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Etappe 82: Von Yerevan nach Teheran

Veröffentlicht: 28.03.2022

Über Nacht hatte es offensichtlich wieder heftig geschneit, sodass ich kaum Hoffnung hatte, jemals in den Iran zu kommen. Auch nach mehreren Anrufen beim Busunternehmen war ich nicht klüger. Entweder verstand man kein Englisch oder sagte mir, ich solle es in 10 Minuten nochmal probieren und dass der Bus wahrscheinlich nicht fahre. Beim vierten Anruf dann die Überraschung: der Bus fährt gleich los und ich soll so schnell wie möglich zur Haltestelle kommen! Also schnell alles aufs Rad laden und die rutschigen 5 Kilometer durch den Schnee brettern. Tatsächlich stand dort schon der Bus mit ein paar neugierigen Iranern, die sich um mein Fahrrad versammelten. Für 50% Aufpreis für mein Fahrrad inkl. Gepäck wurde alles verladen und dann setzte sich der Bus schon in Bewegung. Nach ca. 50 Kilometern verschwand zunächst der Schnee, und die Straße war frei. Das sollte sich aber spätestens am frühen Abend wieder schnell ändern. Wir steckten in einer endlos langen Schlange von LKW fest. Es tat sich nichts, der Pass war wie vor ein paar Tagen durch die Polizei gesperrt. Ich wusste, dass damals der gleiche Bus wieder umdrehen musste, darauf hatte nun wirklich niemand Lust. Als es bereits dunkel war, diskutierten Busfahrer und einige Passagiere heftig mit überforderten Beamten. Mir wurde erklärt, dass wir tatsächlich umdrehen sollen, einige Busse haben das auch getan. Unsere Fahrer waren aber scheinbar besonders hartnäckig und wir durften im Bus übernachten. Immerhin besser als wieder umzudrehen! So kam ich dann auch mit ein paar Iranern ins Gespräch, es saßen ja alle im selben Bus. Vor allem Arian, Pooyan und "IT-man" (so haben ihn alle wegen seines Berufs genannt) hatten Lust, sich mit mir zu unterhalten.

Bei Sonnenaufgang fuhr unser Bus langsam aber sicher weiter, jedoch mit Unterbrechungen, wenn wieder ein LKW in einer Kurve feststeckte. Mitten durchs malerische Gebirge kamen wir der Grenze zum Iran immer näher. Bei der ersten Passkontrolle musste ich als Einziger aussteigen, wahrscheinlich weil der Beamte nichts mit meinem Pass anfangen konnte. Später musste alles aus dem Bus ausgeladen werden, über die Grenze ging es zu Fuß bzw. Mit dem Rad. Auf der armenischen Seite musste ich sogar nochmal mein Rad zerlegen, damit alles durch den Scanner passt (auch das Rad sollte gescannt werden!). Auf iranischer Seite lief es dagegen wesentlich entspannter, natürlich wollte niemand meinen PCR-Test sehen. Die Kontrolle des Busses dauerte dafür mehr als zwei Stunden, genug Zeit um mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen und die ersten Einladungen zu erhalten. Auch Arian und seine Freunde ließen es sich nicht nehmen, mich abends während einer Pause zum Abendessen in der Nähe von Tabriz einzuladen. Es gab Ghormeh Sabzi, einen Kräutereintopf mit Spinat und Lammfleisch. 

Nachdem wir auch die zweite Nacht im Bus schliefen, kamen wir kurz vor der Dämmerung am Azadi-Busterminal im Westen Teherans an. Nach der Radmontage ging es ohne Sim-Karte die 10 Kilometer Richtung Hostel, für das ich wegen der Verzögerung natürlich keine Reservierung hatte. Im Innenhof fielen mir direkt drei weitere Reiseräder auf, ich war also in guter Gesellschaft. Beim Frühstück traf ich auf Gabriel, der mit Unterbrechungen schon über ein Jahr lang mit seinem Tandem unterwegs ist. Praktisch, so kann er Backpacker oder Besuch aus der Heimat mitnehmen und ist trotzdem auch alleine mobil! Am ersten Tag war ich teils alleine, teils mit Gabriel in der Umgebung unterwegs. Eine Sim-Karte zu bekommen, stellte sich als schwieriger heraus als gedacht.

Am nächsten Morgen holte mich Arian mit seinem Auto vorm Hostel ab. Er ließ es sich nicht nehmen, mir ein paar schöne Ecken abseits des Zentrums zu zeigen. Wir fuhren am Milad-Turm vorbei Richtung Norden bis zur großen Saadabat-Palastanlage. Auf der riesigen Anlage kann man heute einige Museen besichtigen, besonders bekannt sind aber der weiße Palast und der grüne Palast mit seinem Spiegelsaal. Die Anlage gehörte früher der kadscharischen Königsfamilie und wurde vor allem von Reza Shah Anfang des 20. Jahrhunderts erweitert.

Auch unsere gemeinsamen Versuche, eine Sim-Karte zu bekommen, schlugen fehl. Von meiner Visa-Agentur kam sogar die Rückmeldung, es sei zur Zeit verboten, Sim-Karten an Touristen auszugeben (auch wenn Unternehmen "Tourist Sim-Cards" im Sortiment haben... ). Eine Mitarbeiterin von Irancell meinte, dass es prinzipiell zwar ginge, sie aber nur 3 von 5 Touristen in ihrem System finden, ich gehöre wohl nicht dazu. Und ich dachte, in Deutschland ist alles unnötig bürokratisch! 

Nachmittags gingen wir noch auf den großen Basar, der aber wegen der Nowruz-Ferien kaum besucht war. Man konnte sich trotzdem leicht in den zahlreichen Gassen verlaufen, auch Arian musste ständig nach dem Weg fragen. 

Am nächsten Morgen lernte ich zwei Schweizer Backpacker kennen, Gisele und Florian, die wie Gabriel und ich (und so ziemlich jeder Touri) von Teheran aus weiter Richtung Süden nach Isfahan reisen wollen. Flo hatte Erfolg beim Kauf einer Sim-Karte und auch schon einem anderen Touristen einfach noch eine gekauft. Dank ihm kam ich dann tatsächlich doch noch an meine Sim-Karte (die nach knapp zwei Wochen ihren Geist aufgab). Kurzerhand planen wir, uns am folgenden Abend zu viert zum gemeinsamen Camping südlich von Teheran zu verabreden. Ich war auch froh, mal wieder Gesellschaft auf dem Rad zu haben und Gabriel und ich hatten ziemlich ähnliche Vorstellungen von Streckenplanung, Geschwindigkeit und Radelpensum. 

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