USA Canada Summer 2019
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9. Tag (Black Diamond - Mountain View)

Veröffentlicht: 10.07.2019

In einem Museum aufzuwachen ist ein ganz neues Gefühl. Und sogar die Dusche, die außerhalb des Zimmers ist, weist Züge von einer Exponatenkammer auf, allerdings ist sie von der Duschqualität die beste meiner bisherigen Reise. Das Frühstück von Bev entspricht ihrer Wohnkultur - einzigartig. Frischer Orangensaft, frische Früchte, dunkles Roggentoastbrot und ein Omelette der Extraklasse fährt sie auf, sie ist wirklich ein Schatz. Und auch wenn ich hier nicht unbedingt länger verweilen möchte, weil es mir dann doch der reichhaltigen Einrichtung ein wenig zu viel ist, ich kann dieses "Hidden Gem" in Black Diamond nur wärmstens empfehlen. Love it or hate it. I loved it.

Wir nehmen den Highway 22, den so genannten Cowboy Trail, und er entpuppt sich als eine der schönsten Straßen, die ich jemals gefahren bin. Strahlender Sonnenschein setzt kurz nach der Abfahrt ein, und dann geht es über rollende Hügel inmitten einer Graslandschaft, Viehweiden, die so groß wie das Saarland erscheinen und einzelne Ranches, deren Namen man für Kilometer lesen kann Richtung Süden. Anhalten ist ein Muss, und immer wieder kann man sich kaum sattsehen an der Weite, die dieses Land hier bietet. Gelbe Rapsfelder bieten einen Kontrast zu den Rinderweiden, und der Verkehr ist spärlich, mitunter kann man bis zum Horizont kein Auto erkennen. Ich frage mich oft, warum nicht mehr Menschen diese Strecke aufsuchen, anstatt der völlig überlaufenen Parkways, aber dann freue ich mich, dass es so wenige tun. Roadtrip at its finest.

Der Highway endet nach 90 Minuten - leider fahren wir nur die letzten 131 seiner insgesamt 574 km - und wir biegen auf die 3 und dann die 6 ab, wo nach einer Dreiviertelstunde die Bergketten des Waterton-Lakes-Nationalpark auftauchen, die in den Dimensionen natürlich nicht mit Jasper und Banff vergleichbar sind, aber trotzdem beeindrucken. Der Park beherbergt als weithin sichtbares Wahrzeichen das Prince of Wales Hotel, welches von der Eisenbahngesellschaft Great Northern dort 1926/27 erbaut wurde. Vom Tearoom hat man einen gigantischen Blick auf den Upper Waterton Lake, und man braucht nicht einmal die 40 kanadischen Dollar für eine Teezeremonie ausgeben, um dort auf einem Sessel sitzend den Ausblick zu geniessen. Ein Starbucks Kaffee aus dem Giftsshop reicht, auch wenn man um ca. 13 Uhr nett aufgefordert wird, für die zahlungskräftigere Kundschaft das Feld zu räumen. Bei einer lustigen Begegnung in der relativ schäbigen Toilette erzählt mir ein offensichtlich kundiger Tourist, dass die schottischen Kilts, in denen die Belegschaft hier rumläuft, nicht mal dem Tartan des Prince of Wales entsprechen. Naja, lassen wir es trotzdem mal so gelten.

Der Ort Waterton unten am See hat nur 100 Einwohner, ist aber natürlich touristisch expandiert zu dieser Zeit - trotzdem bekommt man relativ einfach einen Parkplatz, und es gibt auch keine Einweiser, die einem den Weg zeigen. Man kann am Ufer promenieren, und zahlreiche Geschäfte und Restaurants versorgen die Touristen, die meiner Meinung nach erstaunlich spärlich zu dieser Hauptreisezeit angefahren sind. Ein Indianertanz, der mitsamt indianischem Beiwerk in Form eines in Tracht gekleideten Pärchens auf einer Wiese veranstaltet wird, weist auf die Blackfeet hin, die hier ganz in der Nähe in Montana ihr Reservat haben. Überhaupt geht die Grenze zwischen den USA und Kanada quer durch den See, und uns wird bewusst, dass wir morgen schon nach Montana fahren und Kanada wieder verlassen.

Doch heute bleibt eine letzte Nacht übrig, im schönen Hamlet Mountain View, mit 90 Einwohnern. Unsere Wahl fiel auf die Rocky Ridge Country Lodge, einem sehr ruhig gelegenen Haus inmitten von Pferde- und Schafweiden. Das Kaff hier hat lediglich einen Country Store, wo man sich mit dem Allernotwendigsten eindecken kann, dafür ist aber der Schlaf durch keinerlei Geräusche gestört, mit Ausnahme eines Hahns, der ab 4 Uhr seine Arbeit verrichtet. Und in dem großzügigen Anwesen gibt es ein Billiardzimmer und einen Hot Tub und vollständig eingerichtete Küchen, die man benutzen darf. Wer braucht da schon eine Kneipe?

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