Veröffentlicht: 02.12.2024
Ich bin noch die Schilderung zu unserem Besuch im Liangzhu Museum in Hangzhou schuldig, welche ich wegen der Größe des Museums und der Länge meines Aufenthalts in mehrere Blogposts aufteile. Es ist ein Höhepunkt meiner China-Reise 2024 und war für mich das stärkste Argument, dass ich Hangzhou für die Inlandsreise dieses Jahr ausgewählt habe. Die Liangzhu-Kultur ist eine der ältesten erforschten chinesischen Siedlungshochkultur und über 5000 Jahre alt. Wir fahren mit einem Taxi zum Museum, denn dieses liegt nur 10 Kilometer Luftlinie von unserem Hotel entfernt. Das Museum ist riesig bei 4.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche kommen noch Innenhöfe und die Parkanlage dazu. Wir eilen wegen des Dauerregens in die Ausstellungshallen und müssen zu meiner Überraschung kein Eintritt bezahlen. Die Vermittlung von Wissen über diese Kultur ist der chinesischen Regierung so bedeutend, dass kein Eintrittgeld verlangt wird. Zunächst besuchen wir eine temporäre allgemeine Ausstellung über Weltkulturerbestätten in China, durch die ich in Erwartung zur Liangzhu-Kultur-Ausstellung recht zügig durchgehe. Seit 2019 zählt die archäologische Liangzhu-Stätte zum UNESCO-Weltkulturerbe und gleich in der ersten Ausstellungshalle dazu werden viele Aspekte der Siedlungskultur aufgegriffen. Im Gegensatz zu den landwirtschaftlichen Vorgängerkulturen der Majiabang- (5000-4000 v.Chr.) und Songze-Kultur (4000-3.300 v.Chr.) hatte die Liangzhu-Kultur (3.300-2.300 v.Chr.) schon ein hierarchisches Gesellschaftssystem und zeichnete sich durch höhere technische Fähigkeiten aus. Interessant ist, dass nach der Liangzhu-Kultur die folgenden Kulturen (Qianshanyang 2.300-2.100 v.Chr. und Guangfulin 2.100-1.800 v.Chr.) nicht die entwickelte Siedlungsgeschichte aufweist und in Kombination mit dem Bevölkerungsrückgang nicht den Weg einer kulturellen Hochentwicklung gehen konnte, so dass die Liangzhu-Kultur eben ein Leuchtturm der zivilisatorischen Entwicklung in China bildet. Es beweist außerdem, dass zivilisatorische Hochkulturen keine beständige progressive Entwicklung haben, sondern auch wieder zurückfallen oder sogar untergehen können. Während der Zeit der Liangzhu-Kultur war Reis das wichtigste Nahrungsmittel und die archäologischen Untersuchungen zeigen ein ausgeprägtes hochentwickeltes Anbausystem mit Bewässerungskanälen, Feldkämmen und landwirtschaftlichen Gerätschaften. Dabei gibt es ein kurioses Phänomen, denn 90% der ausgegrabenen Steinsicheln ist für Linkshänder konzipiert. Bei der Lithologie der Steinwerkzeuge zeigt sich außerdem der hohe Spezialisierungsgrad der verwendeten Werkzeugmaterialien in Bezug auf den Zweck des Werkzeugs. In der Ausstellungshalle lernt gerade eine Schulklasse die Geheimnisse der Liangzhu-Kultur kennen und aufmerksam verfolgen die Kinder den Erklärungen des Lehrpersonals. Ein kleiner Junge macht bei den Reissorten ein Foto mit seiner Smartwatch. Weiter geht es für mich zu den Textilwerkzeugen und Stoffresten, welche auf die Verwendung von Leinen- und Seidenstoffe schließen lassen. Die Holzverarbeitung war hoch entwickelt, was Einsteck- und Zapfenverbindungen zeigen. Bambus wurde zu Körben und Matten verarbeitet. Überraschenderweise gab es zu dieser Zeit schon Lackwaren, die sogar mehrschichtige Techniken aufweisen. Lackwaren habe ich ja schon im Zhejiang Regional Museum bewundern können, siehe Blogpost: Eine ganz besondere Bibliothek. Auch Einlegetechniken mit Jade wurden entdeckt, was die Kombination von Lackwaren mit Jade bis zu dieser Zeit zurückverfolgen lässt. Den archäologischen Funden zum Jadehandwerk ist noch ein eigener Ausstellungsraum gewidmet, weshalb ich in einem der folgenden Blogposts darauf eingehen werde.