Unsere diesjährige China-Reise beginnt wegen eines günstigen Flugticketpreises am Flughafen in Wien, wobei ich zum Flughafen mit der Österreichischen Bundesbahn fahre und dafür von meinem Arbeitgeber Freifahrten nutze. Von den maximalen vier Freifahrten benötige ich dafür nur zwei, weshalb ich nun zuvor zwei weitere Fahrten in
Österreich zusätzlich absolvieren kann. Eine dieser Fahrten führt uns zu einer Bergwanderung in die Alpen zum Hallstätter See. Im Dachsteingebirge wollen wir den Sarstein erklimmen und die von mir gelesenen Wanderbeschreibungen im Internet ließen mir eine angenehme Tour erwarten... hätte ich doch noch ein wenig mehr recheriert. Denn die Tour stellt sich als sehr anspruchsvoll heraus und für uns ungeübten Wanderer als äußerst anstrengend. Wir starten am Bahnhof in Obertraun und gleich im Wald am Anstieg geht es in Serpentinen mühsam nach oben. Bänke und Aussichtspunkte nutzen wir ausgiebig für Pausen und der Blick auf den Hallstätter See und das gegenüber liegenden Dachsteinmassiv ist einfach nur großartig. Der Weg ist eigentlich auch angenehm, da überwiegend im schattigen Wald, nur will er kein Ende nehmen. Selbst als die Serpentinenlinie auf meiner Karte in eine gerade Linie übergeht und bei mir die Hoffnung auf einen etwas flacheren Anstieg weckt, geht es trotzdem weiterhin steil bergauf. Meine Beine beginnen schon zu schmerzen und ich merke deutlich, dass meine letzte große Wanderung schon einige Jahre her ist und ich in der Zwischenzeit auch nicht jünger geworden bin. Endlich haben wir die Almhütte Sarstein erreicht, wobei mein Zustand als völlig erschöpft zu bezeichnen ist. 1.100 Höhenmeter haben wir dabei vom Bahnhof bis hierher schon absolviert. Die Hütte ist wunderschön gelegen, mit einer fantastischen Aussicht und sie hält sogar Getränke in einer Alukiste mit Selbstzahlung für die verausgabten Wanderer bereit. Wir machen unsere Mittagspause und begeben uns danach auf dem Hochplateau Richtung Berggipfel. Hier oben sollte es doch flacher werden, so mein hoffnungsvoller und trügerischer Gedanke, aber das Terrain inmitten der Krüppelkieferflächen ging hügelig weiter und zum Schluss wartet noch einmal ein Aufstieg zum Gipfel auf uns. Mittlerweile machen sich bei mir Wadenkrämpfe in beiden Beinen bemerkbar. Die Pausen werden länger und die Wandergeschwindigkeit wird langsamer. Dafür werden wir mit herrlichen Ausblicken belohnt: Aug' in Aug' mit dem Dachsteingletscher und die Kulisse des Grundlsees von ganz weit oben. Die letzten Meter zum Gipfel spare ich mir und nehme eine Abkürzung zum Abstiegsweg, aber auch so habe ich über 1.900 Meter Höhe erreicht und somit 1.400 Höhenmeter mit meinen schmerzenden Füßen absolviert. Der Abstieg geht zunächst richtig locker vonstatten, da nun andere Muskelpartien der Beine an der Reihe sind. Aber es ist wieder steil und das Steine-Erde-Blätter-Gemisch des Weges verlangt von uns übergroße Vorsicht und Wachsamkeit beim Aufsetzen des Fußes. An einer Alm erfrischen wir uns mit eiskaltem Wasser einer Bergquelle, auf die uns wackere jugendliche Wanderer aufmerksam gemacht haben, die den Weg nach oben steigen und wahrscheinlich auf dem Bergplateau übernachten wollen. Denn mittlerweile ist es schon spät geworden und bei uns kommt nun auch noch der Kampf gegen die Zeit hinzu, denn Züge fahren nicht unendlich spät in dieser Gegend. Der Abstieg will einfach kein Ende nehmen und immer wenn ich auf die Karten-App schaue, dann bewegt sich der Positionspfeil kaum. Klar wir legen ja die Strecke vor allem vertikal und nicht horizontal zurück. Eigentlich bin ich ja nach dem Aufstieg schon gestorben, dementsprechend ist die Erschöpfung beim Abstieg doppelt so wirksam. Irgendwann erreichen wir den Wanderparkplatz, doch zu allem Unglück geht jetzt das Taxiunternehmen nicht ans Telefon. Somit stiefeln wir Richtung Bahnhof, der noch einmal eine Stunde vom Parkplatz entfernt ist. Wir hätten den Zug um halb neun auch noch erreicht, wenn uns ein Einheimischer schnell in fünf Minuten zum Bahnhof gefahren hätte. Aber dazu war keiner bereit. Das haben wir in
China ganz anders erlebt, wo wir in der Mittagszeit (siehe auch meinen Beitrag zur Wujiao in China:
LöwenPost 2025/16) beim abgelegenen Xunzi-Mausoleum kein Taxi bekommen haben und ein Mitarbeiter der Anlage uns mit seinem kleinen Miniauto in den Ort gefahren und zuvor extra noch mit geöffneten Fenster drei Runden auf dem Parkplatz gedreht hat, damit es im Auto nicht so warm ist (siehe dazu mein Reiseblogbeitrag von 2023:
Xunzi-Mausoleum). Leider können die Österreicher nicht mit so einer Herzlichkeit glänzen, weshalb wir unseren Zug verpassen, uns zum Bahnhof schleppen und dann den allerletzten Zug erreichen. Für die angegebene 7 ½ Stunden Tour haben wir letztendlich über 11 Stunden benötigt, wobei meine Frau an Tapferkeit nicht zu übertreffen ist. Erst halb zwei in der Nacht fallen wir zu Hause komaartig ins Bett. Lektion gelernt und Empfehlung von mir: 1. Ich bin alt geworden und nicht mehr bei bester Wanderkondition. 2. Unterschätze niemals Höhenmeterangaben. 3. Sarsteinwanderung ist nur etwas für trainierte Bergwanderer, dafür mit tollen Ausblicken und einer wunderschönen Landschaft. 4. Franz-Kysely-Hütte und Goiserer-Aussichtspunkt nicht auslassen, sondern tollen Ausblick genießen. 5. Ich empfehle fünf Liter Wasser mitnehmen, denn wir hatten nur das Glück zum Nachfüllen gehabt. 6. Wanderstöcke helfen, insbesondere beim Abstieg. 7. Deutlich mehr Zeit als angegeben einplanen. Dann wird es eine tolle Wandertour!