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Der Amazonas Boliviens und die Abenteuer mit Capi unserem Kapitän

Veröffentlicht: 27.06.2017


Wir sind wieder im Dschungel gelandet und zwar in der Nähe von Villa Tunari, genauer gesagt auf einem Boot im "Rio Ichilo".

Ein Voluntariat, eintauchen in das Leben auf einem Boot und das kennenlernen einer indigenen Comunidad die sich " el pallar" nennet. Die ersten Tage verbringen wir im Hafen von Puerto Villaruel. Unsere Aufgabe besteht hauptsächlich darin, vegetarisches Essen für den Kapitän zuzubereiten und das Boot zu putzen. Mega klasse, so lässt sichs leben.

Unser Kapitän ist total witzig, er ist ein sehr gebildeter Mann, ein Träumer, ein Seeman, ein Musikliebhaber, ein leidenschaftlicher Fischer, ein Geschichte Fanatiker, ein Kulturenkenner, ein Genieser, ein angehender motivierter Vegetarier, ein ehemaliger Marinechef des Militärs (was sich leider nicht verstecken lässt), alles in allem ein sehr interessanter Herr mit dem wir die nächsten Wochen verbringen werden.

Zwei Mädls aus Agentinien sind auch mit onboard. Wir kaufen alle Vorräte für die nächst en 10 Tage ein und ab gehts auf den Fluss. Mit einer herrlichen Aussicht und Musik geht es ganz gemütlich flussabwärts bis wir am Hafen von "el pallar" anlegen. Interessierte Blicke treffen auf uns. Wir gehen das erste mal in die Comunidad. Es fühlt sich etwas komisch an, da wir alle ansehen und auch von allen angeschaut werden. Der Kapitän ist hier bekannt und die Leute freuen sich über seinen Besuch. Wir gehen zum Oberhaupt der Gemeinschaft, Jhonny, er ist so etwas wie der Bürgermeister hier. Er hat einen sehr strengen Blick, da es so scheint als fehlte ihm ein Auge. Die ganze Familie ist vor dem Haus versammelt. So ca. 10 Kinder, was hier ganz normal ist, die Oma, Tanten, Onkels und Geschwister- irgendwie sind hier alle verwandt. Alles ist noch etwas fremd und wir merken, dass wir uns erst langsam eingewöhnen müssen. So geht es ab aufs Boot, wo lecker gekocht und gechillt wird. "todo tranquillo"!

Unsere Tage sind etwas unstruckturiert, wir kennen unsere Aufgaben noch nicht so richtig und in einem Leben mit dem Kapitän ändert sich alles binnen weniger Minuten. Jedoch spielen wir jeden Tag am nachmittag mit den Kindern und auch die Erwachsenen nähern sich uns. Eines Abends machen wir eine kleine Feuershow für die Menschen hier, was alle total freut. Wir besuchen auch die Schule immer wieder, ein wahnsinn, dass man das überhaupt Schule nennen kann.

Am "dia de la madre" (27.5, Muttertag) gibt es ein großes Fest. Jede Familie bereitet in ihrem Haus einen "chicha de yuca" (alkoholisches Getränk aus Yuca) zu, diese dann vereint wurden. 200 liter chicha gibt es schlussendlich.

Am Abend zuvor gibt es ein Theater der Jugendlichen, welches schrecklich ist. Es geht hauptsächlich um Sex und Gewalt. Der große Einfluss dieser Themen "reagaton", die einzige Musikrichtung welche die Kinder interessiert. Auch die Lehrer geben eine kleine Tanzeinlage und Ruben und ich spielen mit dem Feuer.

Es wir chicha getrunken und getanzt. Am nächsten vormittag gibt es Tänze, Gedichte und Spiele, ein gemeinsames Essen und alles was das Mutterherz begehrt :-)

Wir genießen es mit der comunidad zu feiern und zu teilen.

Wir wohnen jetzt gemeinsam mit den Mädls am Boot, kochen jeden Tag lecker und die Kinder sind ständig herum, fragen uns wann wir mit ihnen spielen, sie kochen mit uns und fischen natürlich auch. Beim entnehmen der gefangenen Fische tun wir uns sichtlich schwer, doch hier können die Kinder so ziemlich alles und Rosemaire die kleine 6 jährige nimmt den Fisch und das Messer, schneidet ihn auf und erklärt uns dabei wie es richtig geht ;-)

Neben dem Fisch fritieren wir auch Bananen (grüne Kochbananen/ ihr müsst wissen es gibt mehr als 100 verschiedene Sorten von Bananen) ja diese Bananenchips nennen sich "Chipilos" und die bereiten wir fast jeden Tag zu.

Gemeinsam mit den Mädels wird auch das Volunteerhaus vom Urwald befreit. Seit einigen Monaten lebt hier niemand und er Wald nimmt sich schneller alles zurück als man glaubt. Das Haus ist voll von Termitenbauten und rund herum wächst alles kreuz und quer und das ziemlich hoch. Bewaffnet mit Macheten machen wir uns ans Werk und hauen alles bis zum Erdboden nieder. Hier im Jungel muss man sein Haus vom "monte" rein halten ansonst besuchen einen unangenehme Gäste. Als wir mit der Machete arbeiteten schlug ich ungewollt auf einen riesen Frosch, den ich notgedrungen töten musste :-( Ruben schlug auf eine Pflanze und wurde von Wespen angegriffen, mit 4 Stichen kam er aber noch gut davon. Eve stieg in einen Ameisenbau und musste sich schnell aus ihren Schuhen und Socken befreien um die vielen beissenden Tierchen loszuwerden. Als wir mit der Machete die Wurzeln duchhauten begegnet uns eine kleinere feuerrote Schlage, die Erwin schneller als wir schauen konnten ihres Kopfes entledigte. "Coral", sie war giftig und sie bewegte sich auch ohne Kopf noch ca. eine halbe Stunde. Ja so lernten wir was man macht wenn man einer Schlange begegnet.

So reinigten wir das Haus und in ca. 4 Tagen waren wir damit fertig und konnten hier auf unserem neu gereinigtem Grundstück mit den Kindern spielen. Wir knüpften Bänder, stellten wunderschöne Traumfänger her, spielten Lauf und Fangspiele, fischten und eines Tages malten wir das ganze Haus bunt an. Das malen begeisterte die Kinder, auch die kleinsten kamen und waren schon mit einem Jahr voll bei der Sache. Auch Mütter kamen und malten, sowie die Jugendlichen des Dorfes. Es war sehr schön zu beobachten wie freudvoll die Kinder malten und das schönste war, dass es total egal war ob man sich anmalt oder nicht, weil später wird sowieso geduscht ;-)

Ein eher unangenehmer Teil des zusammenseins mit den Kindern war, das Materialien hier für die Kinder etwas nicht alltägliches sind und wir wurden ständig beraubt. Die Kinder wickelten heimlich Fäden ab, stahlen Fäden die wir für Aufhängungen platzierten, ja mit dem hatten wir jeden Tage aufs neue eine wichtige Message zu verkünden.

Wir wurden hier auch einige Male zum Essen eingeladen. Luis jagte die verschiedensten Tiere und wir kamen in den Genuss "Havalie" (Wildsau) und "tejon" zu essen, das von seiner Frau auf dem Feuer zubereitet wurde. Luis Familie bestehend aus Amiel 6, Jeseian 4, Jessica 1, Carmen Sopfie 2Wochen und seiner taubstummen Frau Grecia. sie leben in zwei kleinen Hütten. Die eine dient zum kochen und essen die andere zum schlafen. Als wir zum essen eingeladen waren sassen wir auf zwei kleinen Bänken, die Kinder und die Mutter jedoch am Boden. Es war dunkel eine kleine Glühbirne wurde aufgehängt und in einer Ecke glühte das Feuer auf dem gekocht wird. So lebt Luis und seine Familie, wie auch alle anderen in der Comunidad sehr einfach und sind dabei sichtlich glücklich. Die meisten Familien leben hier vom Holzverkauf und vom Fischen. Fast jede der Familien bewirtschaftet ihr "chaco" (Acker) wo hauptsächlich Yuka und Bananen zum eigen verbrauch angebaut werden. Sie halten auch Hühner um ihrer Eier zu verspiesen, an ganz besonderen Tagen wird auch mal ein Huhn getötet und verzehrt. Zum einkaufen fährt immer wieder ein Boot nach Villaruel, wo die Menschen Lebensmittel wie Zucker, Salz oder Mehl besorgen. Eine der Frauen bäckt fast jeden zweiten Tag Kuchen, in dessen Genuss wir kamen und uns für 1 Boliviano das Stück einen Schmackhaften nachmittags Snack kauften. So integrierten wir uns Stück für Stück in die Comunidad und die Menschen hier wurden zu unseren Freunden.

Wir lernten hier in "el pallar" jeden Tag etwas neues, vor allem von den Kindern. Wir sahen die verschiedensten Tiere wie Krokodile, Papageien in den verschiedensten Farben, Schlangen, Millionen von Moskitos, Schmetterlinge, Gürteltiere und ja einige von ihnen sind hier auch ganz normale Haustiere. Wir teilten mit den Mensch hier und konnten das ein oder andere über die Kultur der Yurakare erfahren.

Der etwas unangenehmen Part dieser Gegend, ist der Anbau von Cocablättern, welche zu Cocain verarbeitet werden. Bolivien's (illegaler) Hauptwirtschaftszweig ist die Produktion von Cocain. Der Anbau der Cocablätter lässt den Lebensraum der Comunidades immer mehr schrumpfen. Das schlimmste in meinen Augen ist jedoch, dass zur Herstellung von Cocain sehr giftige Komponenten benutzt werden und vor allem die Kinder hier damit beschäftigt sind diese zuverarbeiten.

Dies ist eine der traurigen Seiten Boliviens, doch ist es interessant diese kennenzulernen!

Nach ca. 4 Wochen verabschiedeten wir uns von "el pallar" und seinen herzlichen Bewohnerinnen, was uns sehr schwer viel und machten uns auf die Weiterreise Richtung Süden...Oruro, eine Stadt im Herzen des Altiplanos heisst unser nächstes Ziel.

Danke an die Comunidad und an "Capi", welche uns diese einzigartigen Erlebnisse ermöglicht haben und uns unvergessliche Momente schenkten :-) 

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