Veröffentlicht: 29.07.2019
Das Holiday Inn ist zwar teurer als ein Motel - dafür wird man aber auch mit einem besonderen Frühstück verwöhnt. Nicht unbedingt ganz anders, aber qualitativ um Längen besser. Nach fast 4 Wochen ist meine Lust auf Industriefutter am frühen Morgen auf den Nullpunkt gesunken. Am Anfang mag das ja noch ganz lustig sein, aber irgendwann hängt es einem wirklich zum Hals raus.
Ich bleibe auf der Interstate 84, was sich definitiv als ein Fehler herausstellt. Denn die Landschaft wird, sobald man in Oregon ist, viel abwechslungsreicher und spektakulärer. Das landwirtschaftlich geprägte, eher flache Idaho weicht einem bergigeren und natürlicheren Terrain, mit einer Autobahn, die durch tiefe Täler führt, umgeben von wild bewachsenen Hängen, die direkt die Rauhheit der Natur versprühen. Da ich aber spät dran bin, und nicht zu spät mein Ziel, das National Historic Oregon Trail Interpretive Center, erreichen will, bleibe ich auf der Interstate, und beschließe aber gleich, sie morgen zu meiden.
Das Center befindet sich auf einem Hügel, umgeben von wildem Land, und der Blick auf die Berge Richtung Baker City, wo mein Motel ist, zeigt den Kontrast deutlich, wo der Mensch mit Wasser die Natur für sich nutzbar macht. Da wechselt der fast schon wüstenartige Boden in eine satte grüne Fläche. Ich stelle mir vor, wie es die Pioniere empfunden haben müssen, die auf dem langen 5-monatigen Treck von Independence nach Oregon City völlig unkultivierte Landschaften vorfanden. Und auch die Ausstellung in der großen Halle zeigt deutlich, anhand von nachgestellten Szenen und Tafeln, wie beschwerlich der Weg war. Einer von 10 starb, Kinder wurden als Erwachsene behandelt, nur mit weniger physischen Möglichkeiten und der Wintereinbruch war die große Angst beim Überqueren der "mountain ranges", von denen es hier zahlreiche gibt. Die 8 Dollar Eintritt, die man unten an einem Häuschen löhnen muss, bevor man die Auffahrt hinauf fahren darf, sind es mehr als wert.
Nach dem Besuch der Exponate gehe ich hinter dem Center einen der Trails entlang, ein kleiner asphaltierter Weg, der auf 4 km Länge mitten durch diese Einöde bis an einen Panorama Point führt, von wo man noch einmal den Übergang zwischen den Landschaften bewundern kann. Ich bin alleine, außer mir scheint bei der doch stattlichen Hitze keiner den Weg gehen zu wollen. Unterwegs ist auch kein Schatten, außer bei einem kleinen Unterstand etwa auf der Hälfte, bevor man dann am Endpunkt unter einem Holzdach das Panorama doch etwas kühler genießen kann. Erst auf dem Rückweg kommt mir eine Dreiergruppe entgegen, und ansonsten genieße ich diese Stille und Ruhe ganz für mich. Es ist schon ein Privileg, das so genießen zu können, mit der Gewissheit, am Abend bei einem kühlen Bier und einem gemachten, sauberen Bett den Tag ausklingen lassen zu können.
Mein Motel ist ein kleines Schmuckstück. Es hat zwar dieselbe Ausstattung wie alle anderen auch, und das Zimmer ist eher klein, aber der Holzboden ist neu gemacht (kein ekliger Teppich) und die Armaturen glänzen deutlich besser als im Holiday Inn vor einem Tag. Man merkt im Bridge Street Inn deutlich, dass hier mit Liebe zum Detail gearbeitet wird, und ich halte es von den preiswerten Unterkünften definitiv für die beste auf meiner langen Reise.
Baker City bietet auch viel Historie, viele Gebäude strömen den Geruch vom Wilden Westen aus, und die überschaubar große Stadt kann man auch locker zu Fuß begehen, was ich abends dann auch tue. Ein kühles Bier draußen im AJs Corner Brick Bar & Grill bei der einsetzenden Dunkelheit und dem Verabschieden der Tageswärme lässt mich mit sehr guter Laune zurück. Die etwas enttäuschende Anfahrt über die viel zu belebte und nicht zum Anhalten geeignete Interstate ist längst vergessen. Doch auch Wehmut paart sich nun. Noch 2 Tage, und ich fliege zurück.