Veröffentlicht: 27.07.2019
Ich habe besser geschlafen, vielleicht auch wegen der frei erhältlichen Drogen, die man in den USA ohne Rezept bekommt. Sleeping Aid heißt das Zaubermittel, und tatsächlich hat mich eine Zauberpille sanft entschlummern lassen. Das Chaos in meinem Pickup nimmt zu, und ich donnere die getragenen Klamotten in immer mehr Plastiktüten auf die Rückbank. Man wird mit der Zeit einfach nasslässiger, weil man merkt, dass man genug dabei hat. Viel zu viel, wie üblich, meine 2 Pullover und eine Strickweste habe ich überhaupt nicht getragen.
Als ich Twin Falls verlasse, komme ich noch an einer der Sehenswürdigkeiten vorbei, die diese Stadt neben den Shoshone Falls hat - der Perrine Bridge über den Snake River. Als ich aussteige, fliegen gerade 2 Basejumper von der Brücke, und der Flug dauert nur ein paar Sekunden. Sie müssen sofort die Leine ziehen, da wird es einem beim Zuschauen schon schwindelig. Also für mich wäre das nichts. Das Licht an der Brücke ist fantastisch, und ich freue mich, dass die Sonne noch nicht voll scheint. Der Canyon sieht so viel eindrucksvoller aus.
Die Fahrt nach Boise, der Hauptstadt von Idaho, begehe ich auf der Interstate 84. Normalerweise meide ich diese, wo es geht, denn man kann dort kaum anhalten, wenn einem etwas gefällt, aber ich habe mir sagen lassen, dass die Strecke zwischen den beiden Städten keine wirklich besonderen Anblicke bietet, und so ist es auch. Man fährt durch landwirtschaftliche Nutzflächen, die am Horizont durch sanfte Hügel begrenzt sind. Kein Vergleich zu den letzten beiden Tagen.
Es dauert auch nur 2 Stunden, und ich bin da. Mein Zimmer ist noch nicht fertig, aber ich stelle mein Auto ab und laufe zu Fuß nach Downtown. Das dauert eine halbe Stunde, und es fällt mir sofort auf, wie sauber und gepflegt hier alles ist. Zudem gibt es extrem viele Grünanlagen und Parks, und für amerikanische Verhältnisse untypisch sind hier Horden von Fahrradfahrern unterwegs. Extra ausgewiesene Radwege zeigen auch an, dass Boise eine Radfahrerstadt ist. Die Downtown hat auch ein paar Hochhäuser, aber nichts im Vergleich zu den Metropolen, wo ich schon war. In ganz Idaho leben auch nur 1,5 Millionen Menschen (Rang 39 - zum Vergleich Rang 1 Kalifornien: 37 Millionen), obwohl es flächenmäßig der 14.-größte Staat ist. 9 Menschen leben hier pro Quadratkilometer, in Deutschland sind es 232! Ein sehr dünn besiedeltes Land also.
In einem Sushi-Laden bestelle ich per Screen, das gibt es hier immer öfters. Bezahlt wird auch gleich per Kreditkarte. Schöne Neue Welt. Ich laufe einmal durch die Innenstadt und lasse mich per Uber zurückbringen. Mein Fahrer Roy erzählt mir, dass sie hier im Winter mächtig viel Schnee haben. Im Moment hat es allerdings 30 Grad und ich kann mir das kaum vorstellen.
Mein etwas vornehmeres Holiday Inn Hotel hat einen Außenpool, und ich benutze ihn eine Weile. Am Zugang liegen beliebig viele Handtücher bereit - der Unterschied im Service zwischen Motel und Hotel ist schon durchaus bemerkbar. Trotzdem kostet hier ein gekühltes Getränk 1.50 Dollar, im Sushiladen war es sogar nur 1 Dollar für eine Dose Cola. Getränkepreise für Softdrinks wie bei uns sind hier außer vielleicht in ganz noblen Herbergen unvorstellbar. Man verdient am Essen, nicht an den Getränken. Darum will man auch unbedingt einen Tisch mehr als einmal am Abend besetzen.
Um 8 Uhr gehe ich nochmal nach Downtown, und genieße einen weiteren faszinierenden Sonnenuntergang. Mit den Lichtern der Großstadt gepaart ergibt sich da noch ein ganz anderes Bild als in den kleinen Orten, wo ich ihn bisher erleben durfte. Auf dem Rückweg komme ich an einem "Five Guys" vorbei und bestelle mir einen kleinen Burger mit allem. Er ist mit 6 Dollar mehrfach so teuer wie einer in den bekannten Ketten - aber meine Herrn, was für ein Burger. In Deutschland gibt es ja noch nicht viele von den Läden, in Frankfurt ist einer. Wer mal dort ist, probiert einen. Yummy.