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Buenos días Santiago!

Veröffentlicht: 26.01.2020

Mittwoch, 15.01.2020

Leicht aufgeregt ging es am Morgen mit dem Bus zum Flughafen. Nina ist noch immer etwas wehmütig, fliegen zu müssen, ich freue mich eher. Ärgerlich finde ich es zwar auch, da die Anreise ohne Flug etwas sehr besonderes gewesen wäre, aber ich mag das Fliegen an sich und das Drumherum und freue mich auch sehr darauf, endlich in Südamerika zu sein. Dann kann es losgehen mit Spanisch lernen, und ich kann mich wieder frei an Land bewegen.

Am Check-In Schalter kam die nächste Überraschung - Nina stand nicht auf der Liste. Nach etwas hin und her stellte sich heraus, dass ihre Buchung von gestern nicht erfolgreich war und per E-Mail mitten in der Nacht storniert wurde. Nina hatte die Mail nicht gesehen. Also wurde wieder recherchiert und gegrübelt, am Ende blieb Nina zurück und wir haben uns an Ort und Stelle verabschiedet. Vielleicht war es ein Zeichen, dass sie weiter versuchen sollte, ohne Flugzeug zu reisen.

Für mich ging es innerhalb einer Stunde nach Barbados, wo ich mein Gepäck abholen musste, um damit von einem Schalter zum nächsten geschickt zu werden. Die Umsteigezeit war recht knapp und man wollte mich und zwei weitere Passagiere aus Zeitmangel nicht durch den regulären Check-In schicken. Also wurden wir mit unserem Hand- und Aufgabegepäck von einer Sicherheitsbeauftragten zum Gate eskortiert, wo unsere Rucksäcke direkt zum Flugzeug nach Panama getragen wurden.

Im Flieger nach Panama habe ich mir mein erstes Glas (ok, Plastikbecher) Rotwein seit eineinhalb Monaten gegönnt. Ich hab es sehr genossen. Und freue mich sehr auf die Weine in Chile, auch wenn ich mittlerweile alles andere als trinkfest bin. Alkohol gab es kaum, seit ich aufgebrochen bin, und ich habe ihn auch nicht vermisst. Aber der Rotwein war schon sehr fein.

Die Umsteigezeit in Panama war mit einer Stunde auch eher knapp, hat aber alles gut funktioniert.

Donnerstag, 16.01.2020

Habe ein bisschen gedöst im Flieger nach Chile und bin gegen 3 Uhr morgens in Santiago gelandet. Da ich im Dunkeln nicht durch die unbekannte Gegend laufen wollte und auch noch keine Bleibe organisiert hatte, hab ich ein paar Stunden im Flughafen totgeschlagen. Habe mir eine SIM Karte besorgt, da ich ca. 2 Monate in Chile bleiben werde, und Transport in die Stadt sowie Hostels recherchiert. So spontan habe ich leider keinen Host zum Couchsurfing gefunden. Um 6 Uhr morgens ging dann der Bus ins Zentrum, wo ich in die Metro umgestiegen bin. Nach ein paar Stationen kam ich im eher ruhigen Viertel Providencia an. Das Hostel meiner Wahl (Aji Hostel) lag in Laufweite zur Metrostation Salvador und war schnell gefunden. Mein Gepäck konnte ich schon mal unterstellen, mich Frisch machen und gegen eine kleine Gebühr frühstücken, aber das Zimmer (bzw. mein Bett im 8-Bett-Zimmer) war noch nicht fertig. Also ging ich nach dem Frühstück auf eine erste Erkundungstour.

Mein Spaziergang führte mich erst nach Nordosten, wo nicht viel zu sehen war, und dann zurück nach Westen in das Viertel Bellavista, unterhalb des Cerro San Cristóbal - ein Hügel mit Aussicht auf die Stadt. Auf den Hügel schleppte ich mich nicht mehr, dafür war ich zu müde. Bellavista ist ein buntes, eher hippes Viertel mit vielen Bars und schönen Wandgemälden. Aber auch viel Graffiti gibt es zu sehen, es erinnert ein bisschen an Berlin.

Die Luft ist wesentlich trockener und alles leicht staubig im Vergleich zur Karibik. Auch die Menschen sind ganz anders, vor allem im Vergleich zu Grenada. Hier ist man eher reserviert, hält keinen Blickkontakt und grüßt keine Fremden. Ich kann mir vorstellen, dass es schwieriger wird, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Ich bin jetzt aber auch von der Karibik verwöhnt, dort war jeder unfassbar interessiert an neuen Mitmenschen. Diese distanzierte Haltung von hier kenne ich aus Deutschland.

Mittags ging ich zurück zum Hostel und wartete mit schweren Lidern auf mein Zimmer. Nach einem ausgiebigen Nachmittagsschlaf gab es, wie jeden Tag außer freitags, gratis Abendessen im Hostel. Das ließ ich mir natürlich nicht entgehen und genoss meinen blanken Reis mit etwas Salat. Gesellschaft fand sich am Esstisch schnell, und einen Couchsurfer für übermorgen hab ich auch schon klargemacht.

Und somit saßen am späten Abend ein Chilene, ein Argentinier, ein Kanadier, ein Franzose und eine Deutsche zusammen in einer Videogame-Bar. Klingt wie der Anfang eines Witzes, ist aber wirklich so passiert. Manuel, mein zukünftiger Couchhost, hat uns, Aaron, Raphael, Samuel und mich, in besagte Bar geladen, welche mit vielen Bildschirmen, Spiel-Konsolen und Controllern bestückt ist. Die Geräuschkulisse erinnert an eine große LAN-Party von früher und die Drinks sind an Videospiel-Charaktere angelehnt. Ich habe mir einen stinknormalen, sehr leckeren Pisco Sour gegönnt, das Nationalgetränk. Nach ein paar obligatorischen Matches unterhielten wir uns noch eine Weile gut, dann zog die Hostel-Crew für einen Absacker weiter ins Barrio Italia, in eine sympathische, leicht heruntergekommen Rockbar. Um kurz vor vier waren alle nach einem langen, spannenden Tag im Stockbett.

Freitag, 17.01.2020

Ich muss jetzt wirklich Spanisch lernen. Aber erstmal wird ausgeschlafen nach dem Abend gestern. Um 9 Uhr haben wir uns alle wieder beim Frühstück getroffen, danach hab ich im Treppenhaus eine Runde Yoga gemacht. Gemeinsam sind wir in die Stadt gelaufen, dann haben wir uns getrennt und ich bin mit Raphael den Cerro Santa Lucía aufgestiegen - ein kleiner, süßer, grüner Hügel mit Mini-Festung und schönem Ausblick mitten in der Stadt. Erst jetzt, wo ich wirklich aufmerksam meine Umgebung beobachte und mich mit den anderen über die aktuelle politische Situation in Chile unterhalte, fällt mir auf, dass die Stadt ziemlich mitgenommen ist. Zahlreiche Läden und vor allem Banken haben statt der schönen Schaufenster nun Wandverkleidungen aus Wellblech oder Beton, die Scheiben dahinter sind oft zertrümmert. An vielen Stellen fehlen Bordsteine, Gulli-Gitter und ganze Gehsteige, die vermutlich bei den Aufständen als Geschosse verwendet wurden. Überall stehen Parolen über den Präsidenten Piñera und die Pacos - die Polizisten.

Wir sind noch kurz über den Kunsthandwerksmarkt Centro Artesanal gelaufen und haben einen frisch gemixten Mangosaft getrunken, dann bin ich mit der Metro etwas außerhalb zum großen Einkaufszentrum Costanera Center gefahren. Dort habe ich AAA Lithium Batterien für meinen GPS-Tracker gesucht, leider ohne Erfolg. Die moderne Riesen-Mall war proppenvoll und die Menschenmenge hat mich bald ziemlich gestresst.

Zu Fuß ging es zurück zum Hostel, durch mein Viertel Providencia, entlang einer größeren Straße mit weiteren bunten Malls und vielen kleinen Läden. Eigentlich sehr nett, aber, weil Freitagnachmittag ist, auch recht voll.

Abends gab es ein vom Hostel ausgerichtetes BBQ mit netten Unterhaltungen.

Samstag, 18.01.2020

Nach dem Frühstück habe ich offiziell ausgecheckt, aber den Großteil des Tages noch im Hostel verbracht. Habe in der Couch-Area recherchiert, Spanisch gelernt und Yoga gemacht, bis ich am späten Nachmittag zu Manuel, meinem Couchsurfer Host aufgebrochen bin.

Er wohnt ein paar Metrostationen weiter außerhalb mit seinem Kumpel Pablo zusammen. Manuel ist studierter Ingenieur, arbeitet aber als Kommunikationscoach und macht Shows als Mentalist. Und das alles mit nur 26 Jahren. Pablo ist 27 und am Ende seines Jurastudium, er ist auch politisch sehr aktiv. Zwei coole, interessante Typen, wir verstehen uns sehr gut. Die Wohnung ist in einer guten, sicheren, aber auch teuren Gegend. Das Gebäude hat einen Portier und 19 Stockwerke mit einem kleinen Pool auf dem Dach.

Nach ein bisschen einkaufen und essen haben wir Pisco Sour selbstgemacht (und getrunken) und sind dann zum Geburtstag eines Freundes gegangen, auf der Dachterrasse von dessen Wohnblock. Der Ausblick auf die Lichter der Stadt war der Hammer, die Stimmung gelassen und ein paar liebe Menschen haben sich auch wieder erbarmt, mit mir Englisch zu sprechen. Für eine Konversation reicht mein Spanisch hinten und vorne nicht.

Zum Abschluss des Abends ging es noch gegenüber in eine Bar / Club und wir haben zu Retro-Reggaeton getanzt.

Sonntag, 19.01.2020

Erstmal ausschlafen. Und auch den Rest des Tages passierte nicht viel. Habe gefrühstückt und Yoga gemacht, recherchiert und mich am Nachmittag zu ein bisschen Sightseeing aufgerafft. Allerdings finde ich die Menschenmenge hier, wie sonst auch, wahnsinnig anstrengend. Santiago ist nicht so viel anders als eine Großstadt im südlichen Europa. Ich fühle mich ziemlich sicher, die Metro funktioniert einfach und gut, und ansonsten gibt es Geschäfte, Museen, Märkte und Straßenverkäufer.

Montag, 20.01.2020

Heute wollte ich mal wieder raus - raus aus der Stadt, raus in die Natur. Es gibt wohl gute Wandergebiete in der Umgebung von Santiago, die Informationen dazu im Internet sind allerdings eher spärlich. An manchen Orten werden teure, geführte Touren angeboten, über die restlichen Orte gibt es (zumindest auf Englisch) sehr wenig Hilfreiches. Trotzdem machte ich mich auf nach Yerba Loca, ein Tal im Nordosten der Stadt. Mit eigenem Auto dauert die Anreise etwas über eine Stunde, ich habe gute zwei Stunden gebraucht. Erst bin ich mit zwei Metros und einem Bus bis zum Stadtrand gefahren und von dort 30km getrampt. Da die Gegend außerhalb des Stadtgebiets sehr dünn besiedelt ist, hat es zwar nicht lange gedauert, bis ich mitgenommen wurde, ich musste allerdings drei mal "umsteigen". Die meisten Autos sind nicht so weit von der Stadt weggefahren. Da haben mir meine paar wenigen Fetzen Spanisch schon geholfen, auch wenn man die Chilenen wirklich sehr schwer versteht.

In Yerba Loca bin ich ca. 10km bei brütender Hitze und Staub gewandert. In Chile herrscht gerade akute Trockenheit, mehr als üblich für diese Jahreszeit. In das Tal wurden mehrere kleine Picknick- und Campingplätze gebaut, von denen aus unterschiedlich lange und schwere Wanderungen starten. Bis zum Beginn der Wanderwege muss man allerdings erstmal eine Stunde ins Tal laufen, wenn man kein Auto hat. Am meisten hätte mich der Weg zum Gletscher La Paloma interessiert, dafür hätte ich aber schon ganz früh da sein müssen und hätte Campingausrüstung für eine Übernachtung gebraucht. Und ein Wander-Buddy wäre auch nicht verkehrt gewesen. Also hab ich nur die kleinste Runde zu einem Aussichtspunkt gedreht. War trotzdem sehr schön, sich mal wieder in den Bergen auszupowern. Zurück getrampt bin ich mit zwei Autos. Das erste war von Blas, einem älteren Chilenen, der so langsames und klares Spanisch gesprochen hat, dass wir uns tatsächlich mit Händen und Füßen etwas unterhalten konnten (er hat erzählt, ich hab genickt). Das zweite Auto war von Tomi, einem englischsprechenden Chilenen, der mir direkt die Kontaktdaten seiner Schwester für Infos zur Weiterreise in den Süden gegeben hat. Er fährt jeden Tag von der Stadt in die Berge und hat mir für andere Tage eine weitere Mitfahrgelegenheit angeboten.

Sehr liebe, hilfsbereite Menschen, auch wenn sie immer kurz brauchen, bis sie sich öffnen. Die Metro zurück war voll und stickig. Müde bin ich nach der Dusche und einem kurzen Einkauf ins Bett gefallen.

Dienstag, 21.01.2020

Gesagt, getan. Früh morgens habe ich meine Wandersachen plus Brotzeit gepackt und mich mit Tomi an der Metro getroffen. Er hat mich wieder mit in die Region Farellones genommen, diesmal in das Örtchen La Parva. Im Winter ist das ein schönes Skigebiet, im Sommer ein staubiges, ausgestorbenes Geisterstädtchen. Über ca. 40 Serpentinen schlängelten wir uns hinauf bis auf ungefähr 2.700m Höhe, wo Tomi mich an der Talstation eines Skilifts abgesetzt hat. Am Wochenende ist dieser für Wanderer in Betrieb, aber unter der Woche ist komplett tote Hose.

Sehr steil ging es für eine gute Stunde lang ein Geröllfeld hinauf bis zur Bergstation des Lifts. Auf dem Weg begleitete mich ein großer, braver Hund, der eher einem Bären ähnelte. Er wartete immer auf mich, wenn ich zu langsam wurde und dackelte mir (bis zum Gipfel) hinterher. Nach einer weiteren Stunde Anstieg in sengender Hitze und ohne jeglichen Schutz vor der Sonne habe ich die einzigen anderen Wanderer getroffen, Antoine und Elena. Auch das ist mal wieder eine glückliche Fügung des Schicksals, denn ohne die beiden hätte ich meinen erhofften Gipfel heute nicht erreicht. Tomi wollte nämlich gegen 16 Uhr zurück in die Stadt, das wäre für den Cerro Pintor mit ca. 4.200m Höhe zeitlich zu knapp geworden. Ich hatte mich also darauf eingestellt, nach einer gewissen Zeit einfach umzukehren, egal, wie weit ich gekommen bin. Da Antoine und Elena aber das gleiche Ziel hatten und mit dem Auto da waren, haben sie mich letztendlich zurück nach Santiago gefahren. Gemeinsam haben wir den restlichen Weg auf den Gipfel des Cerro Pintor in Angriff genommen. Die Aussicht war bombastisch - verschiedenste Brauntöne und Blicke auf die Gletscher El Plomo und La Paloma. Um die Bergkette herum hing dichter Smog, aber manchmal konnte man Santiago in der Ferne erahnen. Wir haben uns zum Gipfel ziemlich viel Zeit gelassen, da die Sonne erbarmungslos herunterknallte, aber niemand hatte es eilig.

Antoine, ein älterer, exzentrischer Franzose, der seit 30 Jahren in Südamerika lebt, und Elena, eine 28-jährige Französin, die in Chile aufgewachsen ist, waren sehr unterhaltsam mit all ihren Geschichten. Nach ausgiebiger Brotzeit und Fotosession auf dem Gipfel machten wir uns auf den Rückweg. Hier habe ich mich aus der Gruppe ausgeklinkt, da die beiden den Abstieg etwas langsamer bewältigen wollten und ich den Schwung durch die Schwerkraft gleich mitnehmen wollte. Außerdem brauche ich mal wieder Zeit mit mir und meinen Gedanken. Denn selbst, wenn man alleine reist, oder vielleicht gerade dann, ist man nie wirklich allein. Was ich also gemütlich in 4,5 Stunden aufgestiegen bin, bin ich in rasanten 2 Stunden wieder heruntergerannt und habe am Parkplatz auf die anderen gewartet.

Zurück in Santiago ging dann nicht mehr viel. Mein Körper war ausgelaugt, zwei Blasen hab ich mir geholt und die Sonne hat mir trotz 50er Sonnencreme und Hut etwas zu schaffen gemacht. Die Höhe habe ich nur ein kleines bisschen gespürt, das hätte ich schlimmer erwartet. Fühle mich auf jeden Fall sehr erfolgreich heute.

Mittwoch, 22.01.2020

Heute ist ein Tag zum Faulenzen. Ich muss mich ein bisschen von den (schönen) Strapazen der letzten Tage erholen. Habe also lange ausgeschlafen und dann nicht viel gemacht - Fotos sortiert, später ein bisschen Yoga gemacht, zwischendrin haben wir Pizza bestellt. Hat gut getan!

Abends bin ich mit Manuel auf den Geburtstag eines Freundes gegangen und habe mich mit tollen Leuten wieder sehr nett unterhalten können. Bei solchen Anlässen bekomme ich oft neue Kontaktdaten, weiß aber noch nicht, wie ich sie am besten abspeichern soll, damit ich die Leute später auch wieder zuordnen kann. Nach ein paar Pisco Sour, Piscola, leckeren Snacks und mit einer handvoll Reisetipps geht es recht spät zurück und schnell ins Bett. 

Antworten (1)

Alfred
Liebe Lena, ... sehr beeindruckend: mal auf die Schnelle auf einen 4000er! Und ich finde es sehr schön, dass Du so nebenbei eine Menge nette Leute kennen lernst... LG AL

Chile
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