zimtschneckenzeiten
zimtschneckenzeiten
vakantio.de/zimtschneckenzeiten

Etappe 4- Oslo

Veröffentlicht: 22.08.2021

[Anmerkung der Redaktion: Der folgende Beitrag ist von Fotograf Chris verfasst und schildert die Erlebnisse ab der Grenze zu Norwegen erneut aus seiner Perspektive. Dies geschieht völlig unwillkührlich, mag aber dem einen oder der anderen Leser*In als Hilfe zum Wiedereinstieg in den Reiseablauf dienen.]  

Nach langem Hin und Her und dem Vergleichen aller verfügbarer Wetterberichte entschließen wir uns schlussendlich doch nicht in Strömstad zu übernachten, sondern direkt nach Oslo weiter zu fahren. Es beginnt bereits dunkel zu werden als wir uns der Grenze nähern. Dort ist ein Stau, da pandemie-bedingt alle Autos einzeln abgefertigt werden. Während wir uns so im "Stop & Go" bei Deutschlandfunk Hintergrund vorwärts arbeiten, nutzt Steffi die Zeit uns leckere Käse-Tomaten-Brote mit Basilikum & schwedischem Brot zu schmieren und Äpfel zu schneiden.
Als sie gerade fertig ist und die Teller in der Hand hat, kommt die Stimme des Grenzers von links: "Sorry, if I am interrupting dinner. Can I see your CoVid Vaccination certificates? And if I can also see some ID - I am happy." Gesagt, getan, keine Probleme mit dem deutschen CovPass. Wir entgegnen "Happy is good" - ein müdes Lächeln. "Where are you going?". Wahrheitsgemäß geben wir an "First Oslo, then we are not sure" und spielen den Ball gleich zurück "Where would you recommend to go?" Nach kurzem Zögern und einem überraschten Blick sagt er "Go to the westcoast and then head north"...

Aber erstmal kommen wir im dunklen Oslo an, vorbei an Promenaden und dem Hafen sowie an einigen "Toll Road"-Zeichen, bei denen wir uns wundern, dass nirgendwo die uns vertrauten italienischen Maut-Häuschen sind (mit der blechernen Stimme "Ticket pleaaaaseee", die nur mit ein paar Münzen ruhig zu stellen sind). In der Sorge eine Schweizer Vignette vergessen zu haben, fragen wir Google, das hilft ja zum Glück auch im Ausland - das KFZ-Kennzeichen scheint auf maut-pflichtigen Abschnitten per Kamera erkannt zu werden und im Nachhinein bekommt man eine Rechnung über die Mautgebühr postalisch zugesandt. Für ausländische Autos übernimmt das wohl eine schwedische Firma. Verrückt...

Schlussendlich kommen wir dann auf dem Campingplatz Bogstad gegen 22.45 Uhr an, die Rezeption ist noch 15 Minuten besetzt. Wir bekommen einen Platz mit Strom und fallen tot ins Bett...

Am nächsten Morgen schlafen wir erstmal aus (bestimmt bis 10 Uhr!?) und frühstücken. Ich habe einen Haufen an Sachen, die ich am Auto noch machen möchte, Steffi genießt lieber die mitgebrachte "Zeit" in der Sonne...

Wir laden die Fahrräder ab und radeln down-hill (und es geht lang bergab...) durch den Wald und die Vororte vorbei an der US Botschaft gen Oslo Sentrum. Insgesamt soll das etwa 30 Minuten dauern, wobei dies aber durch Parks und andere Sehenswürdigkeiten verlängert wird. Hier sehen wir einen Monolithen ("Monolitten"), der zunächst vor allem für mich sehr befremdlich wirkt. Dort ranken sich allerhand steinerne Menschenkörper entlang nach oben, an der Spitze sind es dann Kinder. Insgesamt wirkt es wie eine Figur aus einem Kunstwerk (sofern ich das zu beurteilen wage), welches die Hölle aus Sicht der altertümlichen Christentums darstellt. Bei näherem Hinsehen sind jedoch um das Kunstwerk viele einzelne steinerne Statuen, welche scheinbar menschliche Beziehungen und Emotionen darstellen. Kurzum - es ist Steffis neues Lieblings-Denkmal!

Weiter geht es vorbei an kleinen Boutiquen und Cafes in dem schönen (scheinbar Diplomaten-Viertel) Uranienburg zu "det kongelige Slott". Klingt lustig, ist aber der königliche Palast der norwegischen Royals. Insgesamt scheinen diese aber deutlich weniger spaßbefreit als die britischen Verwandten zu sein, denn hier sind die Palastwachen nicht leblos und die gesamte Grünanlage dieses kleinen, aber ansehnlichen Schlosses der Öffentlichkeit als Park zugänglich. Die Norweger sind halt einfach vorbildlich, scheinbar wird das auch von ganz oben herab gelebt...
Weiter geht es über die teuerste Straße der teuersten Stadt der Welt (wohl vor Tokio) im bereits sehr teuren Norwegen, die Karl Johans Gate, um erstmal die prächtigen Gebäude dort zu erleben.

Das Abstellen der Fahrräder gestaltet sich erstmal nicht so leicht. In einem Land, in dem jedes 2. Auto gefühlt "Elektro" (davon jedes 2. widerum ein "Tesla") ist, fahren die Leute scheinbar nur als Sport mit dem Rennrad und nicht so häufig in der Stadt. Dort werden leider viele E-Scooter benutzt, was das Laufen in der Innenstadt teilweise spannend macht. Scheinbar gibt es jedoch immerhin ein Nacht-Fahrverbot für Scooter...
Jedenfalls gibt es kaum Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in der Innenstadt, schlussendlich finden wir aber doch einen verbeulten Fahrradständer und lassen sie dort. Die unmittelbare Innenstadt von Oslo (bis 1924 übrigens "Christiania") ist klein und nett, aber mit wenig wirklich imposanten oder alten Gebäuden. Erst am Hafen entfaltet die Stadt ihren Charme durch die Promenaden, die Museen, Bibliotheken,Kunstwerke und Kulturstätten.

Bevor es dort hin geht, stärken wir uns aber erstmal bei "Oslo Street Food", einem Food Market, bei dem wir uns asiatische und italienische Gerichte gönnen. Anschließend holen wir die Fahrräder von ihrem verbeulten Fahrradständer wieder ab und es geht zum Hafen.
Hier sehen wir die atemberaubende Oper von außen, die wie ein Fels aus dem Fjord ragt. Allein das Gebäude rechtfertigt den Besuch in Oslo...! Interessanterweise kann man die schräge Fassade bis auf das Dach begehen und aktuell ist zusätzlich ein sicherlich 15 m hoher Sprungturm von Red Bull temporär dort montiert, da am Folgetag die Springer der Cliff Diving Tour von der Oper springen wollen.
Wir planen uns dies anzuschauen und bestaunen noch die Deichman-Bibliothek und das Munch-Museum von außen. Außerdem haben offensichtlich an der Strandpromenade mehrere kleine Hausboote angelegt samt Sauna- und Badebooten. Scheinbar ist es üblich, dass junge Leute hier regelmäßig in das Hafenbecken von Booten springen und dort baden.
Wir wollen das noch etwas genießen und setzen uns in eine Hafenbar (eine "Kulturbar" wie sich zeigte...). Als wir noch versuchen ein Getränk (Preise ca 10-15 Euro pro Getränk) zu bestellen, ertönen 5 m neben uns in der Bar psychodelische Geräusche als ein Duo anfängt zu performen. Der eine der beiden spielt scheinbar willkürlich an den Knöpfen des Sound-Mixers rum, um verzerrte elektronische Geräusche zu erzeugen, während der andere emotionslos eine Art norwegischen Poetry-Slam herunter betet. Das ist erst ganz interessant und witzig, aber nach 15 Minuten dann bei voller Lautstärke für mich zu viel. Da die Getränke umständlich mit einer App von der Karte zu bestellen sind (wurde wohl in Oslo zum Lockdown zur weiteren Kontaktbeschränkung eingeführt und seither in vielen Bereichen der Gastronomie beibehalten worden), haben wir immernoch keine Getränke bestellt, sodass wir uns entschließen weiter zu ziehen.

Eher zufällig kommen wir noch in die alte Stadtfestung "Akershus Festning", wo wir auf einer Terasse mit fabelhaftem Blick auf den Hafen und das Rathaus doch noch einen Wein bekommen. 

Den Rückweg kürzen wir aufgrund des deutlichen Anstieges zu unserem hoch gelegenen Campingplatz etwas ab und nehmen mit den Fahrrädern den Bus. Beim Warten auf den Bus stehen wir gegenüber einem alten Gebäude der norwegischen Sparte der Freimaurer. Wir sind nicht überrascht als etwa 15 alte, weiße Männer nacheinander mit Rollkoffer aus dem Gebäude kommen. Was dort drinnen vor sich ging, bleibt wohl ihr Geheimnis...

Am Tag darauf nehmen wir uns vor, früher aufzustehen und kommen gegen 9 Uhr etwa in Fahrt. Wir entschließen uns spontan um eine Nacht in Oslo zu verlängern und planen unseren zweiten Tag in Oslo.

 Als erstes fahren wir mit den Fahrrädern zu einem kleinen Cafe in Uranienburg, das Steffi beim Fahrradfahren schon am Vortag gesehen hat und zu dem es sie seither zieht... Dort gibt es zum Frühstück leckere, etwa handwerker-faustgroße Wallnussbrötchen und dazu köstliche Erdbeer-Marmelade. Oben drauf noch Kanelbolle und Pudding-Plunder - mmmmhhhh...!

 Gut gestärkt radeln wir auf die "Museumsinsel" Bygdøy (im Grunde eine Halbinsel), da wir uns das Museum der "Fråm" anschauen wollen. Wem das kein Begriff ist, kann sich dazu mal belesen. Denn hierbei handelt es sich um das wohl bekannteste Segelschiff der norwegischen Entdecker Fridtjof Nansen und Roald Amundsen. Es war unter anderem das Schiff der Expedition, bei der Amundsen den Südpol als erster Mensch erreicht hat. Auch wurde es von Nansen bereits in der Hoffnung an den Nordpol zu gelangen einmal an eine Eisscholle gefroren und mit ihr ein "Drift" durchgeführt (analog zur just beendeten Mosaic-Expedition der "Polarstern").
In dieser Ausstellung sind jedenfalls das Originalboot der "Fråm" sowie das ebenfalls originale Segelboot "Gjøa" (mit der Amundsen als erster Mensch die Nordwest-Passage meisterte), ausgestellt. Hier wird einem das Leben und die Abenteuer an Deck und im Eis während dieser monate- und jahrelangen Expeditionen mit vielen Bildern, Texten und Exponaten näher gebracht. Es war interessant über die Menschen und Tiere (Hunde sind der Schlüssel zum Erfolg!) solcher Expeditionen zu lesen und allen voran überwältigend zu sehen mit welchem Mut und Vertrauen diese Menschen gelebt haben. Wir beenden den Museumsbesuch mit der Begehung der Fråm und dem Kauf zweier Bücher über Amundsen und bemerken, dass wir die Zeit vollkommen vergessen haben. Mittlerweile ist das Cliff Diving fast vorbei und leider auf der anderen Seite der Bucht. Erst enttäuscht, begeben wir uns jedoch in ein zweites Museum, das "Kon Tiki". Auch das ist ein maritimes Museum, hier ist ausgestellt wie Thor Heyerdahl mit 5 anderen Männern (4 davon ohne Segelerfahrung) 1947 von Lima nach Polynesien auf einem Holzfloß segelte. Er wollte seine Theorie untermauern, dass Polynesien aus dem Osten von Südamerika von den Inka (daher das schlichte Floß) besiedelt worden sei und nicht aus dem Westen wie ursprünhlich geglaubt. Als ob das nicht spannend genug wäre, kommt noch hinzu, dass Heyerdahl selbst wohl Angst vor Wasser hatte und kaum schwimmen konnte sowie 4 seiner 5 Crewmitglieder keinerlei Segelerfahrung besaßen...
Auch dieses deutlich kleinere Museum (wiederum mit dem originalen Floß) ist extrem beeindruckend und kurzweilig!


Überladen mit Eindrücken und Informationen nehmen wir die Fähre zurück zum Hafen und radeln erneut zu Oslo Street Food - hier hatten wir am Vortag noch so viele leckere Sachen gesehen, die selbst wir nicht alle auf einmal bestellen konnten. Es gibt wieder verschiedenste asiatische Gerichte und Nachtisch.

Danach fahren wir noch in einen besonderen Stadtteil von Oslo, der spannender Weise "Vulkan" heisst. Dies ist ein moderner, kreativer Bezirk, welcher dem Namen nach auch energetisch weitestgehend autark sein soll, da es auf mehreren Geothermalquellen in 300 m Tiefe zugreift. Dort gibt es noch den leider schlechtesten Moscow Mule zum stolzen Preis von 14 Euro zum Abschluss des Tages. Den Bus nehmen wir mit unseren Fahrrädern auch heute, allerdings sind nun die Kronleuchter im Freimaurer-Tempel bereits erloschen...

Am Morgen des Sonntags beginnen wir diesmal bereits ab 08.30 Uhr alles startklar zu machen. Trotz Schlange an der Entsorgungsstation des Zeltplatzes mussten noch 2 Waschgänge nach Dr. Keddo's Spezialrezept durchgeführt, der Frischwassertank gefüllt, Grauwasser und die Toilette entleert werden. Außerdem mussten die Fahrräder wieder aufgeladen werden (nein, keine E-Bikes!), was mir bereits seit einem Tag Sorgen bereitete. Ich muss an das mühsame Aufladen zuhause mit Nils & Nico denken, aber es geht mit Handy-Foto vom Ausgangszustand überraschend problemlos und schnell!

Als dann alles 15 Minuten vor dem Checkout fein säuberlich erledigt ist und nur noch eine warme Dusche fehlt, kommt ein kleiner Belgier mit samt Schnäuzer von gegenüber auf mich zu und sagt in perfektem Deutsch: "Du, dass das Abblendlicht links nicht geht, weisste aber, ne?". Weiss ich nicht. Son Mist. Und das auf einen Sonntag.
Uns ist klar, dass wir ohne Abblendlicht nicht weiter fahren können. Auch erstmal so los zu fahren erscheint uns (bei vielen Tunnel und fraglicher Versorgung mit Werkstätten und KFZ-Märkten im ländlichen Norwegen) keine gute Idee zu sein. Ich weiss, dass das Tauschen vom Lampen vom Motorraum aus nicht immer trivial ist. Es bleiben somit zwei Optionen: Erstens eine Werkstatt für den Tausch zu finden oder zweitens die Glühbirne (deren Typ ich mittlerweile identifizieren konnte) selbst zu tauschen. Beide Optionen lassen sich auf einen Sonntag nicht umsetzen, sodass wir notgedrungen eine weitere Nacht in Oslo verbringen müssen, um am Montag frisch nach einer Lösung zu suchen.
Nach all der Vorbereitung und Recherche ist es bereits früher Nachmittag, wir entscheiden aber, dass trotzdem noch Frühstückszeit ist. Schließlich ist es Sonntag UND wir sind im Urlaub. 

Wir fahren also nochmal zu Steffis neuem Lieblings-Cafe und holen diesmal Brot, Marmelade und Plunder zum Mitnehmen. Und jetzt genießen wir die Vorteile des Camper-Lebens: Wir fahren mit der Zimtschnecke bis direkt an den Park neben dem Monolithen, nehmen Frühstück und Besteck einfach vom Bus aus mit und setzen uns zum Picknick auf eine Decke. Traumhaft schön und wieder lecker! Ich lege mich hin und schlafe in der Sonne ein. Als Steffi mich nach einer Stunde weckt, beginnt es langsam zu regnen (das Wetter ändert sich in Norwegen immer wieder von strahlendem Sonnenschein zu Regen innerhalb von Minuten). Wir flüchten in den Bus, schlafen noch kurz und fahren dann erneut zu unserem alt bekannten Campingplatz. Es fühlt sich ehrlicherweise schon ein wenig heimisch an...
Steffi entschließt sich spontan ihren neuen Neopren-Wetsuit zu testen und schwimmt im Bergsee nebenan. Ich stehe Wache wie ein Bademeister im Neuköllner Freibad. Die Wassertemperatur schätzt der einzige andere Schwimmer vor Ort auf etwa 17°C und ist damit sehr zufrieden. Steffi ist mit der Sicht unter Wasser aber gar nicht zufrieden, wobei ihre mittelalterliche Schwimmbrille daran sicherlich einen Anteil hat. Erfrischt und stolz gehen wir zurück zum Campingplatz. 

Steffi geht duschen und ich gehe noch ein halbes Stündchen laufen. Zur Belohnung und zur Stärkung für die anstehenden Reparaturen am nächsten Tag gibt es stilecht Linseneintopf und Butterbrote! Danach fallen wir glücklich ins Bett und schmökern noch im Norwegen-Reiseführer bevor wir einschlafen.

Antworten (2)

Julia
Ich sitze an meinem Schriebtisch, muss saulangweilige Sachen machen und dann kommt der Satz: "Das ist erst ganz interessant und witzig, aber nach 15 Minuten dann bei voller Lautstärke für mich zu viel." Ich lache mich tot bei dem Gedanken an euch beide in der Szenerie :-)

S.
😅

Norwegen
Reiseberichte Norwegen