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Etappe 3- Westschweden

Veröffentlicht: 13.08.2021

Unglaublich aber wahr. Es ist Dienstag,etwa 13 Uhr und Chris und Steffi rumpeln mit der Zimtschnecke aus Finkenstein. Hannes steht und winkt und fragt sich bestimmt,ob wir in den nächsten 10 Minuten doch wieder um die Ecke kommen. Auch wir können dem Frieden noch nicht so recht trauen. Gerade eben noch,beim Losfahren,hatte Hannes das Badfenster spontan in der Hand. Und Chris rief "Hier steht Wasser im Bad!" Ich hatte den Zündschlüssel wieder zurückgedreht und tief geatmet. Dann fatalistisches Lachen. Jaulen. Lachen. Kommt schon Männer,das ist nicht schlimm,oder? Chris lässt das Wasser ab,indem er die Kette vom Stöpsel zieht. Sie reißt und er hält sie in den Händen,lächelt Hannes,der draußen mit dem Fenstergriff steht, nur müde an: "Wir sind Härteres gewohnt." 

10 Minuten später also los. Bloß los. Wenn wir nicht weit kommen,waren wir immerhin mal unterwegs,weiter als bis Berlin.

Der Supergau bleibt jedoch aus,wir kommen trotz Baustellen zügig und punktgenau in Rostock an der Fähre an. Juhuuu!

 
Ich liebe diese Stimmung: lauter wartende Kombis,Camper und links die Laster. Leute steigen aus,telefonieren,schauen sich um. Alle in Urlaubs-oder Heimkehrstimmung,manch einer vielleicht nur auf der Durchreise. Aber Reise! Die Sonne scheint,der Himmel stahlblau,die riesigen Kräne am Horizont,im Vordergrund die überlebensgroße Fähre in deren Bauch wir gleich rollen. 

Auf der Fähre selbst ist es schön,so lange man an Deck steht. Es gab Zeiten,da mussten wir unter der Treppe kauern,um einen Platz draußen zu haben. Aber nicht so an diesem beliebigen Dienstag im August. Sessel stehen für uns bereit und wir schnabulieren die Reste der Abschiedspizza vom Vorabend,während wir zuschauen,wie die ScandicLine an Warnemünde und dem Hotel Neptun vorbeigleitet. Nur "Mein Schiff" neben uns ist größer. 

Unter Deck fühlt man sich nicht so frei. Familien spielen lauthals Karten,Gastarbeiter schlafen barbäuchig auf den Sesseln und Bänken und Spielautomaten klingeln. Meine Stimmung ist sofort im Keller,weil es nun regnet und wir drinnen ausharren müssen. Chris muntert mich auf und zeigt mir einen Tanker in der Ferne. Und eine Fähre die einen riesigen Schornstein zu haben scheint,was jedoch ein Segel für alternativen Windantrieb ist.

Als wir von der Fähre rollen,ist das Wetter wieder schön.
Wir halten diesmal also nicht in Kopenhagen,sondern fahren weiter und weiter. Nach Schweden über den Öresund. Wer "Die Brücke" gesehen hat,kann sich das Gefühl vorstellen und den Sound,der uns begleitet. Wir sind nicht zum ersten Mal hier,gerade deswegen wissen wir,wie besonders der Moment ist. Erst durch den schier endlos langen Tunnel unterm Meer,dann darüber,zwischen den stählernen Himmelspforten hindurch. Und dann: Unser Schweden. Wir sind wieder da!

Wir fliegen in unserer Zimtschnecke die Autobahn entlang,die sich anfühlt wie eine Landstraße. Jack Johnson singt für uns und recht schnell erreichen wir den ersten offiziellen Halt auf unserer Campingreise,den wir spontan via Park4night ausfindig gemacht haben: Ein kleiner Bootshafen in Barsebäkshamn. 

Die Sonne geht gerade hinter malerischen Wolken unter als wir glücklich und zufrieden mit hawaianischem Bier auf der Piermauer sitzen. Unser Blick liegt auf dem Öresund,Kopenhagens Skyline und der Brücke. Ein Frettchen hüpft vorbei,in der Ferne ein Tanker-was kann es Schöneres geben!?!

Am nächsten Morgen ist erstmal Sport angesagt. Denke ich mir..schlafe dann aber doch wieder ein.
Das nächstemal als ich wach werde ist es schon 10h und ich habe keine Lust mehr auf Laufen,sondern mag den Morgen genießen. Als ich vom Duschen komme hat Chris schon den Camper gefegt und läuft alleine los,während ich das Frühstück auf den Tisch stelle. Zeitung in der Hand und fertig. Perfekt. Unser friedlicher Morgen mit Müsli und Marmeladenbrot (selbstgemachte Marmelade von Leonard und Biobrot von Carola) wird nur von angriffslustigen Wespen gestört.

 
Um punkt 12h rollen wir vom Hof.
Wir tingeln die malerische Küste entlang,halten mal hier,mal da,immer wieder traumhafte Ausblicke aufs Meer und davor auf den Schären stehende kleine rote Holzhäuschen. Zwischendurch gehen wir einkaufen bzw. Chris und ich kann mich in der Zwischenzeit hinten im Bett etwas einkuscheln. Es ist herrlich sein gemütliches zu Hause immer dabei zu haben.

Chris bringt Schwedenkekse mit-Hafer und Schoko-die leckersten,die ich je gegessen habe!
Ich hole mir noch einen Capuccino und dann geht es weiter. Der Himmel ist blau,der Fahrtwind geht durchs Fenster,wir folgen nur intuitiv der Straße gen Norden. Bei Landskrona halten wir erneut und gehen spazieren am Wasser. Die Möven schreien,kleine Büdchen verkaufen frischen Fisch. Hierher kommt der Großteil der Heringskonserven weltweit. Ich habe Hunger auf Backfisch. Viele betuchte Rentner offensichtlich auch und auf Anstehen haben wir keine Lust. Also weiter. Der Wind treibt uns Richtung Göteborg. Nicht mehr weit. Unsere neuen Freunde vom Swimrun letzte Woche sind leider selbst unterwegs,also klappt es diesmal nicht mit einem Wiedersehen. Mir fällt ein,dass ich gern einen Magneten hätte aus Göteborg,so wie wir sie von jeder unserer Reisen mitbringen. Kein Problem! Chris hatte dort eh ein leckeres Burrito-Restaurant beim letzten Mal radeln gesehen. Das wollen wir uns auch mal genauer ansehen ("anessen").
Tollerweise stellt sich der Souvenirladen,zu dem wir im Szeneviertel Haga schlendern auch als gigantisches Süßigkeitenreservoir heraus und so kommt zum herrlichen Kitsch-Magneten eine schwere große Tüte sauerer Gummis für mich hinzu. Der Burrito-Laden Tom Tom ist ein Original und wir schlemmen scharfe Quesadillas mit noch schärferer Sauce,dazu Nachos. Herrlich!
Müde und satt fahren wir raus aus der Stadt,hinein wieder in die Natur-und finden an einer kleinen Bucht neben einem Schwedenhäuschen und wilden Felsen ein gemütliches Plätzchen. Es ist erst die zweite Nacht,aber wir sind schon ganz eingetaucht ins Schwedenfieber. Die befürchteten Mückenschwärme sind bisher übrigens ausgeblieben. Nunja,wir sind ja diesmal auch nicht bei den Seen.

 
Tag 3 beginnt mit viel Zeitunglesen bzw. Zeitungsfangen-der Wind weht sie mir davon,Chris rennt fröhlich hinterher.
Um 14h müssen wir los,sonst müssen wir nochmal bezahlen. Der Besitzer des Grundstücks vermietet den schönen Platz an Wohnmobilgäste und schließt seine Holzhütte mit moderner Chemietoilette auf-gegen eine kleine Gebühr. Vorzugsweise in Euro: "For some shopping in Europe!"


Wieder tingeln wir durch die Landschaften,über Brücken,durch Wald und Wiesen und kleine Fischerorte. Touristen sind hier kaum,das genießen wir sehr. In Lysekil sehen wir Taucher ins Meer steigen und sind etwas neidisch. Ja,tauchen wäre auch mal wieder schön. Sicher mal was anderes,im Norden. Aber erstmal gehen wir ins Harvets Hus, ein kleines aber süßes Aquarium,das die hiesigen Fische beherbergt. Das Wasser hier ist so kalt,dass hier Fische in 30m Tiefe leben,die sich sonst bis zu 1,3km tief aufhalten. Verträumt und lachend wandeln wir von Scheibe zu Scheibe. Gruselige,schöne,wundersame Wesen. Eine eigene Welt,die wir Menschen doch kaum kennen. 50-80% des weltweiten Sauerstoff wird durch Plankton erzeugt. Wer wusste das? Und Glas braucht 1 Million Jahre,bis es kompostiert ist. Im Gegensatz zu einer Plastiktüte,die braucht 20 Jahre. Message in a bottle wird also der nachhaltigste Weg für etwaige Hinterlassenschaften sein.
Wir klettern noch auf die Felsen und schlendern am Hafen entlang. Dann geht es weiter. Noch 200km bis nach Oslo. Und da wollen wir hin.

Es dämmert schon,als wir uns in die wartende Blechlawine vor der norwegischen Grenze einordnen. Zeit genug,um hinten in der mitfahrenden Küche für den hungrigen Fahrer ein paar Tomaten-Brote zu schmieren. Natürlich mit frischem Basilikum von unserer On-Board-Pflanze,der ihr Platz am Herd scheinbar gut gefällt. Der Grenzer entschuldigt sich dann auch,dass er uns beim Abendbrot stört. Wir passieren- nicht ohne ihn nach Empfehlungen für die Reiseroute zu fragen ("Westcoast!")-und dann eröffnet sich uns ein neues Land in all seiner Weite.


Norwegen hat nur 5 Millionen Einwohner,ist aber sehr groß und schnell wird klar-hier haben wir Platz. Wir fahren und fahren,in die Dunkelheit hinein.
Es ist fast 23Uhr als wir den Campingplatz auf einem Berg über Oslo erreichen. Alles ruhig. Die ersten Lichter der Stadt versprechen Einzigartiges! Nur noch Wasser ablassen,zur Sicheit eine neue Ration Dr. Keddo in den Frischwaasertank und Geschirr abwaschen. Dann ab ins Bett gekuschelt. Ich schlafe ein,während Chris mir aus dem Reiseführer über Oslo,der Stadt zu unseren Füßen die ab morgen von uns erobert werden will, vorliest..


Antworten (3)

Julia
Supertoller Blog. Ich freue mich, dass ich eure tolle Reise vom Schreibtisch aus begleiten kann. Die Bilder sind unglaublich...

Viola
Es ist schön von eurem Abenteuer zu lesen, ich werde neidisch und bekomme Fernweh 😊. Ich bleibe dran und begleite euch von Dresden aus. Euch noch eine schöne Zeit!

S.
Liebe Julia,liebe Viola,vielen lieben Dank für Euer Feedback! Es ist ganz schön viel Arbeit,Euch hier so mitzunehmen auf unsere Reise und umso mehr freuen wir uns,wenn es gut ankommt und Spaß bereitet! Seid herzlich gegrüßt, Eure Steffi&Chris

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