Von Atlanta nach Philadelphia - eine Reise durch die amerikanische Geschichte
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Philadelphia - ein Tag mit viel Geschichte

Veröffentlicht: 24.02.2021

Freitag 11.06. – Philadelphia

Die Bildungsreise nimmt wieder Fahrt auf…Schon um 9.00h verlassen wir das Hotel in Richtung Independence Hall Visitor Center. Wir ergattern zwei Tickets für 9.30h für die Führung und passieren Security Checks etc. und stehen dann noch kurz an, bis es los geht. Da die Independence Hall ein National Park/National Monument ist, wird es von Rangern betreut, die hier auch die Führungen machen. Unsere Rangerin erzählt zunächst über die Geschehnisse vor der Unabhängigkeitserklärung. 

Der alte Gerichtssaal - Ort der Erschaffung der Unabhängigkeitserklärung

Wir sitzen derweil im alten Gerichtssaal und hangeln uns an den Worten der Frau entlang und graben in unseren spärlichen Erinnerungen der Mittelstufen-Geschichtsstunden. Die Amerikaner beherrschen solche Dinge natürlich aus dem FF und kennen alle Namen und Ereignisse. Nur nicht auffallen…Aber wer von denen kennt sich heute in der aktuellen Geschichte der Welt aus??

Es waren damals Ende des 18. Jahrhunderts einige Männer, die fast ein Jahr debattierten, bevor sie am 2.7.1776 die Erklärung als „big compromise“ (Großer Kompromiss) verfasst hatten. Am 4.7.1776 wurde dieser dann proklamiert und dieser Tag ist auch heute immer noch der größte nicht-kirchliche Feiertag in den USA. George Washington wurde erst 13 Jahre später Präsident, hatte aber an dieser Erklärung maßgeblichen Anteil. Bis Amerika einen eigenen Präsidenten wählen konnte, mußte es sich erst einmal durch die Unabhängigkeitskriege mit den Engländern kämpfen (wir erinnern uns an Jamestown, einer der Punkte unserer Reise) und eine Verfassung basteln.

Es ging damals ja auch sehr stark um die Frage der Sklaven (wir erinnern uns an unsere ersten Tage in Savannah und Charleston, die Sklavensituation in den Südstaaten). Bei der Verfassung und der zu jedem Bundesstaat gezählten Delegierten, war die Bevölkerungszahl maßgeblich. Da in den Südstaaten deutlich mehr Sklaven lebten, als in den nördlichen Bundesstaaten, entbrannte darüber ein Streit, wie man diese Menschen (!) nun zählen sollte, um maximalen Einfluß nehmen zu können.

Damals zahlte man zudem für Sklaven Grundsteuer, weil sie wie Eigentum in Form eines Hauses taxiert wurden. Entschieden wurde dann, daß fünf Sklaven als Äquivalent zu drei Weißen gezählt wurden.

Heute, wie damals, stellt jeder Bundesstaat zwei Senatoren, hinter denen in unterschiedlicher Zahl (bevölkerungsbezogen) Delegierte stehen. So ist der bevölkerungsbezogenen Größe der Staaten Rechnung getragen, wird aber im Congress nicht sichtbar, weil dort nur die zwei Senatoren pro Bundesstaat sitzen (wir erinnern uns an unseren Besuch im Capitol).

Diese Senatoren müssen die Mehrheitsmeinung ihrer Delegierten im Kongress vertreten.

Als dies dann alles mal soweit klar war, hat man 1776 dann eben die Unabhängigkeit vom Mutterland erklärt und hatte gleich wieder einen Krieg am Hals. Dieser wurde irgendwann England zu teuer (war ja auch ziemlich weit weg), so dass man 1781 die Kapitulation der Engländer erlebte.

Erst nach dem Bürgerkrieg (1861-1865) der Nord- gegen die Südstaaten, wurden die Sklaven dann wirklich befreit. Lincoln hatte 1866 diese Ergänzung zur Verfassung unterschrieben.

Erst 1924 erhielten Indianer (heute: Native Americans als politisch korrekter Titel, in Kanada heißen die First Nation) Staatsbürgerrechte. Im Jahr 1965 erhielten alle Schwarzen das Wahlrecht.

Independence Hall in Philadelphia

Angefüllt von diesen Zusammenhängen, dem Blick in den damaligen Tagungsraum und das historische Gestühl, verlassen wir die Independence Hall und laufen rüber, um die Freiheitsglocke anzusehen. Wieder Anstehen, wieder Security, wieder Rucksack durchsuchen lassen.

Ok, Bomben, Waffen und Essen sind nicht erlaubt - kriegen wir hin!
Liberty Bell

Um 11.00h sind wir mit der Geschichte durch, kaufen uns Tickets für eine Hop-on-Hop-off Stadtrundfahrt und fahren bis zum Reading Terminal Market, der mal eine Bahnstation war, aber seit 1892 Markthalle und Fresstempel. Die im oberen Bereich liegenden Gleise sind längst mit Marmor belegt und man hat dort einen Ballsaal eingerichtet, der zum gegenüberliegenden Philadelphia Convention Center gehört. An einigen Amish Ständen gibt es mehr oder weniger Gutes. Die Pretzel sind elend fettig und schmecken in Baden-Württemberg deutlich besser.

Im Reading Terminal Market

Beim Versuch, den Rundfahrtbus wieder zu besteigen, werden wir durch Platzmangel ernüchtert. Wir laufen zurück nach Chinatown und warten dort in der prallen Sonne nochmal rund 30 Minuten auf den blöden Bus. Wir bleiben – nachdem wir dann einen Platz im oberen Deck an der Luft haben – erstmal an Bord, fahren entlang von gigantischen Museen, Gemäldegalerien und dem Zoo. 

Im Viertel für Antiquitäten steigen wir aus und gehen zu Fuß weiter. Wir laufen durch die South Street, die sowohl verrückte Läden wie auch das dazugehörige Publikum hat. 

South Street Philadelphia

An Penn’s Landing – der „Promenade“ am Ufer des Delaware River sehen wir ein Segelschiff und andere Schiffe liegen. 


Erneut warten wir an der Busstation auf den Bus, wieder vergebens. Geben nach 30 min auf und laufen weiter zu Fuß. Wir schauen uns in der kleinen Elfreths Street um – der am längsten bewohnten Straße der USA. Kleine Häuschen, auch heute noch bewohnt. 

Elfreths Landing

Das Nancy Ross House ist nicht weit. Wie in den USA üblich ist auch dies ein Historic Monument. Wobei die dortige ehemalige Bewohnerin lediglich die erste Flagge der USA genäht - damals mit 13 Sternen, weil 13 Staaten die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet hatten. Wie toll! Wir sparen uns eine eingehendere Besichtigung und fragen uns wieder, warum dort jede Menge Menschen nach einer Besichtigung anstehen.

Nancy Ross House

Wir trudeln zur Jewellery Row, der Straße der Schmuckhändler. Aber hier ist zwischenzeitlich alles dicht. Also weiter – und so kommen wir am Quaker House vorbei. Die Quaker haben einst Philadelphia gegründet.

Wir gehen entlang des Christ Church Friedhofs, wo Benjamin Franklin beerdigt ist und sehen seinen schmucklosen, aber großen Grabstein. Er war auch an der Unabhängigkeitserklärung maßgeblich beteiligt und war zudem ein ziemliches Phänomen. Mit nur 2 Jahren Schulbildung hat er sich dennoch so viel erarbeitet, so dass er – nachdem er mit 12 Jahren zu arbeiten begonnen hatte – sich mit 42 zur Ruhe setzte. Er war Drucker und hat auch etliche Interessensvertretungen gegründet. Seine Druckerei steht noch als Museum an der Market Street.

Damals Druckerei, dann Post

Zurück im Visitor Center ist es nun 16.00h und wir schauen uns um 16.15h noch einen Film über die Zeit des Unabhängigkeitskrieges an – aus dem Blickwinkel von vier jungen Menschen, deren Gedanken aus Briefen und aufgefundenen Tagebüchern filmisch aufbereitet wurde. Das ist – wie so häufig in diesen Filmen – wirklich sehr gut gemacht. Irgendwie können die Amerikaner solche historischen Filmchen (die laufen ja meist nur 20-30 Minuten) wirklich sehr gut verständlich aufbereiten, die nicht mit Jahreszahlen um sich werfen und man sich gut unterhalten informiert.

South Street Philadelphia

OK, unsere Füllgrenze für Historie ist nun auch erreicht und wir gehen in Richtung Market Street, wo wir nach kurzem Bummel dann im „Gigi“ einen Salat essen. Um 21.00h sind wir im Hotel und packen unsere Sachen. Morgen fliegt G. heim.

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