Thomas in der Welt
Thomas in der Welt
vakantio.de/usurpator

Auf nach Peru (2024)

Veröffentlicht: 05.03.2024

Ja, ich will es mit 40 auch noch einmal wissen und so tun, als ob ich Mitte 20 bin. Denkt beim Lesen daran, den Blog schreibe ich eigentlich nur für mich. Der erste Eintrag ist wie gewohnt ein bisschen länger, dank der vielen neuen Eindrücke, ich gelobe mich kürzer zu fassen. Kurz zur Anreise, es hat alles geklappt: Bahn, Flug, Transport vom Flughafen zum Hostel. Beim ersten Flug nach Madrid saß durch Zufall Luca neben mir, ein Musikstudent aus Weimar der Verwandte besuchen wird. Die Chance habe ich natürlich genutzt und reichlich Tipps gesammelt. Gelandet sind wir gegen 6 Uhr Vormittag und ich musste erst einmal Klamotten wechseln, viel zu warm. Am Flughafen hatte ich kurz Kontakt zu einem Deutschen, der ein freiwilliges Jahr in Lima macht. Er wollte mich vor den Taxifahrern warnen, aber mir war schon klar, dass die überteuerte Preise haben. Auch er hat mir viele Infos gegeben. Gegen 8 war ich dann ganz schön fertig am Hostel.

Das Hostel ist okay, passt zu meinen Bedürfnissen. Es sind gerade nicht viele Reisende unterwegs, aber es ist immer was los, da die Familie in dem Hostel wohnt. Das Gebäude wurde wohl in mehreren Phasen errichtet und immer um ein Stockwerk erweitert. Ich habe mein eigenes Zimmer im zweiten Stock und keine AC. Da die Gänge etwas eng sind, ist es nichts für dicke oder große Menschen. Die Familie ist sehr hilfsbereit, sprechen aber häufig Spanisch mit mir. Ein bisschen Spanisch habe ich schon gelernt. Barranco gilt als der hippe Stadtteil von Lima. Es ist sicher, sauber und belebt. Frisch geduscht war auch schnell eine Wechselstube gefunden, am Flughafen ist Abzocke.

Nach einem Nickerchen und einer leckeren Hühnersuppe in der lokalen Küche neben dem Hostel, bin ich mit dem Bus zu einer antiken Stätte in Miroflores. Der Bus ist günstig aber man braucht eine Chipkarte, also ist mein erster Versuch gescheitert. Der Fahrstil der Busfahrer ist, nett gesagt, gewagt. Im Großen und Ganzen wird sich an Regeln gehalten. Zur Rushhour ist der Verkehr unglaublich dicht und ständig hupen alle. Was aber sinnlos ist, da alle daran gewöhnt haben und es ignorieren. Vermutlich dient es dem Stressabbau. Englisch ist hier sehr wenig verbreitet, irgendwie klappt es trotzdem. Huaca Pacllana ist eine alte Städt der Lima Kultur, der ersten Kultur in diesem Gebiet. Das Bauwerk besteht aus einer Art gestapelten Lehmziegeln, dank der speziellen Technik ist es erdbebensicher. Sehr fortschrittlich waren sie sonst nicht und ganz schön brutal. Das wurden einige Frauen und Kinder geopfert für ein bisschen Regen. Warum man sich auch in einer Wüste angesiedelt hat, bei 10 Millimeter Niederschlag im Jahr, ist nicht nachzuvollziehen.

Den restlichen Nachmittag habe ich mir Miraflores angeschaut. Sehr hübsch, einer der wohlhabendsten Stadtteile. Oberhalb der Steilküste gibt es eine schöne Promenade mit Parks, Sportler, Paragliding und viel Leben, alle sind dort und entspannen. Die Händler sind auch nicht aufdringlich. Am Steinstrand (faustgroß Dinger) sind hunderte Surfer. Der Sonnenuntergang sah farbintensiv aus, vermutlich dank des permanenten Smogs über der Stadt. Zwischendrin habe ich noch geschafft, ein paar Einkäufe zu machen, eine SIM-Karte zu kaufen (also ehrlich, Internet ist in Deutschland viel zu teuer und zu schlecht) und Sonnenschutz zu besorgen (ist hier nicht so verbreitet).

Der UV-Index ist Mittags bei 14, tödlich für meine mitteleuropäische, winterlich gut vorgebräunte Haut. Das heißt öfters Siesta für mich. Der erste Eindruck von Lima ist positiv. Die wichtigsten Sachen habe ich an Tag 1 geschafft, war aber vielleicht doch ein bisschen viel. Egal, um den Jetlag zu bekämpfen, bin ich spät ins Bett. Ich bin erstaunlich gut angekommen, fast schon routiniert. Ich bin voller Energie und gespannt, was die nächsten 5 Wochen bringen werden. Ach ja, es gibt hier Fahrradwege, sehr schöne sogar.


Tag 2 startet mit einem kleinen Frühstück im Hostel mit den anderen Reisenden, man plaudert ein bisschen. Mit dem Bus ging es wieder nach Miraflores auf einen lokalen Markt. Nicht so beeindruckend wie in Asien, aber man kann sich trotzdem etwas durchprobieren. Übrigens haben Koka-Tee und Kokablätter keine Rauschwirkung, sind trotzdem ganz lecker und beleben. Dann ging es zum JFK Park, in dem viele Künstler ihre Werke anbieten, und der Park ist als Katzenpark bekannt. Gibt sogar jedes Jahr ein Katzenfestival. Der Stadtteil ist wirklich sauber, kaum Armut oder Bettler. Irgendwie bin ich dort auch in ein Tattoo-Studio gestolpert, hoppla. Das Nickerchen hatte ich mir verdient.

Am Nachmittag stand eine Erkundungstour durch Barraco auf dem Plan. Derweil hat die Familie ein BBQ mit Nachbarn veranstaltet. Was der Hausherr da vorbereitet hat, sah schon gut aus; ich denke, es war Schweinerücken. In Barranco gibt es viel Streetart, Parks, Kleinkünstler, Musiker, Restaurants, Bars und eine wunderbare Promenade oberhalb der Steilküste. Die "Bridge of Sights" zu überqueren, soll Glück bringen (und Frauen eine Schwangerschaft bringen). Der Abstieg zur Strandpromenade war zu voll, genauso wie der Strand. Tausende Menschen, aber alle entspannt. Es ist auch schön, mich stört aber der Verkehr und das Gehupe der Taxis, die so um Kundschaft werben. Luca hat mir Ceviche empfohlen, also habe ich es in einem der vielen Restaurants probiert. Ceviche ist roher Fisch, mariniert in Milch und Limettensaft, angerichtet mit Schalotten und Koriander und vermutlich weiteren Zutaten. Keine Ahnung, was für Fisch war. Dazu Süßkartoffel, dicker Mais und Algen. Der Fisch an sich schmeckt sehr nach Südostasien. Eigentlich ist es gegen die Regel: nicht gekocht, nicht essen. Ich denke, das passt schon. Für einen Sonntag waren relativ viele Geschäfte offen, alle Busse fuhren. Ich finde es gut, bitte bei uns einführen.


Nach dem Frühstück ging es mit einem Uber in die historische Altstadt, das heutige Ziel. Uber klappt gut, der Fahrer hat sogar versucht, sich mit mir auf Englisch zu unterhalten. Während der Fahrt gab es wohl ein Erdbeben der Stärke 4 Komma irgendwas, hab nichts gemerkt. Der Stadtrundgang mit Jorge ging über zwei Stunden, war okay, er hat viele gezeigt und viel erzählt. Der verlorene Krieg mit Chile war oft Thema. Und natürlich die Kolonialgeschichte und die verschiedenen Migrationswellen. Klar, Spanier, dann andere Europäer und speziell Italiener. Als man die Sklaverei verboten hatte, brauchten die kapitalistischen Ausbeuter neue Arbeitskräfte. Also hat man sowas wie Leibeigene aus China geholt, die haben aber die Chance genutzt und sind bei der Eroberung Limas durch Chile alle abgehauen. Und zwischendurch sind auch noch arme Japaner eingewandert. Erst danach gab es die wichtigste Migrationswelle, die der Andenbewohner aus Peru nach Lima. Und so hat sich die Stadt von einer europäischen Bevölkerung zu einer indigen geprägten Bevölkerung gewandelt. Zusammenfassung der Tour: jedes Gebäude ist wichtig, überall waren wichtige Leute, Erdbeben sehr schlecht, europäische Piraten auch schlecht und Chile könnt ihr euch vorstellen. Sie investieren viel, um ihre Altstadt zu erhalten.

Dann habe ich eine Führung durch die Basilica San Franzisco mitgemacht. Der war irgendwie wichtig und ist ein Heiliger, viel christliches Zeug. Die Katakomben waren gefüllt mit unglaublich vielen Knochen. Man hatte früher keinen Friedhof, sondern hatte die Menschen unter den Kirchen bestattet, also nur Christen und solche, die sich im letzten Moment taufen lassen haben. Und auch unter der Erde ist der soziale Rang wichtig; im Tod sind nicht alle gleich. Viele schöne Plätze und Parks, das können sie wirklich. Nur Francisco Pizarro (der Eroberer des Inka Reich) hat Pech; seine Statue wurde vom zentralen Platz entfernt und in irgendeine Ecke gestellt. Früher gefeierter Held, heute unbeliebt bei den meisten Peruanern. Koloniale Aufarbeitung macht hier keinen Halt.

Danach bin ich in den benachbarten Stadtteil, um auch das zu sehen. Ja, es wird etwas schmuddeliger, ein paar Häuser sind zerfallen und man sieht auch ein paar Obdachlose. Man konnte die Slums an den kahlen Berghängen erkennen. Offenbar ist es dort aber nicht sehr sicher. In dem Stadtteil habe ich eine ordentliche Portion Chifa gegessen, ein Gericht der peruanisch-chinesischen Kultur. Zwischenstopp in China Town. Sehr, sehr lebhaft und voll. Gibt wie in jeder China Town viel fabrikfrischen Müll und Kleinkram. Dann habe ich etwas meinen Weg verloren und bin durch einfachere Stadtteile gekommen, ein Trubel und eine Geschäftigkeit. Zum Schluss bin ich in einen Wasserpark, den hatte die Besitzerin des Hostels empfohlen. War nett anzuschauen, aber eher was für Kinder und Familien. Morgen geht es mit dem Bus nach Chincha Alta zu einer Gastfamilie. Bin gespannt, auf was ich mich da eingelassen habe. Ciao Lima.

Antworten