Veröffentlicht: 25.08.2018
Auf einer Reise durch Südamerika gehört ein Besuch des Amazonasbeckens natürlich zwingend dazu, immerhin handelt es sich um den grössten Fluss der Erde und der Regenwald bedeckt eine riesige Fläche des Kontinents. Wir überlegten schon lange, in welchem Land wir in den Amazonas fahren bzw. fliegen wollten, die meisten Länder bieten nämlich Zugang zum Regenwald.
Da wir nun schonmal in Brasilien waren, entschieden wir uns, nach Manaus zu fliegen, wobei es sich um einen der populärsten Orte im Amazonas handelt. Wenn man in Manaus ankommt, fühlt man sich allerdings überhaupt nicht so abgelegen, wie man dies eigentlich erwartet, angesichts der Tatsache, dass man nur per Schiff oder Flugzeug dorthin kommt. Doch weit gefehlt, Manaus ist nämlich eine riesige Stadt mit ungefähr 1.8 Mio Einwohnern.
Um dem Grossstadttrubel zu entfliehen, buchten wir eine 5-tägige Tour mit Aufenthalt in der Dolphin-Lodge. Der Veranstalter holten uns in Manaus ab und begleiteten uns den ganzen Weg zur Lodge, welcher etwa 3.5 Stunden dauerte und abwechselnd je zwei Autofahrten und 2 Überfahrten über den Amazonas bzw. seine Seitenarme mit einem Boot beinhalteten.
Unterwegs kamen wir noch am «Encontro das Aguas» vorbei, dem Zusammenfluss zweier Flüsse dem Rio Negro und dem Rio Solimoes, die zum Amazonas gehören. Dabei handelt es sich um eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Manaus. Die beiden Flüsse vermischen sich nämlich aufgrund von unterschiedlichen Temperaturen und Fliessgeschwindigkeiten zunächst nicht, sondern führen über eine Distanz von mehreren Kilometern nebeneinander her. Da der eine Fluss braun scheint, während der andere Fluss schwarz ist, kann man die Stelle, wo sie Zusammentreffen, deutlich ausmachen. Leider war das Wetter nicht so klar, als wir dort vorbeikamen, deshalb kommt das Schauspiel auf den Fotos nicht gut zur Geltung.
Als wir endlich in der Lodge angekommen waren, wurde uns unser Bungalow zugeteilt, welches auf einem Steg über dem Wasser lag. Zum Glück erhielten wir das hinterste Bungalow am Steg, so hatten wir nämlich das Glück gleich von unseren Holzstühlen auf unserer kleinen Terrasse viele Tiere ausmachen zu können, zb. Grosse Iguanas, Totenchopfäffchen, einen Kaiman und viele Vögel.
Die Bungalows aus Holz waren sehr zweckmässig eingerichtet, boten aber doch den Luxus einer (Kalt-) Wasserdusche und eines eigenen WC. Ich erschrak nicht schlecht, als ich zum ersten Mal die Klo-Spülung betätigte, und mir ein Frosch aus der Schüssel entgegengesprungen kam. Ich taufte ihn Felix. Wir würden ihn wohl noch ein paar Mal treffen, da die Frösche gerne auf der kühlen Emaille in der WC-Schüssel hockten.
Eines frühen Morgens, ich schlief noch friedlich, schrie der auf dem Klo hockende Jörg plötzlich auf. Als ich fragte, was los sei, meinte er, ich wolle das gar nicht wissen. Skorpion, fragte ich? Als Jörg bejahte, sagte ich noch im Halbschlaf, dass er sich das sicher nur eingebildet habe, das sei sicher ein Frosch gewesen. Ich stand auf und motzte vor mich hin, er solle nicht so blöd tun, immerhin hatte er mich beinahe mitten in der Nacht geweckt, das mag ich überhaupt nicht und war dementsprechend angesäuert. Ich ging selber ins Bad, zog den Abfallkübel weg....und da sass tatsächlich ein verdammter Skorpion. Ein schwarzer Skorpion, die gefährlichsten Biester unter den Skorpionen. Wenn sie erwachsen sind, und mehr als 7 Segmente im Schwanz haben, sind sie für den Menschen lebensbedrohlich. Dieser hier hatte 6 Segmente, hatte Jörg tatsächlich noch die Nerven gehabt zu zählen. Das konnte doch einfach alles gar nicht wahr sein! Das hatten wir doch schon mal! Mehr oder weniger dieselbe Geschichte hatten wir schon 2015 erlebt, während unserer Ferien in Panama! Wieso immer wir?! Niemals habe ich je von anderen Reisenden gehört, dass sie Scheiss-Skorpione im Zimmer gehabt hatten, und wir gleich 2x in 3 Jahren! Natürlich war ich schlagartig wach, und rannte barfuss und im Nachthemd zum Schlafhäuschen der Angestellten, um Hilfe zu holen. Dabei weckte ich natürlich die halbe Lodge auf. Unser Guide schnappte sofort seine Machete und folgte mir zum Bungalow. Doch da waren wir schon zu spät, Jörg hatte das Biest, welches sich inzwischen hatte verkriechen wollen, bereits mit seinem Wanderschuh ins Jenseits befördert. Mein geliebter Jörg, der Skorpion-Töter. Unser Guide Marcello jedoch fackelte gar nicht lange, und schlug gleich noch mit seiner Machete zu, teilte das Vieh in 2 Hälften, nur um auch wirklich ganz sicher zu sein, dass es sich nicht mehr bewegen würde.
In der Lodge freundeten wir uns mit 2 Familien aus Deutschland an, die die meisten Ausflüge mit uns zusammen unternahmen. Es gab jeweils 2 Ausflüge pro Tag, jeweils einen am Vormittag und am Nachmittag. An zwei Tagen wurde noch ein zusätzlicher Ausflug morgens um 5:30 vor dem Früchstück angeboten. Die meisten Ausflüge konzentrierten sich hauptsächlich auf die Beobachtung von Wildtieren. Dabei fuhr man mit dem Motorböötchen los, und paddelte dann durch die zu dieser Jahreszeit überfluteten Wälder auf der Suche nach Affen, Vögeln und Faultieren.
Bei der frühmorgendlichen Tour ging es insbesondere darum, den Sonnenaufgang zu beobachten und Amanzonasdelphine zu sichten. Hier leben graue und pinke Delphine. Tatsächlich sahen wir einige davon, allerdings ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, Fotos zu schiessen. So schnell wie sie aus dem Wasser auftauchen, um Luft zu holen, so schnell sind sie auch schon wieder weg. Und man weiss nicht, wo sie das nächste Mal an die Oberfläche kommen.
Eines Morgens stand Piranha-Fischen auf dem Programm. Obwohl ich keinen Fisch esse, liess ich mir das natürlich nicht entgehen. Bei dieser Tour waren Jörg und ich auch alleine mit einem jungen Guide. Beim Piranha-Fischen verwendet man ein Stückchen Fleisch als Köder. Die Sache ist ein reiner Touristen-Gag, die Locals angeln normalerweise keine Piranhas, einfach weil an den Fischen nicht viel dran ist, und sich der Aufwand (und das ganze Fleisch) daher einfach nicht lohnt. Unser Guide war sehr erfolgreich, er zog tatsächlich einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser. Jörgs und meine Tätigkeit konnte man eher als Piranha-Füttern als als -Fischen bezeichnen, ständig frassen die gefrässigen Fische uns nämlich die Köder vom Haken. Sobald man etwas an der Leine zupfen spürte, musste man sofort mit ziemlich viel Schwung an der Angel (bestehend aus einem dünnen Ast mit einer Angelschnur) ziehen. Einmal hatte ich tatsächlich einen Fisch an der Leine, aber hatte diesmal mit viel zu viel Schwung an der Leine gezogen, so dass die Angelschnur zu mir zurückschwang. Ich erschrak so sehr, als der Fisch auf mich zuflog, dass ich aufschrieh, die Angel losliess und den Kopf einzog. Der Fisch konnte sich im Flug vom Haken lösen, flog über das Boot und tauchte auf der anderen Seite wieder ins Wasser. Jörg und der Guide waren nur noch am Grölen, dass muss ein lustiges Schauspiel gewesen sein. Trotzdem hatten wir auch noch etwas Glück, ich fing immerhin noch einen Fisch und Jörg deren 3. Der Guide musste uns allerdings helfen, die kleinen Viecher vom Haken zu nehmen, die scharfen Zähnchen flössen einem ganz schön Respekt ein.
Unser Guide Marcello hatte uns auch gesagt, wir sollen bloss nicht mit einer blutenden Wunde schwimmen gehen, wenn wir nicht als Piranha-Futter enden wollen. Er erzählte, dass die meisten schlimmen Unfälle geschehen, wenn Fischer vom Boot fallen und sich im Wasser an der Schiffsschraube verletzen. Das austretende Blut lockt die Piranhas an und die fressen einen bei lebendigem Leibe auf. Tatsächlich gingen wir auch einmal vom Bootssteg vor der Lodge aus schwimmen und wir waren tatsächlich etwas nervös, ins Wasser zu steigen, in Anbetracht dessen, was dort so alles im Wasser lauert, nebst Piranhas auch noch Kaimane etc. Aber wir wurden zum Glück nicht gefressen.
Aber dafür wurden die Piranhas gefressen, sie wurden nämlich grilliert und Jörg dann zum Mittagessen aufgetischt.
Eines Abends stand Kaiman-spotting auf dem Programm. Nach dem Abendessen, als es dunkel war, machten wir mit dem Boot auf, um nach den Tieren Ausschau zu halten. Eigentlich sollte man sie sehr leicht erkennen, an den im Licht der Taschenlampe reflektierenden Augen, wir sahen aber keine. Unser Guide aber erspähte im Schilf ein Kaiman-Baby, packte es und zog es aus dem Wasser. Nachdem er einiges über deren Anatomie und Lebensart erzählt hatte, fragte er, ob jemand den kleinen Kaiman in die Hand nehmen wollte. Bis heute verstehe ich nicht, was für ein Teufel mich geritten hat, als ich mich als einzige meldete. Ich bekam den Kleinen in die Hand gelegt und Marcello erklärte mir, wie ich den Kopf halten musste, damit er nicht nach mir schnappen konnte. Wie gesagt, fragt mich nicht weshalb ich das getan habe, der Baby-Kaiman hätte mir doch immerhin sicher schon einen Finger abzwacken können. Aber na ja, rückblickend war es trotzdem spannend, so ein Tier mal in Händen zu halten. Anschliessend nahm Marcello mir den Kleinen wieder ab, und liess wieder ins Wasser hinab, wo er sofort eiligst davonschwamm.
Während weiterer Ausflüge besuchten wir ein kleines Dorf am Ufer des Flusses, sowie das Haus einer lokalen Familie. Dort wurde uns gezeigt, wie die Menschen hier leben, wie sie Maniok (eines der Hauptnahrungsmittel in dieser Gegend) ernten, waschen und verarbeiten. Auch in der Logde gab es zum Frühstück immer auch Brot aus Maniok-Mehl. Generell war das Essen in der Lodge nicht gerade berauschend, es gab eigentlich immer dasselbe: Poulet, Fisch, Reis, Nudeln und Salat.
Bei der Familie durften wir ausserdem einige Früchte probieren, die wir bei uns in Europa nicht kennen. Die Menschen hier praktizieren eine Art Dreifelder-Landwirtschaft. Das müssen sie auch, da es nämlich strikt verboten ist, weitere Gebiete der Amazonaswälder abzuholzen bzw. abzufackeln, und die Regierung sei hier offenbar sehr strikt. Sobald irgendwo viel Rauch zu sehen sei, habe man am nächsten Morgen das Militär auf dem Plan, und die (Geld-) Strafen seien drakonisch.
Bei dem «Dorf», das wir besuchten, handelte es sich eigentlich eher um das Dorfzentrum. Dort gab es eine Schule, ein Krankenhaus, eine Art Mehrzweckhalle für Feste und Veranstaltungen, sowie einen Sportplatz. Im Dorf selber leben lediglich 5 Familien. Die übrigen Gemeindemitglieder leben verstreut entland des Flusses und kommen für Feste, Veranstaltungen und den Besuch der Kirche ins Zentrum. Ausserdem werden die Kinder täglich von einem Schulboot abgeholt und ins Dorfzentrum gefahren. In Brasilien gibt es Schulpflicht, die öffentlichen Schulen sind inkl. Universität kostenlos. Die Eltern kriegen sogar Schulgeld für die Kinder, werden andererseits aber auch bestraft, wenn sie ihren Kindern den Schulbesuch verweigern. Es wurde uns aber mehrfach gesagt, dass die Qualität der öffentlichen Schulen meist sehr schlecht sei. Um eine Universität besuchen zu können (wobei auch die öffentlichen Unis offenbar ein gutes Niveau hätten), sei es meist nötig, eine private Grundschule besucht zu haben, ansonsten sei das Niveau der Schüler zu gering. Absolut absurd. Was hat es denn für einen Sinn, eine kostenlose öffentliche Universität anzubieten, wenn die öffentliche Grundschule nicht ausreichend darauf vorbereitet? Gerade als wir dort im Dorf waren, war die Schule geschlossen. Es wurde uns erzählt, dass die Lehrer in Manaus wären, um bei der Behörde vorzusprechen, da sie seit 2 Monaten nicht mehr bezahlt worden waren.
Einmal im Monat kommt ein Arzt aus Manaus im Krankenhaus vorbei, um die Leute zu behandeln. Für Notfälle gibt es ein Amulanzboot, welches einen zu einem Amulanzfahrzeug bringt, um nach Manaus zu fahren. Aber die Familien hier haben vor allem die nötigsten Gegenmittel gegen Schlangengifte o.ä. gleich bei sich zu Hause zur Hand. Denn wenn man von den tödlichsten Tieren hier (die gefährlichste Schlange ist der Bushmaster) gebissen wird, reicht die Zeit nicht aus, um nach Manaus zu fahren.
Es ist schon ein sehr abgelegenes und einfaches Leben hier. Trotzdem fehlt es den Menschen an nichts, sie haben zwar nicht viel, aber sie haben genug zum leben. Und offenbar wollen sie auch nicht mehr. Wir fragen, ob es viele Kinder gibt, die nach dem Universitätsbesuch in der Stadt bleiben und nicht mehr nach Hause zruückkehren? Nein, sagen sie, die meisten Kinder, die an der Universität studieren, kehren später zurück und werden Lehrer an den Schulen im Amazonas. Und das ist es auch, woran es den Menschen hier am meisten mangelt: an Lehrern und Ärzten.
Die Wohngebiete hier seien erst seit etwa 7 Jahren elektrifiziert, erzählen uns die Leute, vorher hat es keinen Strom gegeben. Stolz wird uns die Waschmaschine vorgeführt. Für die Menschen hier ist eine Waschmaschine ein echter Luxus, ein Luxus, den sie noch nicht sehr lange haben. Die Menschen hier definieren Zeitabschnitte als «Vor-Lula» und «Nach-Lula». Lula war von 2003 bis 2011 brasilianischer Staatspräsident, gilt als korrupt und wurde deswegen auch zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Trotzdem lieben ihn die Leute hier im Amazonas, ihnen hat er sehr geholfen. Nicht nur, dass er die Schulpficht eingeführt und viele Infrastrukturprojekte ins Leben gerufen hat, auch sonst hat er viel für die Menschen hier getan. Sie erzählen uns, dass sie beispielsweise zum ersten Mal offizielle Besitzurkunden für die Grundstücke, die sie am Ufer des Amazonas bewohnen und bewirtschaften, erhalten haben. Damit war es ihnen auch möglich, Kredite bei den Banken aufzunehmen. Erst dadurch hatten viele Familien die Möglichkeit, sich ein Boot aus Metall und mit einem Motorantrieb anschaffen zu können, was ihre Leben massiv verbessert habe. Beispielsweise hatten Kinder von Familien ohne Motorboot vorher kaum eine Möglichkeit, die Schule zu besuchen, auch das Schulboot gab es «Vor-Lula» noch nicht. Aber auch all die Regelungen und Gesetze zum Schutz des Urwalds habe er erlassen.
Tja. Korruption ist ein Verbrechen, vor allem nach europäischen Massstäben. Aber ist ein korrupter Präsident auch wirklich immer ein schlechter Präsident?
Im Rahmen eines weiteren Ausfluges wurde uns die Kautschuk-Gewinnung vorgeführt. Aufgrund der rasant steigenden Nachfrage nach Kautschuk gab es in der Amazonasregion ab Mitte des 19 Jh. Bis Anfang 20 Jh. einen regelrechten Kautschukboom.
Der Kautschuk wurde in den tropischen Regenwäldern Amazoniens von wild wachsenden Kautschukbäumen gesammelt. Marcello zeigte uns, wie die Rinde der Kautschukbäume eingeritzt wird, so dass die Gummi-Flüssigkeit in unten angebrachte Blechbüchsen läuft. Anschliessend zeigte er uns, wie die Flüssigkeit über Rauch vulkanisiert wird. Anschliessend wird der Gummi noch 4-5 Tage in der Sonne gelagert, wodurch er dunkel wird. Marcello erzählte uns, dass viele Indigene missbraucht und zwangsverpflichtet wurden, um die Bäume ausfindig zu machen, und den Kautschuk zu gewinnen. Da dies am besten nachts gemacht wird, wenn es kühler ist und der Kautschuk weniger zäh, war dies eine sehr gefährliche Arbeit. Viele Arbeiter starben an Bissen von Skorpionen (die sich offenbar gerne in der Nähe von Kautschukbäumen aufhalten) und Schlangen, andere an Unfällen und Krankheiten wie Malaria. Den Arbeitern wurde versprochen, dass sie 5 Jahre für den Herrn arbeiten müssten, dann würden sie bezahlt werden und konnten nach Hause zurückkehren. Als sie nach 5 Jahren das Geld einforderten, erhielten sie dies auch. Kaum hatten sie sich aber umgedreht, um sich auf den Heimweg zu machen, schoss man ihnen in den Rücken. Die meisten Menschen, die für die Kautschukbarone arbeiten mussten, kehrten nie wieder nach Hause zurück.
Wir werden später nochmals auf das Thema Kautschuk-Boom im Amazonas zurückkommen.
Ein weiterer Ausflug führte uns auf eine Dschungelwanderung zusammen mit Marcello. Marcello hatte lange im Militär gedient, ist dadurch auch lizenzierter Guide für Überlebenstrainings und kennt sich in Sachen Überleben im Dschungel wirklich wahnsinnig gut aus. Er konnte uns viele Informationen geben über medizinische Pflanzen, zeigte wie man einen bestimmten Baum nutzen kann um im Notfall Signale zu geben, erklärte wie man aus Baumrinde eine Hängematte machen kann und führte vor, wie er aus Hölzern und Blättern Essbesteck und sonstige Utensilien herstellen kann. Das war wirklich sehr interessant. Während des Fussmarschs bastelte er auch ständig mit Palmenblättern irgendwelches Zeugs. Man bekam das gar nicht so recht mit, ständig zauberte er wieder etwas gebasteltes hervor. Zuerst einmal gab es geflochtene Fächer aus Blättern, um uns etwas Kühlung zu verschaffen. Dann gab es Kronen und Pfeil und Bogen aus Palmblättern für die Kinder.
Obwohl sein Englisch etwas dürftig war, hatten wir wirklich Glück mit Marcello als Guide, er hat wirklich Ahnung, wovon er redet.
Eines der absoluten Highlights unserer Zeit in der Lodge, war Maraja, ein junger Tapir, der jeden Tag in die Lodge kam und sehr zahm war. Er liess sich sogar streicheln, woran natürlich besonders die Kinder ihre helle Freude hatten. Eines Abends sassen Jörg und ich auf der kleinen Terrasse vor unserem Bungalow, als plötzlich Maranja über den Steg anmarschiert kam. Er setzte sich zu uns auf die Terrasse, liess sich von uns streicheln und schlief dann ein. Natürlich genau vor der Eingangstür, so dass wir erstmal über ihn drüber steigen mussten, als wir selber ins Bett gehen wollten.
Es war wirklich wunderbar, eine solche Begegnung mit einem wilden Tier zu erleben. Erst gerade noch vor einigen Monaten bestaunten wir Tapire in Gehegen im Zoo von Belize, und nun sass eines dieser Tiere, obwohl wildlebend und frei, direkt vor unserem Bungalow auf dem Holzsteg und wartete, bis wir wieder herauskommen würden, um ihn zu streicheln.
Trotzdem machte ich mir von Anfang an Sorgen um ihn. Zu diesem Zeitpunkt war der «Kleine» wohl bereits gute 100kg schwer. Irgendwann würde er ausgewachsen sein, ein 400kg Tier. Ich hatte den Verdacht, dass die Angestellten der Lodge die ganze Sache ziemlich unterschätzten, indem sie ihn fütterten und herzten. Wenn es zu einem Unfall kommen würde, und sei es nur, dass das süsse, etwas unbeholfene Tier einem Kind auf den Fuss trampen würde, müssten sie reagieren, und ich hatte Angst, dass es dem Geschöpf dann an den Kragen gehen würde. Die deutschen Familien mit den Kindern reisten einen Tag vor uns ab. Auch da kam Maranja sofort angerannt, als ob er es gespürt hat, um sich zu verabschieden. Am nächsten Tag allerdings, als wir abreisten, war er nicht mehr da. Wir hatten den Verdacht, dass die Angestellten ihn weggescheucht hatten, sobald die Kinder weg waren. Natürlich brach es mir das Herz, die Vorstellung, dass Maraja einfach fortgejagt wurde, wo er doch vorher immer willkommen war, und nicht verstehen kann warum. Trotzdem hoffe ich um seinetwillen, dass es so war, dass er zurück in die Wildnis ging und sein normales Leben als scheuer Tapir, weit weg von den Menschen und der Lodge, in Sicherheit verbringen kann.
Wir hatten wirklich eine tolle Zeit in der Lodge, haben viel gesehen, erlebt und gelernt und haben es sehr genossen. Viel zu bald war es Zeit Abschied zu nehmen, die lange Rückreise anzutreten und zurück in die laute und dreckige Grossstadt Manaus zurückzukehren.
Zurück in Manaus besuchten wir noch das Centro Cultural Usina Chamine, ein Museum, welches angeblich über den Alltag und die Kultur der Indigenen Bevölkerung im Amazonas Auskunft geben sollte. Tatsächlich wurde das Museum offenbar erneuert und beinhaltet nun eine Kunstausstellung lokaler Künstler. Das war zwar ganz nett, aber halt nicht das, was wir erwartet hatten.
Stattdessen liefen wir zufällig an ein weiteres, kleines Museum heran, welches nicht in unserem Reiseführer beschrieben stand. Dieses Museum war um einiges besser und befasste sich tatsächlich mit der lokalen Lebensart und der alten Traditionen der indigenen Stämme des Amazonas.
Anhang: Liste der gesichteten Tiere
- Roter Ara
- Toucan
- Gipsy Vogel
- Kingfisher / Eisvogel
- Kolibri
- Schwalben
- Spechte
- Diverse Vögel
- Kapuzineraffen
- Brüllaffen
- Totenkopfaffen
- Iguana
- Piranha (2 Typen: rot und gelb)
- Kaiman
- Tarantel
- Ameisen
- Amazonasdelphine (Pink & Grau)
- Faultiere
- Tapir
- Skorpion
- Frösche
- Elektrofische
- Libellen
- Termiten