Veröffentlicht: 02.03.2018
Nachdem wir von Guatemala City aus weitergereist waren, schauen uns die Leute stets entsetzt an, wenn wir sagen, wir seien in Guatemala City gewesen. Dort ist es doch so gefährlich! Tatsächlich verbrachten wir 2 Tage dort und fanden es eigentlich ganz nett. Und das lag sicher auch vor allem daran, dass es tatsächlich (fast) keine anderen Touristen dort hat.
Ich habe mich eigentlich nicht unsicherer gefühlt als in manch anderer Grossstadt an gewissen Ecken…aber wer weiss…vielleicht hatten wir auch nur Glück. Wahrscheinlich hatten wir Glück. Auch die Einheimischen vermeiden es nämlich, nach Guatemala Ciudad (oder einfach Guate, wie die Einheimischen sagen) zu fahren. Tatsächlich gibt es dort grosse Bandenkriminalität, die Maras sind dort weitverbreitet.
In Guate besuchten wir als erstes das Museo de Ferrocaril. Es war nicht weit von unserem Hostel. Das Museum ist eine Art Verkehrshaus von Guatemala, und es ist wirklich ganz hübsch gemacht. Es sind einige alte Lokomotiven ausgestellt, ausserdem kann man in Bahnwagen herumklettern. Ausserdem gibt es eine Ausstellung mit vielen unterhaltsamen Ausstellungsstücken zur Geschichte der Eisenbahn von Guatemala und zu den Einrichtungen, die mit der Eisenbahn einhergingen (zb. Bahnhotels, Unterkünfte für Angestellte, etc). Die Eisenbahn wurde kurz nach der Entkolonialisierung Guatemalas aufgegeben, ambitionierte Planungen wurden verworfen.
Auf dem grossen Platz vor dem Eisenbahnmuseum fand gerade der internationale Tag des Kondoms mit Musik, lockerer Atmosphäre und als Kondom verkleideten Menschen statt. Auch mal ganz witzig…
Als wir vor einem grossen Gebäude ein Schild mit der Aufschrift «Menu del Dia» sahen, freuten wir uns schon auf die einfachen lokalen Mittagsmenüs, die wir uns bereits aus Kolumbien gewohnt waren. Prompt gerieten wir in eine Art Kantine, die wohl für die arbeitende Bevölkerung Guates gedacht war, und wohl weniger für Touristen. Entsprechend überrascht schauten auch alle Guatemalteken von ihren Tellern auf, als wir uns hinsetzten. Wir wurden aber sehr freundlich bewirtet, man hielt noch ein Schwätzchen mit uns, und wir genossen ein einfaches aber grosses und leckeres Mittagessen.
Anschliessend spazierten wir ein wenig in der Innenstadt und sassen eine Weile auf dem zentralen Platz. Zufällig kamen wir am Museo Nacional de Historia vorbei und entschlossen uns, es uns anzusehen. Die Mitarbeiter des Museums waren ganz aus dem Häuschen, Europäische Touristen zu Gast zu haben. Es lohnt sich eigentlich nicht besonders. Es ist zwar sehr gross und eigentlich interessant und abwechslungsreich eingerichtet, aber wenn man nicht bereits ein Grundlagenwissen über guatemaltekische Geschichte hat, sagen einem all die Personen, Kriegshelden und Idole überhaupt nichts, die dort vorgestellt werden. Und die sehr anspruchsvollen spanischen Begleittexte erläutern auch nicht ausreichend den Kontext, um eine gute Übersicht über die Geschehnisse zu erhalten. Schade, wir hätten uns vor allem ein wenig mehr Infos über den Bürgerkrieg gewünscht, der hier sehr lange tobte. Guatemala ist jedenfalls seit dem 15.09.1821 unabhängig. Wenigstens soviel wissen wir.
Da die kulturellen Unterhaltungsangebote in Guate nicht gerade tagfüllend sind, hatten wir anschiessend noch Zeit und spazierten zum Cerrito del Carmen. Ein Hügel, auf dem eine kleine Kirche steht. Ich hätte mir etwas mehr von der Aussicht auf die Stadt erhofft, aber es war ziemlich zugewachsen. Ausserdem ist Guate sehr hügelig, so dass man die Grösse der Stadt vom Aussichtspunkt gar nicht so wahrnehmen kann, da sie sehr aufgesplittert wirkt. Die Kirche ist von aussen ganz schlicht und weiss. Innen wird man allerdings von mehreren beeindruckenden goldenen Altaren überrascht.
Am Tag darauf besuchten wir die süsse kleine Kirche Yurrita, die von aussen wirklich ganz zauberhaft ist. Leider war sie bei unserem Besuch geschlossen, so dass wir das Innere nicht sehen konnten. Auf dem Weg kamen wir noch am sogenannten «Eiffelturm» Guatemala City’s vorbei: tatsächlich handelt es sich um ein wüstes Metallgerippe mitten auf einer Kreuzung und hat mit dem Eiffelturm also wirklich so gar nichts zu tun.
Wir besuchten ausserdem den Universitätskomplex, wo wir in ein Museum wollten, welches aber leider schon geschlossen war. Als Alternative besuchten wir also das Museo del Ixchel und auch gleich noch das Museo Popol Vuh. Das Museo Popol Vuh zeigt verschiedene Kunstgegenstände Guatemalas, die einer privaten Sammlung angehören. Dazu gehören Statuen aus der Mayazeit, Schmuck, wie auch Gemälde. Es enthielt auch eine Kopie des «Dresdner Kodex», eines der 3 einzigen verbliebenen Maya-Büchern. Ausserdem zeigt es Modelle von Maya-stätten (ua. Tikal) wie sie zu ihrer Blütezeit ausgesehen haben mochten. Leider durfte man im Museum keine Fotos machen.
Das Museo Ixchel behandelt die Webkultur der Indigenen in Guatemala. Wir haben entlang des Weges schon ähnliche Museen gesehen, trotzdem ist es wirklich sehenswert, da sehr schön und abwechslungsreich gestaltet. Zur Einführung gibt es ein ca. 45 Minütiges Video über die Webkultur und auch über die Feste der Cofradias Tradition. Soweit wir verstanden haben wird gemäss dieser Tradition einmal jährlich ein Fest zu Ehren des Schutzpatrones einer Stadt gefeiert. In langen Prozessionen wird eine Statue dieses Patrones durch die Stadt getragen, gefolgt von religiösen Messen und Volksfest. Während des Jahres wohnt der Schutzheilige bei der Cofradias Familie und kann dort besucht werden, auch Opfergaben werden niedergelegt. Die Cofradia Familie wird jedes Jahr neu gewählt und muss während des Jahres verschiedene traditionelle Pflichten in der Gemeinschaft erfüllen.
Die Ausstellung, die auf das Video folgt, untermalt anhand von Beschreibungen, Bildern, Modellen und Gebrauchsgegenständen den Stellenwert der Textilherstellung in der lokalen Kultur. Auch werden die Einflüsse der spanischen Kolonialisierung auf die indigene Webkunst beschrieben, zb. In Form, Farbe, verwendetem Material.
Da es noch einigermassen hell war, beschlossen wir, mit dem Transmetro Bus zurück zum Hotel zu fahren. Es handelt sich dabei um ein sehr ähnliches System wie der Transmilenio in Bogota, mit dem wir eigentlich sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Der Transmetro ist noch relativ neu und soll eine Alternative zu den alten roten Stadtbussen bieten, die als sehr gefährlich gelten. Trotzdem scheint er bereits an die Kapazitätsgrenze zu gelangen, wie wir im Feierabendverkehr feststellten (daran hatten wir natürlich nicht gedacht). Und so fuhren wir also wie Sardinen eingequetscht mit heimkehrenden Einheimischen im überfüllten Bus durch die Stadt zurück.