Veröffentlicht: 08.09.2019
Ciao amici!
Die Tage fliegen nur so vorbei; inzwischen sind wir seit 6 Wochen on the road und haben gestern unser viertes Land erreicht. Siamo in la bella Italia! Naja, sooo bella ist es bis jetzt noch nicht… jedenfalls nicht im Gegensatz zu Kroatien. Dort war alles wunderschön, die Natur, die Dörfer, aber auch die Strassen. Diese waren in Kroatien zu 90% in einwandfreiem Zustand, und hier in Italien fahren wir im Zickzack, um den ganzen Schlaglöchern und dem Müll, der an den Strassenrändern klebt und den es manchmal auf die Strasse weht, auszuweichen. Wir hoffen, dass wir dieses Land noch aus einem anderen Blickwinkel – dem des Bella Italia – kennenlernen dürfen.
Die letzten Tage in Kroatien konnten wir nochmal so richtig geniessen. Nach dem eintägigen Stopp auf dem kleinen Campingplatz in Komin, haben wir diesen frischgeduscht und mit vollen Wassertanks verlassen und sind nochmal für eine Nacht zu dem Platz bei der Kitesurfschule gefahren, wo wir zwei Tage zuvor schonmal waren. Nur gab es diesmal kein Gewitter, sondern viel Sonnenschein. Aber auch sehr viel Wind, weshalb der Platz ja auch so beliebt bei den Kitesurfern ist.
Wir verbrachten den ganzen Nachmittag auf unseren Campingstühlen vor dem Büssli – ich habe es endlich fertiggebracht, mein Journalismus-Studium zu beginnen, und Sarah guckte Netflix. Filou döste im Schatten und genoss den Wind, der durch sein Fell wehte.
Am nächsten Tag fuhren wir weiter von Ploce nach Dubvronik. Unterwegs mussten wir den Neum-Korridor passieren. So nennt man den 5 Kilometer langen Streifen entlang der dalmatischen Küste, der nicht zu Kroatien sondern zu Bosnien-Herzegowina gehört und deren einziger Meereszugang ist. Da Kroatien zu der EU gehört, Bosnien-Herzegowina jedoch nicht, müssen hier Personen- und Zollkontrollen durchgeführt werden. Das heisst, dass man hier auf jeden Fall den Ausweis zeigen und deklarieren muss, ob man etwas zu Verzollen hat. Und manchmal filzen sie das ganze Auto – so wie bei uns. Eine Polizistin ohne jeglichen Sinn für Humor forderte uns beim Grenzübergang auf, unser Büssli etwas abseits zu parkieren. Sie fragte, ob wir Marihuana oder sonstige Drogen bei uns führen. Tun wir natürlich nicht. «Okay», sagte sie, als ob sie uns kein Wort glauben würde, «when I find something, you go to jail». Sie betrat unser Home on Wheels und durchsuchte stichprobeartig Schränke und Taschen. Natürlich fand sie nichts, und so konnten wir wenig später unseren Weg fortsetzen.
Nachdem wir den Neum-Korridor passiert und wieder kroatisches Staatsgebiet erreicht hatten, fiel uns auf, dass die entgegenkommenden Autofahrer ihre Lichthupen betätigten. Panisch kontrollierten wir, ob das Scheinwerferlicht aus Versehen an war, ob irgendwo Rauch austrat oder sonst etwas aufleuchtete. Wir fanden nichts, allerdings fuhr das Auto vor uns plötzlich superlangsam. Vielleicht hatten die anderen Autofahrer ja dieses Auto gemeint? Als wir hinter der nächsten Kurve die Polizei mit einem Messgerät stehen sahen, fiel bei uns der Groschen. Wir wurden vor einer Geschwindigkeitskontrolle gewarnt! Für uns als Neulenker war das - was sonst - Neu. Keine Ahnung, ob man sich in der Schweiz auch gegenseitig mit Lichthupen warnt?
Nach insgesamt zwei Stunden Fahrt trafen wir in Dubrovnik ein. Dubrovnik gilt als eine der schönsten Städte am Mittelmeer und wurde insbesondere durch Game of Thrones international bekannt, da gewisse Ortsteile von Dubrovnik als Kulisse für die Serie genutzt wurden. Das Stadtzentrum wird von einer imposanten, fast zwei Kilometer langen Stadtmauer umrahmt und ist innerhalb dieser Mauer autofrei. Weiter gibt es viele verschiedene Klöster und sonstigen historischen Schnickschnack in- und ausserhalb der Stadtmauern, die eine Besichtigung wert sind.
Wir parkierten 3 Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums auf dem Parkplatz des örtlichen Spitals. Den Platz hatten wir selbstverständlich durch unsere Camping App (park4night) gefunden (echt, ohne diese App wären wir am A***). Für 13 Euro konnten wir 24 Stunden lang hier stehen und legal übernachten. Der Parkplatz wurde von einem sehr netten Security rund um die Uhr bewacht, so dass wir das Büssli sorglos für mehrere Stunden stehen lassen und die Stadt besichtigen konnten.
Wir liefen die drei Kilometer bis ins Stadtzentrum zu Fuss. Dieses war – obwohl schon anfangs September – überschwemmt mit Touristen aus der ganzen Welt. Wir hatten gehört, dass man an manchen Tagen in einer endlosen Schlange ansteht um ins Innere der Stadtmauern zu gelangen. Das war heute zum Glück nicht der Fall.
Wir hatten uns vor Ort mit Jamie und Wolfgang verabredet, die wir die Woche zuvor auf Cres kennengelernt hatten, und schlenderten gemeinsam mit ihnen durch die Gassen und bewunderten die Vielzahl an architektonischen Künsten. Uns fiel dabei auf, dass es hier überall Katzen gab. Sie lagen im Schatten beim Eingang zur Kathedrale, auf den Treppen vor den Hauseingängen, zwischen den Tauben auf der Strasse, unter den Tischen in den Restaurants. Kurz: sie waren allgegenwärtig. Der Grossteil schien zwar herrenlos aber nicht scheu zu sein. Sie liessen sich von den Touristen streicheln und natürlich auch füttern. Die meisten hielten allerdings nicht viel von Filou, bis auf eine kleine weisse Katze. Als wir auf der Terrasse eines Restaurants etwas tranken – Filou lag unter dem Tisch – kam sie neugierig angeschlichen. Sie machte den Eindruck, als wolle sie sich zu Filou hin kuscheln, allerdings hatte der seine Erfahrungen mit Katzen gemacht und war entsprechend skeptisch. Wieder so eine, die grundlos versuchen würde ihm die Augen auszukratzen? Schlussendlich schickten wir die Katze weg, da Katzen in unseren Augen unberechenbar sind und Filou angeleint unter dem Tisch keine Chance hätte bei einem Miauzistischen-Angriff.
Später fand ich heraus, dass sie Stadt die Katzen toleriert, da sie Ungeziefer fernhalten. Und ganz offensichtlich sind sie auch eine Touristenattraktion.
Während Sarah und die Jungs einen Rundgang auf der Stadtmauer machten, setzte ich mich mit Filou in ein Kaffee und bestellte ein Bier. Mir waren es die 30 Euro nicht wert, die man für das Ticket bezahlen muss, nur um auf die Mauer hoch zu kommen. Allerdings war auch das Bier nicht gerade günstig, wie ich beim Bezahlen erschrocken feststellen musste: 8 Euro! Tja, wo die Touris, da die Preise.
Gegen Abend wollten wir mit der Gondelbahn auf Srd hochschweben. Srd ist der 400 Meter hohe Hausberg von Dubrovnik, die Talstation liegt direkt hinter der Stadtmauer. Dort oben soll man einen grossartigen Ausblick haben und den Sonnenuntergang über den Dächern der historischen Stadt beobachten können. Wir freuten uns schon auf dieses Spektakel, allerdings kam dann die grosse Ernüchterung als uns mitgeteilt wurde, dass Hunde in der Gondel verboten sind. Selbst mit Maulkorb, den wir extra eingepackt hatten. Doch wo eine Türe zugeht, da geht eine andere auf – in diesem Fall die Autotür eines Taxis, dessen Fahrer unseren Filou sogar auf dem Beifahrersitz tolerierte und uns die kurvigen Strassen nach Srd zu einem günstigeren Preis als mit der Gondel hochfuhr.
Oben angekommen, war der Sonnenuntergang leider schon vorbei. Egal, wir packten die Bierchen aus, die wir zuvor im Supermarkt gekauft hatten, und genossen den Panoramablick auf das beleuchtete Dubrovnik by night. Den Berg runter wollten wir dann zu Fuss laufen. Allerdings war es schon super dunkel und der Weg viel schwieriger und länger als gedacht, da viel loses Gestein herumlag. Sarah hat sich eine Blase an der Ferse geholt und ich war kurz davor. Nach einer Stunde waren wir endlich wieder unten in der Stadt und verabschiedeten uns von Jamie und Wolfgang. Diesmal für längere Zeit, denn sie würden am nächsten Tag wieder Richtung Bayern fahren und wir via Fähre nach Italien. Vielleicht kommen sie uns unterwegs mal besuchen, oder wir legen einen Zwischenstopp in Bayern ein. So oder so, wir sind sicher, wir werden sie wiedersehen.
Die drei Kilometer von der Stadt zum Spital legten wir – trotz Blasen – auch noch zu Fuss zurück und waren, als wir unser Bett erreichten, so k.o. und todmüde wie schon lange nicht mehr. Filou hörte man schon nach zwei Minuten schnarchen, und wenig später waren auch wir weg.
Für den nächsten Tag war geplant, dass wir die Fähre nach Italien nehmen. Allerdings fuhr diese in der Nacht, wir mussten somit erst um 20.00 Uhr im Hafen sein. Den Tag verbrachten wir getrennt – Sarah ging nochmal nach Dubrovnik und anschliessend im Meer baden, während ich tatsächlich meine Studiensachen hervorkramte und mehrere Stunden an meinem Journalismus-Studium arbeitete. Wenn man einmal angefangen hat und drin ist, dann läufts eigentlich recht geschmeidig. Jedenfalls bin ich jetzt so richtig motiviert und habe Freude daran, wieder etwas Neues zu lernen.
Die Überfahrt mit der Fähre war ein richtiges Abenteuer. Wir bezahlten 260 Euro für die Fähre für zwei Personen inkl. Camper und Hund. In meinen Augen ganz okay, die Überfahrt dauert fast 10 Stunden und wenn wir nach Süditalien mit dem Camper gefahren wären, hätten wir alleine für Sprit sicher das Doppelte- oder Dreifache bezahlt. Allerdings war in dem Preis kein Schlafplatz dabei. Da die Autos unter Deck waren, war es aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt, im Camper zu übernachten. Und wir konnten auch keine Kabine buchen, da Hunde in den Kabinen verboten waren. Uns blieb also nichts anderen übrig, als unsere Luftmatten und Schlafsäcke mitzunehmen und irgendwo auf Deck zu schlafen. Wie wir wenig später feststellen mussten, waren wir bei weitem nicht die einzigen mit diesem Vorhaben. Überall in den Gängen und im Restaurant, sogar draussen auf dem offenen Deck, sah man provisorisch eingerichtete Schlafplätze – Strandtücher, Luftmatratzen, Strickdecken – wir sahen unter anderem ein riesiges aufblasbares Bett mit einer vierköpfigen Familie darin liegen.
Wir hatten uns in einem der Korridore installiert. Unsere beiden Luftmatten bildeten zusammen mit der Wand ein Dreieck, in dessen Mitte Filous Kuscheldecke lag. Filou schien zwar nicht ganz zu verstehen wieso wir heute Nacht hier schlafen müssen, aber wie er halt so ist: er macht alles mit. Hauptsache er ist dabei.
Wir haben uns im Vorfeld ein paar Netflix-Serien heruntergeladen und lagen mit unseren Handys und Kopfhörern da, Filou zwischen uns eingekuschelt. Ständig lief irgendwer vorbei, doch Filou war so müde und nahm davon keine Notiz mehr. Kurz vor Mitternacht kam ein korpulenter Herr und legte sich nicht weit von uns hin. Wenige Minuten später erfüllte er den ganzen Korridor mit lauten, hartnäckigen Schnarchgeräuschen – sogar meine Kopfhörer waren machtlos dagegen. An Schlaf war vorerst nicht zu denken. Erst als er sich irgendwann auf die Seite rollte, verstummte das Rasseln halbwegs und ich nutzte die Gelegenheit, um in die Welt der Träume zu flüchten.
Am nächsten Morgen trafen wir pünktlich um 08.00 Uhr in Bari ein und nahmen mit unserem Büssli Kurs auf in Richtung Maglie in der Region Lecce, wo die Tante und der Onkel von Sarah wohnen. Und wo Morgen auch der Papa von Sarah aus der Schweiz aus eintreffen würde. Nach zwei Stunden kamen wir an und wurden freudig begrüsst. Ein Cousin sowie eine Cousine von Sarah wohnen auch dort, und im Haus nebenan gab es nochmal einen Bruder vom Vater mit vier Kinder und im Nachbardorf lebten auch nochmal ein paar Zias und Zios und irgendwelche Cousinen… ja, ich habe absolut keinen Überblick darüber wer mit wem Verwandt ist, ich glaube nicht mal Sarah blickt da ganz durch, aber es spielt ja auch keine Rolle. Die Leute freuen sich über unseren Besuch und wir freuen uns hier zu sein. Wir planen etwa eine Woche zu bleiben und haben sogar ein Zimmer im Haus. Nach 6 Wochen endlich wieder einmal ein richtiges Bett, wo keine Zehen die Wand berühren.
Am nächsten Tag kam Sarah’s Papa Salvatore an. Die Freude war gross, insbesondere für Filou, denn er und Salvatore sind dicke Freunde. Als wir noch in der Schweiz wohnten, verbrachte Filou mindestens einen Tag in der Woche bei ihm.
Am Nachmittag fuhren wir an den Strand. Ein Sandstrand. Und ich muss hier meine Meinung zu den kroatischen Kieselstränden ändern – sie sind vielleicht etwas unbequemer, aber man hat immerhin nicht überall Sand in der Tasche, in den Haaren, in der Unterwäsche, am Handy, in den Schuhen, im Auto, im Mund. Aber war natürlich trotzdem schön 😊
So, so viel also zur Vergangenheit bis ins Jetzt. Und was geht ab in the future? Tatsächlich haben wir jetzt Pläne! Und zwar weil sich mehrere Leute gemeldet haben, die uns unterwegs gerne besuchen und ihre Reisen natürlich im Vorfeld buchen möchten. Hier also unsere nächsten Ziele:
24. – 27. September / Cinque Terre
5. – 12. Oktober / Avignon, Vaison-la-Romaine, Marseille
Ab 5. November für ein paar Tage / Barcelona
Ende November / Malaga
Anfang/Mitte Dezember provisorisch Portugal
Das hört sich doch nach etwas an! Dazwischen haben wir natürlich immer noch viele nicht verplante Tage und Wochen, die wir je nach Lust und Laune gestalten können. Wir merken, dass es uns innerlich sehr guttut, solche kleinen «Etappenziele» zu haben, denn am Anfang waren wir mit diesem «Planlos-Sein» - so schön es auch klingt – ziemlich überfordert. Jetzt haben wir immerhin so etwas wie einen roten Faden, dem wir folgen können.
Und ja, wir haben immer noch ordentlich Spass an dieser Reise und freuen uns auf alles, was uns da draussen noch erwartet. Inzwischen «fühlen» wir auch, dass wir unterwegs sind – so Richtig, meine ich. Es ist nicht mehr wie Ferien, sondern wirklich wie eine Reise. Ich finde wir haben uns erstaunlich gut an den neuen Lebensstil angepasst und vermissen – ausser unserer Familie und Freunde – nichts von zu Hause. Aber es ist schon komisch... da überlegt man sich zwei Jahre lang, wie es sein wird, und plötzlich geht man los, man ist unterwegs, und schwups sind 6 Wochen um. Irgendwann sind - schwupsdiwupsdi - ein oder zwei Jahre um, und irgendwann ist diese ganze Reise um. Einfach so. Was bleibt sind Erinnerungen. Schöne Erinnerungen wie ich hoffe. Aber auch der mahnende Gedanke an die Vergänglichkeit. Egal was gerade auf dieser Welt passiert, was die Menschen machen, wie es jedem einzelnen von uns geht - die Zeit schreitet voran. Slow but Steady. Die Uhr zögert nicht, ob sie die letzte Sekunde vorrücken und eine volle Stunde beenden oder ob sie damit lieber noch ein wenig warten soll - unberührt aller Ereignisse schreitet sie voran, geht ihren Weg, nichts und niemand hält sie auf. Das einzige was bleibt sind Erinnerungen an die Zeit, die abgelaufen ist. An die Zeit, in die wir nicht mehr zurückkehren können, auch wenn wir es uns manchmal noch so sehr wünschen. Ausser vielleicht in unseren Träumen.
A la prossima!
Autorin: Stephanie Köllinger