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Wir leben noch! ;)

Veröffentlicht: 10.11.2019

Da sind wir wieder. Ja, es ist eine Weile her, wir wollten uns schon lange melden. Aber unser Laptop hatte einen üblen Trojaner eingefangen und es hat eine Weile gedauert, bis wir den besiegen konnten. Dank Virusscanner, Systemwiederherstellung, dem Rat eines IT Spezialisten und Neuinstallation sämtlicher Apps sind wir wieder schreibklar. Oh, und es gibt sehr viel zu schreiben!

Also, zuletzt waren wir ja eine Woche in den katalanischen Pyrenäen in einem AirBnB. Es waren gemütliche Tage mit leichten Wanderungen, Besichtigung der umliegenden Städtchen und Dörfer und (für unsere Verhältnisse) viel Sport. Gleichzeitig merkten wir aber, dass irgendetwas in der Luft lag. Nach 3 Monaten zusammen reisen auf kleinstem Raum rückten wir uns langsam aber sicher wieder auf die Pelle. Was für viele wie ein romantisches Märchen klingt – zusammen die Welt entdecken, romantische Abende am Strand mit dem eigenen Camper verbringen, unendlich viel Zeit füreinander zu haben – ist manchmal eine echte Herausforderung. Man ist ständig aufeinander, die kleinsten Dinge fangen plötzlich an zu nerven, und nicht selten endet das ganze in einem Teufelskreis. Wir hatten ja Ende August bereits unsere erste Erfahrung mit einer kleinen Beziehungskrise in Slowenien gemacht. Von daher wussten wir, was wir brauchten: eine Auszeit voneinander. Und da Sarah sowieso ein bisschen Heimweh hatte, beschlossen wir, dass sie für ein paar Wochen zurück in die Schweiz fliegt, während ich nach Spanien fahre und alleine bei der Olivenernte helfe. Zwei Tage nach dieser Entscheidung stieg Sarah morgens um 6.30 Uhr beim Terminal1 in Barcelona aus dem Camper und flog nach Zürich, während Filou und ich weiter nach Spanien/Tortossa fuhren.

So, und an dieser Stelle gibt es zwei Blog-Versionen, einmal von Sarah und einmal von mir, da wir die letzten Wochen ja nicht gemeinsam verbracht haben. Ich fange mal mit Spanien an.

Steffis’ Version

Es war ganz schön komisch, alleine mit dem grossen Camper ab Barcelona weiterzufahren (und nein, vom Streik oder sonstigen Unruhen haben wir nichts mitgekriegt). Nach drei Stunden Fahrt bog ich kurz nach Tortossa in der Region Katalonien auf eine unbefestigte Nebenstrasse und erreichte 4 Kilometer später die Finka von Chris und Annette, dem Deutschen Auswandererpäärchen, bei dem ich die nächsten zwei Wochen workaway machen werde. Es war 27 Grad warm und der Himmel wolkenlos (anfangs November!). Nebst den beiden gab es da noch Mario, ein 23-Jähriger Deutscher, der selber gerade nach Spanien auswandert, sowie Joey, eine 28-jährige Engländerin, welche die Wintermonate lieber im Süden verbringt als im nasskalten Wales.

Inzwischen bin ich seit 10 Tagen hier. Von Anfang an habe ich mich sehr willkommen und wohl gefühlt. Auch Filou geht es gut, der kann den ganzen Tag lang durch das riesige Grundstück mit den weitläufigen Olivenplantagen spazieren. Chris und Annette sind tolle Hosts. Chris ist einer, der weiss einfach alles. Von der Geschichte rund um die Region, von Garten und Handwerksarbeiten, von Politik und Wissenschaft etc. Man kann super interessante Gespräche mit ihm führen. Und er kann verdammt gut kochen! Annette ist begeisterte Yogalehrerin und hat uns in der ersten Woche 3 x 1.5 Stunden Yoga beigebracht. Es gibt hier noch eine weitere, kleine Finka, die zu einem Yoga-Haus umgebaut wurde. Leider reist Annette morgen für ein paar Wochen zurück nach Deutschland, dann müssen wir mal schauen, ob wir Yoga ohne sie schaffen. Nebst den Olivenplantagen mit etwa 150 Olivenbäumen, gibt es einen grossen Garten, Hühner, zwei Katzen (die mögen Filou nicht, akzeptieren ihn aber), einen Secret Forest mit einem riesigen Trampolin und Slacklines, da ein Wohnwagen, dort ein Zelt, hier ein Tiny-House… im Moment ist noch eine Sauna im Bau. Es hat auch zwei leistungsstarke E-Mountainbikes, die man ausleihen darf. Ganz in der Nähe beginnt der Naturpark Parc Natural del Ports, der mit vielseitigen Berglandschaften, Täler und Wälder zu wunderbaren Naturerlebnissen einlädt. Ihr seht also, der Platz hier ist ganz vielfältig und so etwas wie Langeweile gibt’s hier gar nicht! 😊

Der Workaway-Alltag hier ist relativ gut strukturiert. Wir beginnen werktags jeweils um 09.00 Uhr mit der Arbeit bis Punkt 14.00 Uhr. Danach gibt es Mittagessen und dann hat man den restlichen Tag frei. Um 19.00 Uhr treffen wir uns zum gemeinsamen Kochen in der Finka und je nach Lust und Laune bleibt man nach dem Essen noch eine Weile sitzen bei einem Gläschen Wein. Als Belohnung für die Arbeit gibt es gratis Unterkunft und Essen (oder in meinem Fall einen gratis Stellplatz).

Die Arbeit auf der Finka ist relativ vielseitig. Aktuell sind wir oft am Oliven ernten. Chris und Annette machen Öl und Essoliven daraus. Es gibt aber noch viele andere Aufgaben. Das Haus muss besser isoliert werden, die Vorarbeiten für die Sauna müssen erledigt werden, der Garten bewässert, die Olivenbäume gepflegt, die Hühner gefüttert, die Badezimmer geputzt usw.

An den Wochenenden machen wir oft Ausflüge. An meinem ersten Samstag hier sind wir an ein Pilzfestival in der Nähe gefahren, wo man unendlich viele Dinge mit Pilzen drin essen konnte (z.B. salzige und süsse Pilzwähen, Pilz Risotto, Pilztoasts etc.) und anschliessend ging es weiter auf einen Berg, wo wir zuerst Pilze gesucht und danach ein Picknick gemacht haben.

Am darauffolgenden Wochenende habe ich Tortossa angeschaut (eine Stadt etwa so gross wie Luzern) und am Abend nahm mich Chris zu einer Geburtstagsparty seines Freundes Stefan mit. Auf unbefestigten Landstrassen fuhren wir zusammen mit Annette und Filou 30 Minuten durch die Dunkelheit einen Berg hoch. Unser Ziel war eine abgelegene, wunderschöne Finka mit viel Umschwung, auf der Stefan und seine Freundin Sarah wohnten. Filou hatte dort seine eigene Party mit den rund sieben Hunden, welche die beiden momentan bei sich haben – sie betreiben eine kleine Auffangstation für Hunde. Bei der Party trafen wir auf andere deutsche Auswanderer, auf Einheimische und auf Punks – denn Stefan ist ein Punk 😊 Es war ganz ein toller Abend und ohne workaway hätte ich so etwas wohl nie erlebt 😊

Die Leute hier kommen und gehen. Annette reist morgen ab, Mario hat vor ein paar Tagen seine neue Wohnung in Tortossa bezogen, dafür ist heute Abend ein sympathisches Pärchen aus Italien angereist. Sie sind 24 und 26 Jahre alt, haben ihr Auto dabei und sagen, dass sie nicht mehr nach Italien zurückwollen. Einen genauen Plan haben sie aber nicht, sie sind einfach mal drauflosgefahren. Ich finde es bemerkenswert, wenn jemand den Mut hat, einfach mal so ins Ungewisse zu fahren 😊

Workaway finde ich toll, um viele unterschiedliche Lebensweisen bzw. Lebensarten kennenlernt. Ich empfinde das als sehr inspirierend, auch im Hinblick auf meine eigenen Wünsche, insbesondere die an die Zukunft. Wie will ich eigentlich leben? Was gibt es, was ich noch nicht kenne? Welche Optionen gibt es zu einem 9 to 5 Job und der dazugehörigen 3-Zimmer-Wohnung in der Schweiz? Workaway bietet die Möglichkeit, «andere» Erfahrungen zu sammeln, wobei man seine eigenen Vorlieben und Abneigungen besser kennenlernen kann.

Weiter toll an workaway finde ich das familiäre Zusammensein. Man begegnet sich als unbekannte Fremde, und wenige Stunden oder Tage später hat man das Gefühl, Teil einer Familie zu sein. Weitere Vorteile sind das Sammeln von neuen Erfahrungen, die Erweiterung von Wissen (in diesem Fall z.B. über den Prozess in der Herstellung von Olivenöl, über Yoga, über die Region Katalonien usw.) und natürlich hat das Ganze auch einen finanziellen Aspekt; Man gibt kaum Geld aus. Unterkunft und Essen sind vorhanden, man arbeitet und hat gar nicht gross Zeit und Lust, Geld auszugeben. In den 10 Tagen die ich inzwischen hier bin, habe ich nicht mal 50 Euro ausgegeben.

Und jetzt noch eine kurze Geschichte über Pepito:

Am letzten Sonntag, drei Tage nach meiner Ankunft, sass um 07.00 Uhr morgens ein kleines Hündchen vor meinem Camper. Es war ein schwarz-weisser Rüde. Ich dachte zuerst, dass er ein Strassenhund ist, denn davon gibt es viele hier. Doch nach genauerem Hinsehen passte sein Auftreten nicht zu dem eines Strassenhundes. Sein Fell war sehr gepflegt, die Zähne strahlend weiss und das Verhalten viel zu gut. Dieser Hund musste jemandem gehören. Wir ignorierten ihn am ersten Tag in der Hoffnung, dass er von alleine zurück geht. Als er am nächsten Tag auch noch da war, machten wir uns auf die Suche nach seinem Besitzer. Chris schaltete online ein Inserat und telefonierte ein bisschen rum. In der Zwischenzeit zog der Kleine bei mir und Filou in den Camper ein. Filou und Pepito – so hatte ich ihn vorübergehend getauft – verstanden sich ausgesprochen gut. Die beiden guckten uns den ganzen Tag lang bei der Olivenernte zu und ab und an jagten sie sich schwanzwedelnd quer über die ganze Plantage. Weil das Wetter gerade umschlug und es nachts stark windete, regnete und es kalt war, durfte Pepito sogar bei mir Camper schlafen. Ich in der Mitte, Filou links und Pepito rechts. Ich dachte erst, dass Filou vielleicht eifersüchtig reagieren könnte, aber er schien Freude zu haben, dass er mit seinem kleinen Kumpel eine Pyjamaparty schmeissen durfte. 

Nach vier Tagen haben wir die Besitzer, einen sympathischen Franzosen, der noch fünf weitere, grosse Hunde hatte, endlich gefunden. Er wohnte nicht mal einen Kilometer weit weg. Pepito war der einzige kleine Hund und ab und zu grub er ein Loch unter dem Zaun durch und erkundete die Gegend für ein paar Tage – das hat uns sein Besitzer jedenfalls so erklärt. Und im Übrigen heisst er Simba. Ich freute mich sehr, dass Simba wieder an seinem Plätzchen war. Er wedelte freudig mit dem Schwanz, als er sein Herrchen und die anderen Hunde begrüsste, es schien ihm dort wirklich gut zu gehen. Und trotzdem fiel es mir ein bisschen schwer – ein winzig kleiner Teil in mir hatte wohl insgeheim gehofft, dass er keine Besitzer mehr hat. Denn dann hätte ich ihn ganz sicher mitgenommen. Pepito war einfach eine richtige Zuckerschnute; ausgesprochen sozial und ruhig und viele weitere tolle Eigenschaften, er war einfach der perfekte Hund (Filou falls du das liest: natürlich nicht so perfekt wie du ;))

Und wie ist es eigentlich ohne Sarah? Also ganz ehrlich; Im Moment geniesse ich es, für ein paar Wochen alleine unterwegs zu sein. Das ist echt mal eine ganz neue Erfahrung, denn in den drei Jahren, in denen wir nun schon zusammen sind, waren wir nie länger als eine Woche getrennt. Nur schon die Tatsache, dass ich den Camper für mich alleine habe und wir uns darin nicht ständig auf die Füsse treten, finde ich toll. Aber je mehr Zeit vergeht, desto mehr vermisse ich meine Kleine. Ich freue mich schon sehr darauf, sie in 1-2 Wochen in Malaga wieder zu treffen 😊 


Und nun zu Sarah’s Part:

Home sweet home!

Letzten Donnerstag bin ich relativ spontan in die Schweiz gereist. Es war Zeit für Ferien von den Ferien, Familie und Freunde wiederzusehen. Angekommen am Flughafen Zürich gönnte ich mir traditionelles Schweizer Essen, ein Sandwich vom Brezelkönig. Und machte mich dann auf den Weg nach Hause. Das Schweizer Leben ohne GA oder Halbtax ist ein teures Leben. Naja, dafür durfte ich mich bei meiner Schwester gratis einquartieren. Juhuuu Sister-Roomies!

Meine Eltern wussten da noch nicht, dass ich in der Schweiz bin. Also rief Miriam meine Eltern an und sagte, sie käme zum Znacht vorbei. Meine Mutter hatte gerade die Grippe und erklärte, dass sie schon kommen könne aber sie müsse halt selber kochen. Natürlich kam dann am Abend nicht meine Schwester die Treppen hoch (sie musste arbeiten), sondern ich. Nach zwei drei Mal Gucken, realisierten meine Eltern, dass ich doch die andere Tochter sein muss. Surprise! Nach vielen Umarmungen, assen wir meine mitgebrachten Fertig-Flammkuchen zum Znacht. Mit Liebe selbst gekauft!

Die folgenden Tage verbrachte ich damit Freunde zu treffen, lecker bei Mama und Papa zu essen und das herbstliche schweizer Klima zu geniessen. Es ist wirklich super schön wieder Zuhause zu sein. Besonders schön ist es auch, weil es wirklich Ferien sind und ich mir keinen Stress machen muss wegen Arbeit, Wohnung oder sonst was.

Am Mittwoch fliege ich nach Alicante und reise von dort aus noch eine Woche alleine der spanischen Küste entlang. Am 21. November treffe ich dann meine allerliebste Steffi, mein Luusbueb Filou und meine Lieblingsschwester Miriam in Malaga. Vorerst bin ich aber sehr gespannt alleine zu reisen, eine neue Erfahrung für mich. Dios mio, ay caramba, vamos mujeres! Ich bin sehr zuversichtlich, dass meine guten Spanischkenntnisse mir behilflich sein werden. Ha, ich musste gerade selber etwas nervös lachen.

In diesem Sinne, hasta la vista und tschau tschau tschüss byebye ciao seisch en gruess ja du tschüss gell tschüsstschüss...



Bis zum nächsten Mal! :-) 


Autorin: Stephanie Köllinger


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