Schnell noch die Pässe kontrollieren und zurück nach Kanada.
Und schwupps - die Handyuhr springt im Campground-Wlan wieder vor auf 23:30.
Unsere Site 27 müssen wir nun im Dunkeln suchen. Mit Hilfe der Handylampe kann ich den Gatten rückwärts einweisen und dann gehts zügig ins Bett. War ja wieder ein langer Tag heute.
Wettervorhersage für morgen: 100% Regen...🙈🌧️
Für die Statistik:
Campground: Rainey Creek Campground
37 CAD (~25 €); Site 27
Gefahren: 310 km
Gelaufen: 5 km
Fotos: 500
Wetter: bewölkt 13-15 Grad (Salmon Glacier: Nebel & Regen)