Neuseeland: 8000km solo durch das schönste Ende der Welt
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Tag 15 - Forgotten World Highway

Veröffentlicht: 08.08.2019

29.12.2014

Ich genieße mein getoastetes English Muffin mit Camembert und mache mir das Gleiche als Wegzehrung. Das halbe Joghurt kommt auch mit und der O-Saft ebenso. Ich mache mir einen dieser netten Kaffees aus der kleinen Bodumkanne und komme um 10.00h los. Noch Tanken, Scheiben putzen und kurz vor halb elf fahre ich auf den 155km langen Forgotten World Highway. Das erste Schild besagt, dass es für 150km keine Tankstelle geben wird. Die Straße ist kurvig und verläuft durch wunderschöne Neuseeland-Landschaften. Einige Pässe überquert man und wenn nicht vereinzelt mal ein kleines Haus zu sehen wäre, könnte man meinen, allein auf der Welt zu sein - wenn nicht die vielen Schafe wären, die die ewig grünen Hügel mit weißen Tupfen verzieren. Die haben hier unendlich viel Platz in den vielen Hügeln und Tälern, die sich hier in den letzten 15-25 Millionen Jahren gebildet haben. 





Diese Straße folgt alten Handelsrouten der Maori ebenso wie Wegen, die mutige Pioniere zu ihren abgelegenen Farmen angelegt haben - durch unzähmbaren Busch und durch atemberaubende Landschaften. Die Straße verläuft zwischen meinem letzten Übernachtungsort Taumarunui und endet südwestlich in Stratford.

Es gibt hier an der Straße und an kleinen, meist nicht asphaltierten Nebenstraßen und einigen Busch-Wanderwegen ein paar Relikte aus alter Gründerzeit zu sehen, wenngleich nicht alles lohnt. Ich genieße mehrfach die Aussicht auf die sanften Hügel, passiere dann wieder Busch und weiche mehr als einmal auf der Straße liegenden Felsbrocken aus, die aus den Steilwänden gewaschen sind, die sich zeitweise neben mir auftun. Dabei ist die Fahrt an der Wand-Seite deutlich blöder, da die Fahrspurbreite hier oft so eingeengt ist, dass ich manches Mal vor besonders engen und absolut nicht einsehbaren Kurven, lieber mal hupe, weil ich auf die Gegenseite ausweichen muß und keinen Zusammenstoß riskieren will. 


Ich schenke mir die meisten ¨Sehenswürdigkeiten¨, die nicht direkt an der Straße liegen, da deren Details nicht klar in meinen Unterlagen beschrieben ist. Dafür 10-15km Schotterpistet zu fahren, ist kein Vergnügen, zumal ohnehin 12 Kilometer des Forgotten World Highway Schotterstraße sind.

Kleine Stopps in der Sonne, die es heute gut meint, mit vermutlich doch immer den selben Impressionen - aber es ist wirklich wie im Auenland. Ich komme bis auf 600 m hoch und die Aussicht fällt entsprechend weit ins Central North Island. Kurz darauf beginnt die 12-Kilometer-Schotterstrecke durch die Tangarakau Gorge. Diese Schlucht ist ziemlich hoch und von wild wucherndem Podocarp Busch bewachsen, während für mich unsichtbar tief unten irgendwo der Fluß verläuft. Die Piste ist gut zu befahren, aber auch hier ist die linke Seite am Hang die, die oft auf die Hälfte verschmältert ist, weil irgendwelche Gesteinsbrocken vom Hang gerutscht sind.

Die Grabstätte von Joshua Morgan, der hier während der Bauarbeiten der Straße und Brücken durch diese Wildnis gestorben ist, liegt unweit der Straße. Er hat eine Krankheit bekommen, man holte zwar Medizin, aber es wurde nicht besser und 1893 ist er hier im Busch im Alter von nur 35 Jahren als Leiter dieses Bautrupps gestorben. Seine Frau, die 50 Jahre später starb, hat sich auf eigenen Wunsch hier neben ihm bestatten lassen.




Der einspurige Moki-Tunnel ist für die wenigen Touristen, die hier unterwegs sind, ein nettes Fotomotiv. Wer hier Vorfahrt hat, regelt sich irgendwie von selbst. 1936 wurde er hier in einen Berg gehauen und die Wände sind bis heute unbearbeiter roher Fels, in dem man Fossilien riesiger Krabben gefunden hat.


Ich fahre kurz darauf ab in Richtung einer Ghost Town namens Tangarakau, die ehemals mal 1.200 Einwohner gehabt haben soll. Nochmal 6,5 km Sandpiste, die so schmal ist, dass sie deutlich nur zwei Reifenspuren aufweist und doch mit Gegenverkehr zu rechnen ist - sofern hier noch mehr Touristen abgefahren sind. Ein paar Ziegen springen quer über den Sandweg und ein mini kleiner Hase - ansonsten bin ich umgeben von Schafen und Rindern und einigen Bienenkörben in grünen Wiesen. Am Ende der recht gut fahrbaren Strecke stehen 2 Häuser, die von irgendwelchen seltsamen Gestalten bewohnt werden und ich drehe um, ohne auszusteigen, da ich deren Gastfreundschaft nicht wirklich einschätzen kann. Also wieder zurück und dann auf den Highway der wieder asphaltiert ist. Nach etlichen Kurven erreiche ich Whangamomona, das einzige Dorf, das tatsächlich sowas wie Leben aufweist. 40 Einwohner zählt dieser Ort, dessen kulturelles Zentrum das Whangamomona Hotel ist, das gleichzeitig Restaurant und Kneipe ist. 



Draußen sitzen ein paar Touristen - denn viele Leute befahren diese Route nicht. Sie ist kurvenreich und man braucht rund 3 Stunden reine Fahrtzeit für die 155km (ohne Stopps). Sehr witzig in diesem Ort ist, dass die Bewohner 1989 aus Protest gegen eine Gebietsreform die ¨Freie Republik Whanamomona¨ ausgerufen haben. Man hat hier eigene Pässe und Einreisestempel, die Touristen für ein paar Dollar erwerben können und alle zwei Jahre feiert man im Januar den Republic Day. Das Schild hängt schon am Zaun. An dem Tag gibt es allerei Blödel-Aktionen und für Nicht-Einheimische besteht Visumpflicht. Wer dann an Veranstaltungen wie Kuhfladen-Weitwurf teilnehmen will, ist herzlich willkommen.

Ich mache von den paar ganz netten alten Häusern (erneut schlecht gepflegt) ein paar Fotos und fahre weiter. Das Thermometer ist jetzt bei 26 Grad! Aber die Freude über das Wetter währt nicht lange. Je höher ich jetzt auf der Straße zum Tahore Saddle komme, desto schwärzer wird der Himmel, die Temperatur sinkt rapide und dann bricht ein solches Unwetter über mich herein, dass ich links ranfahre und ne halbe Stunde warte, da die kurvigen Straßen bei diesen Wassermassen zu echten Rutschbahnen werden. 


Danach hört der Regen nicht auf und ich fahre mit 35-40km/h weiter. So hüllt sich auch mein eigentliches Highlight des Tages, der Mount Taranaki in dichte Wolken, als ich Stratfort erreiche und ihn eigentlich linker Hand sehen können müßte. Also fahre ich weiter, auch, weil Stratford nicht ansatzweise den Charme der britischen Namensschwester hat, sondern erneut eines dieser häßlichen Straßendörfer ist, die Neuseeland leider überall hat. Leerstehende Läden, runtergekommene Buden, ein paar Läden und Wohngebiete und schwupp - ist man durch.

Eine knappe halbe Stunde später erreiche ich in New Plymouth die Westküste und fahre zunächst in die Touristeninfo, die sogar noch offen hat. 

New Plymouth


Es ist 16.30h und ich habe doch einiges länger auf der Strecke gebraucht, als gedacht. So richtig hilfreich ist die Info hier auch nicht, was die Sicht auf den Gipfel des Mount Taranaki angeht. Ich suche mir also erstmal ein Motel und entscheide, jetzt doch nur eine Nacht hier zu bleiben. Das Coronation Court Motel ist mit 99 Dollar das billigste, was ich finde, und das Zimmer ist groß.

Mount Taranaki


Ich fahre auf der Suche nach einem guten Aussichtspunkt etwas rum, finde die Stadt New Plymouth erstaunlich nett. Einige Restaurants, manche eher Take-aways und etliche geschlossene Cafés kann man ausmachen. Dafür, dass es Montag gegen 17.00h ist, ist das erneut verwunderlich. Aber die gesamte Innenstadt ist ziemlich ausgestorben, weil schon wieder alle Läden geschlossen haben, bis auf zwei große Supermärkte an einer der Ausfallstraßen.

Ich finde einen kleinen Hügel und bin begeistert, dass ausgerechnet jetzt, der Himmel über dem Gipfel des Mount Taranaki aufklart und ich wirklich einen tollen unverhangenen Blick auf diesen fast perfekt runden Vulkan erhalte, der als einer der schönsten Berge der Welt gilt.

Mount Taranaki


In der Maori Kultur, hat auch dieser Berg eine Geschichte. Denn eigentlich gehörte der Taranaki zu den anderen drei Vulkanen, die ich gestern umrundet habe. Unerhörterweise machte sich Taranaki dort aber an die Frau des mächtigen Tongariro heran und so kam es zu einer wüsten Auseinandersetzung mit Ausbrüchen und Zorn, an deren Ende Taranaki unterlag und in diese Ausbeulung im Westen des Landes fliehen mußte. Der Gipfel des 2.500 m hohen Vulkans ist mit Schnee bedeckt - jetzt im Sommer nicht so ausgeprägt. Die vielen Flüsse, die sich vom Gipfel an den Hängen herunter ergießen sind der Sage nach Tränen, die Taranaki um die verlorene Liebe vergießt.

Ich fahre hinunter an die Uferpromenade und genieße ein knappes Stündchen in richtig schöner Sonne, bis ich langsam aber Hunger kriege, auch wenn der Blick auf die Tasman Sea, den fast schwarzen Sand und die vielen moosbewachsenen Felsen in der Brandung wirklich schön ist.


Ich fahre zu Countdown, einem der beiden Supermärkte, der die etwas bessere Auswahl hat und decke mich mit Streichkäse ein und finde sogar etwas Schinken, den ich morgen auf meine kostbaren English Muffins kleben kann. Noch eines der 5-Dollar-Joghurts dazu und das Frühstück mindestens für morgen ist gesichert, ebenso wie ein Snack zwischendurch. Denn bei diesen Temperaturen kann ich ja ungekühlt außer Streichkäse nichts transportieren.

Im Hotel schreibe ich mein Tagebuch bis es schon wieder 22.00h ist. Morgen werde ich den Surf Highway befahren - um die Küste von Taranaki, wie auch dieser Bezirk heißt.

Tageskilometer: 224 km

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