zimtschneckenzeiten
zimtschneckenzeiten
vakantio.de/zimtschneckenzeiten

Etappe 12 - Nordlichter bei Kiruna, nahe Abisko

Veröffentlicht: 02.01.2022

Der Weg rein nach Kiruna wird uns nicht so leicht gemacht, überall Baustellen. Als wir ihn schließlich finden, landen wir direkt bei einer wunderschönen roten Schiffkirche. Jedenfalls sieht sie aus wie ein Schiff, ganz aus Holz und spitz zulaufend. Das Schönste ist, dass sie erhöht liegt, über einem in der untergehenden Sonne rot-golden leuchtenden Park, in dem man sich verlieren mag. Kiruna ist schön! Die Häuser sind nicht mehr neu und recht einfach. Man sieht, dass es eine alte Arbeiter-/ Bergbau- Stadt ist. Aber irgendwie wirkt sie einladend.

Nachdem Chris mich an der Kirche abgesetzt hatte, treffen wir uns nun in einem Restaurant im winzigen Zentrum der Stadt. Es ist ein etwas feineres Restaurant und zur Feier des Abends bestelle ich mir, entgegen meinen eigentlichen Vorsätzen, eine Wurstplatte mit Rentierfleisch. Dazu auch Käse und noch einen Salat. Nachdem ich mich für einen Wein entschieden habe (endlich wieder Rotwein) und Chris auch einen Burger bestellt hat, genießen wir die Stimmung. Es dauert nicht lang und das Essen wird uns serviert. Es schmeckt köstlich, ja exzellent. Wirklich richtig, richtig gut!

Die ebenfalls noch im Nachhinein bestellten Pommes schaffe ich dann noch nicht mehr, stattdessen müssen wir dann auch los. Wir haben noch etwas Fahrtweg vor uns. Es ist zwar dunkel, aber mit einer Stunde Fahrt kommen wir zu einem angeblich der sichersten Nordlicht-Aussichtspunkte am Polarkreis. Kurz vor Abisko, dem wirklich, wirklich letzten Ort am Rande der Zivilisation (ca. 20 Einwohner), liegt ein Zentrum für Northern-Lights, zu dem man auf einen Berg mit der Gondel fahren und dann auch durch ein Teleskop schauen kann. Leider geht dort keiner ans Telefon und so entschließen wir uns, um sicher zu gehen, nicht vor verschlossenen Türen zu stehen, einfach auf einer Haltebucht unten am Bergfuß zu bleiben. Hin und wieder zieht ein Auto an uns vorbei und gleich weiter oben fährt ein Zug entlang. Trotzdem ist der Ort irgendwie schön und wir können wunderbar in den weiten Himmel sehen. Sterne über Sterne, links von uns ein Bergmassiv in der Nacht und rechts die Weite ins Tal und auch in der Ferne: Berge. Es ist hell am Ende des Himmels und ich setze mich sogleich mit dem Stuhl nach draußen. Eine Decke brauche ich auch. Und Rum.

Dann ist es soweit. Es beginnt ganz leicht grün zu flackern. Erst wenig doch dann sehr deutlich erkennbar. Viel stärker als noch zwei Nächte zuvor. Chris holt das Handy raus. Die Aufnahmen werden super. Dennoch können sie nicht annähernd einfangen, was wir dann erleben: der ganze Himmel schimmert grün. Wellenartig überzieht der Schimmer auf und ab das Firmament entlang und bewegt sich in Formen. Mal lang und schmal wie ein Regenbogen aus Grüntönen, dann schlängelt es sich in die Ferne, wird zu einem Kleks und zieht sich dann doch wieder in die Länge. Es ist ein Schauspiel das uns die Natur schenkt und wir staunen und sind ehrfürchtig. Dass wir das sehen dürfen, so einfach und offensichtlich, fast ungeplant (Bis vor 3 Tagen haben wir nie an Nordlichter gedacht), ist ein Geschenk. Es scheint, als ginge es die ganze Nacht so und daher beschließen wir, irgendwann weit nach Mitternacht, doch Lebewohl zu sagen zum Nordlicht. Wir tragen es im Herzen und hören das Pfeifen, das unseres ist, aber das das Grün auch zu hören scheint, ebenso wie das Tanzen, welches uns vereint.

Am nächsten Morgen werden wir früh wach und staunen nicht schlecht. Der Berg neben uns ist wahnsinnig schön und liegt, schneebedeckt, mächtig neben uns. Um uns herum alles nach wie vor rot und rot und rot und orange, gelb… leuchtend… Wir sind wieder in einem Meer von Herbstfarben eingetaucht, diesmal jedoch unterbrochen von weiß glänzenden majestätischen Bergen ganz nah und in der Ferne. Und blauem Himmel. Ich könnte schreien vor Freude. Aber die Zeit drängt. Wir fahren Richtung Abisko, das wohl noch kleiner ist, als gedacht – nur um dort gleich wieder um zu drehen. Bis auf Fotos, für die ich noch einmal aussteige und die ich auch während der Fahrt immerzu mache, gibt es hier nichts mehr zu tun. Wir haben uns nämlich entschieden, dass wir weiterwollen. Nach Finnland. Das bedeutet- hier ist Schluss. Nicht weiter nördlich in Schweden, obwohl die norwegische Grenze und Tromsö relativ nah sind inzwischen. Das ist sooo verlockend. Aber dort liegt angeblich schon Schnee und die Zeit drängt eben doch. Und wir brauchen ja auch einen Grund wieder zu kommen.

Also weiter. Nun tun sich auch noch weite, stahlblaue Seen in der Landschaft auf. Wir sind ehrlich sprachlos ob der einmaligen Schönheit der Natur. Zu diesem Zeitpunkt können wir ja auch nicht ahnen, dass wir weiterhin Wunderschönes entdecken werden. Wir folgen einfach nur unserem Gefühl, einem Abenteuerdrang und dem Vertrauen darin, dass es noch mehr zu sehen gibt da draußen. Das hier ist schön! Aber es gibt noch mehr, immer mehr.

Erst einmal müssen wir aber wieder nach Abisko, dort möchte ich nämlich Chris auch die Kirche von innen zeigen, da sie sehr untypisch und wirklich wie ein Schiff gebaut ist. Und dann gibt es noch ein schönes Café. Ach ja, da setzen wir uns auch hinein. Herrlich. Gebäck, Cappuccino, Gemütlichkeit. Wir genießen den Morgen, der doch schon fortgeschritten ist. Schließlich stehen wir auf. Nach Inari wollen wir heute noch. Das liegt 500 km östlich, im Norden finnisch Lapplands. „Ach Chris, wollen wir noch in diesen Laden hier?“ Da Chris glücklicherweise auch Schnuffläden mag und gerne nach Reiseerinnerungen stöbert, gehen wir noch in das Geschäft. So schöne Sachen gibt es hier. Nordisches Design, wie wir es lieben. Lampen, Kissen, Tabletts, Geschirr und Allerlei.. Die Verkäuferin ist wahnsinnig nett. Sie spricht etwas englisch und erzählt mir, dass dies alles hier, wo wir stehen und gegessen haben im nächsten Jahr nicht mehr sein wird. Dass die Stadt alles abreißen und dann eine neue Stadt mit mehr moderneren Shoppingmöglichkeiten errichten will. Der Tourismus ist hier Haupteinnahmequelle inzwischen und das Geld der Souvenirsuchenden soll viel üppiger in hiesigen Kassen landen. Sicher nicht bei der lieben Frau, die sehr traurig wirkt, dass ihr Laden schließen muss. Sie sei schon ihr ganzes Leben hier. Chris ist inzwischen das Auto holen gegangen und währenddessen erklärt sie mir, wie ich zu dem Stoffladen gelange, in dem ich vielleicht eine Tischdecke erwerben kann. Dies suchen wir nämlich schon so lange. Eine Tischdecke, die unser fahrendes zu Hause erst so richtig gemütlich macht, wenn wir sitzen und essen.

Dem skizzierten Plan der Frau folgend irre ich durch Kiruna und verlaufe mich natürlich auf den weniger als 500 Metern zwischen den Häusern. Ich spreche einen nett aussehenden jungen Mann an und frage ihn nach der Adresse. In gebrochenem Englisch erklärt er mir, dass er sich hier auch nicht so gut auskennt, er ist doch selbst gerade erst angekommen. „Ah! Where are you from?“ „From Ethiopia!“ lacht er mich an. Wir lachen nun beide. Oh man, so einen weiten Weg hat er wohl hierher gehabt. Von Äthiopien nach Lappland. Sicher nicht bequem mit dem Camper aus Jux und Tollerei. Und wie kalt es wohl für ihn hier sein muss? Und dann auch noch der bevorstehende Winter. „What´s the temperature in your hometown now?“ frage ich ihn. Er erklärt mir, dass es bei ihm zu Hause in der Stadt nie mehr als 25° Grad sind und es sehr angenehm ist. Gleichzeitig schaut er auf seinem Handy nach, wie der Weg zur von mir gesuchten Adresse ist. Er geht mit mir. Wir plaudern etwas, da er mich auch fragt, wo ich herkomme und wie warm es wohl dort sei. Leider sind wir ganz schnell am Stoffladen angekommen. Ich bedanke mich herzlich und sage ihm noch meinen Namen. Er heißt Said und ich bedanke mich nochmals. Nicht nur, dass er mich extra zu dem Laden gebracht hat (er geht danach in die andere Richtung), sondern auch dass er mir seine Freundlichkeit und sein herzliches Lachen geschenkt hat. Meine Laune ist so gut jetzt und ich habe die menschliche fröhliche Begegnung so genossen.

Chris und ich treffen uns in dem Stoffladen und finden sehr schöne, nordisch gemusterte Textilien. „Nun aber wirklich los, es ist schon spät!“ Eine Frau mit einem sehr schönen Hund kommt uns entgegen. Sie anzusprechen, wage ich nicht, dafür aber Chris. Er fragt, was es für ein Hund sei? Vielleicht wollen wir uns auch einen Canaan anschaffen. Naja, heute wird nichts mehr gekauft. Heute müssen wir noch weit, weit fahren.

Zur Sicherheit rufen wir an bei Josephin und Markus auf der Huskyfarm „Nomadic Naali“ in Inari. Und wieder einmal haben wir Glück. Für diese Nacht ist noch Platz- wir können kommen, obwohl es sicher erst 22 Uhr wird. Chris hat diesen verheißungsvollen Ort rausgesucht und da wir Hunde so lieben und auch nochmal was Besonderes, Nordisches erleben wollen, ist es uns die weite Anreise wert.

Unser Weg führt durch den Norden Schwedens und irgendwie ist es doch eindrucksvoll, als wir die Grenze zu Finnland passieren. Wir fahren über eine Brücke, unter der sich links und rechts ein riesiger See erstreckt. Dass Finnland über 300 000 Seen hat, lesen wir erst jetzt. Und als wir sofort eintauchen in nun wirklich rote Baumwälder, erfahren wir auch, dass etwa 86% des Landes bewaldet sind. Wahnsinn. Nur 5 Millionen Einwohner auf einer Fläche so groß wie Deutschland. Wir begreifen erst jetzt so richtig, dass dies nochmal eine ganz neue Erfahrung wird und sich wohl doch sehr von dem recht industriell und im Vergleich doch eher bevölkerten Schweden unterscheidet. 

Antworten

Schweden
Reiseberichte Schweden